kritik. antifa. marxismus.

Tag gegen Gewalt an Frauen – keine Zeit für Reformismus!

Zunächst scheint es absurd Forderungen zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ zu stellen, wenn die Gewalt doch allgegenwärtig und systemisch ist und nur an diesem Tag Aufmerksamkeit bekommt. Schnell geraten wir in reformistische und bürgerliche Denkmuster, erhoffen uns ein Eingreifen des Staates, Gesetze und Quoten. Aber all diese vermeintlichen Rettungen sind falsch und wiegen uns in einem falschen Gefühl der Befreiung. Die Befreiung von Frauen und queeren Menschen kann es in dem momentanen System nämlich schlicht und einfach nicht geben. Wir können betteln, dass Männer aufhören ihre Ehefrauen zu schlagen und zu ermorden oder dass sie dafür angemessene Strafe erfahren, jedoch spiegelt das nicht das Ausmaß und den Kern des Problems dar – wir müssen den Ursprung dieser Gewalt verstehen. Gewalt erleben Frauen (und queere Menschen) nicht nur in Form von Beziehungsgewalt, häuslicher und sexualisierter Gewalt. Die Gewalt ist zudem eine permanente Unterdrückung und Ausbeutung, die sich geschlechtsbedingt auch noch verdoppelt: Zu der Unterdrückung der Arbeiter*innen im Kapitalismus, kommt die Unterdrückung als Frauen im Patriarchat. Die körperliche Gewalt auf die wir uns an diesem Tag oft beschränken, ist also nur ein Teil der männlichen Vorherrschaft und eine Zuspitzung der systemischen Gewalt auf einer vermeintlich privaten Ebene. Beispielsweise das Konzept der Ehe und der Familie, ist nicht nur Kern von der Ablehnung von queeren Menschen, sondern auch die Verankerung des kapitalistischen Systems in unserer Zwischenmenschlichkeit: Das Kapital braucht die Unterdrückung der Frau und ihre Reproduktionsarbeit, um zu wirtschaften. Es sind Frauen, die neue Arbeitskräfte aka Kinder (für die spätere Ausbeutung) erziehen, es sind primär Frauen, die den Haushalt in stundenlanger Zusatzarbeit zur Lohnarbeit machen und es sind primär Frauen, die zwischenmenschliche Arbeit leisten und damit die Basis bieten, damit sie sich selbst aber auch andere am nächsten Tag erneut ausbeuten lassen können. Es hilft uns also nichts, Losungen zu formulieren, die innerhalb des Kapitalismus vermeintliche Besserungen erschaffen, wenn wir nicht zugleich ein Ende des Kapitalismus fordern. Und all jene Forderungen, die wir innerhalb dieses Systems erkämpfen, müssen unsere Forderung nach einer Revolution voranschreiten lassen. Demnach muss unsere Forderung zur Rolle der Frau sein, dass sie in diesem System für ihre unbezahlte Arbeit entlohnt werden muss, und im Sozialismus befreit wird. Unsere Forderung zur Ehe muss sein, dass sie abgeschafft werden muss, und im nachfolgenden System durch kollektivere Familienkonzepte ersetzt werden muss. Unsere Forderung im Kapitalismus zu Schwangerschaftsabbrüchen muss sein, dass diese gesetzlich erlaubt sein müssen und allen Menschen unabhängig von ihrer finanziellen Situation zugänglich sein müssen, aber auch weiterhin muss die Forderung sein, dass es keine Macht oder Anspruch des Staates auf den weiblichen Körper geben darf – außerdem darf es keine Verökonomisierung der Medizin mehr geben – wir fordern langfristig eine Vergesellschaftung dieser Grundinteressen. Dies sollen nur ein paar Beispiele für Ansätze von revolutionärer Arbeit gegen das Patriarchat sein. Die reformistische Arbeit kann uns nämlich nur die Fortschritte bringen, die dem Kapitalismus nützen. Ein Beispiel sei das Recht auf Abreit der Frau: Es diente nie der Befreiung der Frauen oder sollte ihren Forderungen nachkommen, sondern hatte den Zweck, die Löhne der Männer zu drücken. Daher können wir nicht auf große Veränderungen im Kapitalismus hoffen, weil er nur zulässt, was ihn selbst stärkt – und selbst dann sahen wir historisch oft genug: alle Fortschritte können in Krisenzeiten (und die bringt der Kapitalismus durch seine Widersprüche in Genüge) revidiert werden, um rückschrittliche, ausbeuterische oder gar faschistische Tendenzen zu bestärken. Der Reformismus kann also niemals eine wirkliche und langfristige Methode für uns Frauen und queere Menschen sein. Aber wir fordern selbstverständlich auch heute schon ein Ende der Femizide und andere tödliche, physischen und psychischen Übergriffe auf Frauen und queere Menschen – besonders soll an dieser Stelle die Solidarität mit allen Schwestern im Iran ausgesprochen werden, die gerade ihr Leben riskieren und mutig und unermüdlich voranschreiten ihre Freiheit und die Frauenrevolution zu erkämpfen. Auch wir müssen uns diesem Kampf anschließen, internationale Bewegungen als Arbeiter*innen aufbauen, uns mit den fortschrittlichen Kämpfen im Iran, Kurdistan und anderen Regionen solidarisieren und den patriarchalen und kapitalistischen Verhältnissen ein Ende machen. Es wird hier bewusst getrennt von Frauen und queeren Personen, auch trotz der Schnittmenge, gesprochen, da beiden Gruppen Mut zugesprochen werden soll, sich als revolutionäre Subjekte ihrer Kämpfe zu verstehen: Wir sind die Freiheit, wir sind die Revolution!