Flaschenwurf auf Geflüchtetenunterkunft in Greven

Die „Westfälischen Nachrichten“ berichten, dass am Dienstag Abend gegen 23.30 Uhr in Greven-Reckenfeld „eine Flasche durch den hinteren Gebäudetrakt der Hauptschule, in dem seit Kurzem drei Flüchtlinge untergebracht sind“ geworfen wurde. Die Zeitung beruft sich auf die Polizei Münster, deren Sprecherin sie mit der Aussage zititert, dass bei der Attacke niemand verletzt worden sei, man aber wegen des Verdachts einer politisch motivierten Straftat ermittle. Tatverdächtige gebe es noch nicht. Aus der Mitteilung geht nicht hervor, ob es sich um eine leere oder um eine mit einem Inhalt gefüllte Flasche handelte. Obwohl die Umstände der Tat noch nicht geklärt sind, lässt die vergangene Auseinandersetzung um die Unterbringung von Geflüchteten in der ehemaligen Schule eine rassistisch motivierte Tat als möglich erscheinen.

Neonazis versuchen mobil zu machen

Als im vergangenen Herbst die Pläne bekannt wurden, im Stadtteil Reckenfeld Asylsuchende unterzubringen, machte ein Teil der Anwohner*innen dagegen mobil. In der Facebook-Gruppe „Wir sind Reckenfeld“ äußerten User*innen starke Vorbehalte, posteten rassistische Hetzbeiträge und sogar strafrechtlich relevante Aufrufe wie „Türen zu und Feuer legen“. Dies führte dazu, dass der polizeiliche Staatsschutz Ermittlungen aufnahm. Die Administrator*innen der Facebook-Gruppe haben sich deutlich von den rassistischen Kommentaren distanziert und diese gelöscht. An der Diskussion beteiligten sich auch organisierte Neonazis, wie der NPD-Kreisverbandsvorsitzende Matthias Pohl. Die NPD verteilte dann auch Flugblätter in Reckenfeld.

Die NPD versucht bundesweit an Mobilisierungen gegen Flüchtlingswohnheime mitzuwirken oder diese selbst zu initiieren. Vor allem ostdeutsche „Nein zum Heim“-Kampagnen sind vielfach von NPD-Kadern oder anderen Neonazis beeinflusst. In NRW gelingt Ähnliches der relativ schwachen NPD kaum. Der NPD Kreisverband Steinfurt versucht aber durch Flugblattverteilungen die Stimmungslage weiter anzuheizen. Im Februar verteilte die NPD auch in Warendorf rassistische Flugblätter gegen die Unterbringung von Asylsuchenden.

Gleichzeitig gründeten Neonazis im November 2014 eine Facebook-Gruppe namens „Reckenfeld gegen das Flüchtlingsheim”, in der sich fast ausschließlich Personen mit Kontakten zur rechten Szene zusammen geschlossen hatten. Neben Matthias Pohl wurden einige Sympathisant*innen der Neonazi-Partei „Die Rechte“ , mehrere Personen mit Kontakt zur Hooligan-Szene des SC Preußen Münster sowie ein Mitglied der rechten Hooligan-Gruppe „Berserker Pforzheim“ als Mitglieder geführt. Allerdings blieb die Reichweite der Gruppe und ihrer rund 20 Mitglieder begrenzt.

Auch eine für den 29. November auf Facebook angekündigte „Demonstration gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft“ in Greven-Reckenfeld, stieß auf so gut wie gar keine Resonanz und fand schließlich nicht statt. Als Veranstalter der Demonstration trat ein „Die Rechte“-Sympathisant mit dem Namen Dominik Brand aus Münster auf.

Am 5. Januar vermeldete die Polizei mehrere Fälle von Sachbeschädigung am Gebäude der ehemaligen Hauptschule. Ob diese einen politischen Hintergrund hatten, ist unklar.

Rechte Gewalt steigt an

In den vergangenen Monaten haben Gewalttaten gegen Geflüchtete und Anschläge auf Asylunterkünfte stark zugenommen. Selbst das Bundesinnenministerium musste jüngst eingestehen, dass es im Vorjahr einen Anstieg auf bundesweit 170 Angriffe auf Asylunterkünfte gab und man im ersten Halbjahr 2015 schon 150 Angriffe gezählt hat. So wurde Ende Februar in Coesfeld ein Versorgungszelt auf dem Gelände einer Unterkunft in Brand gesetzt. In diesem wie auch in anderen Fällen konnten die Täter*innen nicht ermittelt werden. Es muss sich bei ihnen nicht zwangsläufig um organisierte Neonazis handeln, ebenso schreiten nicht-organisierte Rassist*innen zur Tat.

Deutlich feststellbar ist aber, dass NPD, „Die Rechte“ und „Der III.Weg“ ebenso wie die rassistischen Gruppierungen „Pro NRW“, „Republikaner“ oder „Identitäre“ die Agitation gegen Geflüchtete zu ihrem Schwerpunktthema erhoben haben. Im angrenzenden Ruhrgebiet tritt vor allem „Die Rechte“ auf, die fast wöchentlich in Dortmund und seit neustem auch verstärkt in Hamm Kundgebungen gegen Geflüchtete abhält. Ihre Hetze trägt ebenso wie die hetzerischen Äußerungen von Politiker*innen der herrschenden Politik dazu bei, dass sich Rassist*innen zu Angriffen ermutigt fühlen.

Update (24.7.2015)

Die Polizei Münster teilte mit, die Flasche sei nicht in das Gebäude geflogen, nur die äußere Scheibe des Thermopen-Glases sei zersplittert. Die „Westfälischen Nachrichten“ berichten außerdem, dass die Stadt nun als Reaktion die Videoüberwachung an der Schule ausbauen will.

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