Mauern für Roma in Kosova
Jedes Jahr werden ca. 500 Menschen nach Kosova abgeschoben, fast alle sind Roma bzw. Ashkali.
Ergin Alija ist ein Rom, der zusammen mit seiner Familie nach dem Kosovokrieg aus Prishtinë nach Deutschland geflüchtet ist. Im Jahr 2010 wurde er im Alter von 18 Jahren nach Kosova abgeschoben und hinterließ in Deutschland seine restliche Familie, u.a. die schwerkranke Mutter von ihm. Sie ist auf Grund eines Arbeitsunfalls, welchen sie in Deutschland erlitt, querschnittsgelähmt und dauerhaft auf ihre familiäre Lebenshilfe in der Erledigung ihrer täglichen Aufgaben und Angelegenheiten, wie auch im pflegerischen Bereich angewiesen, die sich nur in Deutschland erbringen lässt. Die besondere Betreuungsbedürftigkeit stellt auch den humanitären Grund für ihre Aufenthaltserlaubnis dar, weil im Herkunftsstaat die notwendige klinische Versorgung in prekären Verhältnissen nicht gewährleistet ist. Da sie somit vom alltäglichen Gesellschaftsleben ausgeschlossen ist und zu jeder Tageszeit betreut werden muss, ist eine Pflege ihres Sohnes Ergin notwendig geworden. Insbesondere hat die jahrelange Trennung von ihrem Sohn zu starken Depressionen bei ihr geführt. Da sie aufgrund der Fesselung an den Rollstuhl ihren Sohn nicht in Kosova besuchen kann, ist lediglich ein Besuch von Ergin Alija in Deutschland möglich, was ihm aber über Jahre durch die Einreisesperre (welche inzwischen abgelaufen ist) verwehrt wurde. Aus diesem Grund hat sich der Verein Verantwortung für Flüchtlinge e.V. dazu entschlossen, Ergin Alija und seiner Frau Ardita Alija dabei zu helfen, ein Visum zum Familiennachzug in Härtefällen im Konsulat der deutschen Botschaft in Prishtinë zu beantragen. Leider ist eine Terminvereinbarung bei der Deutschen Botschaft in Pristinë zur Visabeschaffung nur online möglich. Bereits im September waren angeblich alle Termine im Jahr 2014 ausgebucht. Die nächste freie Zeit hätte man erst am 6. Januar 2015. Aus diesem Grund haben Mitglieder des oben genannten Vereins damals tagelang versucht, die Konsularabteilung telefonisch zu ihren Sprechzeiten (offiziell Mo – Do von 15:00 bis 16:45 Uhr) zu erreichen. Nachdem stets um 15 Uhr es auch klingelte, aber niemand an den Hörer gegangen ist, war ab einer Minute später die ganze Zeit bis 16:45 Uhr das Telefon besetzt. Jeden Tag. Unter der Nummer +38138254577 kann man laut Website der Deutschen Botschaft in Kosova Fragen zur Visaerteilung stellen. Der Vorsitzende des Vereins, Ricky Burzlaff, hat es dann mit geänderten Nummern versucht (letzte Ziffer 6 bzw. 8 statt 7), wo aber stets die gleiche Dame der Botschaft an das Telefon ging und sagte, dass es nicht möglich wäre, Aussagen zum Visum zu treffen oder gar ihn mit jemanden in dieser Angelegenheit kompetenten Person zu verbinden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versuchte das Konsulat bereits seit Wochen Visaanträge jeglicher Art abzublocken und vergibt dahingehend auch keine Termine mehr. Schließlich gelang es dem Verein nach einer kritischen Veröffentlichung dieses Missstandes in der kosovarischen Internetzeitung www.kosova-aktuell.de dennoch, über einen E-Mail-Vekehr mit dem Chef der Visastelle, Herrn Frank Radtke, einen Termin im Konsulat am 4. November 2014 um 11 Uhr zu bekommen.Für die Beschaffung eines Visums sind viele Dokumente auf verschiedenen Behörden einzuholen. Am 31. Oktober heiraten Ergin und die schwangere Ardita Alija auf dem Standesamt in der Kommunalverwaltung der Stadt Fushë Kosovë. Nachdem 14:10 Uhr die Prozedur vorbei war, wollte das frisch gebackene Ehepaar zusammen mit Herrn Burzlaff die auf dieser Behörde zu beantragenden Dokumente (neben Heiratsurkunde auch Geburtsurkunde und Familienzertifikat) mitnehmen. Man bat die drei Personen jedoch, wieder hinten in der Schlange auf der Behörde anzustellen. Um 14:40 Uhr waren sie dann wieder dran, jedoch verweigerte man die Erteilung der restlichen Dokumente mit dem Hinweis, dass die Behörde geschlossen sei, obwohl an der Tür klar die Öffnungszeit bis 15 Uhr angezeigt wurde. In der darauf folgenden Diskussion zeigten einige Mitarbeiter wie bereits in der Vergangenheit eine besondere Aggressivität gegenüber Roma auf. Dies wurde daran deutlich, dass dieses Verhalten nur dem Roma-Ehepaar entgegengebracht wurde und nicht den anderen anwesenden Personen auf der Behörde. Am Montagmorgen haben die drei die erforderlichen Dokumente mit viel Druck und gegen hohe Gebühren endlich bekommen, um sie in Prishtinë im Innenministerium überbeglaubigen lassen zu können. Nachdem die Mitarbeiterin am Schalter gesehen hat, dass es sich um Roma handelt, wurden Ergin und Ardita Alija sofort weggeschickt mit dem Verweis, erst am nächsten Tag wiederzukommen. Nach einer deutlichen Intervention des Vereinsvorsitzenden Ricky Burzlaff mit dem klaren Hinweis, dass er die beiden als Besitand vertritt und man am Vormittag des darauffolgenden Tages bereits den Termin im Konsulat der Deutschen Botschaft hat, kam das kosovarische Innenministerium endlich seiner Pflicht und gab uns die entsprechenden Apostillen gegen erneut hohe Gebühren. Nachdem auch Passbilder erworben wurden und alle anderen vielen Dokumente ausgefüllt und unterschrieben wurden, begaben sich am Dienstag, den 4. November, Ergin und Ardita Alija in Begleitung von Ricky Burzlaff zur Deutschen Botschaft. Obwohl Herr Burzlaff (deutscher Staatsbürger) eine Vollmacht der Mutter von Ergin besaß und somit befugt war, ihre Interessen auf der Deutschen Botschaft zu vertreten, und in Funktion als Beistand für Ergin und seiner Frau Ardita Alija anwesend war, wurde ihm auch nach mehrmaligen Bitten und Nachfragen der Zutritt in das Konsulat verwehrt. Es darf nicht sein, dass die Deutsche Botschaft einem deutschen Staatsbürger, einem Vertreter einer deutschen NGO sowie einem Bürger- und Menschenrechtler, der wegen diesem Fall und nach Terminabsprache mit der Deutschen Botschaft nach Kosova geflogen ist, der Zutritt zur Botschaft und damit auch der rechtlich erlaubte Behördengang auf deutschem Hohheitsgebiet verweigert wird. Was sich aber dann im Konsulat abspielte, gleicht einem schlechten Film. Weil einige Dokumente nicht zweifach kopiert wurden, musste das Roma-Ehepaar das Konsulat verlassen und sollte nach der Beschaffung der Kopien sich wieder hinten in der Schlange anstellen. Als dies geschehen ist, verweigerte man denen den Zugang zur Konsularabteilung mit der Begründung, es sei angeblich Mittagszeit und sie sollen in 75 Minuten wiederkommen. Auch nach Ablauf dieser Zeit gab es erhebliche Probleme beim Einlass, da der dafür zuständige Botschaftsmitarbeiter erneut den beiden den Zugang verwehrt hat. Nach einigen Diskussionen durften sie letztendlich doch das Konsulat betreten. Am Schalter wurden Ergin und Ardita Alija mit einer aggressiven und teils romafeindlichen Stimmung konfrontiert. Sie wurden teilweise grundlos angebrüllt und ihnen wurden verschiedene Vorwürfe gemacht, z.B. dass die Begründung des Härtefalls angeblich zu kurz sei. In Wirklichkeit ist letztere treffend und ausreichend formuliert worden und damit ist es skandalös, dass die Botschaft Quantität über Qualität einer Begründung stellt. Einen sachlichen Bezug zur Kritik der Härtefallbegründung gab es nicht. Ebenso teilte man dem Ehepaar mit Absicht fälschlicherweise mit, dass sie zu jung für eine Familiennachführung seien. Jeder, der sich mit diesen Themen auskennt weiß, dass in diesem Fall die Botschaft böswillig und romafeindlich gehandelt hat. Eine Altersregelung für eine Familiennachführung in Härtefällen existiert nicht. Desweiteren wurde unmissverständlich gesagt, dass „Ergin und Ardita Alija es sich abschminken können, dieses Jahr ein Visum zu bekommen“. Diese Aussage einer Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft stellt einen klaren Fall der Diskriminierung dar. Der Verein Verantwortung für Flüchtlinge e.V. fordert deshalb alle zuständigen Behörden und insbesondere den deutschen Außenminister, Frank Walter Steinmeier, als Chef der Deutschen Botschaften auf, dafür zu sorgen, dass diese Drohung nicht Realität wird und das Ehepaar noch in diesem Jahr vor Weihnachten das ersehnte Visum bekommt. 25 Jahre nach dem Mauerfall werden in Europa auch durch die Bundesrepublik Deutschland Mauern gebaut, die die Freiheit und Rechte vieler Menschen, insbesondere aber Roma, deutlich einschränken. Jede Romafamilie in Kosova kann sich den bürokratischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand der Visabeschaffung nicht leisten. Das muss sich ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Ricky Burzlaff
(Vorsitzender des Vereins Verantwortung für Flüchtlinge e.V.)
Category Archives: Abschiebung und Asyl
Dokumentiert: “Brief an den Abschiebeflughafen Baden-Airport” (Jürgen Weber)
“Seit 2001 werden Sammelabschiebungen von Baden-Airport organisiert. Eben haben Sie einem solchen Flieger die Starterlaubnis erteilt. Die letzte Sammelabschiebung davor fand vor einem Monat, ebenfalls an einem Dienstag, den 30. September 2014 statt. Zwischen 2007 und 2009 wurden laut dem baden-württembergischen Innenministerium allein über den Baden-Airport 1031 Menschen abgeschoben.”
„Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Sammelabschiebungen von Baden-Airport zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen und in die öffentliche Diskussion getragen werden. Am Morgen wurde über Ihren Flughafen erneut eine Sammelabschiebung nach Belgrad „abgewickelt“. Familien und Kinder werden damit in Elend und Not sowie Diskriminierung und Verfolgung abgeschoben, Kinder aus den Schulen in Deutschland gerissen, die Gesundheitsversorgung entzogen und den Zugang zu Bildung verwehrt. Das verstößt gegen die UN-Kinderrechtskonvention und ist unmenschlich. Sicher, das alles hat der Gesetzgeber zu verantworten und Sie als Flughafenbetreiber sind nur ein Zahnrad in dieser Mühle, in der Menschen zermahlen werden. Doch das mit dem Rädchen und dem Staat und den Befehlen ist spätestens seit den Deportationen im Nationalsozialismus ein armseliges Argument ohne Rückgrat. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie es auch heute wieder zugelassen haben, dass unmittelbare Nachkommen und Angehörige von durch die Nazis deportierten und vergasten Sinti und Roma von Ihrem Flughafen abgeschoben wurden? http://www.juergenweber.eu/pages/posts/gestern-und-heute-roma-verfolgt-und-auf-der-flucht-357.php Seit 2001 werden Sammelabschiebungen von Baden-Airport organisiert. Eben haben Sie einem solchen Flieger die Starterlaubnis erteilt. Die letzte Sammelabschiebung davor fand vor einem Monat, ebenfalls an einem Dienstag, den 30. September 2014 statt. Zwischen 2007 und 2009 wurden laut dem baden-württembergischen Innenministerium allein über den Baden-Airport 1031 Menschen abgeschoben. Persönlich ziehe ich meine Konsequenz und werde Fluglinien, die über ihren Flughafen abgewickelt werden nicht nutzen. Öffentlich werde ich wo ich kann darauf aufmerksam machen. Baden-Airport erarbeitet sich derzeit den traurigen Ruf als Abschiebeflughafen. Genau so sollten wir ihn auch benennen. Der Abschiebeflughafen.
Mit freundlichen Grüßen, Jürgen Weber 28. Oktober 2014
Quelle: Ecoleusti
Stand: 28.10.2014
Ungarische Roma reichen in der Schweiz Asylgesuche ein
65 Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma wurden aus ihrer Heimatstadt in Ungarn vertrieben. Seit einer Woche suchen sie um Asyl in der Schweiz nach. Als europäische Staatsbürger haben sie kaum Chancen darauf.
Nur gerade 46 Personen aus Ungarn ersuchten in den letzten zwei Jahren um Asyl in der Schweiz. Seit dieser Woche liegen nun auf einen Schlag die Asylgesuche von 65 Roma aus Ungarn vor. Das sei eine aussergewöhnliche Situation, sagt Beat Meiner von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe: «Wir haben wenige Asylgesuche aus Ungarn. Es ist sicher so, dass die Roma in Ungarn Probleme haben. Dass so viele jetzt aus Ungarn kommen, ist ungewöhnlich.»
Viele wollen noch einreisen
1400 Kilometer haben sie im Bus zurückgelegt, aus dem Osten Ungarns bis in die Westschweiz, bis nach Vallorbe, ins Empfangs- und Verfahrenszentrum. Sie würden in ihrer Heimat verfolgt, wie sie sagen. Ihre Häuser und Wohnungen in ihrer Heimatstadt Miskolc seien von den Behörden beschlagnahmt worden, denn mitten im Roma-Quartier soll ein neues Stadion gebaut werden, sagte einer der Asylsuchenden zur Westschweizer Zeitung «Le Matin».nAuf die Ankunft des Busses aus Ungarn hat das Bundesamt für Migration (BFM) gestern reagiert. BFM-Sprecherin Céline Kohlprath: «Das Bundesamt für Migration hat den Botschafter aus Ungarn getroffen. Zwei Themen wurden angesprochen: die Prävention vor Ort und die Rückkehr.» Die Schweiz hat mit Ungarn für solche Fälle ein Rückübernahmeabkommen. In Ungarn selbst sollen weitere mögliche Flüchtlinge von einer Reise in die Schweiz abgehalten werden. Sie seien nur die Vorhut, sagte einer der Roma aus Miskolc zu «Le Matin»: Hunderte weiterer Familien erwägten ebenfalls eine Flucht in die Schweiz.
Wenig Hoffnung
Ihnen allen macht BFM-Sprecherin Céline Kohlprath wenig Hoffnung, dass ihr Asylgesuch anerkannt wird: «Die Chance ist generell gering. Sie sind europäische Staatsbürger. Trotzdem wird jede Asylanfrage individuell behandelt.» Das Ziel sei, innert 48 Stunden über die Asylgesuche zu entscheiden. Dann steht den Roma aus dem ungarischen Miskolc wohl schon wieder die Rückreise bevor: Ungarn gilt in der Schweiz offiziell als sicheres Land. Von den 46 ungarischen Asylsuchenden der letzten zwei Jahre wurde kein einziger als Flüchtling anerkannt.
Quelle: SFR
Stand: 22.10.2014
Rassismus gegenüber Sinti und Roma: Die Rückkehr der Feindbilder
Zuwandernde Sinti und Roma sind in Deutschland nicht willkommen. Der Berliner Historiker Wolfgang Benz erläutert in einem Artikel für den Tagesspiegel, was hinter den anhaltenden Ressentiments steckt.
Den Sinti und Roma, der größten Minderheit in Europa, begegnet die Mehrheit der Deutschen öffentlich mit unreflektierter Ablehnung – und privat mit Hass. Wie kürzlich eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gezeigt hat, geht die Ablehnung der Sinti und Roma zudem mit stereotypen Vorstellungen über „die Zigeuner“ einher. Traditionell sind das die Klischees vom Nomadenleben, dem Freiheitsdurst, der unbändigen Musikalität und dem Drang, zu stehlen.
Aktuell werden zuwandernden Roma Ängste vor Armutszuwanderung entgegengebracht, mit der eine Ausplünderung der Sozialsysteme verbunden sei. Continue reading Rassismus gegenüber Sinti und Roma: Die Rückkehr der Feindbilder
Zentralrat der Sinti und Roma kritisiert Änderung des Asylrechts
Nach seiner Asyl-Einigung mit der Bundesregierung hat der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), viel Kritik einstecken müssen.
Doch nachdem sich die ersten Wogen geglättet haben, zeigten einige Parteikollegen auch Verständnis für die Entscheidung des ersten grünen Regierungschefs.
Durch Kretschmanns Ja war im Bundesrat am Freitag eine Mehrheit für die Abkürzung der Asylverfahren für Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zustande gekommen. Die Zahl der Asylbewerber ist seit Jahresbeginn stark angestiegen.
Die Berliner Grünen-Chefin Bettina Jarasch verteidigte Kretschmanns Alleingang. „Wir wissen, dass es uns allen um Verbesserungen für die Flüchtlinge geht“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Im Bundesvorstand, dem Jarasch angehört, sei lange darüber diskutiert worden. Die Grünen hätten versucht, das Maximum herauszuholen. Man müsse akzeptieren, dass Kretschmann bei diesem Kompromiss die Folgen für die Menschen in seiner Verantwortung abgewogen habe. Bei einem Scheitern der Verhandlungen hätten die Grünen im Vermittlungsausschuss zudem keinen Einfluss mehr gehabt. Continue reading Zentralrat der Sinti und Roma kritisiert Änderung des Asylrechts
Sinti und Roma zur Asylrechts-Verschärfung: Unsicher in sicheren Herkunftsstaaten?
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Asylrechts deutlich kritisiert. „Die Lage von Sinti und Roma in den westlichen Balkanstaaten ist nach wie vor von erheblichen Diskriminierungen und Benachteiligungen gekennzeichnet, so dass große Teile der Roma-Bevölkerung dort in ihrer Existenz bedroht sind“, sagte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose der Nachrichtenagentur dpa.
Unter welchen Bedingungen werden die Grünen zustimmen?
Die Bundesregierung will Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Antragsteller von dort könnten dann schneller abgewiesen werden. In den drei Ländern gebe es keine Verfolgung, Folter, willkürliche Gewalt oder erniedrigende Behandlung, lautet die Argumentation. Der Bundestag hat die Pläne bereits verabschiedet. Sie bedürfen aber der Zustimmung des Bundesrats, wo es Widerstand vor allem grün regierter Länder gibt.
Das Leben in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sei für Roma keineswegs sicher, erklärte Rose. „Große Teile der Minderheit haben in diesen Ländern keine Chance auf dem Arbeitsmarkt, sie sind von jeder Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.“ Für Roma, die in Deutschland lediglich geduldet würden, könne die Umsetzung der Pläne eine Abschiebung bedeuten.
Demonstration gegen Asylrechtsverschärfung angekündigt
Gegen die geplante Asylrechtsverschärfung sprechen sich auch zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen aus. Sie haben für den Mittag zu einer Demonstration in Stuttgart aufgerufen. Unter dem Motto „Roma haben kein sicheres Herkunftsland“ sprechen unter anderem Vertreter des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg und des „Freiburger Forums aktiv gegen Ausgrenzung“.
Die Zahl der Asylbewerber vom Balkan hat deutlich zugenommen: 2013 stammte fast ein Fünftel der Anträge von Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Die überwiegende Mehrheit der Anträge wird jedoch als unbegründet abgelehnt.
Mehr Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Angesichts der Flüchtlingswelle soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im kommenden Jahr 50 zusätzliche Stellen erhalten, berichtet die „Passauer Neue Presse“. Ziel sei es, Asylverfahren schneller bearbeiten zu können.
Dafür seien im Haushaltsplan des Bundes 2,8 Millionen Euro vorgesehen, wurde dem Blatt in Koalitionskreisen bestätigt. Den Haushalt wird der Bundestag im November beschließen. Bereits in diesem Jahr hatte die Nürnberger Behörde 300 zusätzliche Stellen erhalten. Der Berichterstatter für den Haushalt des Bundesinnenministers, Reinhard Brandl (CSU), beklagte jedoch, „dass 50 Stellen mehr nicht ausreichen werden“.
Quelle: tagesschau.de
Stand: 13.09.2014
Roma haben kein „sicheres Herkunftsland“
Sa, 13.09.2014, 12 Uhr, Schloßplatz Stuttgart
Aufruf zur Kundgebung
Keine Kompromisse beim Flüchtlingsschutz!
Keine Zustimmung Baden-Württembergs zur geplanten Asylrechtsverschärfung!Die Bundesregierung will Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten einstufen. Dies hätte zur Folge, dass Asylantragsteller aus diesen Ländern kaum noch eine Chance hätten, in Deutschland Schutz zu erhalten. Im Hauruckverfahren wurde das Gesetz durch den Bundestag gepeitscht. Im Bundesrat wurde es zunächst gestoppt, weil die Länder mit grüner und linker Regierungsbeteiligung, darunter Baden-Württemberg, bislang die Zustimmung verweigern. Jetzt versucht die CDU, die Grünen und Linken dadurch zu einer Zustimmung zu diesem Gesetz zu nötigen, dass die CDU nur dann eine geplante Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs von Asylsuchenden mittragen will, wenn das „Roma-Gesetz“ durchgeht. Am 19. September steht diese Entscheidung erneut auf der Tagesordnung des Bundesrats. Wir fordern die grün-rote Landesregierung auf, standhaft zu bleiben, diesen Kuhhandel auf dem Rücken von Flüchtlingen zurückzuweisen und den Gesetzentwurf im Bundesrat abzulehnen!
Wenn die Bundesregierung Serbien, Mazedonien, und Bosnien-Herzegowina als sicher deklariert, dann ignoriert sie die Berichte zahlreicher namhafter Organisationen, nach denen Roma und Homosexuelle starker sozialer und rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind. Stattdessen stützt sie sich einseitig auf die Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, also auf selbst geschaffene „Fakten“. Wenn man selbst die Anerkennungsquote im Asylverfahren auf Null setzt, kann man leicht behaupten, dass Menschen aus diesen Herkunftsstaaten keine Fluchtgründe hätten. Das Asylrecht ist ein Individualrecht, das eine sorgfältige Prüfung jedes einzelnen Antrags auf Schutz notwendig macht. Wir wenden uns dagegen, dass dieses Grund- und Menschenrecht weiter verstümmelt werden soll.
Auch in Hinblick auf die deutsche Vergangenheit verbietet sich die Verabschiedung eines Gesetzes, das sich erkennbar gegen Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien richtet. Am 28. November 2013 hat die grün-rote Landesregierung einen Staatsvertrag mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg unterzeichnet, mit dem die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den Angehörigen dieser vom Nationalsozialismus verfolgten Gruppe anerkannt wird und diesen Menschen weitgehende Minderheitenrechte zuerkannt werden. Einen ähnlich respektvollen Umgang erhoffen und erwarten wir uns auch mit Angehörigen der Roma-Minderheit, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Statt diese Menschen in der öffentlichen Diskussion als bloße „Armutsflüchtlinge“ zu stigmatisieren und eine Abschiebungspolitik zu betreiben, sollten ihnen Rechte als Minderheit und Schutz vor Diskriminierung gewährt werden.
Die grün-rote Landesregierung ist im April 2011 mit dem Slogan „Humanität hat Vorrang“ angetreten. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik soll der „Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen“ eingehalten werden. Dies lässt aus unserer Sicht nur ein deutliches NEIN zur geplanten Asylrechtsverschärfung zu.
Zu der Kundgebung rufen auf:
Freiburger Forum Aktiv gegen Ausgrenzung
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
Arbeitskreis Roma-Solidarität Konstanz
Aktionsbündnis Abschiebestopp Konstanz
Aktion Bleiberecht Freiburg
AWC Deutschland e. V. – Weltbürgerinnen und Weltbürger
Beratungsstelle CHAI
Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg
Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V.
Medinetz Freiburg
Gesellschaft für bedrohte Völker Regionalgruppe Karlsruhe
Arbeitskreis Asyl Metzingen
linksjugend [’solid] Baden-Württemberg
Amnesty International Baden-Württemberg
Arbeitskreis Asyl e.V.Schwäbisch Gmünd
AGDW Stuttgart
Ak Menschenrecht e.V. im GLOBAL Bad Waldsee
Annette Groth (MdB, DIE LINKE)
Bündnis gegen Abschiebungen MannheimSpenden Sie für Fahrkarten, damit Flüchtlinge an der Kundgebung teilnehmen können:
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
GLS Bank
Kto. Nr. 70 07 11 89 01
BLZ 430 609 67
IBAN: DE66 4306 0967 7007 1189 01
BIQ: GENODEM1GLSFreiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung
Volksbank Breisgau Nord e.G.
Kontonummer 36 15 26
Bankleitzahl: 680 920 00
BIC: GENODE61EMM
IBAN: DE75 6809 2000 0000 3615 26
Quelle: Flüchtlingsrat BW
Stand: 02.09.2014
Grüne & Linke: Steht zu Euren Versprechen beim Flüchtlingsschutz!
Am 19. September kommt es im deutschen Bundesrat zu einer Entscheidung, die wegweisend für die deutsche Flüchtlings- und Asylpolitik sein wird. Die Bundesregierung möchte Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina als so genannte „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen. In so deklarierten Ländern drohten Menschen angeblich weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung.
Sollte es dazu kommen, werden Asylanträge von Bürgerinnen und Bürgern aus Bosnien, Serbien und Mazedonien in Zukunft vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Das Herkunftsland für die Schutzsuchenden sei schließlich sicher.
Doch das trifft nicht für alle Menschen in den Ländern zu. Denn es gibt Menschenrechtsverletzungen in den drei Staaten des Westbalkans. Diese Tatsache lässt diese Einstufung als „sichere Herkunftsstaaten“ auf keinen Fall zu. Angehörige der Roma werden diskriminiert. In Serbien zum Beispiel leben viele Roma-Familien in informellen Siedlungen am Rande der Gesellschaft – meist ohne Zugang zu Bildung, Wasser oder Elektrizität. Sie sind vielfach von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht.
All dies ist relevant, wenn entschieden wird, ob ein Mensch verfolgt wird und daher Recht auf Asyl hat. Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina dürfen daher nicht zu „sicheren Herkunftsstaaten“ ernannt werden. Amnesty International lehnt das Konzept zudem grundsätzlich ab: Jeder Mensch hat das Recht auf ein individuelles Asylverfahren – unabhängig von seiner Herkunft.
Jetzt kommt es auf Bündnis 90/Die Grünen und die Linke an. Ihre VertreterInnen in den Landesregierungen haben bei der bisherigen Befassung im Bundesrat dafür gesorgt, dass es noch nicht zu einer Zustimmung kam. Doch Medienberichten zufolge sind einige Landesregierungen Wackelkandidaten. Sie müssen auch bei der entscheidenden Abstimmung am 19. September standhaft bleiben.
Helfen Sie uns und fordern Sie wichtige PolitikerInnen der Grünen und Linken* auf, nicht umzufallen. Beteiligen Sie sich jetzt an unserer Online-Aktion zur Unterstützung unseres Briefes! Und wenn Sie Kontakte zu Parteimitgliedern der Grünen und Linken haben, bitten Sie diese, unsere Aktion in ihren Kreisen zu streuen. Zeigen Sie den Grünen und Linken, dass wir sie beobachten!
Quelle + Link zur Aktion: Amnesty International
Stand: 02.09.2014
Ein Beispiel unter vielen: Abschiebung von Roma in das “sichere Herkunftsland” Mazedonien
Am 3. Juli wurden Serbien. Mazedonien und Bosnien und Herzegowina in einer Abstimmung im Innenausschuss zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt (siehe die Pressemitteilung des Bundestages sowie den Gesetzesentwurf). Dass ein Land sicher ist, kann hierzulande offensichtlich einfach “erklärt” werden, bedarf aber wohl keiner Begründung oder eingehenderen Prüfung. In einem Rechtsgutachten für Pro Asyl kommt auch Dr. Reinhard Marx zu der Ansicht, dass es an einer Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Kriterien für die Einstufung von Staaten als “sicher” fehle. Dr. Karin Waringo zeigt im Rechtsgutachten zu Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien sowie der Quellenanalyse zu Serbien zahlreiche Gründe dafür auf, die gegen die vermeintliche Sicherheit dieser Länder sprechen.
Letztendlich ging es im Bundestag nicht um die Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation in den Staaten, sondern offensichtlich (gleich an erster Stelle im Gesetzesentwurf) wieder einmal um eine “das Boot ist voll” Rhetorik und die Deutungshoheit darüber, wer aus welchem Grund flüchten darf um in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich Asyl beantragen zu können.Die beiden Schicksale, die der Journalist Jürgen Weber dokumentiert hat, stehen symptomatisch für eine Praxis, die nicht nur in Mazedonien, sondern auch in Serbien und Bosnien und Herzegowina üblich ist und die gezielt bestimmte Gruppen von der Ausreise ins EU-Ausland abhalten soll.
Anfang Juli reiste Jürgen Weber nach Mazedonien, um das weitere Schicksal der im Mai aus Konstanz abgeschobenen Familie Osmanov und eines bereits im Februar ebenfalls abgeschobenen Paares zu verfolgen. Alle Abgeschobenen sind seit dem Zeitpunkt, als sie ihre Pässe im Rahmen des Asylverfahrens den deutschen Behörden übergaben, nicht mehr in deren Besitz. Die Pässe wurden bei der Abschiebung offensichtlich unmittelbar den mazedonischen Behörden übergeben. Es wird zur Zeit rechtsanwaltlich geprüft, ob diese Praxis gegen geltendes Recht verstößt.
Anhand dieser konkreten Abschiebungen lässt sich gut aufzeigen, wie das “sichere Herkunftsland” Mazedonien insbesondere mit (abgeschobenen) Roma umgeht und sie t.w. bereits an der Ausreise hindert. Mehr dazu im Bericht von bzw. auch im Interview von Radio Dreyeckland mit Jürgen Weber. Im Rahmen seiner Reise übergab der Journalist auch die zuvor bei einer Veranstaltung gesammelten Spenden an die Familie Osmanov.Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der bereits im Februar mit seiner Freundin abgeschobene Rom von der mazedonischen Polizei verhaftet und mehrfach zu seinen Fluchtgründen, dem deutschen Asylantrag sowie Kontakten in Deutschland befragt worden ist. Mittlerweile wurde ein Anwalt eingeschaltet; der junge Mann wurde freigelassen.
Anhand dieser Schicksale zeigt sich einmal mehr, welchen Schikanen Geflüchtete ausgesetzt sind und wie ihre Grundrechte – auch in Deutschland – mit Füßen getreten werden.
Quelle + weiterführende Links: Ecoleust
Stand: 30.07.2014
Räumung in Duisburg: Die letzten Roma müssen raus
Duisburg lässt das bundesweit bekannte „Problemhaus“ räumen. Um neue Wohnungen für Familien mit Kindern kümmert sich die Stadt nicht.
Türen fehlen in leer stehenden Wohnungen. Elektroanlagen hängen in der Luft. Den Strom hat der Vermieter längst abstellen lassen. Er mag nicht für die Sanierung des Gebäudes aufkommen, obwohl er lange viel Geld damit verdient hat. Die 47 Wohneinheiten in dem Gebäude „In den Peschen 3–5“ in Duisburg-Rheinhausen sind in einem unfassbar schlechten Zustand.
Als „Problemhaus“ hat der Komplex bundesweit traurige Berühmtheit erlangt. Der Eigentümer hatte hier zwischenzeitlich Wohnraum an 1.400 Menschen aus Südosteuropa vermietet, überwiegend an Roma. In diesen Tagen ziehen die letzten der rund 150 Gebliebenen aus, unter ihnen viele Kinder. Das Haus muss geräumt werden. Die Stadt hat den Bewohnern mitgeteilt, dass sie bis Ende Juli das Gebäude verlassen müssen.
Möglich ist die Räumung wegen eines neues Gesetzes, das der Landtag im April verabschiedet hat. Nun können Kommunen in Nordrhein-Westfalen aus eigenem Antrieb gegen Vermieter vorgehen, die Wohnungen überbelegen oder verwahrlosen lassen. Früher war das nur auf Verlangen des Mieters möglich. Auch in anderen Kommunen wie Gelsenkirchen und Dortmund haben die Stadtverwaltungen von der neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht, heißt es aus dem Infrastrukturministerium.
Nach Angaben von Stadtsprecherin Anja Kopka gibt es allein in Duisburg 50 sogenannte Problemhäuser. „Dort ist teilweise die Lage noch schlimmer als In den Peschen“, sagt Pfarrer Heiner Augustin von der Evangelischen Friedenskirchengemeinde in Duisburg-Rheinhausen. „Aber da schaut keiner hin.“ Er hält die Räumungsanordnung für das Haus für richtig. „Es ist vollkommen in Ordnung, dass die Stadt die Wohnungen für unbewohnbar erklärt“, sagt er. Continue reading Räumung in Duisburg: Die letzten Roma müssen raus