Seit der EU-Osterweiterung kamen 6.500 Zuwanderer aus Südosteuropa nach Duisburg. Die meisten werden als Roma bezeichnet. Ausgrenzung ist keine Seltenheit. Stellt sich Frage nach den Ursachen. Und: Welche Rolle spielen Medien, Politik und der Rassismus in der Bevölkerung?
Seit der EU-Osterweiterung 2007 kamen mehr als 6.500 Zuwanderer aus Südosteuropa nach Duisburg. Da diese im Diskurs der Mehrheitsgesellschaft meist als (Sinti und) Roma identifiziert werden, was allerdings auf viele nicht zutrifft, wurden und werden sie aufgrund von antiziganistischen Stereotypen Opfer von gesellschaftlicher Ausgrenzung.
Dies wollen wir im Folgenden näher erläutern. Nach einer kurzen Einführung gehen wir auf die Rolle der Medien beim Transport antiziganistischer Stereotype ein. Anschließend geht es um den Rassismus der autochthonen Bevölkerung gegen die Zuwanderer, vor allem in den beiden Stadtteilen Hochfeld und Rheinhausen-Bergheim. Danach wird die Anschlussfähigkeit der extremen Rechten an die antiziganistische Stimmung in der „Mitte der Gesellschaft“ analysiert. Im nächsten Abschnitt werden die Reaktionen der Stadt Duisburg sowie des Bundes auf die Zuwanderung skizziert. Weiterhin werden die lokale Sozialarbeit und zivilgesellschaftliche Initiativen vorgestellt. Continue reading „Raus mit den Zigeunern!“ – Antiziganistische Realitäten: Das Beispiel Duisburg
Category Archives: Antiziganismus auf politischer Ebene
BIS report warns of increasing anti-Roma activity
Anti-Romany moods in a part of the Czech society may become a more serious problem for the country’s security than groups of rightist extremists, the BIS counter-intelligence service says in its quarterly report released on its website yesterday.
The report on the development on the extremist scene in the Czech Republic in the past quarter of 2013 pointed to the participation of ordinary citizens in anti-Romany rallies in Ceske Budejovice, south Bohemia, and Duchcov, north Bohemia.
Ethnic tension must be released resolutely and pragmatically, BIS says.
Most participants in the above mentioned anti-Romany demonstrations were ordinary local people who thereby expressed their dissatisfaction with what they call the authorities‘ insufficient solution to problems with the Romany minority.
BIS points out that these citizens are afflicted by petty crimes and breach of the peace near their homes that are not dealt with in a satisfactory way.
„If there is even a minor impulse, their everyday problems and their frustration provoked by them combined with latent anti-Gypsyism are expressed openly and result in more radical manifestations,“ BIS writes.
This is why the anti-Romany stance of a part of the Czech society may become a more serious threat to security than the activities of more extreme but less numerous and relatively well monitored groups of rightist extremists in a long-term perspective, according to BIS.
„We must start solving the tension between ethnic groups resolutely, pragmatically and without emotions. Otherwise, there is a risk of this problem gradually escalating and thus of increasing scepticism in a part of society about the Czech Republic’s democratic principles in a long-term perspective,“ the report’s authors warned.
The ultra-right Workers‘ Party of Social Justice (DSSS), successor to the outlawed Workers‘ Party (DS), attempted to abuse the anti-Romany moods in society in the past quarter, BIS recalls.
The DSSS staged a demonstration in Duchcov on June 22 in which some 1000 people took part a half of whom were the DSSS following.
„Despite a relatively high attendance, the party did not succeed in using the situation to increase its popularity. It was not actively involved in the demonstrations in Ceske Budejovice,“ BIS notes.
It adds that the DSSS also convoked a May Day meeting in Prerov, north Moravia, attended by up to 400 people. However, no incidents breaching the peace occurred.
Leftist extremists also traditionally met in Prague on May Day. Some 300 people participated in their march which was peaceful except for a few minor incidents.
Source: Prague Daily Monitor
Date: 31.07.2013
„Hitler hat vielleicht nicht genügend von ihnen getötet“ – Wirbel um Roma-Beschimpfung in Frankreich
Wegen der angeblichen Beschimpfung von Sinti und Roma mit Neonazi-Vokabular ist ein französischer Abgeordneter und Bürgermeister unter Beschuss geraten.
Gilles Bourdouleix von der Zentrumspartei UDI sagte nach Angaben der Zeitung „Le Courrier de l’Ouest“ vom Freitag bei einem Streit mit Sinti und Roma: „Hitler hat vielleicht nicht genügend von ihnen getötet“. Parteichef Jean-Louis Borloo verurteilte die Äußerung und rief umgehend das höchste Parteigremium an, um über Konsequenzen zu beraten. UDI-Generalsekretär Jean-Christophe Lagarde forderte einen Parteiausschluss.
Zu dem Vorfall kam es laut „Le Courrier de l’Ouest“ am Sonntag, als Bourdouleix in seiner westfranzösischen Gemeinde Cholet ein Lager besuchte, das Sinti und Roma auf einem Grundstück der Stadt errichtet hatten. Der Bürgermeister will das Lager, das aus rund 150 Wohnwagen besteht, räumen lassen. Es kam demnach zum Streit, die Bewohner des Lagers provozierten den Bürgermeister, indem sie ihm den Hitler-Gruß zeigten und ihm Rassismus vorwarfen. Dann sagte Bourdouleix den Hitler-Satz. Die Zeitung stellte eine entsprechende Tonaufnahme am Montag ins Internet.
Der Bürgermeister wies die Vorwürfe gegenüber der Nachrichtenagentur AFP dennoch zurück und warf der Zeitung „Manipulation“ und „Trickserei“ vor. Tatsächlich habe er zunächst gesagt, dass wenn an seiner Stelle Hitler in dem Lager gewesen wäre, dieser die Bewohner getötet hätte – „im Sinne von: Sie haben Glück, dass ich nicht Hitler bin“. Der Journalist von „Le Courrier de l’Ouest“ habe ihn dann gefragt: „Was? Hitler hat nicht genügend von ihnen getötet?“. Er habe diese Äußerung „erstaunt“ wiederholt.
„Das alles ist eine skandalöse Montage“, sagte Bourdouleix zu AFP. Es handle sich um eine „Abrechnung“, weil „Le Courrier de l’Ouest“ Prozesse gegen ihn verloren habe. Gegen die Zeitung kündigte der Politiker eine Verleumdungsklage an.
Schätzungen zufolge wurden in der Zeit des Nationalsozialismus europaweit bis zu 500.000 Sinti und Roma ermordet. In Frankreich fallen die meisten Menschen, die in Deutschland als Sinti und Roma bezeichnet werden, unter den Anfang der 70er Jahre geprägten Verwaltungsbegriff „Gens du voyage“, was „fahrendes Volk“ oder „Landfahrer“ bedeutet. Ihr Zahl in Frankreich wird auf 400.000 geschätzt, 95 Prozent von ihnen haben die französische Staatsbürgerschaft. Gegen sie richtete sich Bourdouleix‘ Äußerung. Der Begriff „Roma“ wird in Frankreich in erster Linie für Roma aus Rumänien und Bulgarien verwendet.
Quelle: RP Online
Stand: 22.07.2013
Aus Respekt vor den Roma: Schweinefarm auf KZ-Gelände – UN fordert Abriss
Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Lety befindet sich heute eine Schweinefarm. Die UN ist entsetzt und fordert nun von der tschechischen Regierung den Abriss – aus Respekt vor den Roma. Der Betreiber sieht das anders.
Eine umstrittene Schweinefarm auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Lety im heutigen Tschechien bringt die Regierung des Landes in Zugzwang. Das UN-Menschenrechtskomitee forderte am Donnerstag, die Zuchtanlage aus Respekt vor der sozial ausgegrenzten Roma-Minderheit zu schließen, deren Angehörige während des Zweiten Weltkriegs zu Hunderten in dem Lager ermordet worden waren. Mit einem solchen Akt könne die Regierung in Prag demonstrieren, dass es ihr ernst sei mit der Achtung der Kultur und Geschichte der Roma.
Mindestens 327 Roma starben in Lety
Zwischen 1940 und 1943 hatten die Nazi-Besatzer gemeinsam mit tschechischen Kollaborateuren fast 1300 Roma in Lety eingesperrt, das etwa 70 Kilometer südlich von Prag liegt. Mindestens 327 von ihnen starben in dem Lager, darunter mehr als 240 Kinder. Über 500 weitere KZ-Insassen wurden in das berüchtigte NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im besetzten Polen abtransportiert. Während die Zahl der sechs Millionen, im Holocaust getöteten Juden weithin bekannt ist, wird das Leid der schätzungsweise 500 000, von den Nazis umgebrachten Roma in manchen Geschichtsbüchern nur am Rande gestreift.
Betreiber der Schweinefarm bleibt stur
Unter der kommunistischen Herrschaft ließ die Staatsführung der damaligen Tschechoslowakei von 1972 bis 1976 die Schweinefarm in Lety errichten. Nach der „Samtenen Revolution“ 1989 wurde die Zuchtanlage von einer privaten Firma übernommen. Diese beharrt darauf, dass die Farm auf einem Feld neben dem ursprünglichen KZ gebaut worden sei, das nach Kriegsende dem Erdboden gleichgemacht worden war. Laut Historikern überlappen sich die Grundstücke jedoch. Die Schweinefarm ist seit Jahrzehnten ein Streitpunkt zwischen den Landesbehörden und tschechischen Roma, die den Abriss fordern.
Quelle: Focus
Stand: 25.07.2013
Duchcov (CZ): Antiziganistische Ausschreitungen
Am vergangenen Samstag versammelten sich in der tschechische Kleinstadt Duchcov bis zu 1.000 Personen zu einem antiziganistischen Aufmarsch, der durch die Neonazipartei DSSS (Dělnická strana sociální spravedlnosti) organisiert wurde. Es war bereits der zweite Aufmarsch binnen weniger Wochen. Schon am 29. Mai waren etwa 500 Menschen nach einem Angriff auf ein junges Paar durch mehrere Personen auf die Straße gegangen. Nur wenige Minuten nach Beginn des Aufzugs vom Samstag versuchten Nazis die Route zu verlassen und zu einer Gegenkundgebung vorzudringen. Dort hatten sich etwa 200 Personen versammelt, um gegen Antiziganismus, Rassismus und Faschismus Stellung zu beziehen. Die Polizei reagierte auf die Angriffe der Neonazis mit Tränengas- und Wasserwerfereinsatz, die anschließenden Auseinandersetzungen zogen sich über mehrere Stunden hin. Erst am frühen Abend beruhigte sich die Situation in der nur 70 Kilometer von Dresden entfernten Stadt wieder.
Mit der Gegenkundgebung unter dem Motto “Heraus aus dem Schlamm” (Čhikatar het/Z bahna ven) hatte der Tag friedlich begonnen. Verschiedene Initiativen mobilisierten zum Straßenfest und etwa 200 Personen folgten bis zum Mittag dem Aufruf. Mit einem Musik- und bunten Rahmenprogramm wurde gegen die DSSS-Demonstration und den um sich greifenden Antiziganismus protestiert. Die Versammlung fand in einem von vielen Roma bewohnten Viertel statt, um einen Ort zum gegenseitigen Austausch zu schaffen und gleichzeitig den antiziganistischen Mob auf Distanz zu halten. Neben den AnwohnerInnen und Antira-AktivistInnen kam auch der Europaparlamentarier der kommunistischen Partei, Jaromír Kohlíček, zu Wort. Er mahnte Toleranz an, thematisierte aber auch die systematische Benachteiligung von Roma in Tschechien. Im Vorfeld der Kundgebung erklärte Monika Šimůnková,die Menschenrechtsbeauftragte der tschechischen Regierung, dass sie das Anliegen der protestierenden unterstützt. Ein Novum, denn bisher wurden ähnliche Veranstaltungen in der tschechischen Öffentlichkeit und Politik kaum oder gar nicht beachtet. Auch die tschechischen Grünen bekundeten in einem Statement ihre Solidarität mit der Kundgebung. Continue reading Duchcov (CZ): Antiziganistische Ausschreitungen
Ungarn: Deutsches Verdienstkreuz für umstrittenen Minister
Der ungarische Minister Balog bekam von Bundespräsident Gauck einen hohen Orden – auch wegen seines Einsatzes für Menschenrechte und Minderheiten. Doch in seiner Heimat werfen ihm Bürgerrechtler vor, er wolle in den Schulen die Isolation von Roma-Kindern wieder legalisieren.
Ungarns Minister für Humanressourcen war hocherfreut über die deutsche Auszeichnung. Zoltán Balog, 55, im Kabinett von Viktor Orbán der zweitwichtigste Mann nach dem Regierungschef, erhielt aus der Hand des deutschen Botschafters in Budapest das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, einen der höchsten deutschen Verdienstorden.
Bundespräsident Joachim Gauck wollte damit vor allem Balogs Verdienste um das deutsch-ungarische Verhältnis würdigen, denn der evangelische Pastor und gelernte Theologe engagiert sich seit Jahrzehnten im Bereich deutsch-ungarischer Kirchenkontakte.
Doch die Auszeichnung gilt explizit auch Balogs Wirken für Minderheiten, wie es in der Begründung heißt, vor allem seinen Bemühungen um eine Verbesserung der Lage der Roma. Genau deswegen jedoch muss sich der Minister dieser Tage in Ungarn scharfe Kritik von Bürgerrechtlern und Roma-Aktivisten anhören. Sie werfen ihm vor, er wolle die Segregation von Roma-Kindern im Bildungswesen, die seit 2003 in Ungarn gesetzlich verboten ist, wieder legalisieren. Am vergangenen Sonntag demonstrierten mehrere hundert Bürgerrechtler und Roma-Aktivisten vor Balogs Ministerium, ihre Forderung lautete: „Gemeinsame Schulen in einem gemeinsamen Land!“
Anlass für den Protest ist eine Gesetzesänderung, die Balog kürzlich vorgeschlagen hatte – ein ergänzender Halbsatz im Antidiskrimierungsgesetz von 2003, das ein ausdrückliches Segregationsverbot im Bildungswesen vorsieht. Die Neufassung des betreffenden Paragrafen würde die Trennung von Schülern zulassen, wenn sie „nach sachgerechter Einschätzung auf die Förderung der notwendigen gesellschaftlichen Angleichung ausgerichtet ist“.
In Ungarn reicht die Praxis der systematischen Trennung von Roma und Nicht-Roma an Schulen bis weit in die kommunistische Zeit zurück. Schon damals wurden Roma-Kinder flächendeckend zu geistig Behinderten erklärt und in Sonderschulen gesteckt. Daran änderte auch Ungarns Wende 1989/90 wenig. Trotz Segregationsverbot funktionieren selbst heute noch mehrere hundert Sonderschulen für Roma, die meisten von ihnen Einrichtungen für sogenannte „Kinder mit spezifischen Erziehungsanforderungen“ (SNI-Kinder).
Zoltán Balog kennt die Probleme aus ureigener Anschauung. Er wuchs in Nordost-Ungarn auf, wo der größte Teil der insgesamt rund 800.000 ungarischen Roma schon zu kommunistischen Zeiten in völlig verelendeten Verhältnissen lebte. Seit vielen Jahren gehört es zu Balogs erklärtem Anliegen, dabei mitzuhelfen, dass sich die Lage der Roma in Ungarn verbessert. Doch er hat etwas gegen „ideologischen Menschenrechtsaktivismus“, wie er es nennt. Er möchte die „gesellschaftliche Angleichung der Roma im begründeten Einzelfall auch mit getrenntem Lernen erreichen“. Continue reading Ungarn: Deutsches Verdienstkreuz für umstrittenen Minister
Sintikinder im Nazi-Staat
NPD will mit Ressentiments gegen Sinti und Roma punkten
Offen rassistisch wird von einer „Zigeunerflut“ gesprochen, die Kriminalität mit sich bringe
Die Rechten haben neben den Muslimen und Asylbewerbern ein neues Thema entdeckt, um alte Ressentiments gegen Ausländer und Minderheiten zu wecken. Seitdem angeblich (Die herbeigerechnete Roma-Flut) aus Bulgarien und Rumänien vermehrt Roma nach Deutschland einwandern und sich hier als „Armutszuwanderer“ niederlassen wollen, wie im Februar der Städtetag meldete, unterstützt durch Medien, und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Einreisesperre für Sozialbetrüger aus Osteuropa forderte, stürzte sich die NPD auf die Roma. Andere Rechtspopulisten schließen sich an.
Die Zuwanderung aus Osteuropa wird auf die von Roma und Sinti reduziert, womit ein altes, bei den Nazis tödlich exekutiertes Vorurteil wieder aktiviert wird, das weiterhin bei vielen Anklang findet. Die Sinti und Roma, die man nicht Zigeuner nennen dürfe, wie man in NPD-Kreisen gerne als Tabubrecher für Diskriminierung ausführt, werden als kriminell und unhygienisch bezeichnet.
Der NPD-Landesverband NRW hat nun die ausländerfeindliche Polemik weiter zugespitzt, fordert eine Rücküberführung der Asylanten („Asylantenflut endlich stoppen, einmal NRW und zurück!“) und meint damit vor allem Roma. Dazu wurde ein Flugblatt verbreitet, das die Roma als gefährlich stigmatisiert – und an die allerdings noch dramatischer inszenierte Aktion der Weltwoche, Chefredakteur ist Roger Köppel, erinnert. Die Weltwoche hatte letztes Jahr einen Titel mit einem Roma-Kind gemacht, das schussbereit eine Pistole in Händen zu halten und auf den Leser zu zielen scheint (Schweizerische Weltwoche offen rassistisch). Die Schlagzeile lautete: „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz.“ Die NPD greift zwar nicht zu Kindern, aber auch auf dem Flugblatt werden eine Pistole und ein Messer auf den Betrachter unter dem offen rassistischen Titel: „Zigeunerflut Stoppen! Kriminalität Bekämpfen!“ gerichtet. Das soll alles bedrohlich wirken und die Angst auf eine ethnische Gruppe von Menschen richten, die unter dem Nationalsozialismus ebenso systematisch verfolgt, deportiert und umgebracht wurden wie die Juden. Bis zu einer halben Million Sinti und Roma wurden von den Nazis getötet.
Schaut man sich das Plakat allerdings näher an, könnte die NPD sich auch selbst entlarven. Da das Logo der NPD neben den Bildern mit den Personen steht, die angriffsbereit oder drohend mit der Pistole oder dem Messer zielen, wird der – eigentlich richtige – Eindruck suggeriert, dass die NPD-Anhänger aggressiv sind und die „Zigeuner“ oder alle, die nicht ihrer Meinung sind, bedrohen. Der Aufruf, die Kriminalität zu bekämpfen, würde so unbewusst gegen sich selbst gelenkt. Das bringt die Ambivalenz der Rechten zum Ausdruck: Sie haben Angst vor ihrem Scheitern und wollen Angst vor den „Anderen“ schüren, aber sich gleichzeitig mächtig und selbstsicher darstellen. Das ist so schizophren wie die Aussage des Plakats.
Dirk Stegemann vom Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ hat nun eine Strafanzeige gegen NPD-Funktionäre aus NRW wegen Beleidigung und Volksverhetzung eingereicht: „Bereits die Verwendung des Begriffs Zigeuner kann aus ihrem Zusammenhang heraus beleidigenden Inhalt aufweisen. Die pauschale Gleichsetzung von Sinti und Roma mit Kriminalität unter Verwendung dieser abwertenden Bezeichnung kann darüber hinaus den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen.“
Quelle: Heise.de
Stand: 21.05.2013
Kein Verfahren gegen Martin Korol: „Freibrief für massiven Rassismus“
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist darüber empört, dass die Bremer Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren gegen den Bürgerschaftsabgeordneten Martin Korol (SPD) wegen Volksverhetzung einleiten will. Er rügt das Vorgehen als „Freibrief für massiven Rassismus“.
Im Zusammenhang mit dem Zuzug osteuropäischer Roma hatte Korol auf seiner privaten Homepage geschrieben, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“. Ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“. Und weiter: „Viele der jungen Männer schmelzen sich mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg.“
Nach wochenlanger Prüfung kam die Staatsanwaltschaft kürzlich zu dem Schluss, dass Korols Äußerungen zwar „überspitzt“, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien.
Arnold Roßberg, Sprecher des Roma-Zentralrats, meinte dazu auf Anfrage der Frankfurter Rundschau, diese Entscheidung sei „völlig unvertretbar“ und bedeute einen „Freibrief für massiven Rassismus“. Korols pauschale Vorwürfe seien „massiv diskriminierend“. „Das sind die typischen ‚abstammungsbedingten’ Zuschreibungen, die geeignet sind, Hass zu schüren gegen die Minderheit und gegen die sich der einzelne Angehörige, der nichts mit all dem zu tun hat, nicht mehr wehren kann.“ Der Staat dürfe die Betroffenen nicht schutzlos stellen, forderte der Zentralrat-Sprecher. Es sei zudem zynisch, wenn die Staatsanwaltschaft von lediglich „überspitzten“ Formulierungen spreche.„Massenmord der Abtreibungen“
Der pensionierte Deutsch- und Geschichtslehrer Korol (68) hat sich zwar inzwischen für seine Roma-Äußerungen entschuldigt. Doch der Zentralrat hätte sich gewünscht, dass die Staatsanwaltschaft zumindest die „tatbestandliche Verletzung der strafrechtlichen Normen“ festgestellt hätte, „um Wiederholungen zu verhindern“. Korol wurde bereits aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion ausgeschlossen. Zudem läuft noch immer ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn – auch wegen frauenfeindlicher Äußerungen: Er hatte den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt.
Die parteiinterne Schiedskommission berät zurzeit über den Antrag des SPD-Landesvorstands, Korol nach fast 45 Jahren aus der Partei auszuschließen. Die nicht an Weisungen gebundene dreiköpfige Kommission hatte zunächst vergeblich eine gütliche Einigung angeregt: Für ein Jahr sollten Korols Rechte aus seiner Mitgliedschaft ruhen. Darauf wollte sich der Landesvorstand aber nicht einlassen, wie aus SPD-Kreisen zu hören war. Spätestens Anfang Juni wird das Bremer Schiedsgremium seinen Spruch verkünden, gegen den beide Seiten noch Berufung bei der Bundesschiedskommission einlegen könnten.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 16.05.2013
Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen
Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.
Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.
Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…
Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…
Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.
Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen