Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.
Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.
Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…
Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…
Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.
Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen
Category Archives: Antiziganismus auf politischer Ebene
Ungarn: Kommen mutmaßliche Roma-Mörder bald frei?
Vier Männer sollen in den Jahren 2008 und 2009 in Ungarn sechs Menschen wegen ihrer Herkunft getötet haben. Gibt es bis August kein Urteil, müssen sie aus der U-Haft entlassen werden.
Die vier mutmaßlichen Täter einer Serie von Morden an Angehörigen der Roma-Minderheit in Ungarn könnten heuer am 21. August aus der U-Haft in die Freiheit entlassen werden, wenn bis dahin im laufenden Gerichtsprozess kein Urteil gefällt wird. Denn die Männer, die für die Ermordung von sechs Roma verantwortlich sein sollen, wurden am 21. August 2009 in Haft genommen. Die Maximaldauer der Untersuchungshaft in Ungarn beträgt vier Jahre, erinnerten mehrere Medien am Freitag.
Die Männer, zur Tatzeit im Alter von 28 bis 42 Jahren, sollen in den Jahren 2008 und 2009 sechs Menschen wegen ihrer Herkunft brutal getötet haben. Diese Mordserie hatte europaweit für Entsetzen gesorgt. Nach den Ermittlungen hatten die Verdächtigten insgesamt 78 Schüsse an neun verschiedenen Orten abgegeben. Weiters sollen sie Molotowcocktails in sieben Häuser geworfen haben. Unter den sechs Opfern befand sich ein fünfjähriger Bub.
Bei der Festnahme der vier Männer wurde ein Teil jener Jagdwaffen gefunden, die bei den Angriffen auf die Roma zum Einsatz kamen. Zwei der Männer hatten Beziehungen zu rechtsextremen Organisationen.
Quelle: Die Presse
Stand: 17.05.2013
Der Weg endete im Todeslager
Gerhard Gaiser hat sich vor zehn Jahren, anlässlich des sechzigsten Jahrestags der Deportation der Sinti und Roma aus Baden und Württemberg, im Gespräch an den Morgen des 16. März 1943 erinnert: „Wir hatten gerade Pause in der Gartenstraßenschule, als wir gesehen haben, wie die armen Leute von Polizisten durch die Böblinger Straße abgeführt wurden.“
„Die armen Leute“, das war die Sindelfinger Sinti-Großfamilie Reinhardt. Sie wurde vor 60 Jahren aus Sindelfingen deportiert. Für die meisten Familienmitglieder endete der Weg in Auschwitz-Birkenau oder in anderen Todeslagern. Von den 26 Familienangehörigen, die sich damals in Sindelfingen aufhielten, haben nur sechs die NS-Zeit mit Sicherheit überlebt.
Im Herbst 1930 hatten sich die ersten Familienmitglieder in Sindelfingen niedergelassen. Weit außerhalb der Stadt, im Gewann Stelle/Roter Berg hatten sie ein Grundstück gekauft und dort mehrere Wohn- und Eisenbahnwagen, später auch ein kleines Häuschen, aufgestellt. Das Areal liegt heute entlang der Eschenriedstraße auf Höhe der Einmündung des Lochensteinweges und ist überbaut.
Die meisten erwachsenen Familienmitglieder lebten vom Hausierhandel, so dass sie von Frühjahr bis Herbst zumeist unterwegs waren und hauptsächlich über die Winterzeit in Sindelfingen waren. Verschiedene Sindelfinger können sich daran erinnern, dass daher auch der Schulbesuch der Reinhardt-Kinder im Sommer nur unregelmäßig erfolgte. In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre hatten aber einige männliche Familienangehörige feste Arbeitsverhältnisse bei örtlichen Baufirmen oder bei der Firma Daimler-Benz.
Wie überall waren die Sinti auch in Sindelfingen von Anfang an nicht gerne gesehen. Immer wieder bemühte sich Bürgermeister Hörmann, ab 1932 sein Nachfolger Pfitzer, um eine Handhabe zur Ausweisung der Familie aus Sindelfingen. Da ihnen aber keine schwerwiegenderen Straftaten, sondern lediglich einige Bagatelldelikte wie Ruhestörung oder Bettelei angelastet werden konnten, blieben die Versuche erfolglos.
1936 begann der Tübinger Nervenarzt Robert Ritter als Leiter der „Rassenhygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle“ mit der systematischen Untersuchung von Sinti und Roma. Mit der pseudo-wissenschaftlichen Feststellung der vermeintlichen „rassischen Minderwertigkeit“ wurde der Boden für den späteren Massenmord bereitet. Dokumente aus dem Stadtarchiv und dem Bundesarchiv Koblenz belegen, dass Mitarbeiter von Robert Ritter oder auch er selbst mindestens zwei Mal, im Frühjahr 1937 und im Sommer 1938, an Sindelfinger Sinti ihre Untersuchungen durchführten.
Um die Jahreswende 1937/38 kam es im Rahmen von sogenannten „Maßnahmen gegen arbeitsscheue Elemente“ zu ersten groß angelegten Verhaftungsaktionen. Offensichtlich wurden in diesem Zusammenhang auch Franz Anton und Johann Reinhardt aus Sindelfingen verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau verbracht.
Im Juli 1939 wendet sich Katharina Reinhardt, Ehefrau und Mutter der beiden Inhaftierten, in einem eindringlichen Brief an Bürgermeister Pfitzer mit der Bitte, sich doch für die Freilassung ihrer Angehörigen einzusetzen. Wie verzweifelt ihre Lage gewesen sein muss, ist daran zu erkennen, dass sie als Gegenleistung das Grundstück der Familie und den Wegzug anbietet. Eine Antwort ist nicht überliefert.
Durch den Himmler-Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ vom 8. Dezember 1938 wurden die örtlichen Polizeibehörden angehalten, regelmäßig Listen über alle ortsansässigen „Zigeuner“ zu fertigen – die bürokratische Grundlage für die „endgültige Lösung der Zigeunerfrage“, wie es in Himmlers Erlass heißt.
Die endgültige Entscheidung zur systematischen Inhaftierung und Ermordung von Sinti und Roma fiel um die Jahreswende 1942/43. Ab Februar 1943 begannen die planmäßigen Deportationen. Am 16. März schließlich wurde die Sindelfinger Sinti-Familie Reinhardt abgeholt. Dabei wurde die Sindelfinger Polizei durch auswärtige Polizisten verstärkt.
Einer der beteiligten Polizisten gab in einer Vernehmung nach dem Krieg zu Protokoll: „Es ist mir wohl noch in Erinnerung, dass im Jahre 1943 die hier wohnhaften Zigeuner nebst Angehörigen an einem bestimmten Tage plötzlich festgenommen werden mussten und abgeschoben wurden. Allgemein war man dortmals der Ansicht, die Zigeuner würden in Polen zum Arbeitseinsatz, insbesondere Straßenbau, verwendet.“ Tatsächlich führte der Weg der Familie Reinhardt und tausender anderer Sinti und Roma in die Todeslager.
Die meisten Schicksale der Sindelfinger Angehörigen der Familie Reinhardt sind geklärt. Mindestens 17 von ihnen sind in Auschwitz-Birkenau, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Mauthausen, Mittelbau und Ravensbrück umgekommen. Ihre Namen sind auf einer Gedenktafel neben dem Rathauseingang vermerkt.
Info
Heute, am 15. März, wird landesweit der Deportation der Sinti und Roma vor 70 Jahren gedacht. An diesem Tag verließ ein Deportationszug den Stuttgarter Nordbahnhof nach Auschwitz-Birkenau – nur die wenigsten haben überlebt. 456 Sinti und Roma wurden allein im März 1943 aus dem heutigen Baden-Württemberg in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, in ganz Deutschland waren es 12 000. Heute ab 19 Uhr wird in Magstadt am Oberen Marktplatz und in der Johannes-Täufer-Kirche der Deportierten vom März 1943 gedacht: Von den 26 Sinti aus Magstadt sind 17 Opfer des Völkermords geworden.
Quelle: SZBZ
Stand: 15.03.2013
Hungarian newspaper fined for Orban ally’s Roma slur
Hungary’s media regulator said Wednesday it was fining a pro-government newspaper over a column by a prominent right-wing journalist close to Prime Minister Viktor Orban describing the Roma minority as „animals“.Following a stabbing incident involving young Roma men, Zsolt Bayer, one of the founders of Orban’s Fidesz party, wrote in January: „Most Gypsies are not suitable for cohabitation. „They are not suitable for being among people. Most are animals, and behave like animals. They shouldn’t be tolerated or understood, but avenged. Animals should not exist. In no way,“ he said.
Orban has long been accused of pandering to the openly anti-Semitic and racist far-right Jobbik party and of presiding over a rise in xenophobia in the EU member state, although he says he abhors any such feelings.The media regulator said that the article in the Magyar Hirlap newspaper, headlined „Those Who Shouldn’t Exist“, was „not in harmony with regulations on media content and press freedom pertaining to hate speech and discriminatory content.“
It said it was fining the newspaper 250,000 forints (833 euros, $1,120) and ordered it to publish the decision in both its print and online versions, while also prohibiting it from publishing similar content in the future. After the remarks sparked protests in Hungary and abroad Bayer said his comments were „deliberately misinterpreted“. „I don’t want to liquidate Gypsies, neither some of them nor a single one,“ he said. „I want order, I want every respectable Gypsy to be happy in this country and every Gypsy who is incapable of and unsuitable for living together to be excluded from society,“ he added.
The Roma people, also called Gypsies though many consider the term pejorative, are a minority in several eastern and central European countries.
Source: Global Post
Date: 08.05.2013
Hetze gegen Roma bleibt straflos
Kein Grund für eine Anklage wegen Volksverhetzung: Die Roma-feindlichen Äußerungen des Bremer Abgeordneten Martin Korol fallen laut Staatsanwaltschaft unter die Meinungsfreiheit. Dass die Justiz auch mit der NPD milde umgeht, stößt auf Kritik.
Der 68-jährige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Korol hatte vor seinem Landtagseinzug einen Text über Roma-Zuwanderer aus Südosteuropa auf seine Homepage gestellt. Darin behauptete er, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“; ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“.
Als lokale und überregionale Medien über seine Äußerungen berichteten, begann die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob sie wegen Volksverhetzung ermitteln müsse. Inzwischen steht das Ergebnis fest: Die Behörde sieht keinen Grund für ein förmliches Ermittlungsverfahren. Oberstaatsanwalt Frank Passade sagte dazu auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau, Korols Äußerungen seien zwar überspitzt, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dadurch werde nicht die Menschenwürde der Betroffenen angegriffen oder zum Hass gegen sie aufgestachelt, wie es für den Straftatbestand der Volksverhetzung nötig wäre.
Korol, katholischer Deutsch- und Geschichtslehrer i.R., hatte auch den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt. Diese Äußerungen wurden von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft, würden aber nach Ansicht Passades ebenfalls unter die Meinungsfreiheit fallen.
Wegen seiner Roma- und frauenfeindlichen Äußerungen wurde Korol inzwischen aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Er sitzt derzeit als sozialdemokratischer Einzelabgeordneter im Bremer Parlament. Die SPD führt aber auch ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn. Der Landesvorstand hofft darauf, dass die parteiinterne Schiedskommission Korol ausschließt.
Der Abgeordnete hat die umstrittenen Texte mittlerweile von seiner Homepage entfernt und sich für die Roma-Äußerungen öffentlich entschuldigt.
Inzwischen wurde Kritik an einer anderen Entscheidung der Bremer Justiz laut: Am Montag hatte das Amtsgericht Bremerhaven mit Zustimmung der Bremer Staatsanwaltschaft beschlossen, ein Volksverhetzungs-Verfahren gegen drei NPD-Bundesvorstandsmitglieder wegen geringer Schuld einzustellen; als Auflage müssen die Funktionäre jeweils 500 Euro zahlen. Die drei sollen ein ausländerfeindliches Online-Spiel verantwortet haben, einem von ihnen wurde außerdem ein ausländerfeindlicher und antisemitischer Offener Brief angelastet. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken sprach am Dienstag von einem „Übereinkommen zwischen Nazis und Staatsanwaltschaft“ und kritisierte: „Die Justiz hat damit für Nazi-Hetze den Weg frei gemacht.“
Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 07.05.2013
Czech Republic: Anti-Romani march on Hitler’s birthday is a fiasco
Yesterday’s attempted march against Romani people in the Předlice quarter of Ústí nad Labem can be described as an enormous fiasco. The demonstration, convened by Josef Bareš on the 124th anniversary of Adolf Hitler’s birth, was attended by one person. However, it has cost the state and the taxpayers no small amount of money, as about 70 police officers were deployed to the radical event.
„Police measures are necessary, you never know if it might be a pretext for something else,” one of the police officers present told the Ústí regional daily. “It can always happen that suddenly one or two busloads of radicals show up.”
The organizer called the demonstration a “March against Inadaptables” (Pochod proti nepřizpůsobivým). The announcement to the local government lists the place of the demonstration as Předlice. According to a Facebook invitation featuring the logo of the Workers’ Social Justice Party (Dělnická strana sociální spravedlnosti – DSSS) and many crude expressions, the event was supposed to have started at 13:00 at the Západní train station and was supposed to have passed through Tovární and Hrbovická streets to Školní square and back before ending at 14:30. In reality the event ended after just 15 minutes and only Bareš was there.
In his announcement of the event to the local government, Bareš expected 100 – 120 participants to attend. However, only one person confirmed his attendance on Facebook prior to the event, and even he did not show up, leaving Bareš alone at the scene.
The Konexe civic association is criticizing the relevant town representatives for not informing the residents of Předlice about the planned march with sufficient advance notice. „The town of Ústí nad Labem has once against chosen a maximally paternalistic strategy. The town leader decided not to inform the Romani residents of Předlice, the targets of this hate march, that it would be happening – why scare Romani people unnecessarily in advance when they won’t understand it anyway? The result of this is that trust in the town leadership and majority-society institutions has fallen to an historic low in Předlice,” representatives of Konexe said.
„The Romani community did not find out about this march until Friday evening. Local residents did not have enough time to decide what to do should anti-Romani demonstrators show up in front of their buildings. At moments of time pressure and great stress, advocates of short-sighted solutions and hotheads often gain the upper hand,” Miroslav Brož of Konexe told news server Romea.cz. „If the relevant authorities had the information that very few people would be attending the march, they should have shared that information with the residents. The situation would not have been as stressful for them as it was with no information.”
Source: Romea.cz
Date: 21.04.2013
Zuwanderung geistiger Armut
Warnung vor einer angeblichen Gefährdung des sozialen Friedens – Fakten hat die Bundesregierung keine
Mit der Warnung vor »Armutszuwanderern« schürt die Bundesregierung Vorurteile gegenüber rumänischen und bulgarischen Migranten. Dass es dafür keine Belege gibt, musste sie nun selbst zugeben.
Eine »Beleidigung für den gesunden Menschenverstand« sei es, Migranten die selben Sozialleistungen zu gewähren wie »einheimischen Staatsbürgern.« Ausreisen sollen »Personen, die Sozialleistungen betrügerisch in Anspruch nehmen«. Die Aussagen stammen von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Wahlkampf auf dem Rücken von Migranten und das Schüren von Fremdenfeindlichkeit warfen ihm Migrantenverbände deshalb vor. Nun muss die Bundesregierung einräumen, dass hinter dem Phänomen »Armutsmigration« vieles steckt, nur keine Fakten.
Man teile »die Auffassung, dass es sich bei der Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien nicht in erster Linie um sogenannte ›Armutsmigration‹ handelt.« So lautet der überraschendste Satz in der Antwort der Bundesregierung auf eine »Kleine Anfrage« der LINKEN-Abgeordneten Ulla Jelpke. Statistische Belege für einen »erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit von rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen« gebe es nicht.
Spätestens seit Beginn dieses Jahres, als der deutsche Städtetag in einem dramatischen Appell vor der »Gefährdung des sozialen Friedens« durch »Armutszuwanderung« warnte, ist die Abwehr südosteuropäischen Migranten für Unionsparteien Wahlkampfthema: In einem Brief an den EU-Ratspräsidenten forderte Minister Friedrich vor einem Monat zu Maßnahmen auf, »um den Folgen dieser Art von Einwanderung zu begegnen.« Mehr noch: »Armutszuwanderung« bedrohe »unser gemeinsames Ziel, die Mobilität der europäischen Bürger zu fördern«, schrieb Friedrich gemeinsam mit Amtskollegen aus Österreich, Großbritannien und den Niederlanden. Die Forderung für ein Treffen im Juni: Einschränkung der EU-Freizügigkeitsrichtlinie
Doch selbst Vertretern der EU geht Friedrichs Demagogie zu weit. Es gebe keinen »Sozialleistungs-Tourismus«, sah sich unlängst EU-Sozialkommissar László Andor genötigt klarzustellen und attestierte »manchen Mitgliedsstaaten« ein »Wahrnehmungsproblem«.
Dieses belegt nun auch die Antwort der Bundesregierung. Nicht nur südosteuropäische Migranten, sondern vor allem der deutsche Steuerhaushalt profitiert demnach von der gescholtenen EU-Freizügigkeitsrichtlinie: So befanden sich im Dezember 2012 fast 110 000 sozialversicherungspflichtige rumänische und bulgarische Staatsbürger in Deutschland. Die Arbeitslosenquote befand sich hingegen mit 9,6 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt nicht-deutscher Arbeitssuchender.
»Friedrich kann nichts beweisen, er kann nur Stimmung machen«, kommentiert deshalb die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Jelpke. Auch der Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose, weist in einer Erklärung darauf hin, dass nicht deutsche Steuerzahler die maßgeblichen Opfer der Debatte sind. Mehrere »aggressive Demonstrationen vor Häusern, in den Roma-Familien leben«, habe es bereits durch rechtsextreme Gruppen gegeben. Dies müsse auch den Parteien für die bevorstehende heiße Phase des Wahlkampfes bewusst sein.
Quelle: Neues Deutschland
Stand: 10.05.2013
The New Roma Ghettos: Slovakia’s Ongoing Segregation Nightmare
Throughout history, sometimes events seem perfectly aligned to spark racial violence. On March 10 of last year, the residents of the small village of Krásnohorské Podhradie, in the mountains of eastern Slovakia, looked up to the hilltop at the center of town to see their beloved 14th-century Krásna Hôrka Castle being engulfed in flames. By the time firefighters made it up the hill, the roof was gone and three bells had melted down into the tower.
The next day, a police spokesman announced that the fire had been caused by two Roma boys, aged 11 and 12, who lived in a ghetto on the edge of the village. They had allegedly been trying to light a cigarette at the bottom of the hill when an unusually strong gust of wind carried a piece of smoldering ash up the mountain, where it ignited wood strewn on the castle grounds. Whether or not they were responsible, the accused and their families were terrified – perhaps because, in the last two years, according to data from the European Roma Rights Center, there have been dozens of violent attacks on Roma in Slovakia – the ethnic group better known as Gypsies. Fearing reprisal, the boys were quickly spirited out of town to stay with relatives, while Roma men prepared throughout the night to defend their community. Ultimately, the boys weren’t charged with any crime because they’re minors, but the damage was done: the image of Gypsy kids setting fire to a hallmark of Slovak national heritage seemed to only reinforce the prejudices many white ethnic Slovaks have toward their country’s poorest citizens. With the burning of Krásna Hôrka Castle, the far right in Slovakia had their equivalent of 1933’s Reichstag fire – the symbolic event needed to justify a crackdown.
In mid-March, I flew to Slovakia and drove out to Krásnohorské Podhradie for a rally to commemorate the one-year anniversary of the burning of Krásna Hôrka. Marian Kotleba, a former teacher and leader of the far right People’s Party-Our Slovakia – named in honour of the clerical-fascist regime that ruled the Czechoslovak Republic between World War I and II – had pegged his dim electoral prospects on Krásna Hôrka and his stand against “Gypsy criminality.”
On arrival, I entered a lot beside the municipal offices. A crowd of about 150 people – skinheads, tough-looking townspeople and about 12 of Marian’s green-clad officer corps – stood around listening to Marian’s speech. My translator suggested parking away from the crowd so that there would be less of a chance of anyone noticing the Hungarian plates on our rental car. “If there’s one thing the neo-Nazis like less than Roma, it’s Hungarians,” he said, only half joking, referring to Slovak resentment of their former imperial neighbour.
A short, mustached man in black fatigues, Marian Kotleba stood in front of his blue zebra-striped Hummer flanked by two skinheads waving the party’s massive green flags. “We don’t like the way this government deprives polite people in order to improve the position of parasites,” he said in a stern, steady voice. An enormous yellow crane loomed above the castle on the hilltop, making repairs on the castle’s roof. “This burned castle is a symbol of the way it will go if the government doesn’t do anything with this growing and increasing menace,” Marian continued. “If we don’t do anything about it, the situation will continue getting worse… If the state wasn’t creating surprisingly good conditions for these Gypsy extremists, what do you think would happen? They would all go to England. They can go anywhere; they have freedom to move. If they suffer so much in Slovakia, no one is keeping them here. No one will miss them. I don’t have to tell you that I wouldn’t miss them at all.” Continue reading The New Roma Ghettos: Slovakia’s Ongoing Segregation Nightmare
SPD-Fraktion schließt Rechtsabweichler aus
Der Bremer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Martin Korol ist jetzt über seine fremden- und frauenfeindlichen Äußerungen gestolpert: Jetzt hat ihn seine Fraktion rausgeworfen.
Die Bremer SPD-Bürgerschaftsfraktion hat am Montagnachmittag einstimmig den erst kürzlich ins Parlament nachgerückten Abgeordneten Martin Korol ausgeschlossen, weil er sich auf seiner Homepage fremden- und frauendiskriminierend geäußert und damit das Ansehen der Fraktion nachhaltig geschädigt habe.
Der 68-jährige Deutsch- und Geschichtslehrer i.R. ist damit jetzt fraktionsloser Abgeordneter – vorerst noch mit SPD-Parteibuch; gegen ihn läuft aber auch ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel, ihn nach 45 Jahren aus der SPD auszuschließen.
Korol hatte auf seiner inzwischen weitgehend abgeschalteten privaten Homepage in einem Text über südosteuropäische Roma-Zuwanderer behauptet, Sinti und Roma lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“; ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“.Der Katholik und verheiratete dreifache Vater beklagte auch den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. ‚Selbstverwirklichung der Frau’“. Laut Korol „übernehmen nun zunehmend Frauen und Immigranten die Macht im Lande“. Außerdem hatte er dafür plädiert, dass nur Menschen mit deutschem Schulabschluss Bürgerschaftsabgeordnete sein dürften – was sich indirekt gegen eigene Genossen richtete.
Mit einer elfseitigen Stellungnahme, die auch der Frankfurter Rundschau vorliegt, wehrte sich Korol vergeblich gegen den Ausschluss. Darin entschuldigte er sich für einen Teil seiner Äußerungen: „Offensichtlich empfiehlt es sich, erst einmal nachzudenken, bevor man etwas schreibt.“ Aber „jeder von uns“ habe nun einmal seine „teilweise marottenhaften und mitunter auch bizarren Privatansichten, die nicht immer korrekt auf Parteilinie liegen, die man aber wohlweislich besser für sich behält“. Trotz seiner Fehler, die er „aufrichtig bedauere“, halte er einen Fraktionsausschluss „für überzogen und für unverhältnismäßig“. Er habe zwar eine „kulturkonservative Lebenseinstellung“, sei aber nicht rassistisch oder frauenfeindlich.Mit seinem Roma-Text, so schrieb Korol weiter, habe er in „polemischen und undifferenzierten Formulierungen“ die Probleme der Armutswanderung von Verelendeten und Verfolgten ansprechen wollen. Selbstverständlich sei er auch für die Gleichberechtigung der Geschlechter, aber er warne vor dem Glauben, dass der Staat bei den Frauen in besseren Händen wäre als beim untergehenden Patriarchat. Bei künftigen Äußerungen werde er die bisher vermisste „Sorgfalt und sprachliche Vorsicht üben“, versicherte er.
Die Fraktion, die ihn am Montag auch persönlich anhörte, stimmte dennoch für seinen Ausschluss, da sich Korol nicht umfassend inhaltlich distanziert habe und „das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört“ sei. An der Abstimmung durfte er satzungsgemäß nicht teilnehmen, wie ein Fraktionssprecher sagte.
Der Vorsitzende der Fraktion, Björn Tschöpe, meinte nach der Abstimmung, bei Korol fehle „das Mindestmaß an prinzipieller politischer Übereinstimmung“ mit der SPD-Fraktion. Die Bremer Staatsanwaltschaft prüft noch immer, ob wegen Korols romafeindlicher Äußerungen ein Anfangsverdacht der Volksverhetzung vorliegt. Das sagte ein Justizsprecher am Montag auf Nachfrage der FR.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 08.04.2013
Fraktion macht Schluss: Ein guter Tag für die SPD
Kommentar von Benno Schirrmeister
War’s Rassismus? Oder beschriebe doch das Wort Xenophobie, also Fremdenfeindlichkeit Martin Korols Intentionen besser? Das ist im Grunde eine Frage nur für Liebhaber. Selbst juristisch, im Sinne des Grundgesetzes, spielt nämlich keine Rolle, ob der wildgewordene Pensionär den Roma biologistisch-genetisch oder soziologisch-kulturell pauschale Minderwertigkeit unterstellt hat.
Entscheidend ist, dass er es getan und – nachdem dies durch die taz problematisiert wurde – allenfalls in lavierender Bagatellisierung zum Missverständnis umgedeutet hat. Zum Glück sieht das die Bremer SPD-Fraktion genauso. Und zum Glück hat sie sich von lauwarmen Entschuldigungen des einstigen Lehrers – oweia, was der den SchülerInnen wohl beigebracht hat! – nicht beeindrucken lassen: Tatsächlich ist dafür ja völlig unerheblich, dass Korol seine Expektorationen als „bizarre Privatansichten“ zu verniedlichen. Denn als Abgeordneter ist er ja allein seinen bizarren Privatansichten verpflichtet, sprich: seinem Gewissen.
Insofern musste die Fraktion annehmen, dass der Nachrücker auf dem SPD-Ticket gegen ihre eigenen Ziele Politik machen würde. Ihre Trennung von ihm war ein richtiger Schritt – um klarzustellen, dass es ihr ernst ist, mit einer Politik der Integration. Mit dem Ausschluss hat die SPD-Fraktion deutlich gemacht, wer sie ist. Und dass sie weder Rassismus noch Fremdenfeinlichkeit in ihren Reihen duldet. Das ist erfreulich.
Quelle: taz.de
Stand: 08.04.2013