Category Archives: Antiziganismus von Rechts

Demonstration in Ungarn: „Ich bin auch Zigeuner!“

Hunderte Menschen gingen in Budapest auf die Straße: Sie demonstrierten gegen einen Freund des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán – der einflussreiche Rechtsaußen-Publizist hatte Angehörige der Volksgruppe Roma als „Tiere“ bezeichnet.

Sie kamen mit ungarischen Flaggen und trugen Schilder um den Hals. „Ich bin auch Zigeuner“, stand darauf. Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Sonntag in Budapest gegen Rassismus und Roma-feindliche Kommentare in der regierungsnahen Presse.

Die linke Oppositionspartei DK (Demokratische Koalition) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Die Demonstration fand vor dem Sitz der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) statt.

Der Protest richtete sich gegen den einflussreichen Rechtsaußen-Publizisten Zsolt Bayer, ein Freund von Ministerpräsident Viktor Orbán. Bayer hatte in einem vor einer Woche von der Tageszeitung „Magyar Hirlap“ veröffentlichten Beitrag geschrieben, „die meisten Roma“ seien „Tiere“, viele Roma seien „Mörder“. Die meisten Roma seien „nicht zum Zusammenleben“ geeignet und sollten „nicht existieren“, hieß es in dem Beitrag weiter. Der Autor hatte eine Wirtshausschlägerei in der Silvesternacht im Ort Szigethalom bei Budapest zum Anlass seiner umstrittenen Ausführungen genommen. Mehrere Roma sollen dabei zwei Nachwuchssportler mit Messerstichen schwer verletzt haben.

Mehrere Redner forderten Orbán auf, zu den Äußerungen seines Vertrauten Bayer Stellung zu beziehen. Zudem verlangten sie einen Ausschluss des bereits einschlägig bekannten Journalisten Bayer aus der rechtspopulistischen Fidesz-Partei. Der Regierungschef hat sich bislang nicht zum Kommentar seines Freundes geäußert. Ungarn steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, und Orbán ist sowohl im Ausland als auch im Land selbst umstritten. Kundgebungen zur Unterstützung Orbans, an denen im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Menschen teilnahmen, wurden unter anderem von Bayer initiiert.

Es ist nicht die erste verbale Entgleisung Bayers. Im vergangenen Jahr war eine blonden Polizistin vergewaltigt und ermordet worden. Nachdem der mutmaßliche Täter, ein Roma, festgenommen worden war, schrieb Bayer: „Wir müssen es aussprechen: Der viehische Mörder war ein Zigeuner. In diesem Ungarn erleben Millionen Menschen, dass die Zigeuner sie ausrauben, schlagen, demütigen und ermorden. Wenn die Zigeunergemeinschaft diese Mentalität ihrer Rasse nicht ausrottet, dann ist klar: Mit ihnen kann man nicht zusammenleben.“

Bayer ist für rassistische Bemerkungen auch über Juden bekannt. In einem 2011 erschienenen Artikel bezeichnete er Juden als „stinkende Exkremente“, 2008 verunglimpfte er Juden, weil sie „ihre Nasen in den Schwimmbädern Ungarns schnäuzen“.

Quelle: Spiegel Online
Stand: 13.01.2013

Rumänien: Aufruf zu Sterilisierung von Roma

In Rumänien hat eine rechtsextreme Gruppierung Roma-Frauen eine finanzielle Belohnung in Aussicht gestellt, wenn sie sich im Jahr 2013 sterilisieren lassen. Die Organisation NAT88 aus Timișoara verspricht jeder Roma-Frau eine Belohnung von 300 Leu (ca. 70 Euro), wenn sie einen Nachweis für die erfolgreiche Durchführung des Eingriffs vorlegt. Die Sterilisierung, die von der Gruppierung u.a. mit angeblichen „gewaltsamen Angriffen“ von Roma auf die Mehrheitsbevölkerung begründet wird, beruhe auf Freiwilligkeit, betonte NAT88 (die Zahl 88 steht im Neonazi-Code für „HH“, „Heil Hitler!“ – H ist der achte Buchstabe des Alphabets). NAT88 fordert zudem „eine Lösung des Zigeunerproblems mit dem Ziel, das rumänische genetische Erbe zu erhalten“.

In einer gemeinsamen Aussendung haben Menschenrechts-Organisationen heute gegen den rassistischen Sterilisierungs-Aufruf, der ganz offen auf eine Dezimierung der ethnischen Minderheit abzielt, protestiert: „Die Sterilisierung von Frauen einer bestimmten ethnischen Gruppe ist ein ernster Angriff auf diese Gruppe und die Gesellschaft als Ganzes, unabhängig von der Form, wie dies propagiert wird“, erklären das Elie-Wiesel-Institut, die Roma-NGO Romani Criss und das Zentrum für den Kampf gegen Antisemitismus (MCA Romania). Die Website der rechtextremistischen Gruppierung wurde inzwischen vom Netz genommen.

Quelle: dROMa
Stand: 10.01.2013

Ungarischer Rechtsextremist: „Zigeuner sind Tiere“

Fidesz-Gründungsmitglied spricht Roma Existenzberechtigung ab – Angriffe auch gegen Lunacek

Budapest – Für den ungarischen rechtsextremen Publizisten Zsolt Bayer sind „die meisten Zigeuner Tiere“, „nicht geeignet, unter Menschen zu leben“. Das betonte Bayer, Gründungsmitglied der Regierungspartei Fidesz-MPSZ, in der Wochenendausgabe der regierungsnahen Tageszeitung „Magyar Hirlap“. Diese „Tiere sollen nicht existieren, nirgendwo“, eine „Lösung muss gefunden werden, umgehend und mit allen Mitteln“. Menschlichkeit diktiert den Verzicht auf weitere Zitate über die „Tiere, die morden, wenn sie auf Widerstand stoßen“.

Bayer beruft sich auf eine Messerstecherei in der Silvesternacht, bei der zwei Jugendliche schwer verletzt wurden und der Täter zur Roma-Minderheit gehören soll, berichten die Medien. Bayer fordert Vergeltung, bezeichnet es als „größte Sünde des politisch korrekten Teils der idiotischen westlichen Welt, dass er aus reiner Berechnung und Eigeninteresse so tut, als müsse man diese Tiere unbedingt tolerieren“.

Ausschluss gefordert

Die oppositionellen Grünen vertrauen darauf, dass die Regierungspartei Fidesz-MPSZ umgehend abwägt, ob sie Bayer in ihren Reihen duldet, zitiert die Ungarische Nachrichtenagentur MTI am Montag den LMP-Chef Andras Schiffer.

Bayer muss aus der Fidesz-MPSZ-Partei ausgeschlossen werden, fordern Zivilisten in einer Petition. Bislang haben sich 700 Bürger dem Aufruf angeschlossen, erklärte der Sprachwissenschaftler Laszlo Kalman, Initiator der Petition. Kalman verweist auf Widersprüche seitens Fidesz-MPSZ und der Regierung. Diese würden sich bei bestimmten Angelegenheiten von Extremismus und Rassenhass distanzieren, zugleich aber nicht auf die „Ausfälle von Bayer reagieren, die nicht die ersten sind“, betonte Kalman.

Bayer hatte auch die grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek angegriffen und die österreichische EU-Politikerin im Fernsehsender Echo TV wegen ihres Eintretens für die Medienfreiheit in Ungarn wüst beschimpft. Der ungarische Moderator und persönliche Freund des ungarischen Regierungschef Viktor Orban, Bayer, hatte Lunacek in seiner Sendung „Korrektura“ vergangenes Jahr als „gehirnamputierte, an Krätze leidende Idiotin“ bezeichnet.

Quelle: Der Standard
Stand: 07.01.2013

Czech prisoner amnesty releases racist assailants and extremists

The amnesty announced yesterday by Czech President Václav Klaus will release several infamous Czech extremists from serving their conditional sentences. Amnesties have also been granted to perpetrators of brutal racist attacks, such as the one committed against Romani people in Nýrsko and the attack committed by a former DSSS (Workers‘ Social Justice Party) candidate against a Moroccan citizen in Rožmitál. According to preliminary estimates by the Czech Justice Ministry, the number of prisoners covered by the amnesty totals 6 876. That number might still change.

The Czech Justice Minister has pointed out that the release does not concern anyone who has been remanded into custody for prosecution. Previously he stated that the terms of the amnesty covered prisoners who had been given sentences of one year or less and that it should therefore most frequently apply to perpetrators of felony obstruction of official decisions and perpetrators of petty property crimes, such as shoplifting. Continue reading Czech prisoner amnesty releases racist assailants and extremists

MfD: Court acquits 13 suspected of attack on Roma

Thirteen Czech ultra-right extremists suspected of attacking three Romanies have been definitely acquitted by the appeals court, which said it was impossible to prove who of them committed the crime, daily Mlada fronta Dnes (MfD) writes yesterday.

The appeals court upheld the lower-level court’s acquittal verdict, which was appealed by the state attorney, MfD’s east Bohemian supplement writes, citing the appeals court spokeswoman.
The suspects attended a demonstration of the ultra-right Workers‘ Party of Social Justice (DSSS) in Novy Bydzov, east Bohemia, last year.
After the demonstration, they attacked a trio of Romanies whom they beat in their faces and kicked them, the state attorney said.
One of the victims suffered a head injury and lost consciousness.
Citing the judges, MfD writes that the police failed to gather enough evidence and made mistakes when questioning witnesses.
Some suspects asserted that the Romanies attacked them first, while others said they could not remember anything, or refused to testify or said they appeared on the site of the incident by sheer coincidence.

Source: Prague Daily Monitor
Date: 12.12.2012

Czech police errors result in acquittal of neo-Nazis who assaulted Romani men

An appeals court in Hradec Králové has rejected the appeal of state prosecutor Alexandr Pumprla in the case of Romani men who were beaten up in Nový Bydžov last year and has left intact the acquittal handed down by the district court. „The reason was lack of evidence. The blame primarily lies with police, who performed the suspect identification procedure poorly,“ David Oplatek of the In IUSTITIA organization, told news server Romea.cz.

Oplatek believes the principle of a speedy trial was violated throughout the entire procedure because the justice system left the victims in uncertainty for a long time. „The entire criminal proceedings took a year and a half, during which the district court was unable to deliver its verdicts for almost a year,“ Oplatek said. The decision of the appeals court has already taken effect.

The district court absolved the alleged assailants of the charges of rioting and defaming a creed, nation, or race. The rioting consisted of beating up two Romani men when the extremists marched through the town after a demonstration by the Workers‘ Social Justice Party (DSSS), and the defamation was performed through shouting racist slogans such as „You black gypsy swine“.

The DSSS promoters were not found innocent, but were acquitted. Judge Karel Peřina said during his previous explanation of the district court verdict that there was no doubt that the crimes described in the indictment took place, but it had not been proven which defendant(s) committed them. Continue reading Czech police errors result in acquittal of neo-Nazis who assaulted Romani men

Das Nazi-Pogrom 1992 in Rostock gegen Roma und Vietnamesen – Eine Dokumentation

Die Ereignisse von Rostock – eine knappe Chronologie

Vorbemerkung:
Zwei Monate nach den Ereignissen in Mannheim-Schönau gelang den Nazis in Rostock ihr bis dahin furchtbarster Auftritt: Mit Unterstützung Tausender Anwohner setzten diesmal nicht 100 bis 150, sondern 400 bis 500 Nazis ganze Wohnblöcke in Brand. Auch in diesem Fall dauerte das Pogrom mehrere Tage an, ohne dass es die Polizei unterbunden hätte. Ebenso bemerkenswert ist, dass den Nazis dieser Auftritt ermöglicht wurde durch einen Aufruf einer bürgerlichen Zeitung, die die Anwohner dazu aufforderte, sie sollen doch bitte „das Asylproblem selber in die Hand nehmen” – und die Folge war: Brandstiftung mit einkalkuliertem Mord. Vermutlich ist es nur der Anwesenheit eines ZDF-Kamerateams im Haus zu verdanken, dass die 115 Menschen im Haus gerettet werden konnten. Ein weiteres neues Kennzeichen gegenüber dem bisherigem Nazi-Terror war, dass nunmehr von allen Seiten eine antiziganistische Hetze gegen Roma einsetzte, die beispielsweise die „Bild”-Zeitung mit einer ganzen Artikelserie betrieb.

Quelle & .pdf: gewantifa
Stand: August 2012

„Zeugen eines nationalen Erwachens“

Die nationalistisch-orthodoxe „Noua Dreapta“ hat am vergangenen Wochenende in Timişoara eine Protestkundgebung gegen Roma abgehalten.

Mit rassistischen und nationalistischen Sprüchen wie „Zigeuner merke dir, Rumänien gehört nicht dir“, „Blutsauger raus“, „Rumänien den Rumänen“ oder „Nationaler Widerstand“ sind am 20. Oktober etwa 100 Neonazis aus den Reihen der „Noua Dreapta“ (Neue Rechte) in Timişoara (Temeschburg) aufmarschiert. Bogdan Popa, Führer der örtlichen „Noua Dreapta“, hetzte in seiner Rede gegen ansässige Roma und forderte die Behörden auf, sich zu fragen, „woher diese Individuen ihr Vermögen haben“.

In Rumänien leben offiziell um die 600.000 Roma, die tatsächliche Zahl dürfte aber bei zwei Millionen liegen. Etwa jeder zweite Rom ist Analphabet. Ein Drittel der Familien lebt in Ghetto-ähnlichen Zuständen und ist bitterarm.

Die „Noua Dreapta“ fordert eine Lösung des „Zigeunerproblems“. „Wir wollen nichts mehr von einer Romasprache hören“, heißt es in einem programmatischen Text von „Noua Dreapta“. In Punkt fünf der zehn aufgeführten Ziele der „Noua Dreapta“ wird ein „Verbot der Benennung ‚Roma’ für Zigeuner“ gefordert. Weiter ist zu lesen: „Wir sind Zeugen eines nationalen Erwachens. Wir wollen … keine gebogenen Nasen und bläulichen Lippen mehr sehen“. Continue reading „Zeugen eines nationalen Erwachens“

Ein Genozid, so systematisch wie der Judenmord

Rassismus als Programm: Die Verfolgung der Sinti und Roma gipfelte im Völkermord. Nach 1945 wollte davon niemand etwas wissen. Erst heute werden sie in die Gedenkkultur aufgenommen.

Die Diskriminierung und Verfolgung der Sinti und Roma hat eine lange Traditionen. Das NS-Regime machte sich die überlieferten rassistischen und sozialen Ressentiments zu eigen und stigmatisierte die Minderheit von Anfang an. Die Ausgrenzung mündete im Völkermord. Auch dieser Genozid wurde so systematisch wie der Judenmord geplant und ausgeführt. Aber er drang erst spät ins Gedächtnis der Nation, weil sich die Mehrheit der Deutschen lange Zeit einig war, dass das Schicksal der „Zigeuner“ von anderen Intentionen bestimmt gewesen sei. Nicht Rassenhass, sondern Kriminalprävention sei die Absicht der Nationalsozialisten gewesen, und die Leiden hätten Sinti und Roma weniger verspürt als andere Opfer.

1938 wurde im Reichskriminalpolizeiamt eine „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ eingerichtet. Heinrich Himmler, in dessen Zuständigkeit als „Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei“ die Sinti und Roma geraten waren, verfügte am 8. Dezember 1938, dass die „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus“ erfolgen müsse, und zwar auf der Grundlage der „durch rassenbiologische Forschungen gewonnenen Erkenntnisse“. Die notwendigen Informationen hatten Wissenschaftler der Kriminalpolizei zu liefern.

Aber auch schon vor Himmlers Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ wurden Sinti und Roma „in Schutzhaft“ genommen, das heißt in Konzentrationslager eingewiesen. Als Vorwand diente der traditionelle Vorwurf, sie seien kriminell und „asozial“. Kommunale „Zigeunerlager“ (wie das in Berlin-Marzahn) bildeten den Anfang der Ausgrenzung. Continue reading Ein Genozid, so systematisch wie der Judenmord

Im Visier der Kriminalisten

Die Verfolgung der Sinti und Roma in Deutschland hat eine lange, traurige Tradition. Die Eröffnung des Denkmals markiert den Abschluss auf dem langen Weg zur Anerkennung.

Im Sommer 1945 irrten Millionen Menschen durch die Trümmerwüsten der deutschen Städte. Unter den Flüchtlingen, Vertriebenen, Ausgebombten, Kriegsgefangenen, ehemaligen Zwangsarbeitern und Konzentrationslagerhäftlingen waren die etwa 5 000 deutschen Sinti und Roma, die nach Deportationen und Konzentrationslagerhaft zurückkehrten, nur eine Minderheit.

Anteil an ihrem erlittenen Unrecht nahm kaum jemand. Statt Hilfe bei der Suche nach ihren Angehörigen und neuen Lebensperspektiven erfuhren sie von der örtlichen Bevölkerung und den Behörden vielfach Misstrauen und Ablehnung. Um dem „Zigeunerunwesen“ Herr zu werden, wandten sich Stadtverordnete und Bürgermeister an die Polizei – jene Institution, die für die erbarmungslose Verfolgung und Vernichtung der Sinti und Roma verantwortlich war.

Sinti und Roma zu erfassen und einem Sonderrecht zu unterwerfen, war keine nationalsozialistische Erfindung. Bereits 1899 hatte die Polizei in München einen „Zigeunernachrichtendienst“ eingerichtet. Mit Fingerabdruckkarteien und Fotografien sollten alle Zigeuner registriert werden. Die Erfassung, so der Jurist und Polizeipräsident Alfred Dillmann, gewähre ein effektives Vorgehen gegen die kriminelle Veranlagung dieser Gruppen. Continue reading Im Visier der Kriminalisten