Category Archives: Antiziganismus von Rechts

Rechtsextremer Aufmarsch in Ungarn: Mit Fahnen und Fackeln gegen Roma

Die extreme Rechte in Ungarn heizt die Stimmung an. Mehr als 1.000 Faschisten marschierten in einem Roma-Viertel auf. Die Bewohner protestierten.

Mehr als 1.000 Rechtsextremisten sind am Mittwochabend in der ostungarischen Stadt Miskolc gegen die Roma-Bevölkerung in der Plattenbau-Siedlung Avas aufmarschiert. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die rechtsradikale Parlamentspartei Jobbik (Die Besseren).

Unter den Teilnehmern waren auch uniformierte Mitglieder der verbotenen, paramilitärischen Ungarischen Garde. Der Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona erklärte in seiner Ansprache unter Anspielung auf die allgemein höhere Geburtenrate unter Roma: „Wer nicht arbeitet, soll nicht Kinder in die Welt setzen.“ Continue reading Rechtsextremer Aufmarsch in Ungarn: Mit Fahnen und Fackeln gegen Roma

Rechtsradikale marschieren gegen Roma

In Ungarn sind mehr als tausend Rechtsextremisten gegen die Roma-Bevölkerung aufmarschiert. Mit Fackeln zogen sie durch deren Siedlung in der Stadt Miskolc. Zuvor hatten hunderte Roma gegen Diskriminierung protestiert.

In der ostungarischen Stadt Miskolc hat es erneut scharfe Proteste gegen die Roma in der Plattenbau-Siedlung Avas gegeben. Mehr als tausend Rechtsextremisten demonstrierten dort am Mittwochabend. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die rechtsradikale Parlamentspartei Jobbik (Die Besseren). Unter den Teilnehmern waren auch uniformierte Mitglieder der verbotenen, para-militärischen Ungarischen Garde. Der Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona erklärte in seiner Ansprache unter Anspielung auf die allgemein höhere Geburtenrate unter Roma: „Wer nicht arbeitet, soll nicht Kinder in die Welt setzen.“ Der Jobbik-Abgeordnete Zsolt Egyed rief der Menge zu: „Wir müssen jetzt handeln, um unsere Zukunft zu retten und Ungarn von der Zigeuner-Kriminalität zu befreien.“ Continue reading Rechtsradikale marschieren gegen Roma

Hunderte Roma demonstrieren gegen Rassisten-Marsch in Ostungarn

Anschließend marschiert rechtsextreme Jobbik-Partei

In der ostungarischen Stadt Miskolc haben am Mittwoch 600 Roma gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen Jobbik-Partei demonstriert. Sie riefen Parolen wie „Nieder mit Jobbik!“ und „Wir sind hier zuhause!“ Auf Spruchbändern hieß es: „Wir wollen Frieden, Gerechtigkeit und ein Ungarn ohne Nazis“. Es handelte sich um eine der größten Demonstrationen der diskriminierten Roma-Minderheit in Ungarn seit Jahren. Die Polizei hatte die Kundgebung unter der Bedingung genehmigt, dass sie vor Beginn des Jobbik-Aufmarschs zu Ende sein müsse.

Quelle: Die Welt
Stand: 17.10.2012

“Die Roma müssen weg!”

Antiziganismus in Europa: Während Bürger_innen von Marseille ungehindert von der Polizei zur Selbstjustiz greifen, um unliebsame Roma loszuwerden, können slowakische Behörden durch massiven Polizeieinsatz ein antiziganistisches Pogrom verhindern. Im bulgarischen Maglizh haben die Behörden über 30 von Roma bewohnte Häuser einreißen lassen.

Anwohner_innen des Marseiller Stadtteils Créneaux haben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag knapp 50 Roma aus ihrem Camp vertrieben und die Unterkünfte mit allen Habseligkeiten anschließend in Brand gesetzt. Die Bürger_innen hatten bereits angekündigt, die Anwesenheit der Roma nicht länger zu dulden. Die Roma sind in Autos und Wohnwagen geflohen. Die Polizei rückte an, griff aber nicht ein. Da es nicht zu Gewalttaten gekommen sei, habe es auch keine Festnahmen gegeben, so die Logik der Behörden.
Bereits in den vergangenen Wochen hat die Polizei selbst etliche Camps räumen lassen und Hunderte Roma vertrieben. Auch die Anwohner_innen von Créneaux hätten sich von den Roma „belästigt“ gefühlt, zitiert die FAZ die zuständige Stadtteilbürgermeisterin, die Sozialistin Samia Ghali. Um dem „Stehlen“ und der „Verschmutzung“ Einhalt zu gebieten, hatten die Bürger_innen kurzerhand zur Selbstjustiz gegriffen. Continue reading “Die Roma müssen weg!”

Rechtsextremisten-Angriff auf Roma-Dorf verhindert

Großaufgebot der Polizei greift ein

Ein Großaufgebot der slowakischen Polizei hat am Samstag einen geplanten Angriff von Rechtsextremisten auf eine Roma-Siedlung verhindert. Laut Medienberichten waren alle Zufahrtswege zu der Siedlung beim Dorf Krasnohorske Podhradie abgeriegelt. Der Rechtsextremistenführer Marian Kotleba und andere Verdächtige wurden schon vor der Anreise festgenommen.

Kotleba hatte vor mehreren Monaten Besitzanteile an Grundstücken erworben, auf denen eine illegale Roma-Siedlung steht. Für den Samstagnachmittag hatte er seine Anhänger über Internet zum Abreißen der Siedlung aufgerufen. Nach Schätzungen der Gemeinde leben bis zu 900 Angehörige der Roma-Minderheit in der Siedlung. Sinti und Roma machen rund zehn Prozent der Bevölkerung in der Slowakei aus.

Quelle: Der Standard
Stand: 29.09.2012

Die Bühne als Ghetto

Das bekannte Sziget-Festival in Budapest präsentiert seit einigen Jahren eine Bühne mit Roma-Musik. Sponsoren machen einen Bogen um die Gypsy-Künstler.

Ein Gipsy-Musiker ist eben etwas völlig anderes als ein Gipsy-Nachbar«, sagt Marina Pommier. »Die Ungarn tanzen zu Roma-Musik und lieben die Roma, solange sie auf der Bühne stehen.« Roma auf die Bühne zu bringen, ist Pommiers Job. Die französische Kulturwissenschaftlerin kuratiert das Programm im Roma-Zelt auf dem Sziget-Festival, das vom 8. bis zum 13. August in der ungarischen Hauptstadt Budapest stattgefunden hat. Es ist mit 450 000 Besuchern eines der größten Musikfestivals in Europa. Und obwohl die Ticketpreise mit bis zu 225 Euro für viele Ungarn unbezahlbar geworden sind, ist das Festival ein nationales Großereignis: Die Armee unterhält Rekrutierungsstände, große Unternehmen präsentieren sich den jungen Besuchern als Arbeitgeber, die Regierung schreibt ein Grußwort für das Programmheft.

Dass die Roma-Bühne seit Jahren zu dem Festival gehört, ist keine Selbstverständlichkeit. »Ziel der ungarischen Regierungspolitik ist es, die Roma zu vertreiben«, hat Ernö Kallai, der parlamentarische Ombudsmann für Minderheitenrechte in Ungarn, 2011 in einem Bericht geschrieben. Danach wurde sein Amt abgeschafft. Dabei hatte Kallai nur die Details dessen zusammengetragen, was Menschenrechtsorganisationen und die EU seit langem beklagen: Organisierte Rechtsextremisten, Bürger­mobs und die etablierten Politiker der rechtsextremen Partei Jobbik sowie der nationalistischen Fidesz führen einen Feldzug gegen die größe Minderheit im Land. Mindestens 700 000 Roma leben in Ungarn, sie stellen fast sieben Prozent der Bevölkerung. Rund 70 Prozent von ihnen sind den Statistiken der EU-Kommission zufolge arbeitslos. Continue reading Die Bühne als Ghetto

Roma in Ungarn gründen „Garde“ zur Verteidigung gegen Neonazis

Mit der Ankündigung, eine eigene „Garde“ zum Selbstschutz aufzustellen, ist eine Eskalation zwischen der größten ethnischen Minderheit und den Neonazi-Gruppen um die Partei Jobbik vorprogrammiert. Schuld an der Zuspitzung des Konfliktes trägt aber auch die Regierungspartei: durch wahltaktisches Kalkül und entwürdigende Ansätze bei der „Lösung der Zigeuenerfrage“. Man kann jetzt nur noch an die Besonnenheit der Roma appelieren, um Gewaltausbrüche bis hin zu einem Bürgerkrieg zu verhindern. Eine mehr als vage Hoffnung.

UPDATE, 7. September: Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, hat die Polizei, mit Unterstützung der Antiterroreinheit TÉK, den Gründer und selbsternannten Kommandanten der Roma-Garde Ferenc Bagó nach einem Interview im Pécser Stadtfernsehen verhaftet. Jedoch nicht, wie zuerst gemeldet, wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung und Störung der öffentlichen Ordnung, sondern, “weil er als Vorbestrafter eine Organisation gegründet hat.” Laut Gesetz ist das verboten, was aber lediglich die Nichtanerkennung der Organisation (Verein, Partei, etc.) zur Folge haben dürfte, nicht eine automatische Verhaftung, sonst säßen bald viele Leute in Haft. Mit Bagó wurde auch ein Pressefotograf mit aus dessen Wagen gezogen und kurzzeitig verhaftet. Ersterer wollte diesem gerade eine frische Hakenkreuzschmiererei an seinem Hause zeigen.

Die Schnelligkeit der polizeiliche Reaktion ist erstaunlich und man hätte sich diese auch gegenüber den Führern der Vielzahl von Neonazi-Gruppen gewünscht, die nachweislich seit Jahren die öffentliche Ordnung “stören” und Volksverhetzung bis hin zur Amtsanmaßung und Nötigung vollführen. Aber für diese gilt aufgrund der unten erläuterten politischen Rücksichten offenbar ein anderer Status. -red.

Ankündigungen zur Gründung von Gruppen zur Selbstverteidigung gegen die durch Roma-Siedlungen marschierenden „Garden“ der Neonzais gab es schon seit der Gründung selbiger vor 5 Jahren. Doch bisher gingen diese über lokale Grüppchen nicht hinaus. In Pécs wurde nun eine „Roma Garde“ mit dem Ziel des landesweiten „Selbstschutzes“ ins Leben gerufen und als Verein gegründet. Der Initiator, Ferenc Bagó, der sich selbst als „Hauptmann Daflics“ bezeichnet, sagte gegenüber Pressevertretern, dass die Organisation bereits rund 400 Mitglieder zählt und man eine „bis zu 8.000 Mann starke“ Truppe im ganzen Land aufbauen wolle. Continue reading Roma in Ungarn gründen „Garde“ zur Verteidigung gegen Neonazis

Gesellschaftliche Spannungen in Ungarn – Roma stellen Garde zur Selbstverteidigung auf

„Dreckige Zigeuner, wir bringen Euch um.“ Solche Worte hören Roma in Ungarn nicht nur, 2009 wurden sie wahr. Um mit rechtsextremistischen Bedrohungen in ihrem Land künftig besser fertig zu werden, haben Roma in der Stadt Pecs nun eine eigene Garde gegründet – zur Selbstverteidigung.

Die Männer und Frauen der paramilitärischen Ungarischen Garde marschieren gern kriegerisch: Trommeln, Flaggen, Uniform – wie in Budapest zu ihrem fünfjährigen Jubiläum Ende August auf dem Heldenplatz im Stadtzentrum oder jüngst in Cegled, 80 Kilometer südöstlich von Budapest durch eine Romasiedlung. Dort ohne Trommeln, aber mit Parolen: „Dreckige Zigeuner, wir bringen Euch um“ , brüllten die etwa 400 Gardisten und ihre Sympathisanten.

Die Polizei sah lange zu. Seit Jahren werden die Roma von den Neonazis der Ungarischen Garde drangsaliert. Die vielen Splittergruppen der Garde verstehen sich als Bürgerwehren und rechtfertigen ihre Auftritte durch „Hilferufe“ aus der Bevölkerung. Dabei bleibt es nicht immer bei Aufmärschen.

Weil der Staat uns nicht vor „Zigeunerkriminalität“ schützt

2009 ging ein Roma-Haus in Flammen auf, der 27-jährige Vater und sein fünfjähriger Sohn wurden erschossen, als sie sich retten wollten. Die Täter kamen aus dem Dunstkreis der Garde. Die mutmaßlichen Mörder von sechs ungarischen Roma, darunter ein Kleinkind, beriefen sich vor Gericht auch auf die Garde und deren Parolen. Tenor: Weil der Staat sie nicht ausreichend vor „Zigeunerkriminalität“ schütze, übten sie nun Selbstjustiz.

Offiziell ist die rechtsextreme Ungarische Garde verboten, ihre Splittergruppen nicht. In der südungarischen Stadt Pecs hat eine Roma-Vereinigung der Stadt nun ihre Gegengarde gegründet – zur Selbstverteidigung. Die Vorsitzende ist eine Frau – Helena Ganyi. Continue reading Gesellschaftliche Spannungen in Ungarn – Roma stellen Garde zur Selbstverteidigung auf

Mord an Polizistin: Neue Welle von Roma-Hass in Ungarn

In Ungarn wird eine blonde Polizistin vergewaltigt und ermordet. In der Öffentlichkeit entlädt sich der Hass auf ihren „Zigeuner-Mörder“ und seine ganze Volksgruppe. Der Rassismus gegen die Roma hat die Mittelschicht erreicht. Jetzt wird gar diskutiert, die Todesstrafe wieder einzuführen.

Als die Polizei den mutmaßlichen Täter verhaftet hatte, gab es in der Öffentlichkeit kein Halten mehr: Der Vergewaltiger und Mörder der 25-jährigen Polizeipsychologin Kata Bándy – „ein Zigeuner“, hieß es prompt. In ungarischen Internetforen rief ein entfesselter Mob zur „Endlösung der Zigeunerfrage“ auf. Gruppen von TV-Reportern sezierten die Familie und das Umfeld von László P. medial, Politiker plädierten für die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Ungarns einflussreicher Rechtsaußen-Publizist Zsolt Bayer, ein Mitbegründer der Regierungspartei Fidesz, schrieb: „Wir müssen es aussprechen: Der viehische Mörder war ein Zigeuner. In diesem Ungarn erleben Millionen Menschen, dass die Zigeuner sie ausrauben, schlagen, demütigen und ermorden. Wenn die Zigeunergemeinschaft diese Mentalität ihrer Rasse nicht ausrottet, dann ist klar: Mit ihnen kann man nicht zusammenleben.“

Selten zuvor hat ein Kriminalfall die Öffentlichkeit in Ungarn so aufgepeitscht wie der Mord an Kata Bándy Anfang Juli im südungarischen Pécs. Selten zuvor war ein derartiger Einzelfall Anlass für eine so massive Stigmatisierung einer ganzen Volksgruppe. Vor allem Rechtsextreme schürten nach dem Mord die antziganistische Stimmung. Inzwischen marschieren Einheiten der verbotenen paramilitärischen „Ungarischen Garde“ wieder auf im Land: Anfang August zogen rund tausend Rechtsextreme durch das Dorf Devecser in Westungarn, seit Tagen terrorisieren Mitglieder mehrerer rechtsextremer Bürgerwehren die Bewohner eines Roma-Viertels in der Stadt Cegléd südöstlich von Budapest. Am vergangenen Samstag feierten auf dem Budapester Heldenplatz Anhänger der verbotenen Garde die Gründung der Organisation vor fünf Jahren – und beschworen dabei die „Gefahr der massenhaften Vermehrung von Zigeunern“. Continue reading Mord an Polizistin: Neue Welle von Roma-Hass in Ungarn

LESETIPP: Artikel „Zur antiziganistischen Dimension des Pogroms“

Dieses Jahr jährt sich das rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen zum 20. Mal. Dazu rufen Antifa- und Antira-Kreise am 25. August zu einer großen Gedenk-Demonstration in Rostock auf. Bei dem, durchaus auch selbstkritischen, Rückblick fiel leider immer wieder die antiziganistische
Dimension des Pogroms unter den Tisch. Genau diesem Aspekt widmet sich ein sehr lesenswerter Artikel im aktuellen Antifa-Infoblatt Nr. 95 – 2.2012 (Seite 16-19). Der Artikel fällt zunächst durch seine differenzierte Antiziganismus-Definition auf:
„Der Antiziganismus kann nicht nur als eine Form des Rassismus verstanden werden: Es sind Zuschreibungen vor allem gegenüber Sinti und Roma, wie beispielsweise eine natürliche Veranlagung zur Kriminalität, Primitivität, Kulturlosigkeit, Nicht-Sesshaftigkeit sowie Faulheit bzw. Müßiggang, die ihn ideologisch in die Nähe des Rassismus rücken, sich aber in der Zuweisung an Sinti und Roma verdichten. Diese Zuschreibung gelten als unveränderliche Wesensarten der so Rassifizierten, treten selten alleine auf und verstärken sich gegenseitig.“ (Seite 17)
Besonders der „Vorwurf der Primitivität“ und die Fehlinterpretation von Armut bzw. Notlage als Lebensart bzw. Natur waren in Rostock zu finden. Roma aus Rumänien erregten durch ihre sichtbare Armut die rassistischen Gemüter. An ihnen arbeitet sich zuerst der rassistische Volkszorn ab. Am Schluss werden auch Vietnames_innen und ihre Kinder Opfer des Rassismus: „Wenn auch zunächst dominierenden Zuschreibungen dem Bereich antiziganistischer Imaginationen zuzuordnen sind, so verschob sich diese Spezifik im Laufe des Pogroms zu einem generellen Rassismus.“ (Seite 19)