Die 15-jährige könne ihre Schulausbildung in Frankreich fortsetzen, schlägt der Präsident vor. Aber ihre Familie darf nicht zurück. Das sei Rassismus, entgegnet das Mädchen.
Nach landesweiten Demonstrationen gegen die umstrittene Abschiebung eines 15-jährigen Roma-Mädchens ins Kosovo hat Frankreichs Präsident François Hollande der Schülerin die Rückkehr angeboten. Die 15-Jährige und ihre Familie lehnten am Samstag das Angebot ab, die Schülerin könne allein zurückkehren und ihre Schulausbildung fortsetzen. Die französischen Behörden erklärten die Abschiebung der Familie in das Kosovo unterdessen für rechtmäßig.
Das Rückkehrangebot gelte allein für Leonarda, betonte Hollande bei einer Ansprache im Elysée-Palast. Bei der Abschiebung seien „keine Gesetze verletzt“ worden, die Rechtsmittel der Familie seien allesamt ausgeschöpft gewesen. Wegen der besonderen Umstände ihrer Abschiebung und der „humanitären Lage könne Leonarda jedoch ihre Schulausbildung in Frankreich fortsetzen, wenn sie dies wünsche.
Auch die Aufsichtsbehörde der Verwaltung erklärte in einem am Samstag veröffentlichten Bericht, die Abschiebung der Schülerin sei rechtmäßig gewesen. Dass Leonarda mitten während eines Schulausflugs aus dem Bus geholt und mitsamt ihrer Familie abgeschoben wurde, zeuge jedoch von einem Mangel an Augenmaß der Polizei. Die Behörde empfahl, künftig jeglichen polizeilichen Zugriff im schulischen Umfeld zu verbieten. Hollande kündigte in seiner Ansprache eine entsprechende Dienstanweisung an alle Präfekturen an. Continue reading Aus Frankreich ausgewiesene Schülerin: Leonarda lehnt Hollandes Angebot ab
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Anschlag auf Sinti und Roma-Zentrum
In Oldenburg wurde ein Brandanschlag auf ein Kulturzentrum für Sinti und Roma verübt. Der Verein berichtet von Drohungen eines Neonazis.
Auf ein Kulturzentrum für Sinti und Roma in Oldenburg ist in der Nacht zu Montag ein Brandanschlag verübt worden. Unbekannte zündeten die Fußmatte vor der Eingangstür mit Brandbeschleunigern an. Gemeldet worden ist das Feuer gegen zwei Uhr nachts – ein Bäcker, der seine Arbeit begann, soll es zufällig entdeckt haben.
Wenig später sei das Feuer von allein wieder erloschen, ohne dass die Feuerwehr eingreifen musste. Fotos zeigen starke Rußspuren im Eingangsbereich des Kulturzentrums, das im Oldenburger Stadtteil Kreyenbrück liegt. Der Türrahmen wurde angesengt und die Lackierung ist von der Hitze geplatzt. Die Höhe des Schadens konnte die Polizei nicht beziffern. Menschen wurden nicht verletzt.
Noch in der Nacht kontrollierte die Polizei einen 25-jährigen Verdächtigen in der Nähe des Tatorts. Noch sei unklar, ob der Mann mit der Brandstiftung in Verbindung steht, sagte Polizeisprecher Mathias Kutzner. Zu Tatmotiven oder einer möglichen rechtsextremen Einstellung des Verdächtigen wollte er keine Angaben machen. Allerdings gebe es für die Polizei „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund“. Continue reading Anschlag auf Sinti und Roma-Zentrum
Antiziganismusvortrag und Jam Session
Am Dienstag, den 29. Oktober wird in der Wagenburgkneipe ein Vortrag zum Thema Antiziganismus gehalten. Der Vortrag beginnt um 20 Uhr. Deswegen macht die Kneipe an diesem Tag schon um 19 Uhr auf und heißt seine Gäste willkommen.
Im Anschluß gibt es noch eine nette Jam Session. Es werden zwar ein paar Instrumente schon dort sein, bringt aber doch auch eigene Instrumente mit. Wie immer gibt es dazu lecker Essen und Getränke. Also laßt euch nicht lumpen und schaut mal vorbei.
Wagenburgkneipe, Eisenhutstraße 66Antiziganismus gestern und heute
Als Antiziganismus wird im deutschsprachigen Raum die Feindschaft gegenüber und die Klischees über die Bevölkerungsgruppe der Sinti und der Roma bezeichnet. Unter Antiziganismus ist aber nicht nur der Hass auf die Bevölkerungsgruppe zu verstehen, sondern auch die scheinbar „positiven“ Vorurteile. Doch diese „Zigeuner“-Bilder sind nur die andere Seite der antiziganistischen Medaille.
Diese Variante des Rassismus hat eine lange Tradition und führte im Nationalsozialismus zur Ermordung von schätzungsweise 500.000 Sinti und Roma.
Bis heute ist in Deutschland Antiziganismus immer noch weit verbreitet. Auf den Schulhöfen oder in den Fußballstadien ist „Zigeuner“ ein gebräuchliches Schimpfwort.
Auch schüren Politiker*innen und Medien häufig Vorurteile oder machen mit Antiziganismus rechtspopulistische Politik.
Der Vortrag widmet sich den verschiedenen Facetten des Antiziganismus und soll auch Raum für Fragen bieten. Der Referent Lucius Teidelbaum betreibt zusammen mit einem Freund den Antiziganismus-Watchblog „antizig.blogsport.de“.
Quelle: TüInfo
Stand: 21.10.2013
„Friedrich es Reicht! Schluss mit der rassistischen Hetze“
Friedrich, es reicht! Schluss mit der rassistischen Hetze gegen Menschen aus Rumänien, Bulgarien und Asylsuchende! Wir fordern Solidarität insbesondere mit Roma! Kommt alle zur Demo am 25.10.2013 – 12:00 Uhr Treff und Startpunkt an Sinti und Roma Denkmal sowie Kundgebung 14:30 Uhr vor dem Bundesinnenministerium!
Bundesinnenminister Friedrich macht in den Medien zum wiederholten Male Stimmung gegen rumänische, bulgarische Einwander_innen sowie Asylsuchende aus den Balkanländern, insbesondere gegen Roma. Er fordert die Europäische Union auf, die EU-interne Abschiebung zu ermöglichen und betont, dass es die Einwanderer_innen vor allem auf deutsche Sozialleistungen abgesehen hätten. Für Asylsuchende aus den Balkanländern hat er ein Schnellverfahren eingeführt.
Wir sind empört über diese rassistische Verleumdungskampagne gegen eine – überall in Europa – massiv ausgegrenzte und benachteiligte Gruppe. Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, dass Friedrich nicht nur mit falschen Zahlen und Fakten argumentiert und sogar ungehemmt Statistiken vorlegt, die seine Behauptungen überhaupt nicht belegen, sondern vor allem in höchst populistischer Weise Ängste und rassistische Ressentiments der herkunftsdeutschen Bevölkerung schürt. Er baut eine absurde Drohkulisse auf und ermutigt so zur Ausgrenzung, Diskriminierung und Bedrohung einer ethnischen Gruppe, der in Deutschland ohnehin schon mit Feindseligkeit und Gewalt begegnet wird. Leider zeigt sich Friedrich völlig resistent gegen besseres Wissen und sachliche Argumente.
EU-Bürger_innen aus Rumänien und Bulgarien beziehen in Deutschland in der Regel keine Sozialleistungen, weil sie diese von deutschen Behörden überhaupt nicht bewilligt bekommen. Dies steht in absolutem Widerspruch zum europäischen Recht und ist schon vielfach kritisiert worden. Oft sind EU Bürger_innen aus Rumänien und Bulgarien (insbesondere der Roma-Minderheit) gezwungen, aufgrund der eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit als Selbstständige unter prekärsten Bedingungen zu arbeiten. Sie sind Opfer von Lohndumping, genießen keinerlei arbeitsrechtlichen Schutz und auch keine Absicherung durch Sozialversicherungen. Profiteur ist dabei einzig und allein die deutsche Wirtschaft, die im Sinne der Profitmaximierung massiv Gebrauch von dieser Möglichkeit zur Prekarisierung und Ausbeutung macht. Wer schmarotzt hier von wem?
Betroffen sind von dieser Situation nicht nur Roma, aber auf denen scheint Friedrich am liebsten rumzutrampeln. Und mit ihm die deutsche Mehrheitsgesellschaft.
Anker Wir haben genug. Friedrichs Hetztiraden erfüllen uns mit Ekel und Scham. Wir möchten ein Zeichen setzen für ein solidarisches Miteinander aller Menschen in Berlin und in Deutschland und Europa, gegen Rassismus, Ausbeutung, Ausgrenzung und Gewalt. Wir fordern eine gerechte Asylverfahrensprüfung für alle Menschen die in Deutschland Asyl suchen und kein Schnellverfahren. Wir heißen alle Roma in Deutschland willkommen und setzen Friedrich ein deutliches „Es reicht!“ entgegen. Am 25.10.2013 um 12:00 Uhr Starten wir am Sinti und Roma Denkmal und um 14:30 Uhr werden wir Friedrich mit einer Demonstration vor dem Bundesinnenministerium zeigen, dass für seinen Rassismus kein Platz ist in Deutschland und überall. Kommt alle und seid laut, seid bunt, seid kreativ!
Quelle: Amaro Foro. e.V.
Stand: 21.10.2013
Frankreich schiebt Roma-Mädchen beim Schulausflug ab
Die Abschiebung einer 15-Jährigen während eines Schulausflugs hat in Frankreich erneut heftige Diskussionen über den Umgang mit Roma ausgelöst. Selbst Politiker aus dem Regierungslager übten am Mittwoch Kritik am Vorgehen der Behörden. Die Linkspartei forderte gar den Rücktritt von Innenminister Valls.
Die Abschiebung einer 15-jährigen Kosovarin, die während eines Schulausflugs von der Polizei abgefangen wurde, hat Frankreichs Innenminister Manuel Valls in Bedrängnis gebracht. Die Linkspartei forderte am Donnerstag einen Rücktritt des Ministers, auch bei den regierenden Sozialisten wurde Kritik am Vorgehen gegen das Roma-Mädchen laut.
Valls ordnete eine Untersuchung zu den Umständen der Abschiebung des Mädchens an. Er betonte zugleich, es seien „Recht und Personen respektiert“ worden. Die Behörden würden die rechtlichen Vorgaben mit „Augenmaß und Menschlichkeit“ umsetzen.
Die 15-jährige Leonarda war bereits am 9. Oktober mit ihrer Familie abgeschoben worden, nachdem deren Asylanträge abgelehnt worden waren. Die kosovarische Familie lebte in der ostfranzösischen Ortschaft Levier.
Als Beamte die Familie abholen wollten, war Leonarda nicht anwesend – sie befand sich bei einem Schulausflug und war mit ihren Mitschülern in einem Bus unterwegs. Nach Angaben des Innenministeriums hielt der Bus nach Absprache an, das Mädchen stieg aus und wurde dann von Beamten in Empfang genommen. Continue reading Frankreich schiebt Roma-Mädchen beim Schulausflug ab
Frankreichs Innenminister droht Verfahren: Hetze gegen Roma
Roma haben eine andere Lebensweise und wollen sich nicht integrieren, sagte Manuel Valls in einem Interview. Nun droht ihm ein Verfahren wegen Volksverhetzung.
Dem französischen Innenminister Manuel Valls droht wegen umstrittener Äußerungen über Roma ein Verfahren wegen Volksverhetzung. Die Anti-Rassismus-Vereinigung Mrap kündigte am Donnerstag in Paris eine Anzeige gegen den sozialistischen Politiker an.
Valls Kommentare über mangelnden Integrationswillen und andere Lebensweisen der Roma seien beleidigend gewesen und provozierten Gewalt, Hass und Diskriminierung, hieß es zur Begründung.
Der Innenminister hatte jüngst in einem Radio-Interview gesagt, Roma hätten extrem andere Lebensweisen und nur eine Minderheit wolle sich integrieren. Es sei besser, wenn sie nach Rumänien oder Bulgarien zurückkehrten. Die Äußerungen waren auch von Parteifreunden kritisiert worden. In großen Teilen der Bevölkerung waren sie aber Umfragen zufolge gut angekommen.
Sollte es zu einem Prozess am für Regierungsmitglieder zuständigen Gerichtshof der Republik kommen, könnte Valls zu einer Geldstrafe in Höhe von bis zu 45 000 Euro verurteilt werden. In besonders schweren Fällen kann Volksverhetzung in Frankreich sogar mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden.
Quelle: taz
Stand: 11.10.2013
Antiziganismus im Vormarsch
Am Sonntag, 6.10., wurde noch der “Tag der Würde der Roma und Sinti“ mit Kundgebungen in 15 europäischen Ländern begangen, am Montag, 7.10. diskutierte dann der Salzburger Stadtsenat über den Antrag der ÖVP auf eine scharfe Anhebung der Geldstrafen für „wildes Campieren“ und auf EU-Ebene wollen vier Innenminister Ausweisungsmöglichkeiten für „Sozialtouristen“ durchsetzen.
Der Antrag der ÖVP im Salzburger Gemeinderat hätte eine drastische Erhöhung der Geldstrafen für „wildes Campieren“ von 370 Euro auf bis zu 10.000 Euro, im Fall der „Uneinbringlichkeit“ Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 14 Tage, bedeutet. Nach Kritik der Bürgerliste (Grüne) wurde die Neufassung der Campierverordnung zunächst einmal verschoben. Die „Salzburger Nachrichten“ (8.10.2013) wissen auch, gegen wen sich der Antrag der ÖVP gerichtet hätte:
„Das Gesetz würde hauptsächlich Roma und Sinti betreffen“ (SN, 8.10.13).
Gleiches gilt für die Initiative von vier Innenministern der Europäischen Union, die sich Ausweisemöglichkeiten für „Sozialtouristen“ wünschen. Die Ressortchefs aus Großbritannien, Deutschland, Niederlande und Österreich wollen beim Ministerrat am 8.10. darüber diskutieren und von der EU-Kommission Schritte einfordern. Die „Presse“ schreibt dazu:
„Im Visier stehen vor allem Roma und Sinti aus Rumänien und Bulgarien, die angeblich nach Westeuropa pilgern, um dort von der Notstandshilfe zu leben“ (Presse,7.10.13).
Die konservative „Presse“ legt auch die Motive der vier Innenminister offen: in Großbritannien und den Niederlanden wollen sich die Regierungen damit gegenüber den Rechtspopulisten von UKIP und Geert Wilders‘ Freiheitspartei profilieren, in Deutschland gibt es in mehreren Städten „Problemzonen“, die mit dem Wohnen verknüpft sind, und die österreichische Innenministerin gibt offen zu, dass es zwar keine Probleme mit dem Missbrauch von Sozialleistungen gebe, aber Österreich mit den anderen drei Ländern solidarisch (!!) sein wolle. Unabhängig von dieser Initiative haben auch die französischen Sozialdemokraten und hier vor allem deren Innenminister Valls die antiziganistische Rhetorik massiv verschärft, um so vor allem dem Front National zu kontern. Eine katastrophale Politik, wie Stefan Brändle in einem „Standard“-Kommentar feststellt. Es braut sich was zusammen in Europa!
Die Attacken auf fahrende Roma, die auf einem genehmigten Lagerplatz in Bischofshofen campieren wollten, zeigen , dass mit Hilfe einiger rechter Einpeitscher auch hierzulande offener aggressiver Antiziganismus, der sogar wieder Vernichtungsphantasien freisetzt, möglich ist.
In der „Presse“ fordert ein Gastkommentar von Karolina Wigura („Wie Roma immer weiter an den Rand gedrängt werden“) eine andere europäische Strategie gegenüber den Roma als die „der Ignoranz und Deportation“ und schließt mit dem Satz:
„Es wäre an der Zeit, kritisch nicht nur über das aggressive Verhalten nationalistischer Gruppen gegenüber den Roma nachzudenken, sondern auch über die ähnlich aggressive Rhetorik von Politikern des politischen Zentrums“.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ (8.10.13) setzt sich in einem ausführlichen Beitrag („Rom a? Sinti? Zigeuner?“) mit der medialen und p0olitischen Wahrnehmung der Roma:
„Anstatt die real existierenden Probleme als solche zu erkennen und darauf mit sozialpolitischen Maßnahmen zu regieren, erfolgt seitens der Behörden und Medien oft nur die Flucht in ein politisch korrektes Vokabular, um zumindest so guten Willen zu beweisen“.
Quelle: Stoppt die Rechten
Stand: 08.10.2013
Duisburger Zustände aufmischen!
Stellungnahme des Antifa AK Köln zum Brandanschlag in Duisburg-Hochheide
In der Nacht zum 10.Oktober hat ein Feuer in einem ausschließlich Roma bewohnten Wohnhaus in Duisburg-Hochhausen zu zahlreichen Verletzungen geführt. Die aus dem Schlaf gerissenen 42 Bewohner_innen konnten schlimmerem entgehen, weil sie sich auf das Häuserdach retteten. Die Polizei Duisburg kann nach ersten Ermittlungen nicht mehr leugnen, dass das Feuer gelegt worden ist. Wir sprechen allen Bewohner_innen unser Mitgefühl für dieses traumatische Erlebnis aus.Diese Meldung reiht sich ein in eine langjährige Tradition in Duisburg. Eine Tradition zutiefst antiziganistischer und rassistischer Hetze eines wiederentdeckten reaktionären Bürgermobs.
Dass Geflüchtete hier nicht willkommen sind, drückt sich noch viel zugespitzter aus. Das zeigt das junge Phänomen aus Duisburg oder Berlin-Hellersdorf der von organisierten Neonazis und Rechtspopulist_innen begleiteten rassistischen Bürgerversammlungen, die nicht nur geistig gegen die „Fremden“ Brände stiften. Bestimmte Unterkünfte für Geflüchtete sind tagtäglich bedroht; sie werden regelmäßig beleidigt, bedroht, auf den Häuserwänden finden sich Parolen wieder, die an die Tage vor den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen erinnern. Diese Analogie wird im Internet nicht nur befeuert, sondern einer Wiederholung der Geschichte wird regelrecht herbeigesehnt: Auf Facebook wird mittlerweile offen gefordert, die Häuser der Roma anzuzünden.
Die Polizei ist zwar anwesend, doch außer ein paar Alibi-Festnahmen unternimmt sie nicht viel. Kein Wunder, bieten deutsche Institutionen doch den Nährboden solcher Zustände. Seit Jahren skandalisieren antirassistische Initiativen die menschenunwürdigen Zustände in deutschen Unterkünften für Geflüchtete. Dank der selbstorganisierten Refugee-Proteste der letzten Jahre rückt dieses Thema zumindest wieder stark in die Öffentlichkeit; Sprachrohr sind dabei nicht irgendwelche Lokal- oder Kommunalpolitiker_innen, die stellvertretend die Geflüchteten mundtot machen und als Lippenbekenntnisse selten mehr gebacken bekommen, sondern die Betroffenen selbst. Spätestens die Aufdeckung der skandalösen Verwicklungen deutscher Geheimdienste und die mediale Aufarbeitung in Sachen NSU verdeutlicht, dass deutsche Institutionen an der mörderischen rassistischen Mobilisierung mindestens aktiv beteiligt sind. Die antirassistische und antifaschistische Demonstrationsparole „Nazis morden, der Staat schiebt ab – das ist das gleiche Rassisten-Pack!“ bewahrheitet sich selten so sehr wie im Herbst 2013.
Der Rassismus der Anwohner_innen von Duisburg-Hochheide ist kein Zufall. Er ist das Resultat einer Gesellschaftsform, die Menschen nur als verwert- und vernutzbare Quelle von Arbeitskraft kennt. Einer Gesellschaftsform, für die Menschen, die vor Krieg, vor Hunger, und vor Verfolgung flüchten, nur Überflüssige sind. Für die Bewohner_innen der stärksten Wirtschaftsstandorte sind die geflüchteten Menschen Projektionsfläche für das, was sie sich durch die Arbeitsschinderei selbst versagen mussten und deshalb hasserfüllt gewendet in der Vorstellung des „Anderen“ ausmachen. Sie erblicken in ihnen „Faulenzer“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“. Doch Menschen fliehen, weil sie in ihrer Heimat keine Chance hatten, weil ihre Nationen im globalen Monopoly die Verlierer_innen sind. Die BRD hingegen gilt mit seinem Status als „Krisengewinner“ als besonders sicherer und damit beliebter Zufluchtsort. Seit der Euro-Krise und dem von der Regierung Merkel als „Rettung“ beschönigten unerträglichen Sozialkahlschlag in der europäischen „Peripherie“ sind neben Menschen aus Afrika und Asien auch zunehmend Europäer_innen in der Bundesrepublik auf der Suche nach einem besseren Leben. Doch willkommen sind sie hier nicht. Das sagen die europäischen Innenminster_innen so ganz direkt auf sämtlichen Konferenzen zur Flüchtlingspolitik. Deutschland stellt eine Speerspitze dar, mit jedem weiteren gekenterten Schiff vor Lampedusa wollen hier Hardliner_innen wie Innenminster Friedrich die Mauern der „Festung Europa“ direkt noch höher bauen und das Meer noch schärfer überwachen lassen.
In Zeiten, wo sich das Kapital schon längst grenzen- und schrankenlos bewegen kann, gilt dies für Menschen noch lange nicht. Die Bundesrepublik, die sich insbesondere durch Exporte und damit durch Zugriff auf andere nationale Ökonomien bereichert duldet keine Geflüchteten, deren Heimatländer sie maßgeblich mit in den Ruin treibt. Aus der gnadenlosen kapitalistischen Konkurrenz entwickelt sich ein Denken, dass jedes Leben nach Verwertbarkeit und Herkunft sortiert.
Es ist noch nicht bewiesen, dass der Brandanschlag von Duisburg-Hochheide aus der breiten rassistischen Atmosphäre in Duisburg heraus verübt worden ist. Die Polizei impliziert in ihren Aussagen, dass die Bewohner_innen des Hauses sich vielleicht doch selbst angezündet haben, weil „Derzeit […] keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund“ vorliegen würden. So etwas zeigt, dass trotz Lichtenhagen und NSU die deutschen Behörden auf dem rechten Auge blind sind und noch immer zuerst die Betroffenen selbst verdächtigten, wie sie es nach dem NSU-Anschlag in Köln-Mülheim jahrelang praktiziert haben. Was auch immer die Ermittlungen der Polizei zu Tage fördern oder auch nicht: um den rassistischen Normalvollzug im Fall des Häuserbrandes von Duisburg zu finden, braucht man keinen nationalsozialistischen Brandstifter. Es bleibt dabei: diese Gesellschaft – und nicht nur ein „vermeintlicher extremer Rand“ – ist durch und durch rassistisch.
Quelle: Indymedia
Stand: 11.10.2013
Nach Abschiebung von Roma-Mädchen: Tausende Pariser Schüler blockieren Schulen
Alle für eine: Tausende Gymnasiasten protestieren in Paris gegen die Abschiebung einer 15-jährigen Kosovarin. An 20 Schulen blockierten die Jugendlichen die Eingänge und zogen mit Spruchbändern zum Innenministerium. Das Mädchen war während eines Schulausflugs von der Polizei abgeholt worden.
Aus Mülltonnen bauten sie Blockaden, auf Plakate schrieben sie ihre Forderungen, zum Protest reckten sie die Fäuste in die Luft: Tausende Pariser Gymnasiasten demonstrierten am Donnerstag in Paris gegen die Abschiebung einer 15-jährigen Kosovarin. An rund 20 Gymnasien der französischen Hauptstadt blockierten Schüler die Eingänge, wie die Schulbehörde mitteilte.
Die Jugendlichen zogen zu einer Demonstration an der Place de la Nation und von dort aus weiter zum Innenministerium. Es kam zu vereinzelten Zwischenfällen, die Polizei setzte dabei Tränengas ein. Die Demonstranten riefen unter anderem „Valls raus!“. Auslöser der Proteste war die Abschiebung der 15-jährigen Leonarda Dibrani; Frankreichs Innenminister Manuel Valls werfen die Demonstranten vor, unmenschlich entschieden zu haben.
Die Familie des Mädchens kommt aus dem Kosovo und lebte seit mehreren Jahren in Ostfrankreich. Der Asylantrag der Familie war abgelehnt worden, die Dibranis sollten abgeschoben werden. Laut Innenministerium habe sich die Familie wiederholt geweigert, das Land zu verlassen. Also wurde der Vater am 8. Oktober festgenommen und ausgewiesen. Auch die Mutter, Leonarda und ihre Geschwister sollten am Tag darauf folgen.
Schüler protestieren gegen Abschiebungen von Mitschülern
Tochter Leonarda befand sich an dem Tag der geplanten Abschiebung jedoch auf einem Schulausflug. Polizisten fingen den Bus mit den Schülern ab und nahmen, so das Innenministerium, das Mädchen „in Empfang“. „Sie weinte, sie war unglücklich“, schildert Aktivist Jean-Jacques Boy, der sich für die Rechte von Migrantenfamilien einsetzt. Mutlos habe Leonarda den Bus verlassen, auch die anderen Kinder und Lehrer habe der Vorgang bewegt.
Der Vorfall ereignete sich schon am 9. Oktober, wurde aber erst diese Woche bekannt. Der Protest der Pariser Schüler richtet sich nicht nur gegen die Abschiebung Leonardas, die Jugendlichen forderten auch die Rückkehr eines vor kurzem in sein Heimatland Armenien abgeschobenen Gymnasiasten. Auch in anderen französischen Städten gingen Schüler auf die Straße.
„Es geht darum, für eine Rückkehr abgeschobener Gymnasiasten mobil zu machen“, sagte ein Schülervertreter. „Es ist nicht hinnehmbar, dass jemand unter einer Linksregierung seine Papiere vorzeigen muss, um ins Gymnasium zu können. Jeder hat ein Recht auf Bildung.“
Innenminister Valls geriet wegen des Vorgehens der Behörden auch unter Beschuss aus den eigenen Reihen. Der sozialistische Parlamentspräsident Claude Bartolone mahnte, seine Partei drohe ihre „Seele“ zu verlieren. Bildungsminister Vincent Peillon sagte, die Schule müsse „unantastbar“ bleiben. Die Linkspartei forderte gar den Rücktritts Valls‘, der bereits vor wenigen Wochen für Empörung gesorgt hatte, als er den Integrationswillen der meisten in Frankreich lebenden Roma anzweifelte. Valls betonte, bei der Abschiebung seien „Recht und Personen respektiert“ worden, ordnete aber zugleich eine behördliche Untersuchung des Vorgangs an.
Quelle: Spiegel Online
Stand: 17.10.2013
Sinti und Roma loben Reaktion der Stadt
„Wir werfen nicht auf Zuruf Einzelner eine hundertjährige Tradition über Bord“, sagt ein Sprecher des Verbands kulinarischer Lebensmittel. Die gesellschaftliche Diskussion werde zwar sehr genau beobachtet. Bisher sehe man aber keinen Grund für eine Umbenennung. Die meisten Menschen würden mit dem Begriff „Zigeunersoße“ schließlich etwas Positives verbinden.
Auch der Hotel- und Gaststättenverband hält den Begriff „Zigeuner“ für unproblematisch. Er stünde für pikantes Essen – und damit für Lebensfreude. Wenn Menschen sich diskriminiert fühlen, werde man das „natürlich ernst nehmen“. Aber die Suche nach Alternativen sei eben nicht einfach. Lebensmittelbezeichnungen sollen dem Kunden schnelle Orientierung bieten, damit der es sich nicht kurzfristig noch anders überlegt.
Thomas Volk, 50, Küchenchef der Rathauskantine Hannover, hat nun jedenfalls sein „Zigeunerschnitzel“ zum „Balkanschnitzel“ umgetauft. „Nun ist das Gericht regional verankert und niemand muss sich mehr angegriffen fühlen“, erklärt er. „Wir kochen hier schließlich im öffentlichen Dienst und der ist für alle Bürger da.“ Dass die Sprachkritik auch seine Küche erreicht hat, hält er für ein gutes Zeichen. „Nur, weil Begriffe wie Zigeuner vor 50 Jahren in Ordnung waren, müssen sie es ja heute nicht mehr sein“, sagt der politisch korrekte Küchenmeister.
Der Vorsitzende des Forums der Sinti und Roma in Hannover, Regardo Rose, lobte die Reaktion der Stadt: „Das ist wirklich eine gute Nachricht und zumindest schon mal ein kleiner Erfolg.“ Für Küchenchef Volk spielt das Zigeunerschnitzel ohnehin keine große Rolle: „Bei den Fleischgerichten ist die Currywurst der Dauerbrenner.“ Aber mehr als fünfzig Prozent der Gäste in der Rathauskantine Hannover wählten mittlerweile ohnehin lieber ein rein vegetarisches Gericht.
Quelle: Süddeutsche
Stand: 08.10.2013