Category Archives: Deutschland

„NEIGHBOURS IN THE HOOD“ – Herbstschule Antiromaismus und Self-Empowerment

Die Diskriminierung und Verfolgung der europäischen Rom_nja und Sint_ezze hat lange Traditionslinien, die bis in die Gegenwart reichen. Kaum eine andere Minderheit wird so umfassend mit negativen Stereotypen belegt. Die Folgen sind verheerend: Die Chancen für sozialen Aufstieg sind massiv beschränkt, rassistische Angriffe keine Seltenheit. Trotzdem bleibt der gesellschaftliche Aufschrei aus. Für Sachsen scheint die Geschichte und Gegenwart der Rom_nja und Sint_ezze ein geradezu blinder Fleck. Die rudimentäre Forschung erlaubt kein klares Bild zur lokalen Verfolgungsgeschichte im Nationalsozialismus. Auch der allgemeine Kenntnisstand und Wissen über die aktuellen Lebenssituationen und politischen Perspektiven hier lebender Rom_nja und Sint_ezze sind sehr gering.

Hier setzt die Herbstschule an. In der besonderen Umgebung des Festspielhauses Hellerau werden wir viereinhalb intensive und anregende Tage verbringen. Im Vordergrund stehen Wissensvermittlung, Selbstreflexion in Bezug auf eigene Vorurteilsstrukturen, Self-Empowerment teilnehmender Rom_nja und die lokale politische Vernetzung. Versierte Expert_innen geben einen Einstieg in das Thema Antiromaismus, zusammen nähern wir uns der (lokalen) Verfolgungsgeschichte der Rom_nja und Sint_ezze, besuchen und diskutieren künstlerische Beiträge, organisieren den Austausch mit sächsischen und tschechischen Selbstvertretungsorganisationen. Ziel ist die nachhaltige Vernetzung aller Teilnehmenden. Die Herbstschule wendet sich an alle Interessierten, besonders aber an Menschen, die sich gegen Antiromaismus engagieren oder dies vorhaben.

Quelle, Programm und Anmeldung: Weiter Denken
Stand: 22.08.2015

Aufruf zum Gedenken am 2. August 2015, um 14 Uhr am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich in Leipzig

Als „Porajmos“ (dt. „das Verschlingen“) wird in Romanes der Genozid an den Sinti und Roma während der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet. Trauriger Höhepunkt des Völkermordes war der 2. August 1944, der sich dieses Jahr zum 71. Mal jährt. An diesem Tag wurde der Abschnitt BIIe im Konzentrationslager Auschwitz geräumt und die 2897 noch verbliebenen Sinti und Roma in den Gaskammern ermordet. Allein in Auschwitz starben zwischen Februar 1943 und August 1944 19300 in diesem Abschnitt untergebrachte Menschen. Insgesamt fielen hunderttausende Sinti und Roma den Nazis zum Opfer. In Deutschland ist das Bewusstsein für die leidvolle Geschichte der größten Minderheit Europas und die eigene Verantwortung dafür jedoch kaum ausgeprägt.

Auch heute ist diese Bevölkerungsgruppe rassistischen Angriffen ausgesetzt, die teilweise lebensbedrohlich sind. So fand 2009 in Klingenhain unweit von Leipzig ein Brandanschlag statt, bei dem das Haus und Gewerbe einer Sinti Familie niederbrannte, die daraufhin ihren Wohnort verließ, da sie um ihr Leben fürchten musste. Vorausgegangen waren jahrelange Anfeindungen, Drohungen und Angriffe mit eindeutig rassistischem Hintergrund. Auch im Leipziger Stadtteil Volkmarsdorf wurde im Herbst 2010 massiv Stimmung gegen ansässige Roma gemacht, die in verbalen und tätlichen Übergriffen mündete. Diese Übergriffe finden nicht irgendwo weit weg statt, sondern in unserer unmittelbaren Umgebung und trotzdem nimmt der überwiegende Teil der Gesellschaft daran keinen Anteil, selten wird darüber überhaupt medial berichtet. Aus der Mitte unserer Gesellschaft werden Roma zu tausenden abgeschoben. In ihren Herkunftsländern des Westbalkan erwartet sie Ausgrenzung und Diskriminierung. Mit der Erklärung von Bosnien, Mazedonien und Serbien zu so genannten „sicheren Herkunftsstaaten“ zeigt die schwarz-rote Bundesregierung, dass sie nichts aus der Geschichte gelernt hat. Continue reading Aufruf zum Gedenken am 2. August 2015, um 14 Uhr am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich in Leipzig

Initiative „Queer Roma“: „Roma und schwul, geht das überhaupt?“

Der Kölner Gianni Jovanovic hatte mit 18 schon Frau und Kinder – und dann sein Coming-out. Nun kämpft er mit seiner Initiative Queer Roma gegen Homophobie und Rassismus.

Auf dem Wagen tanzt eine Drag-Queen in pink, mit einem Fächer vertreibt sie die Kölner Sommerhitze. Davor laufen Männer in dunkelblauen T-Shirts, einer schwenkt eine Fahne. So weit, so normal auf dem Christopher Street Day. Doch dies ist kein Truck wie die anderen: Es ist ein kleiner Wohnwagen. Auf den T-Shirts der Männer und Frauen davor steht Queer Roma. Hinter dem Mann mit der bunten Roma-Flagge hält jemand ein Plakat hoch, darauf steht nur ein Wort: Liebe.

Durch das Leben von Gianni Jovanovic, 37, zieht sich noch ein anderes Wort, eines, das mal einen gleichgültigen, mal einen hasserfüllten Klang hatte: Zigeuner. Er bekam es als Kind in Rüsselsheim zu hören und später in Darmstadt. Heute spielt Jovanovic souverän mit den Klischees. Doch für ihn war es viele Jahre ein doppeltes Versteckspiel: Einerseits hielt er vor Fremden lieber geheim, dass er zu der Minderheit der Roma gehört. Und andererseits wusste in seiner Roma-Community niemand, dass er schwul ist. Nicht seine Eltern, nicht einmal seine Frau.

„Das Coming-out war für mich der schlimmste, aber auch der wichtigste Schritt in meinem Leben“, sagt Jovanovic. Continue reading Initiative „Queer Roma“: „Roma und schwul, geht das überhaupt?“

Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt: „Brigade Halle“ unter Beobachtung

Seit einem Jahr hetzt eine rechtsextreme Gruppierung in der Silberhöhe gegen Roma und Flüchtlinge. Der Verfassungsschutz ist alarmiert.

Die rechtsextreme Vereinigung Brigade Halle steht unter Beobachtung das Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt. Das geht aus dem nun veröffentlichten Vorjahresbericht des Geheimdienstes hervor. In dem Dossier wird die Gruppierung als tonangebender Akteur beschrieben, der im Stadtteil Silberhöhe „Angst vor Ausländern“ schüre – die Agitation richte sich vor allem gegen Asylsuchende und zugezogene Roma-Familien.

In den Augen des Verfassungsschutzes zählt die Stadt Halle zwar nicht zu den landesweiten Zentren rechtsextremer Gewalt – das sind laut dem Bericht Dessau-Roßlau, der Saalekreis und der Landkreis Wittenberg – doch der Brigade gilt dennoch ein besonderes Augenmerk. Denn, so heißt es in dem Dossier, „die Kampagnen speziell gegen rumänische EU-Flüchtlinge der Volksgruppe der Roma“ sprechen „auch in Teilen das bürgerliche Spektrum an“. Die Verfassungsschützer konstatieren der rechtsextremen Brigade eine Entwicklung vom Internet- zum Straßenphänomen. Nachdem die Mitglieder im vergangenen Sommer zunächst durch Propaganda im Internet aufgefallen seien, hätten sie auf der Hooligans-gegen-Salafisten-Demonstration in Hannover im Herbst den ersten Auftritt auf der Straße gehabt. Die Verfassungsschützer registrierten bei der Großdemonstration 25 Personen, die T-Shirts mit der Aufschrift „Brigade Halle“ trugen. Continue reading Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt: „Brigade Halle“ unter Beobachtung

Das Politische Buch „Niemand ist ein Zigeuner“

Vorurteilen gegen Sinti und Roma begegnete Wolfgang Wippermann schon als Kind. Und nichts hat sich seitdem geändert. In einem engagierten Buch schreibt der Historiker gegen die Diskriminierung an.

Die erste Begegnung mit den Vorurteilen gegen Roma macht Wolfgang Wippermann 1951, mit sechs Jahren, im Garten der Großmutter. Als eine Gruppe Roma sich dem Haus nähert, nimmt die Großmutter schnell die feuchte Wäsche von der Leine, bekreuzigt sich und erklärt dem Enkel: Die „Zigeuner“ seien furchtbare Menschen, stählen Wäsche und kleine Kinder. Mit dieser Anekdote beginnt Wippermanns Aufruf „Zur Ächtung eines europäischen Vorurteils“, und damit ist auch der Ton gesetzt: keine nüchterne Analyse, sondern ein teils persönliches, oft zorniges Plädoyer.

Feindbild vom „faulen und asozialen“ Roma wieder neu belebt

Bis heute, so der Historiker, werden in ganz Europa Sinti und Roma ausgegrenzt und verfolgt. Mit der jüngsten Debatte um eine Armutszuwanderung aus Südosteuropa ist das alte Feindbild vom faulen und asozialen Roma auch hierzulande wiederbelebt worden. Wippermann unterscheidet religiöse, soziale, romantisierende und rassistische Motive für die Diskriminierung von Roma, die er zu einer eigenständigen Ideologie zusammenfasst, den Antiziganismus. Dieser beginne schon mit dem Wort „Zigeuner“. Wippermann knöpft sich den Ausdruck begriffsgeschichtlich vor, erklärt, warum es diffamierend ist, aus Roma „Zigeuner“ zu machen und warum die Bezeichnung aus dem Vokabular verbannt gehört. Er beschreibt, wie im Mittelalter erstmals Negativbilder der Sinti und Roma aufkamen und sich verfestigten, wie sich religiöse und soziale Vorurteile immer stärker mit rassistischen Zuschreibungen mischten, wie diese in der NS-Zeit im Genozid an den Roma gipfelten. Ein Genozid, den Wippermann nicht als allein deutschen, sondern als gesamteuropäischen Völkermord beschreibt, weil er von Angehörigen anderer europäischer Völker mitbegangen wurde. Beides, „die europäische Kollaboration und die rassistische Motivation des Porrajmos“ (so die Romanes-Bezeichnung für den Völkermord), sei nach 1945 geleugnet worden, in West- wie in Osteuropa. Continue reading Das Politische Buch „Niemand ist ein Zigeuner“

Die Lüge vom Asylbetrug

Fluchtgründe von Sinti und Roma werden nicht akzeptiert

»Der Asylantrag einer jüdischen Familie aus Nazi-Deutschland hätte vor 1938 gestellt im heutigen Deutschland keine Chance auf Anerkennung«, so Rechtsanwalt Ullrich Hahn, Mitglied der Rechtsberaterkonferenz des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland. Das Grundrecht »Politisch Verfolgte genießen Asyl« wurde seit 1993 erheblich eingeschränkt und diese Einschränkungen von Behörden und der Verwaltungsjustiz systematisch zu Ungunsten von Asylsuchenden ausgelegt. Die Aussage des in Asylverfahren und der Flüchtlingsberatung erfahrenen Juristen ist ernüchternd und zeigt wie sehr das einstige Grundrecht auf Asyl mittlerweile ausgeweidet wurde. »Diese Zigeuner sind Tiere, benehmen sich wie Tiere… aus seinem tierischen Schädel dringen meistens unartikulierte Töne, und das einzige, was er bezüglich dieser elenden Welt versteht, das ist die Gewalt…«, drohte nicht etwa Hermann Göring, sondern Zsolt Bayer, enger Berater und Freund von Staatspräsident Victor Orban, in der ungarischen Tageszeitung »Magyar Hírlap« (Ungarisches Journal). Ein Rom der vor einem solchen Klima oder Mehrfachdiskriminierungen bis hin zu offenen Pogromen in Ungarn nach Deutschland flieht, kann seit dem »Asylkompromiss« 1993 kein Asyl mehr beantragen. Der Zusatz zum Grundgesetz (Artikel 16a) unterstellt, es könne gar keine berechtigten Fluchtgründe aus Staaten der Europäischen Union geben. Ebenso schränkt die Grundgesetzänderung das Grundrecht auf Asyl für Flüchtlinge aus so genannten »sicheren Herkunftsstaaten« erheblich ein. Diese Regelung wird dank einer großen »Schwarz-Grün-Roten«-Koalition aus Bundestag und Bundesrat seit Herbst 2014 auf Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina angewendet. Der Kosovo, Montenegro und Albanien sollen nun folgen, warnt die unabhängige Menschenrechtsorganisation »Pro Asyl«. Eine Katastrophe für Roma aus diesen Staaten. Einhellig bescheinigen ihnen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Mehrfachdiskriminierungen. »Keine Verfolgung« urteilen dennoch gleichmütig das Auswärtige Amt, die Entscheider der Asylverfahren vom Bundesamt für Migration und die überprüfenden Verwaltungsgerichte. Auch bei der Entscheidung über individuelle Asylgründe, der so genannten Einzelfallprüfung, liegen die Anerkennungsquoten für Roma bei unter 1%. Die als »offensichtlich unbegründet« abgelehnten Asylanträge umfassen körperliche Übergriffe mit stationärer Aufnahme in Krankhäusern über Zwangsprostitution bis hin zur Scheinexekution. Entscheider über Asylverfahren beim Bundesamt und Verwaltungsgerichte begründen ihre Ablehnung der Asylanträge in systematischer Regelmäßigkeit mit angeblichen Widersprüchen in den Aussagen der Geflüchteten oder ihrer Unglaubwürdigkeit. »Zu gut Deutsch«: Der »Zigeuner« lügt. Wenige Ausnahmen einzelner Kammern der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Münster und Stuttgart sehen das Grundrecht auf Asyl durch die Anwendung der »Sicheren Herkunftsstaaten«-Regelung auf die Balkan-Länder im Grundsatz verletzt oder Anerkennen auch die Mehrfachdiskriminierungen als »Verfolgung« im Sinne des Asylrechts. Diese Juristinnen und Juristen liegen aber nicht im Mainstream politischer Meinungsmache. Zunächst wurde von politisch daran interessierten Kreisen eine Diskussion über »Armutsflüchtlinge« und »Einwanderung in die Sozialsysteme« inszeniert. Armut ist jedoch nicht die Ursache für Flucht, sondern Folge von Mehrfachdiskriminierungen. Wer keinen Zugang zu Bildung, Arbeit und sozialer Versorgung hat und systematisch ausgegrenzt, diskriminiert und verfolgt wird, ist eben auch bitterarm. Aufbauend auf der Lüge des »Asylbetrugs« durch Roma-Flüchtlinge sind die jüngsten Tendenzen öffentlicher Meinungsbildung nun Flüchtlinge in »gut« und »schlecht« einzuteilen. Gute Syrer und böse Roma. Durch eine konsequente europäische Abschottungspolitik nimmt Deutschland gemessen an der Gesamtzahl kaum syrische Flüchtlinge auf. Wer nicht im Mittelmeer ersoffen ist und sich irgendwie nach Deutschland durchschlagen konnte oder zu den wenigen Kontingentflüchtlingen aus Syrien gehört, dem soll nun nicht auch noch der Platz in einem deutschen Flüchtlingslager von einem Roma streitig gemacht werden, so die Zynikerinnen und Zyniker von Schwarz bis Grün. Roma bilden die einzige Opfergruppe des Nationalsozialismus, die heute in vielen Ländern Europas wieder zunehmend Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt sind. Im grün-roten Baden-Württemberg werden sie dennoch wie am Fließband abgeschoben. Zuletzt per Sammelabschiebeflug am 24. März 2015 ab Baden-Airpark, dessen Aufsichtsratsvorsitzender der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann ist. Genau zum Jahrestag, an dem 1944 die Sinti und Roma aus Baden-Württemberg im wenige Kilometer entfernten Offenburger Bahnhof gesammelt und nach Auschwitz deportiert wurden.

Quelle: Antifa Magazin
Stand: 05.06.2015

Angehörige ermordet: Roma-Familie muss trotzdem zurück nach Serbien

Das Urteil ist rechtskräftig. Sobald die Reisefähigkeit des Ehepaars Arsic aus Serbien bescheinigt ist, müssen sie mit der Abschiebung in ihre Heimat rechnen. Dort, wo ihre Angehörigen getötet worden sind.

Das Urteil ist rechtskräftig. Sobald die Reisefähigkeit des Ehepaars Arsic aus Serbien bescheinigt ist, müssen sie mit der Abschiebung in ihre Heimat rechnen. Das Roma-Paar war im Mai 2014 nach Deutschland geflüchtet. Teile der Familie waren in Serbien von Rechtsextremen ermordet worden (TLZ berichtete). Dennoch gilt Serbien seit September 2014 als sicheres Herkunftsland – auch für Roma. Gegen die Ablehnung des Asylantrages vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte Familie Arsic Klage erhoben. Jetzt kam der Fall vor das Verwaltungsgericht in Gera. „Die Klage wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt“, sagt Bernd Amelung vom Verwaltungsgericht Gera. Den „diversen Begehren der Familie Arsic“ sei der Richter nicht nachgekommen. Cedar Arsic hatte versucht, den Gerichtstermin noch einmal zu vertagen, um einen Rechtsanwalt aus Aachen hinzuzuziehen. „Diesem Antrag muss das Gericht nicht nachgeben“, so Amelung. „Außerdem handelte es sich bei Familie Arsic bereits um einen Folgeantrag. Grundsätzlich kann man nach Ablehnung des ersten Asylantrags einen Folgeantrag stellen“, erklärt Amelung dazu. In den meisten Fällen setzt sich das Bundesamt jedoch nicht mit der Begründung des Antrags auseinander, sondern entscheidet häufig, dass sich die „Sach- und Rechtslage“ im Vergleich zum ersten Verfahren nicht geändert hat und deshalb auch keine neue Prüfung stattfinden muss. Continue reading Angehörige ermordet: Roma-Familie muss trotzdem zurück nach Serbien

Rund 70 Aktivisten verhindern Abschiebung in Freiburg

Rund 70 Aktivisten haben in Freiburg die Abschiebung einer Roma-Familie verhindert. Sie verweigerten Polizisten den Durchgang zu den Zimmern der Familie.

Ereignet hatte sich die Aktion am frühen Donnerstagmorgen zwischen 2.30 und 4 Uhr. Die Polizisten, die mit drei Streifenwagen und zusätzlicher Zivilpolizei vor Ort waren, versuchten mehrmals, unter Androhung von Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs doch noch Zugang zu bekommen. Die Aktivisten blieben dicht gedrängt im Treppenaufgang stehen. Auf Fragen der Polizei antworteten sie nicht. Die Eltern mit drei kleinen Kindern, die für eine Sammelabschiebung vom Baden-Airport vorgesehen waren, waren informiert und hatten angeblich bereits gepackt. Sie hatten am Vortag einen entsprechenden Abschiebebescheid erhalten.

Polizisten ziehen wieder ab

Ein Polizist beklagte sich, er hätte gerne mit dem Vater persönlich gesprochen – doch dieser kam nicht nach draußen. Auch einem Sicherheitsdienst-Mitarbeiter stellten sich die Aktivisten in den Weg. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, die Aktivisten zum Verlassen der Treppenaufgänge sowohl am Vorder- als auch Hintereingang zu bewegen, zogen die Polizisten ab. Kurzzeitig dachte man wohl über einen größeren Polizeieinsatz nach, entschied sich aber schnell dagegen.

Das Forum aktiv gegen Ausgrenzung wertet die Mahnwache und die verhinderte Abschiebung als Erfolg. Auch in Müllheim wurde erst vor wenigen Wochen eine Abschiebung durch diese Art von „zivilem Ungehorsam“, wie die Aktivisten ihr Vorgehen umschreiben, verhindert. Einige Bewohner des Flüchtlingsheims verfolgten das Geschehen von ihren Fenstern aus.

Das für die Sammelabschiebung vorgesehene Flugzeug nach Serbien startet am Donnerstag gegen 10 Uhr vom Baden Airport in Baden-Baden.

Quelle: Badische Zeitung
Stand: 07.05.2015

101 Menschen vom Baden-Abschiebeairport in den Balkan abgeschoben, darunter 37 Kinder. Eine Abschiebung aus Freiburg

Heute: Mittwoch 18 Uhr: Nach Abschiebung: Tag x+1 Kundgebung am Rathausplatz

Laut Regierungspräsidium Karlsruhe wurden heute insgesamt 101 Personen abgeschoben. Aus Baden-Württemberg kamen 25 Flüchtlinge. Die anderen Betroffenen kamen aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Sachsen. Die grün-rote Abschiebebürokratie hat sich mit dem 24. März ausgerechnet den Jahrestag der Deportation der süddeutschen Sinti und Roma nach Auschwitz ausgesucht. Das Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung hatte im Vorfeld erklärt:

„Auch wenn es sich bei dem Zusammenfall der beiden Daten wahrscheinlich um einen unbeabsichtigten Zufall handelt, tritt in ihm die Heuchelei von Landes- und Bundesregierung deutlich zutage. Während einerseits inzwischen die historische Verantwortung anerkannt und betont wird, werden Roma andererseits als „Wirtschaftsflüchtlinge“ diffamiert und in menschenunwürdige Zustände abgeschoben“.

Das Freiburger Forum setzt sich deshalb, um der historischen Verantwortung gegenüber der Gruppe der Roma gerecht zu werden, mit einem offenen Brief an die Landesregierung, für ein humanitäres Bleiberecht für Romaflüchtlinge ein. Am 24. März jährt sich auch der Beginn des Natobombadements auf Jugoslawien. Am 24. März 1999 begann der völkerrechtswidrige Natokrieg gegen Ex-Jugoslawien, im Zuge dessen, noch einmal mehr Roma fliehen mussten, als zuvor.
Am heutigen Dienstag wurden 75 Personen nach Serbien und 26 Personen nach Mazedonien abgeschoben. Darunter waren laut Regierungspräsidium Karlsruhe 36 Kinder. Trotz Mahnwachen an 4 Freiburger Flüchtlingswohnheimen wurde laut RP auch eine Person aus Freiburg abgeschoben.

Quelle: Radio Dreyeckland24
Stand: 24.03.2015