Category Archives: Deutschland

NPD will mit Ressentiments gegen Sinti und Roma punkten

Offen rassistisch wird von einer „Zigeunerflut“ gesprochen, die Kriminalität mit sich bringe

Die Rechten haben neben den Muslimen und Asylbewerbern ein neues Thema entdeckt, um alte Ressentiments gegen Ausländer und Minderheiten zu wecken. Seitdem angeblich (Die herbeigerechnete Roma-Flut) aus Bulgarien und Rumänien vermehrt Roma nach Deutschland einwandern und sich hier als „Armutszuwanderer“ niederlassen wollen, wie im Februar der Städtetag meldete, unterstützt durch Medien, und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Einreisesperre für Sozialbetrüger aus Osteuropa forderte, stürzte sich die NPD auf die Roma. Andere Rechtspopulisten schließen sich an.

Die Zuwanderung aus Osteuropa wird auf die von Roma und Sinti reduziert, womit ein altes, bei den Nazis tödlich exekutiertes Vorurteil wieder aktiviert wird, das weiterhin bei vielen Anklang findet. Die Sinti und Roma, die man nicht Zigeuner nennen dürfe, wie man in NPD-Kreisen gerne als Tabubrecher für Diskriminierung ausführt, werden als kriminell und unhygienisch bezeichnet.

Der NPD-Landesverband NRW hat nun die ausländerfeindliche Polemik weiter zugespitzt, fordert eine Rücküberführung der Asylanten („Asylantenflut endlich stoppen, einmal NRW und zurück!“) und meint damit vor allem Roma. Dazu wurde ein Flugblatt verbreitet, das die Roma als gefährlich stigmatisiert – und an die allerdings noch dramatischer inszenierte Aktion der Weltwoche, Chefredakteur ist Roger Köppel, erinnert. Die Weltwoche hatte letztes Jahr einen Titel mit einem Roma-Kind gemacht, das schussbereit eine Pistole in Händen zu halten und auf den Leser zu zielen scheint (Schweizerische Weltwoche offen rassistisch). Die Schlagzeile lautete: „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz.“ Die NPD greift zwar nicht zu Kindern, aber auch auf dem Flugblatt werden eine Pistole und ein Messer auf den Betrachter unter dem offen rassistischen Titel: „Zigeunerflut Stoppen! Kriminalität Bekämpfen!“ gerichtet. Das soll alles bedrohlich wirken und die Angst auf eine ethnische Gruppe von Menschen richten, die unter dem Nationalsozialismus ebenso systematisch verfolgt, deportiert und umgebracht wurden wie die Juden. Bis zu einer halben Million Sinti und Roma wurden von den Nazis getötet.

Schaut man sich das Plakat allerdings näher an, könnte die NPD sich auch selbst entlarven. Da das Logo der NPD neben den Bildern mit den Personen steht, die angriffsbereit oder drohend mit der Pistole oder dem Messer zielen, wird der – eigentlich richtige – Eindruck suggeriert, dass die NPD-Anhänger aggressiv sind und die „Zigeuner“ oder alle, die nicht ihrer Meinung sind, bedrohen. Der Aufruf, die Kriminalität zu bekämpfen, würde so unbewusst gegen sich selbst gelenkt. Das bringt die Ambivalenz der Rechten zum Ausdruck: Sie haben Angst vor ihrem Scheitern und wollen Angst vor den „Anderen“ schüren, aber sich gleichzeitig mächtig und selbstsicher darstellen. Das ist so schizophren wie die Aussage des Plakats.

Dirk Stegemann vom Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ hat nun eine Strafanzeige gegen NPD-Funktionäre aus NRW wegen Beleidigung und Volksverhetzung eingereicht: „Bereits die Verwendung des Begriffs Zigeuner kann aus ihrem Zusammenhang heraus beleidigenden Inhalt aufweisen. Die pauschale Gleichsetzung von Sinti und Roma mit Kriminalität unter Verwendung dieser abwertenden Bezeichnung kann darüber hinaus den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen.“

Quelle: Heise.de
Stand: 21.05.2013

Kein Verfahren gegen Martin Korol: „Freibrief für massiven Rassismus“

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist darüber empört, dass die Bremer Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren gegen den Bürgerschaftsabgeordneten Martin Korol (SPD) wegen Volksverhetzung einleiten will. Er rügt das Vorgehen als „Freibrief für massiven Rassismus“.

Im Zusammenhang mit dem Zuzug osteuropäischer Roma hatte Korol auf seiner privaten Homepage geschrieben, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“. Ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“. Und weiter: „Viele der jungen Männer schmelzen sich mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg.“

Nach wochenlanger Prüfung kam die Staatsanwaltschaft kürzlich zu dem Schluss, dass Korols Äußerungen zwar „überspitzt“, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien.
Arnold Roßberg, Sprecher des Roma-Zentralrats, meinte dazu auf Anfrage der Frankfurter Rundschau, diese Entscheidung sei „völlig unvertretbar“ und bedeute einen „Freibrief für massiven Rassismus“. Korols pauschale Vorwürfe seien „massiv diskriminierend“. „Das sind die typischen ‚abstammungsbedingten’ Zuschreibungen, die geeignet sind, Hass zu schüren gegen die Minderheit und gegen die sich der einzelne Angehörige, der nichts mit all dem zu tun hat, nicht mehr wehren kann.“ Der Staat dürfe die Betroffenen nicht schutzlos stellen, forderte der Zentralrat-Sprecher. Es sei zudem zynisch, wenn die Staatsanwaltschaft von lediglich „überspitzten“ Formulierungen spreche.

„Massenmord der Abtreibungen“

Der pensionierte Deutsch- und Geschichtslehrer Korol (68) hat sich zwar inzwischen für seine Roma-Äußerungen entschuldigt. Doch der Zentralrat hätte sich gewünscht, dass die Staatsanwaltschaft zumindest die „tatbestandliche Verletzung der strafrechtlichen Normen“ festgestellt hätte, „um Wiederholungen zu verhindern“. Korol wurde bereits aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion ausgeschlossen. Zudem läuft noch immer ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn – auch wegen frauenfeindlicher Äußerungen: Er hatte den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt.

Die parteiinterne Schiedskommission berät zurzeit über den Antrag des SPD-Landesvorstands, Korol nach fast 45 Jahren aus der Partei auszuschließen. Die nicht an Weisungen gebundene dreiköpfige Kommission hatte zunächst vergeblich eine gütliche Einigung angeregt: Für ein Jahr sollten Korols Rechte aus seiner Mitgliedschaft ruhen. Darauf wollte sich der Landesvorstand aber nicht einlassen, wie aus SPD-Kreisen zu hören war. Spätestens Anfang Juni wird das Bremer Schiedsgremium seinen Spruch verkünden, gegen den beide Seiten noch Berufung bei der Bundesschiedskommission einlegen könnten.

Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 16.05.2013

Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.

Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.

Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…

Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…

Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.

Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.

Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.

Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…

Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…

Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.

Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Erste Zerstörung zog 41.000 Euro teure, zum Großteil aus Spenden finanzierte Sanierung nach sich

Mitte März war das Denkzeichen Güterbahnhof für die deportierten Juden, Sinti und Roma nach einer 41 000 Euro teuren, zum Großteil aus Spenden finanzierten Sanierung wieder aufgestellt worden. Nun wurde es erneut zerstört. Die Stadt hat Anzeige erstattet.

„Diese wiederholte Beschädigung des Denkzeichens Güterbahnhof stimmt mich sehr traurig und gibt auch Anlass zur Sorge“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch, der sich nach Bekanntwerden des Schadens am Güterbahnhof einfand.

Vor dem Hintergrund des NSU-Prozesses in München, der beleuchtet, wie aktiv der militante Rechtsterrorismushierzulande aktuell ist, sei es geboten, schnellstmöglich aufzuklären, „ob es sich um eine gezielte rechtsextremistische Zerstörung handelt oder aber um eine kriminelle Sachbeschädigung ohne politischen Hintergrund“. Continue reading Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Sinti-und-Roma-Gedenkstätte: Ort der Erinnerung entsorgt

In Wiesbaden lässt eine Schule eine Gedenkstätte für Sinti und Roma still und heimlich abbauen. Nach Protesten wird behauptet, sie habe nie existiert.

Sinto Alexander Meyer ist fassungslos: „Ich dachte, Gedenkstätten seien für die Ewigkeit.“ Doch nicht an der Krautgartenschule im Wiesbadener Stadtteil Kostheim. Dort ist eine Gedenkstätte entfernt worden, die an Meyers Mutter Maria Theresia Lehmann erinnerte.

Lehmann lebte früher in Kostheim und wurde von den Nationalsozialisten deportiert. Bis Februar war die Gedenkstätte, die seit sieben Jahren existierte, einer von etwa hundert Orten, die das Dokumentationszentrum der Sinti und Roma in Heidelberg auf seiner Website vorstellt. Doch seit Kurzem ist der Eintrag gelöscht. Darum gebeten hat das Landesschulamt in Wiesbaden mit einem Schreiben vom 7. Februar 2013. Die Gedenkstätte gebe es nicht mehr.

Es war eine kleine Glasvitrine mit Fotos von Maria und ihrer Familie, die in der Eingangshalle der Schule hing. Sie erzählte von Maria Theresias Schicksal. Sie wurde am 16. Mai 1940 mit elf Jahren von den Nazis aus Kostheim verschleppt. Morgens um halb drei stand die Polizei vor der Tür und holte sie, ihre Eltern, die vier Brüder und die Schwester ab.

Wie alle Sinti-Familien aus der Region, fast einhundert Personen, wurde die Familie zunächst im Polizeigefängnis eingesperrt. Dort fotografierte man sie und stempelte ihnen eine Nummer auf den Arm. Am selben Vormittag noch brachte man die Familie nach Stuttgart in das Zuchthaus Hohenasperg zu „rassenbiologischen Untersuchungen“. Eine Woche später erfolgte der Abtransport in Lager nach Polen. Die Mai-Deportationen markierten den Beginn der systematischen Vernichtung der deutschen Sinti und Roma. Maria gehörte zu den wenigen, die überlebte.

Nur nicht die Kinder belasten

Die Gedenkstätte wurde nach langer Diskussion an der Schule eingerichtet. Damals gab es sogar den Vorschlag, die neu gebaute Schule nach Maria zu benennen. Doch Eltern und Lehrerkollegium entschieden mehrheitlich, man dürfe Kinder nicht mit dem grauenvollen Schicksal des Mädchens belasten.

Die damalige Schulleiterin aber wollte zumindest das Schicksal von Maria nachzeichnen. Zwei Monate arbeiteten Schüler an einer Ausstellung. Sie dokumentierten den Weg der Sinti in die Vernichtungslager, suchten Fotos vom Leben der Familie Lehmann. „Im Unterricht wurde viel über die Gründe von Ausgrenzung und über persönliche Handlungsmöglichkeiten geredet“, erzählte die Schulleiterin damals der Presse.

2006 wurde die Ausstellung feierlich mit besonderen Ehrengästen eingeweiht: Marias Kinder Anita Lehmann und Alexander Meyer und Neffe Johannes waren gekommen. Die Familie freute sich über die Ehrerbietung: „Wir wollen vergeben“, sagte Anita Lehmann damals. Es war eine bewegende Veranstaltung, erinnert sich auch Adam Strauß, Vorsitzender des hessischen Landesverbands der Sinti und Roma. Die Gedenkstätte in der Krautgartenschule sollte ein Ort des Erinnerns sein.

Fußballpokale statt Fotos

Das war vor sieben Jahren. Mittlerweile ist die alte Schulleiterin verstorben, viele neue Lehrer sind da. Und die Fotos und Dokumente sind verschwunden, im Schaukasten stehen Fußballpokale. Warum die Gedenkstätte abgebaut wurde, darüber will niemand sprechen. Auch nicht die neue Schulleiterin. Die Fotos sollen der Familie zurückgegeben worden sein, steht im Brief des Landesschulamts an das Dokumentationszentrum in Heidelberg.

Die Kinder widersprechen. Sie hätten die Familienbilder nicht zurückerhalten. Und seien auch nicht informiert worden, dass es die Gedenkstätte nicht mehr gibt. „Wie kann man das einfach abräumen?“, fragt Alexander Meyer. Seine Schwester Anita spricht von „Respektlosigkeit“, gar von Lüge. Und fragt sich, was aus den Fotos wurde.

Es waren nicht nur Kinderbilder von der Mutter, sondern auch alte Fotografien von der Großmutter dabei. Und ein Foto, das den Großvater Friedrich zeigte: Er war Musiker und gehörte zum Ensemble eines bekannten Varietés in Frankfurt. Anita hätte die Fotos gern von der Schule zurück. Dort kann man sich an nichts erinnern: „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert“, heißt es per E-Mail.

Quelle: taz.de
Stand: 15.05.2013

Der Weg endete im Todeslager

Gerhard Gaiser hat sich vor zehn Jahren, anlässlich des sechzigsten Jahrestags der Deportation der Sinti und Roma aus Baden und Württemberg, im Gespräch an den Morgen des 16. März 1943 erinnert: „Wir hatten gerade Pause in der Gartenstraßenschule, als wir gesehen haben, wie die armen Leute von Polizisten durch die Böblinger Straße abgeführt wurden.“

„Die armen Leute“, das war die Sindelfinger Sinti-Großfamilie Reinhardt. Sie wurde vor 60 Jahren aus Sindelfingen deportiert. Für die meisten Familienmitglieder endete der Weg in Auschwitz-Birkenau oder in anderen Todeslagern. Von den 26 Familienangehörigen, die sich damals in Sindelfingen aufhielten, haben nur sechs die NS-Zeit mit Sicherheit überlebt.

Im Herbst 1930 hatten sich die ersten Familienmitglieder in Sindelfingen niedergelassen. Weit außerhalb der Stadt, im Gewann Stelle/Roter Berg hatten sie ein Grundstück gekauft und dort mehrere Wohn- und Eisenbahnwagen, später auch ein kleines Häuschen, aufgestellt. Das Areal liegt heute entlang der Eschenriedstraße auf Höhe der Einmündung des Lochensteinweges und ist überbaut.

Die meisten erwachsenen Familienmitglieder lebten vom Hausierhandel, so dass sie von Frühjahr bis Herbst zumeist unterwegs waren und hauptsächlich über die Winterzeit in Sindelfingen waren. Verschiedene Sindelfinger können sich daran erinnern, dass daher auch der Schulbesuch der Reinhardt-Kinder im Sommer nur unregelmäßig erfolgte. In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre hatten aber einige männliche Familienangehörige feste Arbeitsverhältnisse bei örtlichen Baufirmen oder bei der Firma Daimler-Benz.

Wie überall waren die Sinti auch in Sindelfingen von Anfang an nicht gerne gesehen. Immer wieder bemühte sich Bürgermeister Hörmann, ab 1932 sein Nachfolger Pfitzer, um eine Handhabe zur Ausweisung der Familie aus Sindelfingen. Da ihnen aber keine schwerwiegenderen Straftaten, sondern lediglich einige Bagatelldelikte wie Ruhestörung oder Bettelei angelastet werden konnten, blieben die Versuche erfolglos.

1936 begann der Tübinger Nervenarzt Robert Ritter als Leiter der „Rassenhygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle“ mit der systematischen Untersuchung von Sinti und Roma. Mit der pseudo-wissenschaftlichen Feststellung der vermeintlichen „rassischen Minderwertigkeit“ wurde der Boden für den späteren Massenmord bereitet. Dokumente aus dem Stadtarchiv und dem Bundesarchiv Koblenz belegen, dass Mitarbeiter von Robert Ritter oder auch er selbst mindestens zwei Mal, im Frühjahr 1937 und im Sommer 1938, an Sindelfinger Sinti ihre Untersuchungen durchführten.

Um die Jahreswende 1937/38 kam es im Rahmen von sogenannten „Maßnahmen gegen arbeitsscheue Elemente“ zu ersten groß angelegten Verhaftungsaktionen. Offensichtlich wurden in diesem Zusammenhang auch Franz Anton und Johann Reinhardt aus Sindelfingen verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau verbracht.

Im Juli 1939 wendet sich Katharina Reinhardt, Ehefrau und Mutter der beiden Inhaftierten, in einem eindringlichen Brief an Bürgermeister Pfitzer mit der Bitte, sich doch für die Freilassung ihrer Angehörigen einzusetzen. Wie verzweifelt ihre Lage gewesen sein muss, ist daran zu erkennen, dass sie als Gegenleistung das Grundstück der Familie und den Wegzug anbietet. Eine Antwort ist nicht überliefert.

Durch den Himmler-Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ vom 8. Dezember 1938 wurden die örtlichen Polizeibehörden angehalten, regelmäßig Listen über alle ortsansässigen „Zigeuner“ zu fertigen – die bürokratische Grundlage für die „endgültige Lösung der Zigeunerfrage“, wie es in Himmlers Erlass heißt.

Die endgültige Entscheidung zur systematischen Inhaftierung und Ermordung von Sinti und Roma fiel um die Jahreswende 1942/43. Ab Februar 1943 begannen die planmäßigen Deportationen. Am 16. März schließlich wurde die Sindelfinger Sinti-Familie Reinhardt abgeholt. Dabei wurde die Sindelfinger Polizei durch auswärtige Polizisten verstärkt.

Einer der beteiligten Polizisten gab in einer Vernehmung nach dem Krieg zu Protokoll: „Es ist mir wohl noch in Erinnerung, dass im Jahre 1943 die hier wohnhaften Zigeuner nebst Angehörigen an einem bestimmten Tage plötzlich festgenommen werden mussten und abgeschoben wurden. Allgemein war man dortmals der Ansicht, die Zigeuner würden in Polen zum Arbeitseinsatz, insbesondere Straßenbau, verwendet.“ Tatsächlich führte der Weg der Familie Reinhardt und tausender anderer Sinti und Roma in die Todeslager.

Die meisten Schicksale der Sindelfinger Angehörigen der Familie Reinhardt sind geklärt. Mindestens 17 von ihnen sind in Auschwitz-Birkenau, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Mauthausen, Mittelbau und Ravensbrück umgekommen. Ihre Namen sind auf einer Gedenktafel neben dem Rathauseingang vermerkt.

Info

Heute, am 15. März, wird landesweit der Deportation der Sinti und Roma vor 70 Jahren gedacht. An diesem Tag verließ ein Deportationszug den Stuttgarter Nordbahnhof nach Auschwitz-Birkenau – nur die wenigsten haben überlebt. 456 Sinti und Roma wurden allein im März 1943 aus dem heutigen Baden-Württemberg in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, in ganz Deutschland waren es 12 000. Heute ab 19 Uhr wird in Magstadt am Oberen Marktplatz und in der Johannes-Täufer-Kirche der Deportierten vom März 1943 gedacht: Von den 26 Sinti aus Magstadt sind 17 Opfer des Völkermords geworden.

Quelle: SZBZ
Stand: 15.03.2013

Hetze gegen Roma bleibt straflos

Kein Grund für eine Anklage wegen Volksverhetzung: Die Roma-feindlichen Äußerungen des Bremer Abgeordneten Martin Korol fallen laut Staatsanwaltschaft unter die Meinungsfreiheit. Dass die Justiz auch mit der NPD milde umgeht, stößt auf Kritik.

Der 68-jährige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Korol hatte vor seinem Landtagseinzug einen Text über Roma-Zuwanderer aus Südosteuropa auf seine Homepage gestellt. Darin behauptete er, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“; ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“.

Als lokale und überregionale Medien über seine Äußerungen berichteten, begann die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob sie wegen Volksverhetzung ermitteln müsse. Inzwischen steht das Ergebnis fest: Die Behörde sieht keinen Grund für ein förmliches Ermittlungsverfahren. Oberstaatsanwalt Frank Passade sagte dazu auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau, Korols Äußerungen seien zwar überspitzt, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dadurch werde nicht die Menschenwürde der Betroffenen angegriffen oder zum Hass gegen sie aufgestachelt, wie es für den Straftatbestand der Volksverhetzung nötig wäre.

Korol, katholischer Deutsch- und Geschichtslehrer i.R., hatte auch den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt. Diese Äußerungen wurden von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft, würden aber nach Ansicht Passades ebenfalls unter die Meinungsfreiheit fallen.

Wegen seiner Roma- und frauenfeindlichen Äußerungen wurde Korol inzwischen aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Er sitzt derzeit als sozialdemokratischer Einzelabgeordneter im Bremer Parlament. Die SPD führt aber auch ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn. Der Landesvorstand hofft darauf, dass die parteiinterne Schiedskommission Korol ausschließt.

Der Abgeordnete hat die umstrittenen Texte mittlerweile von seiner Homepage entfernt und sich für die Roma-Äußerungen öffentlich entschuldigt.

Inzwischen wurde Kritik an einer anderen Entscheidung der Bremer Justiz laut: Am Montag hatte das Amtsgericht Bremerhaven mit Zustimmung der Bremer Staatsanwaltschaft beschlossen, ein Volksverhetzungs-Verfahren gegen drei NPD-Bundesvorstandsmitglieder wegen geringer Schuld einzustellen; als Auflage müssen die Funktionäre jeweils 500 Euro zahlen. Die drei sollen ein ausländerfeindliches Online-Spiel verantwortet haben, einem von ihnen wurde außerdem ein ausländerfeindlicher und antisemitischer Offener Brief angelastet. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken sprach am Dienstag von einem „Übereinkommen zwischen Nazis und Staatsanwaltschaft“ und kritisierte: „Die Justiz hat damit für Nazi-Hetze den Weg frei gemacht.“

Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 07.05.2013

Zuwanderung geistiger Armut

Warnung vor einer angeblichen Gefährdung des sozialen Friedens – Fakten hat die Bundesregierung keine

Mit der Warnung vor »Armutszuwanderern« schürt die Bundesregierung Vorurteile gegenüber rumänischen und bulgarischen Migranten. Dass es dafür keine Belege gibt, musste sie nun selbst zugeben.

Eine »Beleidigung für den gesunden Menschenverstand« sei es, Migranten die selben Sozialleistungen zu gewähren wie »einheimischen Staatsbürgern.« Ausreisen sollen »Personen, die Sozialleistungen betrügerisch in Anspruch nehmen«. Die Aussagen stammen von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Wahlkampf auf dem Rücken von Migranten und das Schüren von Fremdenfeindlichkeit warfen ihm Migrantenverbände deshalb vor. Nun muss die Bundesregierung einräumen, dass hinter dem Phänomen »Armutsmigration« vieles steckt, nur keine Fakten.

Man teile »die Auffassung, dass es sich bei der Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien nicht in erster Linie um sogenannte ›Armutsmigration‹ handelt.« So lautet der überraschendste Satz in der Antwort der Bundesregierung auf eine »Kleine Anfrage« der LINKEN-Abgeordneten Ulla Jelpke. Statistische Belege für einen »erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit von rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen« gebe es nicht.

Spätestens seit Beginn dieses Jahres, als der deutsche Städtetag in einem dramatischen Appell vor der »Gefährdung des sozialen Friedens« durch »Armutszuwanderung« warnte, ist die Abwehr südosteuropäischen Migranten für Unionsparteien Wahlkampfthema: In einem Brief an den EU-Ratspräsidenten forderte Minister Friedrich vor einem Monat zu Maßnahmen auf, »um den Folgen dieser Art von Einwanderung zu begegnen.« Mehr noch: »Armutszuwanderung« bedrohe »unser gemeinsames Ziel, die Mobilität der europäischen Bürger zu fördern«, schrieb Friedrich gemeinsam mit Amtskollegen aus Österreich, Großbritannien und den Niederlanden. Die Forderung für ein Treffen im Juni: Einschränkung der EU-Freizügigkeitsrichtlinie

Doch selbst Vertretern der EU geht Friedrichs Demagogie zu weit. Es gebe keinen »Sozialleistungs-Tourismus«, sah sich unlängst EU-Sozialkommissar László Andor genötigt klarzustellen und attestierte »manchen Mitgliedsstaaten« ein »Wahrnehmungsproblem«.

Dieses belegt nun auch die Antwort der Bundesregierung. Nicht nur südosteuropäische Migranten, sondern vor allem der deutsche Steuerhaushalt profitiert demnach von der gescholtenen EU-Freizügigkeitsrichtlinie: So befanden sich im Dezember 2012 fast 110 000 sozialversicherungspflichtige rumänische und bulgarische Staatsbürger in Deutschland. Die Arbeitslosenquote befand sich hingegen mit 9,6 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt nicht-deutscher Arbeitssuchender.

»Friedrich kann nichts beweisen, er kann nur Stimmung machen«, kommentiert deshalb die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Jelpke. Auch der Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose, weist in einer Erklärung darauf hin, dass nicht deutsche Steuerzahler die maßgeblichen Opfer der Debatte sind. Mehrere »aggressive Demonstrationen vor Häusern, in den Roma-Familien leben«, habe es bereits durch rechtsextreme Gruppen gegeben. Dies müsse auch den Parteien für die bevorstehende heiße Phase des Wahlkampfes bewusst sein.

Quelle: Neues Deutschland
Stand: 10.05.2013

Wer bleiben will, soll bleiben!

„Freiwillige Ausreisen“ sind nichts anderes als indirekte Abschiebungen…
Alle Abschiebungen stoppen!
SOLIDARITÄT JETZT!
DEMONSTRATION 20. April 2013 | 14 Uhr | FREIBURG | Johanneskirche

Baden-Württemberg schiebt ab – allen grün-roten Lippenbekenntnissen zu einer humaneren Flüchtlingspolitik zum Trotz. 2012 wurden aus Baden-Württemberg 763 Menschen abgeschoben. Ein zwischenzeitiger Abschiebestopp für Familien mit minderjährigen Kindern endete am 20. März diesen Jahres: Nun leben Menschen, die auch schon seit langer Zeit hier wohnen wieder in ständiger Angst, die Region in eine unsichere Zukunft verlassen zu müssen.

Die Lebensbedingungen für hier lebende Flüchtlinge sind katastrophal. Die Bewegungsfreiheit wird besonders für Geduldetedurch die sogenannte „Residenzpflicht“ massiv eingeschränkt, oft werden nur Sach- statt Geldleistungen gewährt und in den Flüchtlingslagern hat jeder Mensch derzeit 4,5 m² zur Verfügung. Wer sich dagegen wehrt, dem drohen Repression und körperliche Übergriffe – wie bei der Refugee-Bustour im März, wo es in Karlsruhe, Köln und weiteren Städten zu Festnahmen und Prügelattacken durch die Polizei kam. Wie schlecht die Lebensbedingungen für Flüchtlinge sind, beweisen auch die aktuellen Flüchtlingsproteste in mehreren baden-württembergischen Städten, z.B. in Freudenstadt, Heidenheim und Künzelsau.

Die grün-rote Landesregierung erhöht den Druck: So werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asylanträge aus den Balkanstaaten routinemäßig abgelehnt, die Ausgabe von Duldungen wird als Druckmittel eingesetzt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe als zentrale baden-württembergische Abschiebebehörde gab unter anderem ein „Hinweisblatt“ heraus, auf dem Flüchtlinge ankreuzen sollen, ob sie „bereit sind freiwillig auszureisen“ – oft ohne Übersetzung. Obwohl diese Angabe rechtlich nicht erforderlich ist, erweckte die Ausländerbehörde mehrfach den Anschein, dass die verlängerte Duldung erst nach einer Unterschrift ausgehändigt würde. So werden zahlreiche Familien mit bürokratischen Schikanen und psychischem Druck von den Ausländerbehörden bewusst zu einer sogenannten „freiwilligen Ausreise“ gedrängt. Diese erfolgt alles andere als freiwillig: Alternativ droht die zwangsweise Abschiebung und damit ein fünfjähriges Einreiseverbot für den ganzen Schengen-Raum. Die „freiwillige Ausreise“ ist faktisch nichts anderes als eine indirekte Abschiebung, was von den politisch Verantwortlichen auch noch als „humane Flüchtlingspolitik“ verkauft wird.

Mit der sehr engen Auslegung des Asylrechts wird Deutschland der Situation von Flüchtigen nicht gerecht. Wer es bis nach Deutschland schafft, hat wenig Chancen auf Schutz. Nach dem Dublin-II-Abkommen werden Menschen direkt dahin abgeschoben, wo sie die EU-Grenzen übertraten. Die dortige Situation interessiert deutsche Behörden in keiner Weise: Kürzlich sah sich sogar das Verwaltungsgericht Meiningen dazu veranlasst, eine Abschiebung nach Ungarn aufgrund der dortigen Verhältnisse zu stoppen. So wird in Ungarn offen gegen Roma gehetzt und offizielle Staatspreise an Menschen vergeben, die Roma als „Affenmenschen“ bezeichnen. Alles kein Abschiebehindernis für den deutschen Staat, genauso wie die unmenschlichen Zustände, vor denen Menschen fliehen und welche ein direktes Produkt von wirtschaftlicher Ausbeutung und ungleichen Machtverhältnissen sind. Somit ist die Unterscheidung zwischen „wirtschaftlichen“ und „politischen“ Flüchtlingen für die deutsche Politik ein elegantes Instrument zur effektiven Abschottung und ermöglicht es, dem Großteil der Flüchtigen jeden Schutz zu verwehren.

Freiburg rühmt sich bekanntermaßen gerne als „offene Stadt“. Für Flüchtlinge gilt dies nicht: Mehrere hundert Menschen, meist Roma, leben in heruntergekommenen Wohnheimen fernab der Öffentlichkeit, die lieber notdürftig renoviert werden, anstatt die ausgrenzende Lagerunterbringung endlich zu beenden. Die Freiburger Ausländerbehörde will die „unerwünschten Wirtschaftsflüchtlinge“ offenbar elegant loswerden, indem sie auchseit Jahren hier lebende Menschen in aussichtslose Asylverfahren drängt. Nach einem abgelehnten Asylantrag kann dann mit zusätzlicher Legitimierung umso schneller abgeschoben werden. Außerdem müsste ein Asylantrag in Karlsruhe gestellt werden und ist häufig mit einer neuen Zuteilung in die jeweiligen Kommunen verbunden: Somit entledigt sich die Freiburger Lokalpolitik vermeintlich des Problems, während den Betroffenen das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensumfeld erneut verwehrt wird.

Es hat sich erwiesen, dass der direkte Kontakt zwischen Flüchtlingen und Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. festem Aufenthaltsstatus ein konkreter Ansatzpunkt ist, an dem Solidarität entstehen kann. In Freiburg gibt es zahlreiche Initiativen und Menschen, die Kontakt zu den Betroffenen haben. Doch es braucht noch viel mehr Solidarität, um etwas zu bewegen!

Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen. Bringen wir unsere Solidarität zum Ausdruck. Zeigen wir, dass wir die Vertreibungen und Abschiebungen aus Freiburg nicht wollen und auch nicht akzeptieren.

Für eine „Offene Stadt Freiburg ohne Abschiebungen“!
Solidarität mit den Betroffenen!

Quelle: Aktion Bleiberecht
Stand: 16.04.2013