Category Archives: Deutschland

Unübersehbare Schieflage

In Hannover erinnern die Künstlergruppe BEWEGUNG NURR und Florian Göpfert mit einem temporären Denkmal an den sinto-deutschen Boxer Johann Trollmann. Ein Projekt, das seine politische Wirkung im öffentlichen Raum entfaltet.

Wer in diesen Tagen auf den Ballhofplatz in der Altstadt von Hannover kommt, dem bietet sich ein ungewöhnlicher Anblick. Ein begehbarer Boxring in originaler Größe, doch mit einer Besonderheit: der Boden fällt über eine Ringecke schräg ab. Wer den Ring betritt, spürt schnell, dass es nicht möglich ist, Halt zu finden – vor allem, wenn man gegen einen Gegner kämpfen muss.

„9841“ – ein temporäres Denkmal für Johann Trollmann

Hannover war die Heimatstadt des sinto-deutschen Boxers Johann „Rukeli“ Trollmann. Hier in den engen Straßen der Altstadt lebte er mit seiner Familie. Mit acht Jahren begann er zu boxen, wurde später Hannoverscher und Norddeutscher Meister und am 9. Juni 1933 Deutscher Boxmeister im Halbschwergewicht. Doch der Titel wurde ihm eine Woche nach dem Sieg unter fadenscheinigen Gründen aberkannt – denn in der Ideologie der Nazis durfte es nicht sein, dass ein „Zigeuner“ den „arischen“ Boxern überlegen war. Trollmann wurde schrittweise entrechtet und seiner Existenzgrundlage beraubt. 1942 inhaftierten ihn die Nazis mit der Häftlingsnummer 9841 im KZ Neuengamme und ermordeten ihn 1944 im Außenlager Wittenberge. Continue reading Unübersehbare Schieflage

Massen-Abschiebung von Roma nach Belgrad

Am 31. Mai wurden wiederholt Flüchtlinge nach Serbien abgeschoben. Etwa 140 Menschen, größtenteils Roma, wurden heute in einer Chartermaschine um 12 Uhr nach Belgrad ausgeflogen. Etwa 30 Menschen protestierten heute am Düsseldorfer Flughafen dagegen.

Wieder hat der Deutsche Staat Flüchtlinge nach Serbien abgeschoben.Diese Menschen lebten mir ihren Familien und Freunden in Deutschland, weil sie in ihrem eigenen Land politisch verfolgt werden und ihren Kindern keine ausreichende Bildung zukommen lassen können. Nun schiebt der Deutsche Staat wiederholt massenhaft Roma nach Belgrad ab. Dieser Staatliche Rassismus muss aufhören!

Deutschland steht vor einem belastenden Geschichtlichem Hintergrund und muss Verantwortung dafür tragen. Das nationalsozialistische Deutschland hat damals systematisch 600.000 Sinti und Roma ermordet. Mit diesem Wissen handelt der Staat immer noch gegen jede Menschlichkeit.

Die Roma die heute in ein Land abgeschoben wurden,wo die Arbeitslosenquote mehr als 70% beträgt haben eine ungewisse Zukunft. Die Lebensbedingungen dort sind unerträglich für die Menschen. Sie haben keine ausreichenden Unterkünfte und das Bildungssystem kann den Kindern dort nichts bieten.

Dieser staatliche Rassismus, den Deutschland ausübt, schikaniert Menschen und greift ihre Würde an. Wenn Menschen morgens aus ihren Häusern gezerrt und in eine Maschine gesetzt werden, kann Deutschland von sich nicht sagen, es würde die Menschenrechte achten und die Würde eines jeden Menschen.

Das was heute passiert ist und leider immer wieder passieren wird, ist ein systematischer Rassismus, der Menschen nach Hautfarbe, Herkunft und Nationalität abstempelt. Dies ist eine Logik, die im Kapitalismus so Bestand hat.

Schluss mit den Massen-Abschiebungen!
Solidarität muss praktisch werden
Kein Mensch ist illegal!!!

Quelle: linksunten.indymedia.org
Stand: 31.05.2011

Gegen Abschiebung: Bleiberecht für Roma gefordert

Die Politiker Wolfgang Thierse (SPD) und Katrin Göring-Eckart (Grüne) wollen die Abschiebung von knapp 12 000 in Deutschland geduldeten Roma ins Kosovo stoppen.

Die Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) fordern einen sofortigen Stopp der Abschiebung von Roma in das Kosovo. Die Politiker unterstützen nach Informationen des Tagesspiegels eine Resolution des Vereins Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF), in der eine humanitäre Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Roma gefordert wird, die aus dem Kosovo stammen.

Anfang des Jahres trat das Rücknahmeabkommen zwischen der Republik Kosovo und Deutschland in Kraft, seitdem sind knapp 12 000 in Deutschland geduldete Roma von der Abschiebung in das Balkanland bedroht. Im Frühjahr hätten bereits mehrere Bundesländer die sogenannten Sammelabschiebungen ins Kosovo wieder aufgenommen und dabei langjährig geduldete Familien auseinandergerissen, heißt es in einer Mitteilung der Aktion Sühnezeichen.

Die Resolution soll beim bevorstehenden 33. Evangelischen Kirchentag eingebracht werden, der Anfang Juni in Dresden stattfindet. Die ASF will mithilfe der Bundestagsvizepräsidenten erreichen, dass der Kirchentag die Forderung nach dem Abschiebestopp übernimmt. Göring-Eckardt ist Präsidentin des Kirchentages, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und wie Thierse Mitglied des ASF-Kuratoriums.

Nach Angaben des Vereins leben viele der Roma, die mit einer Abschiebung rechnen müssen, seit etwa 20 Jahren in der Bundesrepublik. Diese Roma seien „Anfang der 1990er Jahre vor Bürgerkrieg, Verfolgung und Pogromen aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland geflohen“, betont Aktion Sühnezeichen. In einer Studie von Unicef heißt es, von den 11 770 aus dem Kosovo stammenden Roma in Deutschland, die der Ausreisepflicht unterliegen, seien schätzungsweise 42 bis 50 Prozent jünger als 18 Jahre. Fast zwei Drittel dieser Kinder und Jugendlichen seien in Deutschland geboren und aufgewachsen. Trotzdem finde das Kindeswohl in dem Rückübernahmeabkommen keine Erwähnung, kritisiert Unicef.

Quelle: Der Tagesspiegel
Stand: 30.05.2011

„Diese Ergebnisse kann man nicht ignorieren“

Diskriminierung an Schulen und bei Behörden, erschreckende Bildungssituation. Die von der Amadeu Antonio Stiftung mitgeförderte Studie zur aktuellen Bildungssituation von Sinti und Roma zeigt, welche fatalen Auswirkungen Diskriminierung hat.

„Die Studie zeigt, dass das allgemeine Menschen- und Bürgerrecht auf Bildung nicht im vollen Umfang für deutsche Sinti und Roma gilt“, sagt Daniel Strauß, Geschäftsführer von RomnoKher und Herausgeber der Studie „Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma“. RomnoKher ist gGmbH ist eine Dachorganisation vom Landesverband Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg, der Gesellschaft für Antiziganismusforschung e.V. und der Freudenbergstiftung.

Die Studie hat erschreckende Ergebnisse. Sie zeigt, dass Sinti und Roma die Verfolgungs- und Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus‘ bis in die heutigen Generationen traumatisch belastet. Umso empörender ist es, dass das Leiden von Sinti und Roma im Nationalsozialismus und die bis heute fortwirkende Diskriminierung wenig aufgearbeit bis völlig ignoriert wird. Beispielhaft dafür ist das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma, das in Berlin schon seit Jahrzehnten geplant wird. Bisher ist es noch immer eine Baustelle. Continue reading „Diese Ergebnisse kann man nicht ignorieren“

Roma-Kinder: Sprachlos auf dem Schulhof

Sie sprechen kaum Deutsch: Berlins Schulen müssen derzeit Hunderte Roma-Kinder integrieren. Deren Familien sind Hals über Kopf nach Deutschland geflohen.

Dana* lernt schnell. Das deutsche Alphabet kann die Zehnjährige schon fehlerfrei aufsagen, am liebsten singt sie es laut vor. „Ja, die Kinder aus Rumänien sind alle sehr musikalisch“, sagt Lehrerin Josephine Neumann und lächelt. Die 63-Jährige gibt Dana und einigen anderen Schülern der Konrad-Agahd-Grundschule in Berlin-Neukölln Sonderunterricht im Fach Deutsch.

Vor kurzer Zeit konnten sich ihre Schüler nämlich noch gar nicht auf dem Schulhof verständigen: Sie gehören zu einigen hundert neu zugezogenen Roma-Kinder aus Bulgarien, Ungarn und anderen südosteuropäischen Staaten. Etliche Großfamilien flüchteten zuletzt von dort nach Berlin und in andere deutsche Großstädte. Continue reading Roma-Kinder: Sprachlos auf dem Schulhof

PI-News dreimal antiziganistisch

Das deutschsprachige Hassportal „PI-News“ ist vor allem für seinen antimuslimischen Rassismus bekannt. Aber auch sonst finden sich vielerlei Ressentiments, beispielsweise gegen „Südländer“. In einem kurzem Beitrag vom 23. Mai 2011 mit dem Titel „Berlusconi: Milano kein islamisches Zigeunopolis“1 wird lobend der rechte Populismus des italienischen Ministerpräsidenten und Patriarch Berlusconi erwähnt.
Dessen neuegeformte Parteiformation „Il Popolo della Libertà“ (PDL) hatte bei den Kommunalwahlen in Berlusconis Heimatstadt Mailand kräftige Stimmeinbußen hinnehmen müssen. So kommt es am Wochenende zu einer Stichwahl um das Amt des Stadtoberhauptes. Um sich wieder attraktiver zu machen greift Berlusconi in die Kiste der alten Feindbilder. Er warnte, dass die Stadt nicht an die Linke fallen dürfe, keine islamische Stadt und kein „Zigeunopolis mit Zigeunerlagern“ werden dürfe.
Mit Hilfe solcher alten Feindbilder hofft Berlusconi also bürgerliche Angst-Wähler und Wählerinnen für sich mobilisieren zu können.
PI-News gratulliert zu dieser billigen Hetze:

Wohlgesprochen! Da ist in der Politik wenigstens Pfeffer drin. Mal sehen, ob es wirkt am Sonntag! Unsere gleichgeschalteten Medien tun natürlich bereits empört! “Rassismus pur”!

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In den Kosovo abgeschoben? Wie mit Roma geplant!

Hannover. Viele Pendler/innen und Passant/innen bleiben am Morgen des 8. April verwundert am hannoverschen Leineufer stehen. Sie trauen Ihren Augen nicht: Eine der drei Nanas, eine besondere Attraktion der niedersächsischen Landeshauptstadt, ist verschwunden. Aber warum? Und wo wurde sie hingebracht?
Sie ist nicht die einzige, die in einer Nacht- und Nebelaktion aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen wurde. Ebenso widerfährt es immer wieder Menschen, die aus Deutschland abgeschoben werden. Unter ihnen auch immer mehr Angehörige der Romaminderheiten, die aus dem Kosovo vor Pogromen während des Bürgerkriegs nach Deutschland geflohen waren.
Im April 2010 hat die deutsche Regierung ein Rückübernahmeabkommen mit der kosovarischen Regierung abgeschlossen, wonach in den kommenden vier Jahren jährlich 2.500 Menschen aus Deutschland in den Kosovo abgeschoben werden sollen. Continue reading In den Kosovo abgeschoben? Wie mit Roma geplant!

Redebeitrag zu der Reutlinger „Rock gegen Rechts“-Demo am 12. Mai 2011

Reutlingen

Im Folgenden schildern wir das das Schicksal der Familie Reinhardt aus Reutlingen. Es steht stellvertretend für die hunderttausenden von den Nazis ermordeten Sinti und Roma. Es zeigt auch das es hier vor unserer Haustüre passiert ist.

Das Schicksal der Familie Reinhardt aus Reutlingen

Wir stehen hier am Gerbersteg vor dem so genannten „Zigeunerhäusle“ an der Echaz. Seit dem Jahr 1926 lebten Anton Reinhardt, Jahrgang 1895, und Katharine Reinhardt, Jahrgang 1892, in diesem Haus am Willy-Brandt-Platz 21 bzw. Gerbersteg in Reutlingen. Die Reinhardts waren Sinti eine Bevölkerungsgruppe deutscher Roma, die seit 600 Jahren im deutschsprachigen Raum lebt.
Anton Reinhardt war Musiker, Geigenbauer und -händler. Er siedelte sich in den 1920er Jahren in Reutlingen mit seiner Familie an. Zuerst noch in einem Wohnwagen, zog die achtköpfige Familie ab Anfang 1926 in das kleine Haus in der damaligen Lederstraße 34, wo sie bis zu ihrer Deportation 1943 lebten. Den Sommer über gingen die Reinhardts auf Reisen und verkauften Geigen und Spitzen aus dem Erzgebirge, nebenberuflich arbeitete Anton Reinhardt als Musiker. Continue reading Redebeitrag zu der Reutlinger „Rock gegen Rechts“-Demo am 12. Mai 2011

Am Rand im Abseits

Lustige Musikanten oder Kriminelle: Über Sinti und Roma wird stereotyp berichtet. Auch Straßenzeitungen, die dagegen angehen wollen, sind überfordert.

Politisch, engagiert und mit dem Blick für die Ausgegrenzten: Bastian Pütter leitet im Ruhrgebiet eine besondere Redaktion. Bodo, das Straßenmagazin. Seine Leute berichten über das Abseitige, für die gute Sache. Aber mit einem kommt Bastian Pütter nicht klar: Wie soll er damit umgehen, dass auf der Straße ein harter Kampf stattfindet, der mitten unter Ausgegrenzten spielt?

In der Nähe seiner Dortmunder Redaktion lag neulich ein abgetrennter Pferdefuß vor einer Haustür. Eine Frau hatte das blutige Fleisch dort abgelegt. Weil sie dachte, damit könnte sie Menschen abschrecken, die ohnehin bereits eine lange Verfolgungsgeschichte haben: Roma. In Dortmund, sagt Pütter, sei das ein Riesenthema. „Wir haben eine völlig überforderte Stadtgesellschaft, die sich auch in den Medien offen rassistisch äußert.“ Pütter will dagegen angehen. Aber wie? Denn auch die Straßenzeitungen, die hinschauen müssten, sind völlig überfordert.

Da haben sie etwas gemein mit vielen Tageszeitungen: Auf der Skala der anhaltendsten Diskriminierungen steht die Minderheit der Sinti und Roma ganz oben. „Beschwerden über den medialen Umgang mit Sinti und Roma beschäftigen den Presserat in jeder seiner Ausschusssitzungen“, heißt es beim Deutschen Presserat. „Über Roma wird sehr, sehr stereotyp berichtet: Entweder werden sie als lustige Musikanten oder als Kriminelle dargestellt“, sagt Hamze Bytyci, Vorsitzender des interkulturellen Roma-Jugendnetzwerks Amaro Drom in Berlin. Continue reading Am Rand im Abseits

Roma besetzten Wohnungsberatungsstelle

DORTMUND. Zu einer für einen sozialen Wohlfahrtsverband ungewöhnlichen Maßnahme sah sich unlängst die Diakonie genötigt: Sie engagierte einen privaten Sicherheitsdienst, um die von mehreren Dutzend Roma in Beschlag genommene Wohnungsberatungsstelle in der Nordstadt für die eigentliche Klientel zu retten.

Erstmals im Februar kamen Roma-Familien geballt in die Räume der Sucht- und Wohnungslosenhilfe in der Rolandstraße, okkupierten – auch aggressiv – Gemeinschaftsräume und Duschen.

Sie sperrten die Wohnungslosen aus und räumten in nur wenigen Tagen die hauseigene Kleiderkammer leer, um die Kleidungsstücke auf einem Parkplatz in der Nordstadt weiterzuverkaufen, dort wo der tägliche Reisebus aus dem bulgarischen Plowdiw hält, dem größten Roma-Getto Europas, ankommt. Continue reading Roma besetzten Wohnungsberatungsstelle