Category Archives: Staatlicher Antiziganismus

Sinti und Roma zur Asylrechts-Verschärfung: Unsicher in sicheren Herkunftsstaaten?

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Asylrechts deutlich kritisiert. „Die Lage von Sinti und Roma in den westlichen Balkanstaaten ist nach wie vor von erheblichen Diskriminierungen und Benachteiligungen gekennzeichnet, so dass große Teile der Roma-Bevölkerung dort in ihrer Existenz bedroht sind“, sagte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose der Nachrichtenagentur dpa.

Unter welchen Bedingungen werden die Grünen zustimmen?

Die Bundesregierung will Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Antragsteller von dort könnten dann schneller abgewiesen werden. In den drei Ländern gebe es keine Verfolgung, Folter, willkürliche Gewalt oder erniedrigende Behandlung, lautet die Argumentation. Der Bundestag hat die Pläne bereits verabschiedet. Sie bedürfen aber der Zustimmung des Bundesrats, wo es Widerstand vor allem grün regierter Länder gibt.

Das Leben in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sei für Roma keineswegs sicher, erklärte Rose. „Große Teile der Minderheit haben in diesen Ländern keine Chance auf dem Arbeitsmarkt, sie sind von jeder Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.“ Für Roma, die in Deutschland lediglich geduldet würden, könne die Umsetzung der Pläne eine Abschiebung bedeuten.

Demonstration gegen Asylrechtsverschärfung angekündigt

Gegen die geplante Asylrechtsverschärfung sprechen sich auch zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen aus. Sie haben für den Mittag zu einer Demonstration in Stuttgart aufgerufen. Unter dem Motto „Roma haben kein sicheres Herkunftsland“ sprechen unter anderem Vertreter des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg und des „Freiburger Forums aktiv gegen Ausgrenzung“.

Die Zahl der Asylbewerber vom Balkan hat deutlich zugenommen: 2013 stammte fast ein Fünftel der Anträge von Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Die überwiegende Mehrheit der Anträge wird jedoch als unbegründet abgelehnt.

Mehr Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Angesichts der Flüchtlingswelle soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im kommenden Jahr 50 zusätzliche Stellen erhalten, berichtet die „Passauer Neue Presse“. Ziel sei es, Asylverfahren schneller bearbeiten zu können.

Dafür seien im Haushaltsplan des Bundes 2,8 Millionen Euro vorgesehen, wurde dem Blatt in Koalitionskreisen bestätigt. Den Haushalt wird der Bundestag im November beschließen. Bereits in diesem Jahr hatte die Nürnberger Behörde 300 zusätzliche Stellen erhalten. Der Berichterstatter für den Haushalt des Bundesinnenministers, Reinhard Brandl (CSU), beklagte jedoch, „dass 50 Stellen mehr nicht ausreichen werden“.

Quelle: tagesschau.de
Stand: 13.09.2014

Roma haben kein „sicheres Herkunftsland“

Sa, 13.09.2014, 12 Uhr, Schloßplatz Stuttgart

Aufruf zur Kundgebung

Keine Kompromisse beim Flüchtlingsschutz!
Keine Zustimmung Baden-Württembergs zur geplanten Asylrechtsverschärfung!

Die Bundesregierung will Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten einstufen. Dies hätte zur Folge, dass Asylantragsteller aus diesen Ländern kaum noch eine Chance hätten, in Deutschland Schutz zu erhalten. Im Hauruckverfahren wurde das Gesetz durch den Bundestag gepeitscht. Im Bundesrat wurde es zunächst gestoppt, weil die Länder mit grüner und linker Regierungsbeteiligung, darunter Baden-Württemberg, bislang die Zustimmung verweigern. Jetzt versucht die CDU, die Grünen und Linken dadurch zu einer Zustimmung zu diesem Gesetz zu nötigen, dass die CDU nur dann eine geplante Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs von Asylsuchenden mittragen will, wenn das „Roma-Gesetz“ durchgeht. Am 19. September steht diese Entscheidung erneut auf der Tagesordnung des Bundesrats. Wir fordern die grün-rote Landesregierung auf, standhaft zu bleiben, diesen Kuhhandel auf dem Rücken von Flüchtlingen zurückzuweisen und den Gesetzentwurf im Bundesrat abzulehnen!

Wenn die Bundesregierung Serbien, Mazedonien, und Bosnien-Herzegowina als sicher deklariert, dann ignoriert sie die Berichte zahlreicher namhafter Organisationen, nach denen Roma und Homosexuelle starker sozialer und rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind. Stattdessen stützt sie sich einseitig auf die Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, also auf selbst geschaffene „Fakten“. Wenn man selbst die Anerkennungsquote im Asylverfahren auf Null setzt, kann man leicht behaupten, dass Menschen aus diesen Herkunftsstaaten keine Fluchtgründe hätten. Das Asylrecht ist ein Individualrecht, das eine sorgfältige Prüfung jedes einzelnen Antrags auf Schutz notwendig macht. Wir wenden uns dagegen, dass dieses Grund- und Menschenrecht weiter verstümmelt werden soll.

Auch in Hinblick auf die deutsche Vergangenheit verbietet sich die Verabschiedung eines Gesetzes, das sich erkennbar gegen Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien richtet. Am 28. November 2013 hat die grün-rote Landesregierung einen Staatsvertrag mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg unterzeichnet, mit dem die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den Angehörigen dieser vom Nationalsozialismus verfolgten Gruppe anerkannt wird und diesen Menschen weitgehende Minderheitenrechte zuerkannt werden. Einen ähnlich respektvollen Umgang erhoffen und erwarten wir uns auch mit Angehörigen der Roma-Minderheit, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Statt diese Menschen in der öffentlichen Diskussion als bloße „Armutsflüchtlinge“ zu stigmatisieren und eine Abschiebungspolitik zu betreiben, sollten ihnen Rechte als Minderheit und Schutz vor Diskriminierung gewährt werden.

Die grün-rote Landesregierung ist im April 2011 mit dem Slogan „Humanität hat Vorrang“ angetreten. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik soll der „Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen“ eingehalten werden. Dies lässt aus unserer Sicht nur ein deutliches NEIN zur geplanten Asylrechtsverschärfung zu.

Zu der Kundgebung rufen auf:

Freiburger Forum Aktiv gegen Ausgrenzung
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
Arbeitskreis Roma-Solidarität Konstanz
Aktionsbündnis Abschiebestopp Konstanz
Aktion Bleiberecht Freiburg
AWC Deutschland e. V. – Weltbürgerinnen und Weltbürger
Beratungsstelle CHAI
Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg
Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V.
Medinetz Freiburg
Gesellschaft für bedrohte Völker Regionalgruppe Karlsruhe
Arbeitskreis Asyl Metzingen
linksjugend [’solid] Baden-Württemberg
Amnesty International Baden-Württemberg
Arbeitskreis Asyl e.V.Schwäbisch Gmünd
AGDW Stuttgart
Ak Menschenrecht e.V. im GLOBAL Bad Waldsee
Annette Groth (MdB, DIE LINKE)
Bündnis gegen Abschiebungen Mannheim

Spenden Sie für Fahrkarten, damit Flüchtlinge an der Kundgebung teilnehmen können:

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
GLS Bank
Kto. Nr. 70 07 11 89 01
BLZ 430 609 67
IBAN: DE66 4306 0967 7007 1189 01
BIQ: GENODEM1GLS

Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung
Volksbank Breisgau Nord e.G.
Kontonummer 36 15 26
Bankleitzahl: 680 920 00
BIC: GENODE61EMM
IBAN: DE75 6809 2000 0000 3615 26

Quelle: Flüchtlingsrat BW
Stand: 02.09.2014

Grüne & Linke: Steht zu Euren Versprechen beim Flüchtlingsschutz!

Am 19. September kommt es im deutschen Bundesrat zu einer Entscheidung, die wegweisend für die deutsche Flüchtlings- und Asylpolitik sein wird. Die Bundesregierung möchte Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina als so genannte „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen. In so deklarierten Ländern drohten Menschen angeblich weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung.

Sollte es dazu kommen, werden Asylanträge von Bürgerinnen und Bürgern aus Bosnien, Serbien und Mazedonien in Zukunft vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Das Herkunftsland für die Schutzsuchenden sei schließlich sicher.

Doch das trifft nicht für alle Menschen in den Ländern zu. Denn es gibt Menschenrechtsverletzungen in den drei Staaten des Westbalkans. Diese Tatsache lässt diese Einstufung als „sichere Herkunftsstaaten“ auf keinen Fall zu. Angehörige der Roma werden diskriminiert. In Serbien zum Beispiel leben viele Roma-Familien in informellen Siedlungen am Rande der Gesellschaft – meist ohne Zugang zu Bildung, Wasser oder Elektrizität. Sie sind vielfach von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht.

All dies ist relevant, wenn entschieden wird, ob ein Mensch verfolgt wird und daher Recht auf Asyl hat. Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina dürfen daher nicht zu „sicheren Herkunftsstaaten“ ernannt werden. Amnesty International lehnt das Konzept zudem grundsätzlich ab: Jeder Mensch hat das Recht auf ein individuelles Asylverfahren – unabhängig von seiner Herkunft.

Jetzt kommt es auf Bündnis 90/Die Grünen und die Linke an. Ihre VertreterInnen in den Landesregierungen haben bei der bisherigen Befassung im Bundesrat dafür gesorgt, dass es noch nicht zu einer Zustimmung kam. Doch Medienberichten zufolge sind einige Landesregierungen Wackelkandidaten. Sie müssen auch bei der entscheidenden Abstimmung am 19. September standhaft bleiben.

Helfen Sie uns und fordern Sie wichtige PolitikerInnen der Grünen und Linken* auf, nicht umzufallen. Beteiligen Sie sich jetzt an unserer Online-Aktion zur Unterstützung unseres Briefes! Und wenn Sie Kontakte zu Parteimitgliedern der Grünen und Linken haben, bitten Sie diese, unsere Aktion in ihren Kreisen zu streuen. Zeigen Sie den Grünen und Linken, dass wir sie beobachten!

Quelle + Link zur Aktion: Amnesty International
Stand: 02.09.2014

Czech town cancels apartment tender after Romani woman makes the best offer

The Czech Public Defender of Rights has drawn the attention of the Chamber of Deputies to a case of possible discrimination on the grounds of ethnic origin in access to housing as part of her report on her office’s activity during the second quarter. A town has canceled its tender for leasing a municipally-owned apartment after a Romani applicant made the best offer.

The complainant turned to the Public Defender of Rights after she repeatedly participated in the tender without success. She met all of the criteria of the publically announced tender (she paid a deposit and was not in debt to the town at the time of the tender) and objectively won it, as she made the highest offer of rent.

Nevertheless, the town did not conclude a rental contract with her, as the town council subequently passed a resolution canceling the tender for that particular apartment. The reason for canceling the tender is not evident from the resolution.

The town has not communicated the reason for canceling the tender even though it was repeatedly asked to give one, first by the complainant and then by the Public Defender of Rights. The town council has no reasons for having proceeded in this way, or rather, is refusing to substantiate its decision. Continue reading Czech town cancels apartment tender after Romani woman makes the best offer

Ethnische Säuberung zur „Stadtverschönerung“: Behörden in Ungarn beginnen mit Zwangsumsiedlung von Roma

Der Beginn der Räumungen in einem städtischen Wohnviertel in Miskolc, das unter das Verdikt der Stadtregierung: „Auflösung von Ghettos und Slums“ fällt, hat zu Protesten der Betroffenen und von Romavertretern geführt. Mit Demos vor Ort will man die Zwangsräumung und Zwangsumsiedlung von bis zu 200 Familien und bis zu 600 Menschen verhindern, die – mit jeweils ein paar tausend Euro abgefunden – in eine Behelfssiedlung am Stadtrand oder ganz wegziehen sollen. „Ethnische Säuberungen“ nennen das Aktivisten.

Der Fidesz-dominierte Stadrat hatte im April bzw. im Mai den entsprechenden Räumungsbeschluss gefasst und mit einer Wegziehprämie gekoppelt. Die Maßnahme wurde zunächst vor allem sozial und stadtplanerisch begründet, auch wenn die Umstände der Räumung bzw. Aussiedlung keinerlei Verbesserung der Lebensumstände oder gar Perspektiven der Bewohner bedeuteten. Kurz darauf wurde klar, dass die Räumung einzig der Errichtung eines durch ein Sondergesetz finanziertes neus Fußballstadion dient, wie sie in Ungarn zu Dutzenden entstehen und als Basiscamp und Fördermittelumschlagplatz für die neuen Fidesz-Clanchefs dienen. Offizielle Sprachregelung: durch die Räumungsmaßnahmen solle Miskolc „sicherer und lebenswerter“ werden.

Am Mittwoch wurden zunächst zwei Wohnungen geräumt, eine davon wurde von einer älteren Frau mit einer Beinamputation bewohnt, die andere von einer Familie mit drei minderjährigen Kindern. Die Eltern waren zum Zeitpunkt der Amtshandlung nicht anwesend. Entgegen gängigen Klischees war der Vater arbeiten und die Mutter bei einer Schulung. Die jetzt betroffenen Familien können nicht einmal mit der “Umzugshilfe” von maximal 2 Mio. Forint (6.600 EUR) rechnen, da sie gerichtlich zur Räumung freigegeben wurden. Mit all jenen Familien, die man nicht über Rechnungsrückstände (teils mit Bagatellbeträgen) gerichtlich aus den Wohnungen bekommt, will “man sich einigen”… Continue reading Ethnische Säuberung zur „Stadtverschönerung“: Behörden in Ungarn beginnen mit Zwangsumsiedlung von Roma

9 Years Later – Romanian Government Hasn’t Kept Its Promises

The Cluj Napoca Court of Appeal found on Friday, July 25th that the Romanian government has failed to honour its commitments in relation to a Romani community in Hădăreni, Romania, who were the target of a pogrom in 1993.

In the 1993 pogrom three Romani men were killed and 18 Romani houses were destroyed by a mob with the active participation of local police. This was one of the most notorious of some 30 incidents of mob violence directed at Romani communities in Romania in the early 1990s. Several residents took their case to the European Court of Human Rights.

In 2005 authorities made commitments before the European Court of Human Rights to take action to tackle discrimination against the community. However, 9 years later, and 21 years after the initial incidents, the government has failed to fulfil its commitments.

Friday’s judgment, which is not final, underlined the authorities’ failure to honour the 2005 commitments, aimed at improving both relations between different ethnic groups, and also general living conditions in Hădăreni. Steps which the Court of Appeal ordered the authorities to take include opening a local medical clinic, hiring a Roma expert in the municipality and a school mediator and creating employment opportunities. The Court of Appeal also awarded moral damages of EUR 1500 for each applicant.

The European Roma Rights Centre (ERRC) and Romani Criss, who brought the court challenge on behalf of the community, welcome this judgment, in particular since it highlights the role that domestic courts can play in holding states responsible for their international legal commitments. The ERRC and Romani Criss call on the Romanian authorities to live up to their promises made in 2005.

Source: ERRC
Date: 29.07.2014

No Place in School for Roma Children in France?

According to research conducted by the European Roma Rights Centre (ERRC) in the beginning of 2014, children of many Roma in France have restricted access to primary education. More than half of those surveyed are out of school. The ERRC calls on French authorities to provide the children of Roma EU citizens with access to education.

The ERRC conducted participatory field research in six informal Romani settlements (in Seine-Saint-Denis, Marseille, and Lille), including interviews with 118 EU Romani citizens. The research was conducted with the active participation of six Romani women from Romania living in France.

The research shows that Roma who have moved to France from other EU Member States are exposed to high levels of discrimination and stereotyping resulting in the violations of their rights, notably the rights of their children.

“For my part, I did everything that was necessary and possible to enrol my child in school. We provided all the documents and papers. It’s the mayor that blocks the situation. Because they are Roma children, they treat them differently“ – stated a mother in Aulnay Sous Bois during an interview with the ERRC.

Less than half of the children of EU Romani citizens interviewed during this research are attending schools in France. According to interviews conducted by the ERRC, in most (60%) of the cases this was due to refusal of local officials, mostly French mayors, to enrol Romani children in school. This is despite the fact that French law makes it compulsory for all children between the ages of 6 and 16, French and foreign, to attend school.

“Refusal to enrol children is in direct violation of the national and international obligations of France. It also jeopardises the future of these children, diminishes their employment opportunities, and further aggravates the social exclusion of these Romani communities” – said Rob Kushen, the Chair of the Board of the ERRC.

On average the Roma EU citizens surveyed had been evicted six times since they arrived in France. These evictions are also detrimental to the situation of Romani children. Parents expressed their deep concerns that evictions cause psychological damage to their children and disrupt schooling.

The ERRC calls on the French authorities to investigate all reported instances of refusal to enrol Romani children, pursue sanctions against offending mayors, and provide support and information to Romani communities regarding the enrolment of their children. Authorities and courts should ensure that the best interests of children are a primary consideration in the context of any eviction.

Source: ERRC
Date: 28.07.2014

Ein Beispiel unter vielen: Abschiebung von Roma in das “sichere Herkunftsland” Mazedonien

Am 3. Juli wurden Serbien. Mazedonien und Bosnien und Herzegowina in einer Abstimmung im Innenausschuss zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt (siehe die Pressemitteilung des Bundestages sowie den Gesetzesentwurf). Dass ein Land sicher ist, kann hierzulande offensichtlich einfach “erklärt” werden, bedarf aber wohl keiner Begründung oder eingehenderen Prüfung. In einem Rechtsgutachten für Pro Asyl kommt auch Dr. Reinhard Marx zu der Ansicht, dass es an einer Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Kriterien für die Einstufung von Staaten als “sicher” fehle. Dr. Karin Waringo zeigt im Rechtsgutachten zu Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien sowie der Quellenanalyse zu Serbien zahlreiche Gründe dafür auf, die gegen die vermeintliche Sicherheit dieser Länder sprechen.
Letztendlich ging es im Bundestag nicht um die Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation in den Staaten, sondern offensichtlich (gleich an erster Stelle im Gesetzesentwurf) wieder einmal um eine “das Boot ist voll” Rhetorik und die Deutungshoheit darüber, wer aus welchem Grund flüchten darf um in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich Asyl beantragen zu können.

Die beiden Schicksale, die der Journalist Jürgen Weber dokumentiert hat, stehen symptomatisch für eine Praxis, die nicht nur in Mazedonien, sondern auch in Serbien und Bosnien und Herzegowina üblich ist und die gezielt bestimmte Gruppen von der Ausreise ins EU-Ausland abhalten soll.
Anfang Juli reiste Jürgen Weber nach Mazedonien, um das weitere Schicksal der im Mai aus Konstanz abgeschobenen Familie Osmanov und eines bereits im Februar ebenfalls abgeschobenen Paares zu verfolgen. Alle Abgeschobenen sind seit dem Zeitpunkt, als sie ihre Pässe im Rahmen des Asylverfahrens den deutschen Behörden übergaben, nicht mehr in deren Besitz. Die Pässe wurden bei der Abschiebung offensichtlich unmittelbar den mazedonischen Behörden übergeben. Es wird zur Zeit rechtsanwaltlich geprüft, ob diese Praxis gegen geltendes Recht verstößt.
Anhand dieser konkreten Abschiebungen lässt sich gut aufzeigen, wie das “sichere Herkunftsland” Mazedonien insbesondere mit (abgeschobenen) Roma umgeht und sie t.w. bereits an der Ausreise hindert. Mehr dazu im Bericht von bzw. auch im Interview von Radio Dreyeckland mit Jürgen Weber. Im Rahmen seiner Reise übergab der Journalist auch die zuvor bei einer Veranstaltung gesammelten Spenden an die Familie Osmanov.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der bereits im Februar mit seiner Freundin abgeschobene Rom von der mazedonischen Polizei verhaftet und mehrfach zu seinen Fluchtgründen, dem deutschen Asylantrag sowie Kontakten in Deutschland befragt worden ist. Mittlerweile wurde ein Anwalt eingeschaltet; der junge Mann wurde freigelassen.

Anhand dieser Schicksale zeigt sich einmal mehr, welchen Schikanen Geflüchtete ausgesetzt sind und wie ihre Grundrechte – auch in Deutschland – mit Füßen getreten werden.

Quelle + weiterführende Links: Ecoleust
Stand: 30.07.2014

„Nicht die Roma sind für ihr schlechtes Image verantwortlich“

Was passiert in Miskolc?

Ich bin überzeugt davon, dass in Miskolc eine profitorientierte Rassenverfolgung stattfindet. Eine diskriminierende Politik, die im Zusammenhang mit einem Spekulationsgeschäft steht. Die Sanierung des DVTK Stadions bedeutet für die Machthaber eine große wirtschaftliche Chance, das Armenviertel, das im Volksmund nur als die „nummerierten Straßen“ genannt wird, steht dem Vorhaben jedoch im Weg. Man hat in der ganzen Stadt eine romafeindliche Stimmung generiert, in der die Vertreibung der Roma als vermeintliche Lösung der Probleme erscheint.

Manche sagen, dass sich die Menschen in Miskolc lediglich eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit wünschen.

Die öffentliche Sicherheit in Miskolc verbessert sich stetig, das zeigen die Statistiken. Das Problem ist vielmehr, dass man versucht, die kulturellen Konflikte, die durch Ausgrenzung, Armut und Aussichtslosigkeit entstehen, als Roma-Problem darzustellen. Ein Teil der Gesellschaft ist unzivilisiert, weil sie in einer unzivilisierten Umgebung lebt. Menschen, die sich in der Gesellschaft etablieren konnten, Roma oder nicht Roma, tragen überwiegend die gleichen kulturellen Züge, im Gegensatz zu Roma, die nicht arbeiten dürfen, in eine prekäre Lebenslage getrieben, aus der Gesellschaft ausgegrenzt und ihres Selbstbewusstseins beraubt wurden.

Die Regierung versucht die Roma mithilfe gemeinnütziger Arbeit wieder in die Gesellschaft einzubinden.

Die herrschende Klasse hat in den letzten 25 Jahren keine einzige ernstzunehmende Maßnahme getroffen, um den Roma den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Diese kommunalen Beschäftigungsprogramme konservieren lediglich ihre Außenseiterrolle, die feudalen Zustände. Die Regierung hat den Kommunen alle Zuständigkeiten weggenommen, ausgenommen die Sozialhilfe und die gemeinnützige Arbeit. So können die machtbesessenen Bürgermeister ihre feudalen Triebe nur noch an den Ärmsten der Armen auslassen. Wirtschaftspolitisch spricht jedenfalls nichts dafür, es ist eine Art Zwangsarbeit. Die 49.000 Forint monatliche Entlohnung, die ein Arbeiter bekommt, kostet den Staat 150.000 Forint, die Kosten übersteigen den Wert ihrer Arbeit bei weitem.

Sándor Pintér verteidigte die Einführung der kommunalen Beschäftigungsprogramme auch nicht mit deren wirtschaftlichem Nutzen, sondern dass es schlicht nicht weiter tragbar sei, wenn gesunde und lebenskräftige Menschen über mehrere Generationen nicht arbeiteten und ihren Lebensunterhalt ausschließlich von Sozialhilfe bestreiteten. Langeweile, Ziellosigkeit und extreme Armut sind stark begünstigende Faktoren für deviantes Verhalten und auch für die Kinder gehen die Erwachsenen mit positivem Beispiel voran, wenn sie morgens aufstehen und arbeiten gehen.

Das sollte die Regel sein. Diese Gelder wären aber bei weitem besser angelegt, wenn Unternehmen sie bekämen, um schwer vermittelbare und benachteiligte Menschen bei einem Mindestlohn von 100.000 Forint zu beschäftigen. Es gilt Arbeitsverhältnisse zu schaffen auf Grundlage von Arbeitsverträgen und keinen Arbeitsdienst. Continue reading „Nicht die Roma sind für ihr schlechtes Image verantwortlich“