Sündenböcke der Pandemie: Bulgarien desinfizierte Roma mit Flugzeugen

Die Minderheit der Roma gilt in Bulgarien wie in fast jedem Land als strukturell benachteiligt. Die Corona-Krise befeuert rassistische Vorurteile gegen die Minderheit. Als Sündenböcke gebrandmarkt, werden Roma aus Flugzeugen mit Desinfektionsmittel besprüht.
 
Quelle + Video: n-tv.de
Stand: 02.11.2020

Some European officials use virus as a cover to target Roma

In Bulgaria, Roma communities were sprayed with disinfectant from crop dusters this spring as coronavirus cases surged in the country. In Slovakia, their villages were the only ones where the army conducted testing. And across Central and Eastern Europe, reports of police using excessive force against Roma spiked as officers were deployed to enforce lockdowns in their towns.

Human rights activists and experts say local officials in several countries with significant Roma populations have used the pandemic to unlawfully target the minority group, which is Europe’s largest and has faced centuries of severe discrimination. With COVID-19 cases now resurging across the continent, some experts fear the repression will return, too.

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Stigmatisierende Sondermaßnahmen gegen Roma: Der kollektive Virus-Verdacht

Viele Roma sind wegen ihrer ärmlichen Lebens- und Wohnbedingungen in der Coronakrise besonders gefährdet. Doch statt staatlicher Hilfe erleben sie derzeit eine doppelte Diskriminierung.

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EU Kommission legt neue europäische Strategie zur gleichberechtigten Teilhabe von Sinti und Roma vor

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt das Engagement gegen Antiziganismus

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt den heute von der Europäischen Kommission vorgelegten ‚Strategischen EU-Rahmen für die Gleichberechtigung, Inklusion und Partizipation von Sinti und Roma für 2020 bis 2030‘. Continue reading EU Kommission legt neue europäische Strategie zur gleichberechtigten Teilhabe von Sinti und Roma vor

Ulmer Gericht benennt Antiziganismus als Tatmotiv für Brandanschlag

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erklärt zum heutigen Urteil des Landgerichts Ulm im Verfahren wegen versuchten Mordes gegen fünf junge Männer, die im Mai 2019 in Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) einen Brandanschlag auf eine Roma-Familie verübt haben:

„Das Gericht benennt in der Urteilsverkündung Rassismus und Antiziganismus als Tatmotiv. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Prozess ein deutliches Signal, dass der Rechtsstaat die Bedrohung des gewaltbereiten Antiziganismus ernst nimmt und jede Form von Hasskriminalität konsequent verfolgt. Die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats wird in diesem Gerichtsprozess deutlich.“

Vor dem Hintergrund zahlreicher rechtsextremer Anschläge im letzten Jahr macht Romani Rose deutlich:
„Wir dürfen diese Gewalt des Rechtsextremismus nicht weiter verharmlosen. Die Anschläge von Halle, Hanau und München, wie auch die Morde des NSU sind Beispiele genug, die uns die Gefahren durch rechten Terrorismus vor Augen führen. Deshalb ist der Widerspruch unserer Gesellschaft unerlässlich, um Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus zu ächten. Sicherheitsbehörden und Justiz tragen aus Sicht des Zentralrats für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat eine große Verantwortung.“

Bereits die Anklage durch die Staatsanwaltschaft und das heutige Gerichtsurteil machen deutlich, dass dieser Mordanschlag mit dem Tod einer jungen Mutter und ihres Kleinkindes hätte enden können. Der Zentralrat begrüßt, dass das Gericht darüber hinaus die Tat der vollendeten Nötigung in 45 Fällen festgestellt hat. Denn alle Menschen auf dem Campingplatz sind Opfer des Anschlags geworden. Sie sind in Panik und in Sorge um ihr Leben geflohen.

Ebenso wichtig war es, dass bereits mit Beginn der polizeilichen Ermittlungen die antiziganistische Tatmotivation der Angeklagten und deren rassistisches und neonazistisches Weltbild klar benannt wurden. Das Landgericht Ulm hat bereits während der Beweisaufnahme diesem Aspekt breiten Raum eingeräumt und die antiziganistische Stimmung in der Dorfgemeinschaft mit in die Ermittlungen einbezogen.

Quelle: Zentralrat deutscher Sinti und Roma

Stand: 06.10.2020

Brandanschlag auf Roma: Urteil nächste Woche erwartet

Im Verfahren um den Brandanschlag auf den Wohnwagen einer Roma-Familie am Landgericht Ulm soll am kommenden Mittwoch das Urteil fallen. Plädoyers und Beweisaufnahme seien abgeschlossen, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Angeklagt sind fünf junge Männer wegen versuchten Mordes und Brandstiftung. Aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme hatte das Gericht bereits während des laufenden Verfahrens die Haftbefehle gegen vier der Angeklagten aufgehoben und darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung nur wegen gemeinschaftlich begangener Nötigung möglich sei. Ein rassistisches Motiv wird nicht ausgeschlossen.

Die Deutschen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren sollen laut Anklage am 24. Mai 2019 eine Fackel aus einem fahrenden Auto auf den Wohnwagen der Roma-Familie geworfen haben, der auf einer Wiese in Erbach (Alb-Donau-Kreis) stand. In dem Fahrzeug, das nur knapp verfehlt wurde, war eine schlafende Frau mit ihrem neun Monate alten Sohn.

Die Männer hatten zum Prozessbeginn die Tat unter Vorbehalt gestanden und sich entschuldigt. Sie hätten nie jemanden verletzen wollen. Die Verteidigung forderte laut Gerichtssprecher am Mittwoch für vier ihrer fünf Mandanten eine mögliche Verurteilung nach Jugendstrafrecht aufzuschieben. Damit wären sie mindestens ein Jahr, höchstens zwei Jahre auf Bewährung. Derzeit könne nicht sicher beurteilt werden, ob bei den Angeklagten schädliche Neigungen vorhanden seien. Bei einer weiteren Straftat in dieser Zeit würden sie auch für den Fackelwurf zu einer Jugendstrafe verurteilt werden. Für den fünften Angeklagten, der von Anfang an Angaben zu der Tat machte und sich auch nicht in Untersuchungshaft befand, forderte die Verteidigung nicht mehr als eine Verwarnung oder Auflagen.

Die Nebenklage hatte sich bei allen Angeklagten für Jugendstrafe ausgesprochen und war laut dem Sprecher der Ansicht, diese könne nur bei einem zur Bewährung ausgesetzt werden. Ob die Nebenklage von einem versuchten Mord oder lediglich einer Nötigung ausging, ließ sie demnach offen. Die Staatsanwaltschaft hatte letzte Woche bei ihrem Plädoyer Haftstrafen zwischen vier Jahren und zwei Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes gefordert sowie eine Bewährungsstrafe.

Quelle: Stimme.de

Stand: 06.10.2020

Keine „Zigeunersauce“ mehr – Knorr ändert umstrittenen Produktnamen

Der Lebensmittelhersteller Knorr reagiert auf die Namenskritik an seiner „Zigeunersauce“. Künftig soll der Grill-Klassiker mit einem neuen Namen im Supermarktregal stehen.

Vor dem Hintergrund der Diskussion über rassistische Namen und Begriffe wird die „Zigeunersauce“ der Marke Knorr umbenannt. „In ein paar Wochen finden Sie diese als ‚Paprikasauce Ungarische Art‘ im Regal“, teilte der Mutterkonzern Unilever auf Anfrage der „Bild am Sonntag“ mit. „Da der Begriff „Zigeunersauce“ negativ interpretiert werden kann, haben wir entschieden, unserer Knorr Sauce einen neuen Namen zu geben.“

Woher stammt der Begriff?

Der Begriff „Zigeuner“ ist eine alte Sammelbezeichnung für verschiedene Volksgruppen, die sich wohl von Indien aus vor allem über Südosteuropa verbreiteten. Der Zentralrat der in Deutschland vor allem lebenden Volksgruppen Sinti und Roma nennt den Begriff „eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt wird“. Auch im öffentlichen Sprachgebrauch wird der Begriff so empfunden.

In der Küchentechnik wird der Begriff „Zigeunersauce“ bereits seit mehr als 100 Jahren verwendet. Im Nachschlagebuch für die klassische Küche von Escoffier ist er schon 1903 zu finden. Er bezeichnet eine würzige, scharfe Soße mit stückigen Einlagen und wird heute in der Regel aus Tomaten hergestellt, häufig mit Paprika, Zwiebeln, Essig und Gewürzen. Traditionell verbindet der Verbraucher die Soße mit der Geschmacksrichtung ungarisch und scharf. Nach Angaben von Sinti und Roma entstammt die Soße nicht ihrer Küche.

Über den Namen wird schon lange diskutiert

Der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma begrüßte die Entscheidung. „Es ist gut, dass Knorr hier auf die Beschwerden offenbar vieler Menschen reagiert“, sagte der Vorsitzende Romani Rose der Zeitung. Ihm selbst bereite allerdings der wachsende Antiziganismus in Deutschland und Europa größere Sorgen. „Für den Zentralrat sind vor diesem Hintergrund Zigeunerschnitzel und Zigeunersauce nicht von oberster Dringlichkeit.“ Viel wichtiger sei es, Begriffe wie „Zigeuner“ kontextabhängig zu bewerten, „wenn etwa in Fußballstadien ‚Zigeuner‘ oder ‚Jude‘ mit offen beleidigender Absicht skandiert wird“.

Die Diskussion über den Produktnamen „Zigeunersauce“ wird schon seit Jahren geführt. 2013 hatte Knorr eine Umbenennung noch abgelehnt. Auch der Zentralrat hatte damals vor einer dogmatischen Sprachregelung gewarnt und es abgelehnt, bei der Benennung der Sauce „Zigeuner“ etwa durch „Sinti und Roma“ zu ersetzen. Die generelle Debatte über diskriminierende Begriffe wird im Zuge der Rassismusdiskussion nach dem Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd in den vergangenen Monaten wieder heftiger geführt.

Quelle: t-online.de

Stand: 04.09.2020

Rezension: NICHTS GELERNT?! Konstruktion und Kontinuität des Antiziganismus

von Benjamin Horvath

Der vorliegende Sammelband von Katharina Peters und Stefan Vennmann beleuchtet die Situation von Rom*nja in Deutschland aus unterschiedlichen Perspektiven und leistet dabei einen guten Überblick über aktuelle Vorschungsansätze.

Dirk Wolff stellt das Projekt „AIDD – Angekommen in Duisburg und Dortmund“ vor. Der Bericht bietet einen interessanten Einblick in die Konzeption und Arbeit des Projekts und stellt damit eine gute Skizze für (mögliche) ähnliche Projekte in anderen Städten (bspw. Halle/Saale) mit nennenswertem Zuzug von Roma dar. Ein daraus resultierendes Netzwerk solcher Gruppen könnte zu einem nützlichen Informationsaustausch führen.

Wibke Kleina beschreibt in „Zwischen Passfähigkeit und Besonderung“ die Diskriminierung zugereister Roma im deutschen Schulsystem, dass ihnen die Geringschätzung von Schulbildung vorwirft, während eine Mehrzahl von Faktoren für mögliche schlechtere Leistungen ausgeblendet werden. Dieses von Lehrenden als auch höheren Entscheidungsträgern (wie einst, im Kontext einer Demo gegen die Abschiebung von Roma, aus dem Mund von Boris Palmer gehört) gehegte Stereotyp übersieht die mannigfachen Faktoren, die zu einem möglichen Fernbleiben vom Unterricht und möglicher schlechten Leistungen bei Roma-Kindern führen können. Leider ist zu befürchten, dass die angeführten Lösungsvorschläge, wie die gezielte Betreuung der Kinder, an der schlechten Finanzierung der Schulen in Deutschland und einem Mangel an Lehrenden (besonders in strukturschwachen Regionen) scheitern werden. Continue reading Rezension: NICHTS GELERNT?! Konstruktion und Kontinuität des Antiziganismus

Antiziganismus in Ungarn – Staatliche Schikane und strukturelle Diskriminierung

Antiziganismus, der strukturelle Hass und die strukturelle Diskriminierung von Sinti und Roma nimmt in ganz Europa zu. In Ungarn, wo Romnja und Roma seit Jahrhunderten leben, ist der Antiziganismus einerseits ein kulturelles Erbe, das nicht „aufgearbeitet“ wurde. Anderseits wird er seit 2010 von der Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán stark begefeuert. Die strukturelle Diskriminierung der Romnja und Roma wird dabei verschärft durch die so genannte „Roma-Strategie“ der Regierung aus dem Jahr 2011. Nicht selten fordert der tiefsitzende Antiziganismus in der Gesellschaft Opfer und Romnja und Roma werden von paramilitärischen Organisationen ermordet.

Adèle Cailleteau hat mit der Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovszky über Antiziganismus in Ungarn gesprochen.

Quelle und Audiobeitrag: Radio Dreyeckland

Stand: 29.07.2020

Das Mahnmal bleibt! By any means necessary

Liebe Alle,

das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin ist in Gefahr. Seit ein paar Wochen gibt es Proteste. Wir möchten diese Proteste ausweiten – und zwar mit euch zusammen!

Darum rufen wir euch – Initiativen, Organisationen, künstlerische Einrichtungen und Einzelpersonen – auf, unseren Aufruf zu unterzeichnen. Bitte schreibt uns bis Dienstag, 7. Juli 2020,an [email protected] um unsere Stellungnahme zu unterzeichnen. Sagt uns bitte genau, eure Namen und Titel, mit denen ihr darunter stehen wollt. Und bitte ladet weitere Menschen und Organisationen zur Unterzeichnung ein.

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Das Mahnmal bleibt! By any means necessary
Das zentrale »Mahnmal der im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas« ist durch Pläne der Deutschen Bahn bedroht. Eine Strecke der Berliner S-Bahn soll unter dem Mahnmal durchführen. Der Gedenkort soll (teilweise) entfernt und über viele Jahre gar nicht mehr zugänglich sein. Über 60 Jahre mussten Roma und Sinti um dieses Mahnmal und die mit ihm verbundene Anerkennung ihres Leids kämpfen.

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