Brandanschläge in Neukölln – der Untersuchungsausschusses zum Neukölln-Komplex soll jetzt am 16.6. beginnen

Weitere Brandanschläge in Neukölln (19. Fall von Brandstiftung seit Herbst in der Hufeisensiedlung / Rechte Anschläge: Es brennt in Neukölln ) – und laut einer Mitteilung des Abgeordnetenhaus Berlin ist der Beginn des parlamentarischer Untersuchungsausschusses zum Neukölln-Komplex vom 3. Juni auf den 16. Juni verschoben.

Die FDP hat gegen die AfD-Abgeordneten gestimmt, die in den Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex von der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin geschickt werden sollten, während die anderen Parteien sich enthielten. Laut Verfassungsgesetz Berlins muß von jeder Fraktion Vertreter:innen in einem Untersuchungsausschuss sitzen.
Zuvor erklärten die Fraktionen von AfD, CDU und FDP, dass ein Untersuchungsauschuss zum Neukölln-Komplex überflüssig sei. Das Stimmverhalten der FDP-Fraktion ermöglicht der AFD-Fraktion die Klage gegen den Untersuchungsausschuss.

1. Sitzung des parlamentarischer Untersuchungsausschusses zum Neukölln-Komplex Donnerstag, dem 16. Juni 2022, 14.00 Uhr, Abgeordnetenhaus von Berlin, Raum 376, Niederkirchnerstraße 5, 10117 Berlin-Mitte

Ver/sammeln antirassistischer Kämpfe

[ übernommen von https://versammeln-antirassismus.org/ ]

19. – 21. Mai 2022 im Hebbel am Ufer (HAU) in Berlin
Ver/sammeln antirassistischer Kämpfe
Kämpfe und Widerstände gegen Rassismus und Antisemitismus sind Bestandteil der Geschichte dieses Landes. An drei Tagen wollen wir unter dem Motto „Antirassistische Kämpfe versammeln, archivieren und aktivieren“ genau darauf schauen: Bewegungs-, ort- und zeitübergreifend betrachten wir in einer Assembly in Workshop-, Ausstellungs- und Diskussionsformaten gemeinsam mit Aktivist:innen, Forscher:innen, Zeitzeug:innen und Künstler:innen unterschiedlicher Generationen die Geschichte antirassistischer Kämpfe in Ost-, West- und dem wiedervereinigten Deutschland. Dabei geht es uns nicht nur um den Rückblick, das Ausgraben und Festhalten vergessener und unsichtbar gemachter Erfahrungen, sondern auch darum, sie für heute und morgen zu re-aktivieren.
In den Workshops werden die Genealogien feministisch-antirassistischer Kämpfe, der Kämpfe in der ehemaligen DDR gegen die spezifischen Formen und Praktiken des dortigen Rassismus, Widerstand gegen Antisemitismus (und Holocaust Leugnung), der Refugee-Kämpfe, der Kämpfe von Rom:nja und Sinti:ze, des Kampfes gegen Racial Profiling, der politischen antirassistischen Archivierungsinitiativen und viele weitere Themen behandelt.

zum Programm : versammeln-antirassismus.org/programm/

UA-Neukölln & Nazigewalt

Untersuchungsausschuss zu Anschlagsserie in Neukölln wurde am 5.5.2022 im berliner Abgeordnetenhaus beschlossen – hier der Antrag.
05.05.2022 jungeWelt: »Neukölln-Komplex«: Wahl von Ausschuss
05.05.2022 tagesspiegel: Rechter Terror in Berlin – Untersuchungsausschuss zu Anschlagsserie in Neukölln wird eingesetzt
05.05.2022 morgenpost: Rechtsextremismus – Anschläge in Neukölln: U-Ausschuss wird eingesetzt
14.04.2022 jungleWorld: Der geplante Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus zum »Neukölln-Komplex« – Fragen über Fragen

Rassistische, rechte und antisemitische Angriffe in Berlin 2021
04.05.2022 Reach Out stellt Chronik vor / Chronik 2021

Tribunal NSU-Komplex auflösen – 3.-5. Juni 2022 in Nürnberg

Anerkennen. Aufklären. Verändern!
Unter dem Motto “Anerkennen. Aufklären. Verändern!” findet vom 3. bis zum 5. Juni 2022 das vierte Tribunal „NSU-Komplex auflösen!” am Staatstheater Nürnberg statt. Wir klagen die Kontinuität von Rassismus in Bayern an! Wir klagen um die Ermordeten im NSU-Komplex und um alle Opfer rechter Gewalt!
Wir fordern:
▪ Anerkennung der Perspektiven der Betroffenen!
▪ Aufklärung und Konsequenzen – Kein Schlussstrich!
▪ Kein nächstes Opfer! Durchbrechen wir die Kontinuität rechten Terrors!
Machen wir die Gesellschaft der Vielen und Kämpfe um Selbstbehauptung und Erinnerung gemeinsam unübersehbar!

Tanımak. Aydınlatmak. Değiştirmek!
‘Tanımak. Aydınlatmak. Değiştirmek!’ başlığı altında 3 – 5 Haziran 2022 arasında dördüncü ‘NSU Kompleksi Çözülsün’ Tribünali Staatstheater Nürnberg’de düzenlenecek. Bavyera’da ırkçılığın sürekliliğini yargılayacağız! NSU kompleksi tarafından katledilenlerin ve sağcı şiddetin kurbanı olan herkesi anacağız ve hakkını arayacağız!
Taleplerimiz net:
▪ Mağdur edilenlerin perspektifinin tanınması!
▪ Irkçı terörün tümüyle aydınlığa ve sonuçlara kavuşturulması – Üstü örtülemeyecek!
▪ Yeni mağdur istemiyoruz! Sağcı terörün süreklilik zincirini kıralım!
Gelin birlikte çoğulcu toplumun, eşitlik ve hatırlatma mücadelelerin görülmemesini imkansız kılalım.

Acknowledge. Elucidate. Change!
Under the motto “Recognize. Elucidate. Change!” the fourth Tribunal “Unraveling the NSU Complex” will take place at the Nuremberg State Theater from June 3 to 5, 2022. We indict the continuity of racism in Bavaria! We lament those murdered in the NSU complex and all victims of right-wing violence!
We demand:
▪ Recognition of the perspectives of those affected!
▪ Elucidation and consequences – This is not over!
▪ No next victim! Let’s break the continuity of right-wing terror!
Let us together make the open society of the many and the struggles for self-assertion and remembrance unmissable!

Link: nsu-tribunal.de

30. Jahrestag des Mordes an Nguyễn Văn Tú

[übernommen von berlin.niemandistvergessen]

24. April 2022, 15 Uhr Brodowiner Ring 8, Berlin-Marzahn

Es ist der 24. April 1992, ein Freitag Nachmittag in Berlin Marzahn. Nguyễn Văn Tú ist bei Freundinnen und Freunden im Brodowiner Ring, die hier an kleinen Ständen Sachen verkaufen. Gegen 17:30 Uhr treten drei angetrunkene Neonazis auf den Plan, die die Stände unvermittelt umtreten und im anliegenden Supermarkt verschwinden, um weiteren Alkohol zu kaufen.

Nachdem die Angreifer den Laden wieder verlassen, spricht Văn Tú die drei an, worauf hin es zu einer Handgreiflichkeit kommt. Mike Lillge, der Hauptangreifer und bekennender DVU-Anhänger, verletzt Nguyễn Văn Tú in der Auseinandersetzung mit einem Messerstich schwer. Freunde fahren Văn Tú in ein nahgelegendes Krankenhaus, wo er gegen 19:30 Uhr an seinen Verletzungen verstirbt.

Sein Tod jährt sich dieses Jahr zum 30. Mal.
Wir wollen am 24. April an Nguyễn Văn Tú gedenken und ein Zeichen gegen rassistische Gewalt setzen.

Wir laden euch ein, am 24. April 2022, um 15 Uhr am Brodowiner Ring 8, 12679 Berlin daran teilzunehmen.
(Anreise via Tram 18 / M6 – Brodowiner Ring)

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Hintergrund zu Nguyễn Văn Tú

Redebeitrag von Trotz alledem

Liebe Familie Bektas,
Lieber Freunde von Burak, die mit ihm gemeinsam Ziel des feigen Anschlags waren…
Liebe solidarische Menschen… wir grüßen euch alle herzlich.
Wir alle wollen, das der feige, brutale Mord, der uns Burak Bektas in seinen jungen Jahren entrissen hat, restlos aufgeklärt wird. Der Mörder und seine Hintermänner müssen endlich gefunden werden. Dafür kämpfen seine Familie, Freund:innen und die Initiative zur Aufklärung des Mordes unermüdlich. Und auch in Zukunft werden wir hier sein, bis unsere Forderungen erfüllt werden. Alle die wir heute hier sind, aber auch eine Vielzahl solidarischer Menschen die an anderen Aktionen teilnehmen, fordern AUFKLÄRUNG!
Jedoch gibt es derezit eine faktische Macht, die sich dagegen stellt, die die Aufklärung mit allen erdenklichen Mittel zu verhindern versucht!
Natürlich drängt siich in dieser Situation folgende Frage auf: Sind für den Mord an Burak Bektas rassistisch- faschistische Kräfte verantwortlich, die von staatlichen Stellen untertstüzt, beziehungsweise gedeckt wurden und auch noch immer werden. Wie auch bei den Nazi- Morden des NSU und anderen rassistischen Morden? Sind auch hier Staat und Nazis Hand in Hand?
Wir glauben nicht, dass die in die Untersuchungen involvierten staatlichen Institution inkompetent oder einfach unfähig sind.
Es ist vielmehr so, dass bei Angriffen und Morden an Migrant:innen die staatlichen stellen mit institutionell- rassistsichen Herangehensweisen und Vorurteilen reagieren. Das sehen und erleben wir im Umgang mit migrantischen Opfern und ihren Angehörigen immer wieder. Deswegen werden Täter:innen zuerst in der nächsten Umgebung der Opfer, bei Angehörigen und Verwandten vermutet und gesucht. Sie werden zu Verdächtigen und Angeklagten gemacht. Ihr Leben wird auf den Kopf gestellt.
Kein Opfer und keine Angehörigen werden wir alleine lassen!
Wir werden niemaden und nichts vergessen und vergessen lassen!
Der Mord an Burak muss restlos aufgeklärt werden.
Wir haben Burak nicht vergessen, wir werden ihn auch nicht vergessen lassen.
Wir werden trotz allen Widerständen kämpfen bis der feige Mord an Burak restlos aufgeklärt wird.
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen! Kein Schlussstrich!

Trotz alledem!

Sibel und Hasan Leyla, Eltern von Can Leyla, einer der 9 Opfer des rassistischen Anschlags im Olympia Einkaufszentrum (OEZ) München – Grussbotschaft am 10.04.2022 in Berlin

Hallo, ich bin froh, heute hier zu sein und Sie alle hier zu sehen.
Ich heiße Sibel Leyla. Ich komme aus München und am 22. Juli 2016 wurde mein Sohn Can mit 14 Jahren am Olympia Einkaufszentrum ermordet. Er ist einer der 9 Opfer. Wir hatten in München lange damit zu kämpfen, dass die Tat als das benannt wird, was es ist: ein Anschlag eines Rechtsextremisten. Inzwischen ist es endlich offiziell und wir kämpfen weiter gegen Ungerechtigkeiten, gegen das Vergessen und die weiter bestehende Bedrohung unseres Lebens hier in Deutschland durch rechte Gewalt. Der Kampf ist mühsam und es ist schwer gehört zu werden, weil man uns sehr oft anschweigt, anlügt und ignoriert.
Burak Bektaş wurde vor 10 Jahren ebenfalls ermordet und ich sehe, dass seine Familie den gleichen Kampf führt wie wir in München. Es ist traurig, aber auch sicher, dass wir niemals aufhören werden, Hand in Hand gegen diejenigen zu kämpfen, die uns dieses Schicksal auferlegt haben. Wir sind entschlossen, gegen das Schweigen anzugehen und unserem Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit nachzugehen. Damit werden wir niemals aufhören.
Beim OEZ Anschlag in München am 22. Juli 2016 und im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) im Stadtbezirk Moosach wurden neun Menschen ermordet und fünf weitere verletzt. Ihre Namen sind:  
• Armela S. und Sabina S. 14 J  
• Sevda D. 45 J.
• Janos Roberto R. 15 J.  
• Chousein bzw. Hüseyin D. 17 J.
• Dijamant „Dimo“ Z. 20 J.
• Giuliano-Josef K. 19 J
• 5-jährige Selçuk K. 15 J.
• und Can L. 14 J., 
 

Grußbotschaft von Überlebenden des rassistischen und antisemitischen Anschlags in Halle vom 9. Oktober 2019 und der Soligruppe TEKİEZ

Liebe Familie Bektaş, liebe Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş, liebe Freund*innen

10 Jahre sind vergangen. 10 Jahre sind vergangen ohne Burak. Ohne Gerechtigkeit, ohne Aufklärung, ohne Frieden. Was können wir noch sagen, was ihr nicht schon gesagt habt? Was können wir noch fühlen, was ihr nicht schon fühlt? Die Kraft, die wir Euch heute wünschen, ist die Kraft, die Ihr Euch immer für uns gewünscht habt. Die Worte, die wir heute mit Euch teilen, sind Worte, die Ihr immer mit uns geteilt habt:

Kein Schweigen mehr. Wir werden sprechen. Kein Aufgeben. Wir werden kämpfen.

Wir sind hier – mit unserer Stimme Wir sind hier – mit unserer Wut Wir sind hier – im Widerstand

Wir sind hier – für Burak.
Für Jana. Für Kevin. Und für all die anderen, die wir durch rechte Gewalt und sinnlosen Hass verloren haben.

Danke für diese Worte und diese Kraft. Danke, dass Ihr uns beisteht. Heute und jeden Tag stehen wir mit Euch. In Trauer, in Wut, im Widerstand.

In Solidarität und Stärke,
Überlebende des rassistischen und antisemitischen Anschlags in Halle vom 9. Oktober 2019 und die Soligruppe TEKİEZ

Redebeitrag von Melek Bektaş

Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Melek Bektaş.
Ich bin die Mutter von Burak.
Nach 10 Jahren will ich hier ein paar Worte mehr zu euch sprechen.
Ich danke euch, dass ihr all die Jahre hierher gekommen seid, dass ihr immer an unserer Seite gestanden habt.
Auch wenn wir manches Mal dachten, dass zu unserer Demo niemand mehr kommen wird, seid ihr gekommen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass ihr das so lange aushaltet. Dafür danken wir Euch. Ohne euch alle, würde es diesen Ort nicht geben. Wäre das Erinnern vielleicht nur noch eine Familienangelegenheit.

Ich halte etwas aus, von dem ich mir kurz nach Buraks Tod nicht vorstellen konnte, dass es möglich ist, das auszuhalten.
Aber ich habe inzwischen andere Menschen getroffen, die noch länger aushalten.
Die nicht mehr sprechen oder 20 Jahre nicht gesprochen haben. Das macht das Leiden nicht leichter aber ich sehe, dass Menschen das überlebt haben.
Wir werden oft gefragt: Was wünscht ihr euch? Und jetzt nach 10 Jahren, was soll ich mir wünschen? Ich will meinen Sohn zurück? Ich weiß, das geht nicht.

Was ich mir seit 10 Jahren wünsche ist: Der Mord soll aufgeklärt werden. Wie kann das sein, dass es nicht gelingt? Wie können alle noch helfen, dass es passiert? Die Polizei wird es nicht tun. Wer dann? Wir würden Alle unterstützen, die noch Ideen haben.
Ich wünsche mir, dass ich verstehe, was passiert ist. Ich wünsche mir, dass mein Sohn nicht einfach ermordet werden kann und niemand findet den Mörder.
Der Mörder wird hier noch sein. Aber er wird nicht sprechen. Zwingen können wir ihn nicht. Hoffentlich bricht er doch irgendwann zusammen.
Er sieht ja, dass es nicht unbemerkt geblieben ist und dass wir alle hier ihn dafür anklagen.
Ja, und wir klagen die Behörden an.
Es ist nicht unsere Art, hohe Gäste ständig zu empfangen. Aber natürlich haben wir ein offenes Haus für Alle, die helfen wollen. Viele waren da und haben vieles versprochen: Politiker und Polizeibeamte.
Wenig davon ist passiert.

Ich möchte, dass nie wieder eine andere Mutter, eine andere Familie so eine schreckliche Erfahrung machen muss.
Ein deutsches Sprichwort sagt: Die Zeit heilt alle Wunden. Das ist eine Lüge, die Zeit heilt nichts. Sie vergeht aber es bleibt der Schmerz. Dieser Schmerz ist vielleicht für jede Person anders und jede Person kann andere Wege finden, damit zu leben. Es ist ein Damit-leben. Keine Heilung.

Es gab Künstler und Künstlerinnen, die gearbeitet haben, um die Opfer der vielen Morde sichtbar zu machen – Opfern und den Familien ein Gesicht und eine Stimme zu geben.
Das hilft auch ohne große Reden. Und es hilft, dass der Mord an Burak nicht vergessen wird.

Wir haben uns als Familie gewünscht, dass es einen Ort zum Gedenkens gibt für Burak, meinen Sohn, der uns soviel Freude in seinem kurzen Leben geschenkt hat.
Daraus ist nun dieser Ort geworden, an dem sich Menschen erinnern. An Burak aber nicht nur an Burak, sondern auch an ähnliche Fälle. So ist der Name des Kunstwerkes, den die Künstlerin Zeynep Delibalta der Statue gegeben hat.

Wir freuen uns, wenn er genutzt wird. Wir freuen uns, wenn er als Gedenkort respektiert wird. Er zeigt, wie viele Menschen uns unterstützt haben. Die Initiative für die Aufklärung des Mordes hat uns gefragt, schon vor vielen Jahren: Was wünscht ihr Euch? Und Ihr alle habt geholfen, unseren Wunsch zu erfüllen.

Dafür danken wir Euch.