Zwischenbericht der Expertenkommission zum „Neukölln-Komplex“ vom 22.02.2021

In dem aktuellen Zwischenbericht der Sonderermittler, die von Innensenator Geisel eingesetzt wurden, erfahren wir nichts zum Mord an Luke Holland am 20.09.2015 und ebenfalls nichts zum Mord an Burak Bektaş am 05.04.2012. Hingegen erfahren wir, dass Gespräche mit nur 5 Geschädigten “realisiert werden konnten”.
Wir verweisen auf unseren Kommentar vom Oktober 2020 zu dieser “Experten-Kommission”: Aufklärung unerwünscht.

Wir schließen uns der Forderung von Hufeisern gegen Rechts in ihrer heutigen Pressemitteilung an:
“Der Zwischenbericht macht für uns noch einmal deutlich, wie notwendig die Forderung nach Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist.”

Wenn ihr selbst den Zwischenbericht einsehen oder lesen wollt, könnt ihr dies hier: pdf / link.

etwas Presse:
19.02.2021 tagesspiegel: Massiver Verlust an Vertrauen gegenüber Sicherheitsbehörden
21.02.2021 rbb: Experten finden kein Fehlverhalten der Sicherheitsbehörden
21.02.2021 rbb: Betroffene für unmündig zu erklären, bringt keine Aufklärung
21.02.2021 nd: Gutachter im Neukölln-Komplex finden keinen Hinweis auf Fehler von Behörden
22.02.2021 inforadio – Lux: Sonderermittler müssen tiefer nachforschen
22.02.2021 inforadio – Neuköllner Anschlagsserie: “Gibt noch politischen Zündstoff”
22.02.2021 rnd: Rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln: Das steht im Zwischenbericht

und eine neue interne Ermittlungsgruppe:
22.02.2021 rbb: Interne Ermittlungsgruppe – Berliner LKA untersucht rechtsextreme Taten von Polizisten

Redebeitrag zur Kundgebung am 19.02.2021 – Ein Jahr nach Hanau

– Gemeinsam gedenken, gemeinsam kämpfen!

Redebeitrag der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş als Audio / Link bei der Kundgebung am Rathaus Neukölln mit weit über 1000 Teilnehmer*innen:

Wir gedenken

Ferhat Unvar, 
Hamza Kurtović, 
Said Nesar Hashemi, 
Vili Viorel Păun, 
Mercedes Kierpacz, 
Kaloyan Velkov, 
Fatih Saraçoğlu, 
Sedat Gürbüz und 
Gökhan Gültekin. 

Wir bedanken uns für die Einladung, als Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş heute hier auf der Kundgebung “Ein Jahr nach Hanau: Gedenken heißt kämpfen!” zu sprechen. 

Burak Bektaş wäre letzten Sonntag 31 Jahre alt geworden. Doch er konnte seinen Geburtstag nicht erleben und keine Glückwünsche seiner Liebsten empfangen. Denn Burak wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 in Berlin-Neukölln erschossen. Gemeinsam mit Familie Bektaş kämpfen wir seitdem für die Aufklärung des Mordes und ein angemessenes Gedenken.
Immer wieder stellen wir die Frage: War das Motiv Rassismus?

Bis heute gibt es in Neukölln eine große Zahl von rassistischen, rechten und antisemitischen Angriffen, Brandstiftungen und Bedrohungen. Erst vor kurzem wurde auch wieder ein Farbangriff auf den Gedenkort für Burak verübt. Seit Jahren werden diese Taten nicht aufgeklärt.

Der Neukölln-Komplex reiht sich wie auch der rassistische Anschlag in Hanau am 19. Februar letzten Jahres ein in eine lange Kontinuität von rechtem Terror und rassistischen und antisemitischen Anschlägen in Deutschland.
Wir wissen nicht wo anfangen und wo aufhören mit den Namen der Ermordeten und den Orten der Anschläge, weil es so viele sind. Wen nennen und wen nicht in einer kurzen Rede?

Dass rechte Taten so häufig nicht oder unzureichend aufgeklärt werden ist kein Zufall. Das Problem ist struktureller und institutioneller Rassismus und eine immer noch ausstehende Entnazifizierung der Behörden.
Wie oft finden bspw. Täter-Opfer-Umkehrungen statt und den Ermordeten wird mittels rassistischer Zuschreibungen eine Schuld angehängt und das migrantische Umfeld der Ermordeten wird durch Ermittlungen und Verdächtigungen zermürbt!

Täter-Opfer-Umkehr passiert auch in Hanau:
In Hanau hat die Polizei Überlebende des Anschlags und Menschen aus dem Umfeld der Ermordeten aufgesucht und mit ihnen „Gefährder-Ansprachen“ gemacht. Sie wurden gewarnt, den Vater des Täters, der nur wenige Minuten vom Tatort in Hanau wohnt, in Ruhe zu lassen, sonst müssten sie mit Konsequenzen rechnen. Nicht informiert hat die Polizei sie darüber, dass der Vater des Täters offenbar dessen zutiefst rassistisches Weltbild teilt und eine tickende Zeitbombe ist: er fordert die Tatwaffe seines Sohnes zurück, möchte das Pamphlet mit den rassistischen Vernichtungsphantasien seines Sohnes wieder ins Internet stellen und stellte sogar mehrere Strafanzeigen und Beschwerden, u.a. weil er das Gedenken an die Ermordeten als „Volksverhetzung“ ansieht und droht mit weiteren Opfern. Niemand wurde darüber informiert, niemandem Schutz angeboten. Der Vater wurde aber in den polizeilichen Ermittlungen in kürzester Zeit vom Verdächtigen zum Zeugen eingestuft.

Viele Fragen sind noch offen:
Wieso wurden zahlreiche Notrufe in der Tatnacht nicht angenommen?
Wieso war der Notausgang von einem der Tatorte versperrt?
Wieso werden darüber erst unwillig nach Anzeigen der Angehörigen, Presseberichterstattung und öffentlichem Druck erste Ermittlungen angestellt?
Wieso durfte der Täter überhaupt legal Waffen besitzen?
Und wieso wurde immer noch nicht für eine angemessene soziale Absicherung der Überlebenden und der Angehörigen der Ermordeten gesorgt?

Nach den NSU-Morden haben wir gelernt: Es reicht das Schweigen und die Ignoranz der Mehrheit, während die Minderheit bedroht und angegriffen wird. Diese Strategie darf nicht weiter aufgehen! 

Als Burak Ini verstehen wir uns als eine Plattform, in der sowohl Familie und Freundeskreis von Burak, Aktivist*innen aus verschiedenen Kollektiven und Zusammenhängen in Neukölln, Leute aus der Nachbarschaft, Personen aus der der Opferberatung und der Recherche zu Neonazis – gemeinsam an einen Tisch kommen, um miteinander zu sprechen, sich zuzuhören und aktiv zu werden. 
  
Die Initiative 19. Februar schafft in Hanau einen Raum des Vertrauens, einen Raum gegen das Vergessen, gegen das Verschweigen und gegen die Angst, einen Raum für Solidarität, direkte Unterstützung für Betroffene und der Forderungen nach Aufklärung und politischen Konsequenzen. Wir haben unglaublich großen Respekt für diese Arbeit und für die Angehörigen und Überlebenden, die die Kraft finden, ihre Stimmen zu erheben.

Serpil Unvar, die Mutter des im Hanau ermordeten Ferhat Unvar, sagte: „Unsere Kinder dürfen nicht umsonst gestorben sein. Ihr Tod muss das Ende aller rassistischen Angriffe sein, er muss der Anfang sein einer Gesellschaft, in der alle Antirassismus von klein auf lernen, einer Gesellschaft, in der alle gleiche Rechte haben und ohne Angst leben können.“
Melek Bektaş, Buraks Mutter, sagte in ihrer Rede auf dem NSU-Tribunal in Köln 2017:
„Ich habe hier gesehen, wie viele Opfer es gibt. Wie viele gibt es noch von ihnen, von denen wir noch nichts wissen? Wenn wir schweigen, wird das immer wieder passieren. Jetzt ist die Zeit unseres Schweigens vorbei, wir werden nicht mehr schweigen. … Dieses System des Rassismus soll nicht so weitergehen. Ich habe hier gesehen, wenn wir Hand in Hand gehen, dann werden wir stärker.“
In diesem Sinne wollen wir mit euch allen gemeinsam Hand in Hand gehen, stärker werden und auf allen möglichen Ebenen aktiv sein: von Hanau bis Neukölln, auf Demos und Gedenkkundgebungen, sowie in allen anderen sozialen Räumen, Schulen, Museen, Kunst und Kultur und überall unsere Inhalte hinein tragen, um rassistische Morde und rechte Netzwerke aufzuklären, strukturellen Rassismus zu überwinden und darauf hinzuwirken, dass der rassistische, antisemitische und misogyne Terror in diesem Land endet.

Zum Schluss wollen wir noch einmal die Namen der in Hanau Ermordeten verlesen.

    Wir gedenken

Ferhat Unvar, 
Hamza Kurtović, 
Said Nesar Hashemi, 
Vili Viorel Păun, 
Mercedes Kierpacz, 
Kaloyan Velkov, 
Fatih Saraçoğlu, 
Sedat Gürbüz 
Gökhan Gültekin. 

Vielen Dank.

Aufruf zum 19. und 20. Februar 2021


Ein Jahr nach Hanau – Gemeinsam gedenken, gemeinsam kämpfen!

Am 19. Februar jährt sich zum ersten Mal der rassistische Anschlag in Hanau, bei dem Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu durch einen Rassisten ermordet wurden.

Gedenkorte am 19.02., ab 16 Uhr

Rathausplatz, Neukölln
Oranienplatz, Kreuzberg
Leopoldplatz, Wedding

Und am Tag danach auf die Straßen!

Antifaschistische Demo am 20.02 um 14 Uhr, S-Bahnhof Hermannstraße

Aufruf zur Kundgebung am 19.02.2021 und 20.02.2021

Gedenken an Buraks 31. Geburtstag am 14.2.2021

Am 14. Februar 2021 wäre Burak 31 Jahre alt geworden. Wir waren mit fast 100 Menschen am Gedenkort Burak Bektaş.
Erinnern heißt kämpfen. Kämpfen heißt erinnern.
Niemand wird vergessen.

Hier die Redebeiträge und wenige Fotos:

Grußbotschaft von AktivistInnen von Trotz alledem!

Liebe Familie Bektaş, Verwandte und FreundInnen von Burak
Liebe anwesende AntirassistInnen und AntifaschistInnen
Die Zeit heilt keinen Schmerz. Die Wunde in den Herzen der Familie und FreundInnen von Burak wird sich nie schließen. Sie schmerzt aber um so mehr als der Mörder von Burak auch nach 9 Jahren immer noch nicht gefasst ist. Der Mörder, wie so viele andere hunderte faschistische Mörder vom NSU-Komplex, von Oury Jalloh, um nur zwei Beispiele zu nennen, sie sind im wahrsten Sinne des Wortes unter uns. Auch heute, auch morgen werden sie weiter mordend durch dieses Land ziehen. Wenn wir heute an das kurze Leben von Burak, an seine Geburt, an die Freude seiner Familie erinnern, versuchen wir ihnen beizustehen in diesem unendlichen Kummer über den Verlust. Aber auch mit der festen Entschlossenheit, darum zu kämpfen seinen Mörder dingfest zu machen, uns gegen den Rassismus in Staat, Politik und Gesellschaft zu erheben, der diese Mordtat hervorgebracht, geduldet und nicht aufgeklärt hat. Burak wird in allen Herzen aber vor allem in euren Herzen, und in dem Kampf um die Gerechtigkeit, im gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Faschismus, weiterleben.
Wir werden nicht ruhen, bis die Morde lückenlos aufgeklärt sind .

Redebeitrag der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş

Liebe Familie Bektas, liebe Angehörige, liebe Melek, lieber Ahmet, liebe Melike, lieber Fatih, liebe Freunde und Freundinnen,

heute wäre Burak 31 Jahre alt geworden. Aber er wurde am 5. April 2012 wenige Schritte von hier erschossen. Zwei seiner Freunde wurden schwer verletzt. Wir treffen uns immer an Buraks Geburtstag an dieser Stelle oder am Ort seines Todes, um zu erinnern und um anzuklagen: Findet seinen Mörder!

Seit neun Jahren stehen Menschen an diesem Ort oder direkt am Tatort und erinnern an ein Verbrechen, das noch immer nicht aufgeklärt wurde. An ein Verbrechen, von dem wir fragen: War Rassismus das Motiv?

Der Mörder wurde nie gefasst. Vielleicht läuft er hier immer noch herum oder vielleicht war es aber doch, wie viele vermuten Rolf Zielezinski. Er hat 2015 den Briten Luke Holland in der Ringbahnstraße erschossen. Er kannte Luke Holland nicht, ist ihm nie begegnet. Die Polizei behauptet, dass es keinen Zusammenhang gäbe zwischen den beiden Morden. Wir fragen: Wie kann sie das behaupten? Buraks Mutter hat schon oft gefragt, wie diese Einschätzung zustande kommt.Die Ermittler behaupten, es gäbe keinerlei Indizien dafür, dass Zielezinski auf Burak und seine Freunde geschossen haben könnte. Wir wissen, dass das nicht wahr ist. Warum also tun sie das?

Wir stehen hier, weil wir Aufklärung fordern. Die Familie und wir alle haben das Recht zu wissen, wer Burak ermordet hat.

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Viele Menschen in Neukölln werden immer wieder in Angst und Schrecken versetzt. Es gibt eine große Zahl von Brandstiftungen, Bedrohungen, rassistischen, rechten, antisemitischen Angriffen. Neukölln gehört zu den Bezirken mit den meisten Angriffen in Berlin. Keine der Taten wird aufgeklärt. Und das beobachten wir seit vielen Jahren.

Die Forderung der Betroffenen nach einem Untersuchungsausschuss wurde bisher nicht erfüllt. Stattdessen wurde eine „Besondere Aufbaugruppe“ der Polizei beauftragt, alle Fälle einschließlich den Morden an Burak und Luke zu untersuchen. Die letzten Sommer bekannt gewordenen Ergebnisse dieser BAO Fokus sind enttäuschend. Es gibt keine neuen Beweise und keine Aufklärung. Nun überprüft eine Sonderkommission die Ermittlungsarbeit der Polizei.

Der Neukölln-Komplex ist nicht nur ein Polizei-, sondern auch ein Justizskandal. Im August 2020 zog die Berliner Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren im Neukölln-Komplex an sich. Der Grund: Bei zwei der ermittelnden Staatsanwälte besteht der Verdacht auf Befangenheit. Ein Leiter der Staatsschutzabteilung vermittelte einem Verdächtigem, er brauche sich nicht zu sorgen, er sei selbst AFD-Wähler.

Vor Weihnachten dann wurden zwei bekannte Nazis als Hauptverdächtige in der Anschlagsserie festgenommen. Einen Monat später sind beide wieder auf freiem Fuß.

Zur gleichen Zeit begeht ein Unbekannter einen Anschlag auf den Gedenkort: Das Denkmal wird mit weißer Farbe übergossen. Wir können den Schaden beseitigen. Ob der Täter gefasst wird? Wir glauben kaum daran.

Melek Bektaş sagt angesichts des neuen Farbanschlags: „Sie werden nicht aufhören“. Sie, die Nazis und Rassisten in Neukölln und anderswo werden nicht aufhören. Auch Ferat Koçak erhält weiterhin Drohungen. Warum sollten sie auch aufhören. Sie haben nichts zu befürchten: Nicht von Besonderen Aufbau Organisationen, nicht von SonderermittlerInnen und schon überhaupt gar nicht von der Justiz.

Auch die Morde des NSU wurden nicht aufgeklärt!
Ohne die Selbstenttarnung des NSU wüssten wir bis heute nichts von diesen Tätern. Diese Erkenntnis ist bitter und umso bitterer ist es festzustellen, dass sich auch durch viele Untersuchungsausschüsse und mit dem NSU-Prozess in München nichts geändert hat.

In die Kontinuität rechten und rassistischen Terrors reiht sich der rassistische Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 ein. Neun junge Menschen wurden ermordet. Auch hier gibt es viele offene Fragen an die Polizei und fehlende Unterstützung für die Familien der Betroffenen vonseiten der Behörden. Am 19. Februar findet eine Gedenkkundgebung vor dem Rathaus Neukölln statt, auf der auch wir sprechen und uns mit der Familie 19. Februar solidarisieren.

Wir wissen seit vielen Jahren, dass es eine große Sorgfalt und ein großes Aufgebot an Ermittlungstätigkeiten gibt, wenn es sich um (auch nur geplante) Taten handelt, die nicht aus einem rechten politischen Zusammenhang kommen können. Der Einsatz von Ressourcen für die eine oder die andere Arbeit ist eine politische Entscheidung. Im Zweifel für die Straflosigkeit von Nazis.

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Aber Neukölln ist auch ein Bezirk, in dem sich viele Menschen gegen rassistische, rechte, antisemitische Gewalt und Gewalt gegen gleichgeschlechtliche Lebensweisen engagieren.
Was Buraks Mörder und die anderen Täter bewirkt haben, ist die wachsende Solidarität zwischen den vielen unterschiedlichen Betroffenen und der vielen Unterstützer:innen.

Der Gedenkort und jede unserer Versammlungen, Kundgebungen und Demonstrationen sind sichtbare Zeichen dafür, dass die Rechnung der Täter und die der Ermittlungsbehörden nicht aufgehen wird. Nichts wird vergessen und kein Gras wird über ihre Taten wachsen. Der Gedenkort ist gelebte Solidarität. Er wird ein ewiges Ärgernis für die Täter:innen sein. Er ist ein würdiger Ort des Erinnerns, des Trauerns und dennoch ein Zeichen der Freude und des gemeinsamen Kampfes der Angehörigen, der Freunde und allen, die zusammen für eine Gesellschaft ohne Rassismus, für eine andere, bessere Welt kämpfen.

Wir arbeiten weiter daran, diesen Ort schöner zu machen und zu einem Ort des lebendigen Gedenkens und der Begegnung werden zu lassen. Unser Ziel für dieses Jahr ist es, die Grünfläche mit Wegen und Bänken zu gestalten. Wir haben bereits eine Firma dafür gefunden und hoffen, dass wir diese letzte Bauphase trotz Pandemie bald abschließen können.

Wir werden nicht nachlassen mit unseren Forderungen nach Aufklärung
Wir werden am Todestag am 5.4. eine Kundgebung organisieren und weiter an unsere Forderung nach Aufklärung erinnern. Dazu laden wir euch jetzt schon ein.

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Fotos in größerer Auflösung unter archive.org

14.02.2021: Kundgebung am Geburtstag von Burak Bektaş

So. 14. Februar 2021 – 14 Uhr : Gedenkort für Burak Bektaş : Rudower Straße / Möwenweg : Berlin-Neukölln (Süd)

Am 14.2.2021 wäre Burak 31 Jahre alt geworden.

An seinem Geburtstag kommen wir – Freund*innen, Familie, Unterstützende und Aktivist*innen – am Gedenkort zusammen, um Blumen niederzulegen und gemeinsam Burak zu gedenken.

Wir zeigen, dass Burak unvergessen bleibt.

Burak kann seinen Geburtstag seit dem 5. April 2012 nicht mehr feiern, er wurde im Alter von 22 Jahren ermordet. Die Ermordung Burak Bektaş und der Mordversuch an zwei seiner Freunde sind nach wie vor nicht aufgeklärt.

Die Forderung nach Aufklärung bleibt, wir fragen, war das Mordmotiv Rassismus?

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Bitte tragt Masken und haltet wegen Covid 19 Abstand. Bitte bringt euch selbst Tee mit.

Prozessende vor dem OLG Frankfurt – #KeinSchlussstrich

Wir solidarisieren uns mit den Angehörigen und haben einen Brief an Ahmed geschrieben:

Lieber Ahmed,

als Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş senden wir dir viele solidarische Grüße. Sicherlich war der Tag der Urteilsverkündung ein schwieriger Tag für dich. Wir sind froh, dass du solidarische Menschen an deiner Seite hattest. Auch wir haben an dich gedacht und von Berlin aus den Prozess verfolgt.

Wir sind wütend, dass der rassistische Mordversuch auf dich nun nicht einmal vor Gericht aufgeklärt und anerkannt wurde. Aber wir sind nicht überrascht. Wir wissen wie du, dass wir uns nicht auf den Staat
verlassen können wenn es um die Aufklärung und Bekämpfung von Rassismus und rechten Terror geht. Wir wissen wie du, dass wir das selbst in die Hand nehmen müssen. Du bist in deinem Kampf um Aufklärung und
Gerechtigkeit nicht alleine. Wir und viele andere Menschen sind an deiner Seite.

Wir wünschen dir weiterhin viel Kraft.

Solidarische Grüße aus Berlin von der

Burak-Ini

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Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungsrat Walter Lübcke wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt am 28.01.2021 das Urteil gesprochen: Der Hauptangeklagte wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Wir sind mit unseren Gedanken bei seiner Familie und bei Ahmed I., der am 6. Januar 2016 aus rassistischen Gründen niedergestochen wurde. Wegen des versuchten Mordes an Ahmed I. wurde der Täter nicht verurteilt, Ahmed I. wird als Opfer nicht anerkannt. Das gleicht einem Freispruch für einen rassistischen Mordversuch an Ahmed I. Desweiteren geht ein Mittäter mit einer Bewährungsstrafe als freier Mann aus dem Prozess raus…. Wir fordern Gerechtigkeit für Ahmed I. und volle Aufklärung! #KeinSchlussstrich

Berliner Sicherheitsbehörden – ein wenig Presse

Verfassungsschutz-Bericht zur Einschätzung der AfD von VS-Beamten der AfD zugeschickt, Hauptverdächtige in der Anschlagsserie in Neukölln freigelassen und Gedenkort Burak Bektaş beschmiert:

25.01.2021 bz: Linke fordert Rücktritt von Innensenator Geisel
25.01.2021 telepolis: AfD – Sicherheitskreise selektiv mitteilsam
25.01.2021 rbb: Papiere durchgestochen, Referatsleiter freigestellt. AfD-Affäre stürzt Berliner Verfassungsschutz ins Chaos
22.01.2021 rbb: Landgericht bestimmt Entlassung. Verdächtiger bei Neuköllner Anschlagsserie kommt auf freien Fuß
22.01.2021 taz: AfD Berlin und Verfassungsschutz – Hand in Hand
22.01.2021 taz: AfD-Affäre beim Verfassungsschutz Berlin: Referatsleiter abgesetzt
22.01.2021 taz: AfD Berlin und der Verfassungsschutz – Freunde mit gewissen Vorzügen
22.01.2021 tagesspiegel: Berliner Neonazi Tilo P. hatte Bezug zum „Flügel“ der AfD
22.01.2021 tagesspiegel: Spurensuche zum Berliner AfD-Gutachten.
22.01.2021 tagesspiegel: Beschwerde der Berliner Staatsanwaltschaft abgewiesen Neuköllner
22.01.2021 taz: Neonazi kommt frei – Sebastian T., Verdächtiger der Neuköllner Anschlagsserie, wird aus der U-Haft entlassen. Die Opfer der Anschläge sind bestürzt.
22.01.2021 rbb: Gedenktafel für getöteten Burak Bektas beschädigt
22.01.2021 bz: Gedenktafel für Burak Bektas beschädigt und mit Farbe übergossen
20.01.2021 tagesspiegel: Undichte Stelle in Berlin AfD bekam vertrauliches Verfassungsschutzpapier
20.01.2021 berliner Zeitung: Persilschein für Berliner AfD – Geisel droht Verfassungsschutz mit Konsequenzen

Stellungnahme zum Anschlag auf den Gedenkort Burak Bektaş:

Am 21.01.2021 wurde wegen eines Anschlags auf das Burak Bektaş-Denkmal Anzeige erstattet.

Der Grundstein und die Skulptur „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“ wurden mit weißer Farbe beschädigt.

Wir haben die Schäden beseitigt, nachdem die Polizei mit der Spurensicherung fertig war.

Burak Bektaş wurde am 05.04.2012 nachts zusammen mit seinen Freunden von einem Unbekannten überfallen und erschossen. Die Familie, Freunde, Initiativen und viele viele Unterstützer:innen gehen von einem rassistischen Mord aus. Der Mord ist bis heute unaufgeklärt. Indes dauern Anschlagsserien in Neukölln an…

Wir danken euch für eure Solidarität.

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Der nach Afghanistan abgeschobene geflüchtete Jamil soll nicht nach Berlin zurückgeholt werden (link), obwohl er von einem Polizisten am 5. April 2017 (Buraks 5. Todestag) rassistisch beleidigt und schwer Misshandelt wurde. Der Polizist K. (link) schlug Jamil in seiner Freizeit zusammen, beruflich betreute er Opfer der rechten Anschlagsserie in Neukölln. Unterstützt die Petition für Jamils Rückkehr link / Presse.

Die 2 Hauptverdächtigen für die rechte Anschlagsserie in Neukölln, die medienwirksam vor Weihnachten verhaftet wurden, sind nun beide wieder frei.

Presse: taz / rbb

Gedenken an Oury Jalloh an seinem 16. Todestag

Am 7.1.2021 organisierten wir eine Kundgebung in Berlin vor der Landesvertretung Sachsen-Anhalts, und beteiligten uns wegen der Covid 19 – Pandemie an dem dezentrales Gedenken an Ouy Jalloh, genauso wie Menschen in Hamburg, Leipzig, Halle, Essen und weiteren Städten; neben Dessau natürlich, wo Oury Jalloh am 7.1.2005 in der Polizeidirektion ermordet wurde.
Am 7.1.2005 starb auch Laye Condé, er war am 27.12.2004 in Bremen bei einem Brechmitteleinsatz so schwer misshandelt worden, dass er ins Koma fiel und am 7.1.2005 verstarb.

Vor der Kundgebung um 14 Uhr am 7.1.2021 fand eine temporäre Straßenumbenennung (siehe Foto) vor der Landesvertretung Sachsen-Anhalts statt und ein Adbusting zum 16. Todestag von Oury Jalloh & Laye Condé.

Weitere Infos der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und der Dokumentationsseite zur Brechmittelfolter in Bremen.

Presse zum 7.1.2021:
taz / morgenpost / tagesspiegel / nd / mz / jw / perspektive / epd / dpa / / Bericht zu Hamburg / Presse zu Berlin & Leipzig

Videos von Left Vision, Mitschnitt der Kundgebung vor der Polizeidirektion Dessau link, Adbusting in Berlin und vom rbb.

Interviews und mehr bei freie-radios.net 1 / 2 / 3

Anbei noch der Redebeitrag der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş:

Oury Jalloh und Burak Bektaş, zwei Morde, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich sind, auf den zweiten Blick aber erschreckend viele Gemeinsamkeiten aufweisen.
Burak wurden von einem unbekannten Täter in Neukölln erschossen – Oury Jalloh verbrannte im Dessauer Polizeigewahrsam.

Oury Jalloh und Burak Bektaş, unaufgeklärt beide Fälle. Damit einhergehend das Leid für die Angehörigen, die nach wie vor vergeblich auf Antworten warten, denn in beiden Fällen läuft der Täter noch frei herum oder wurde nicht bzw. nicht angemessen verurteilt. Die vielen offenen Fragen lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Es kann jederzeit wieder passieren.
In Buraks Fall, der sich in unmittelbarer Nähe des Wohnorts der Familie Bektaş ereignete, muß seine Mutter mit der quälenden Ungewissheit leben, ob es sich bei Personen, die sie in ihrer Nachbarschaft trifft, um den potentiellen Täter handelt, Die Familie muss immer noch um die Sicherheit von Buraks Geschwistern fürchten.
Oury Jallohs Mutter musste sterben, ohne Gewissheit über die Todesumstände ihres Sohnes zu erhalten. Ihrem Sohn, der auf der Suche nach einem besseren Leben nach Deutschland kam und dort gefesselt in einer Polizeizelle verbrannte.
Es ist unendlich kaltschnäuzig und respektlos gegenüber Oury Jallohs Freunden und Angehörigen, dass die zuständigen Stellen und Behörden in Sachsen-Anhalt nicht alles daran setzen, den Hinterbliebenen wenigstes Gewissheit über die Umstände des Todes ihres geliebten Sohnes, Bruders, Freundes und Partners zu verschaffen.
Wie kaltschnäuzig und respektlos ist es auch allen anderen von Rassismus und Polizeigewalt Betroffenen gegenüber, sich der Aufklärung zu verweigern, und sie stattdessen mit infamen, dreisten Lügen abzuspeisen, um so alles auszusitzen, während die Täter straflos bleiben, von oberster Stelle geschützt.

Oury Jallohs Angehörige werden wohl alles Vertrauen in deutsche Behörden verloren haben, er starb in Polizeigewahrsam.
Die Weigerung der Ermittlungsbehörden aufzuklären und institutioneller Rassismus durchziehen beide Fälle wie ein brauner Faden: Um dies bei Burak auszubuchstabieren: Das Berliner LKA hat eine Abteilung, die die Ermittlungen anderer Polizeieinheiten bewertet und Hinweise auf weitere sinnvolle Ermittlungen gibt (LKA 11 AE/OFA). Am 29. Juni 2012 wurde ein 50seitiger Auswertungsbericht dieser Abteilung zum Mord an Burak Bektaş der ermittelnden Mordkommission übergeben. Dieser Auswertungsbericht gelangte erst im Mai 2015, drei Jahre später (!) in die “offizielle” Akte und laut dieser wurde auch erst ab diesem Zeitpunkt diese Ermittlungsempfehlungen teilweise umgesetzt. Natürlich hatten Tatverdächtige so die Chance zu sagen, sie könnten sich nicht mehr so genau erinnern, 3 jahre später, Razzien bei diesen wurden nicht durchgeführt etc… So “dürfte” dies EIN Grund sein, dass der Mord an Burak Bektaş und der Mordversuch an 2 seiner Freunde bis heute nicht aufgeklärt ist.
Aktives Vertuschen bei Oury Jalloh, verschwundene und gefakte Beweismittel, ignorierte Gutachten, Ausreden und Lügen: aktiver Täterschutz. Selbst den vom Landtag eingesetzten Ermittler:innen wurde der Zugang zu wichtigen Zeug:innen verwehrt.

Aber bei der Dessauer Polizeidirektion geht es nicht nur um Oury Jallohs Tod, sondern auch um zwei weitere Fälle: Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann. Hans-Jürgen Rose wurde am 7.12.1997 verhaftet und wenige Meter entfernt von der Polizeidirektion Dessau am 8.12.1997 Tod aufgefunden. Mario Bichtermann verstarb am 30.10.2002 in derselben Zelle wie Oury Jalloh. Derselbe Polizist war bei beiden Morden verantwortlich für den Gewahrsam. Er wurde nach 2 Prozessen nur zu einer Geldstrafe und Übernahme der Prozesskosten verurteilt – Die übernahm die Polizeigewerkschaft GdP.
Am 11. Mai 2016 ermordete dann der Sohn einer Polizistin und Stiefsohn des damaligen Revierleiters Li Yangji , eine chinesische Studentin. Wieder versuchte die Dessauer Polizei dies zu decken – dies alles sind die Konsequenzen der fortgesetzten Straflosigkeit.

Die Ermittlungsbehörden in Berlin versuchen, den Neukölln-Komplex auf die Jahre 2016 bis heute und auf 2 bis 3 tat verdächtige Nazis zu reduzieren. Dabei verübte Carsten Szczepanski, ein im NSU-Komplex bekannt gewordener Nazi-V-Mann, bereits 1993 einen Brandanschlag in Neukölln. Die fortgesetzte Straflosigkeit gipfelte im Mord an Burak am 5.4.2012 und an Luke Holland am 20.09.2015. Die Anschlagsserie begann also lange vor 2016.
Vor wenigen Monaten wurde der Fall eines Polizeibeamten bekannt, der gegen Rechts ermitteln sollte und Opfer rechter Gewalt in Neukölln betreute, und der in seiner Freizeit einen Geflüchteten zusammen schlug – das Opfer wurde danach trotz seiner Rolle als Zeuge im laufenden Gerichtsverfahren nach Afghanistan abgeschoben.

Unterschiede sind, dass in Buraks Fall zumindest nicht auch noch um dessen Anerkennung als Mord gekämpft werden muss, wie bei Oury Jalloh, wo einige Behördenvertreter:Innen trotz mittlerweile X anders lautenden Expert:innengutachten an der wirren absurden Selbstanzündungsthese festhalten.
Sowohl bei Oury Jalloh als auch bei Burak Bektaş mußte die traurige und bittere Erfahrung gemacht werden, dass von staatlichen Stellen wenig oder nichts zu erwarten ist – „Von der Festnahme bis zum Tod Jallohs sei so gut wie jede polizeiliche Maßnahme fehlerhaft oder rechtswidrig gewesen“, sagte einer der beiden Sonderberater des Magdeburger Landtags: “Wären diese Fehler unterblieben, dann wäre Oury Jalloh mit aller größter Wahrscheinlichkeit noch am Leben”.

In beiden Fällen ist es aber die Sache der Angehörigen, Unterstützer:innen und der Zivilgesellschaft, um Aufklärung zu kämpfen.,
Nur der Kraft, dem Mut, und der Beharrlichkeit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ist es zu verdanken, dass die verantwortlichen staatlichen Stellen niemals mit ihren Lügen durchkommen werden.

Oury Jalloh das war Mord