Am 15. Mai veröffentlichte die „Antifaschistische Jugend Augsburg“ einen Beitrag zum sogenannten „Nakba-Tag“ auf Facebook(1) sowie Instagram(2). Die „Nakba“ (arabisch für Katastrophe) bezeichnet unter einem sehr einseitigen Blickwinkel die Folgen der Staatsgründung Israels für die Palästinenser*innen. Beschäftigt man sich eingehender mit den Erzählungen3, so wird sehr schnell klar, dass die eigentliche Katastrophe für jene, die sich positiv auf den „Nakba-Tag“ beziehen, die Existenz Israels darstellt.
So scheint sich das auch bei der Antifaschistischen Jugend Augsburg darzustellen. Mit „der Besetzung von 75% des historischen Palästinas durch zionistische Armee-Einheiten“, von der sie sprechen, meinen sie Israel, mit dem „freie[n] Palästina“ sein Ende. Unter Ausblendung historischer Tatsachen wie des arabischen Angriffskrieges gegen den gerade erst gegründeten Staat behaupten sie, dass „[f]ast eine Million Palästinenser […] von Zionisten aus Palästina vertrieben“ wurden. In Wahrheit wurden tatsächlich in etwa 250.000 Palästinenser*innen vertrieben. Jeweils dieselbe Zahl an Palästinenser*innen flohen vor den Kampfhandlungen oder verließen in der Hoffnung, mit den siegreichen arabischen Armeen zurückzukehren, ihre Häuser freiwillig. Jene Araber*innen, die blieben, wurden israelische Staatsbürger*innen mit allen damit verbundenen Rechten.
Dass die Lage der palästinensischen Flüchtlinge, deren Zahl von ursprünglich etwa 750.000 aufgrund der Vererbung des Flüchtlingsstatus auf heute fünfeinhalb Millionen anwuchs, nach wie vor misslich ist, liegt nicht an Israel. Vielmehr werden ihnen in den Ländern, die sie aufgenommen haben, sowie in den Gebieten unter Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Hamas fundamentale Bürger- und Menschenrechte vorenthalten. So müssen nach wie vor ca. eineinhalb Millionen der palästinensischen Flüchtlinge in Flüchtlingslagern leben. Sie können ihren Wohnort nicht frei wählen, keiner Berufstätigkeit nachgehen und nicht politisch partizipieren, weil es die Gesetze der Staaten oder Gebiete nicht erlauben. Dafür interessieren sich die palästinasolidarischen Antiimperialist*innen jedoch nicht. Ihr „Engagement“ ist auf jene Fälle beschränkt, in denen die Notleidenden sich in zynischer und menschenverachtender Manier als bloße Masse gegen Israel ins Feld führen lassen.
Auch bei der Tatsache, dass es bis heute keine Lösung des Konfliktes gibt, blendet die
Antifaschistische Jugend Augsburg die grundsätzliche Verweigerungshaltung der arabischen bzw. palästinensischen Seite einfach aus. Der UN-Teilungsplan (1947) das Friedensangebot von Israel bei seiner Gründung (1948) und weitreichende Angebote für palästinensische Staatlichkeit (2000/2001 und 2008) sowie die einseitige Räumung des Gaza (2005) wurden von der arabischen bzw. palästinensischen Seite nicht nur kategorisch abgelehnt, sondern stets mit Krieg oder Terror beantwortet.
Auch wird ein Mythos vom „freie[n] Palästina“ hochgehalten, der eher Wunschvorstellungen statt der Realität entspringt. Weder das Terror-Racket der Hamas noch die Palästinensische Autonomiebehörde mit dem seit 2009 ohne jede demokratische Legitimation herrschenden Präsidenten Abbas kann den Palästinenser*innen Freiheit garantieren. Es ist im Gegenteil zu erwarten, dass ein palästinensischer Staat deren Unterdrückung intensivieren würde.
Statt dem Rechnung zu tragen, solidarisiert sich die Antifaschistische Jugend Augsburg mit „den Freiheitskämpfer*innen Palästinas“. Kämpfer*innen ist dabei wörtlich zu nehmen und meint die islamistische Hamas, die al-Aqsa-Märtyrerbrigaden der Fatah und die Terrorzellen von „linken“ Organisationen wie der PFLP oder DFLP. Sie alle eint – bei weltanschaulichen Unterschieden – ein gemeinsames Ziel: die Vernichtung Israels. Ein Ziel, das eigentlich zu einer Ablehnung und Distanzierung von diesen Gruppen führen sollte, nicht zu einer Solidarisierung.
Die Antifaschistische Jugend Augsburg überschreitet mit ihrer „Kritik“ an Israel die Grenze zum Antisemitismus. Israel wird delegitimiert, indem ihm die Existenzberechtigung abgesprochen wird. Israel wird dämonisiert, indem bewusst Tatsachen ausgelassen werden und eine extrem einseitige Darstellung komplexer historischer Tatsachen zu Ungunsten Israels erfolgt. Ferner wird ein doppelter Standard an Israel angelegt, indem erwartet wird, dass Israel allein für eine Lösung der Situation der Palästinenser*innen zu sorgen hätte, ohne deren Lebensbedingungen unter arabischer und palästinensischer Herrschaft auch nur zu erwähnen. Mit diesen drei Faktoren (Delegitimierung, Dämonisierung, Doppelstandards) spricht man nach allgemeiner Auffassung nicht mehr von „Kritik“, sondern von Antisemitismus.
Wir fordern daher alle demokratischen und antifaschistischen (Jugend-)Organisationen auf, sich von der Antifaschistischen Jugend Augsburg zu distanzieren und nicht mit ihnen zu kooperieren bis diese Missstände ausgeräumt sind. Antisemitismus kann und darf auch wenn er vorgibt „Kritik“ zu sein – nicht geduldet werden.
Gegen jeden Antisemitismus!
Unterzeichnende Organisationen:
Junges Forum DIG Augsburg
Linksjugend [‘solid] Augsburg
Forwards Not Backwards – Antifaschistische Gruppe Augsburg
Grüne Jugend Augsburg
Jusos Augsburg
1 https://www.facebook.com/antifajugendaux/photos/a.112760043681064/139410697682665/
2
3
https://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2019/10/Mythos_Nakba.pdf