kritik. antifa. marxismus.

8 März – Legt die Arbeit nieder!

Verdanken können wir den feministischen Kampftag Clara Zetkin, einer deutschen Kommunistin, die sich nach amerikanischer Inspiration für die Umsetzung hier einsetzte – am 19. März 1911 gab es dann den ersten Frauentag: damals kämpfte man noch um das Wahlrecht, aber auch um die Emanzipation der Arbeiterinnen. Für diese ist seit dem Beschluss der „Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen“ seit 1921 der 8. März bis heute der Tag des Streikes. Denn am 8. März 1917 (nach julianischen Kalender) waren es Frauen als Arbeiterinnen, Bäuerinnen und Ehefrauen, die in Petrograd auf die Straße gingen und die Februarrevolution auslösten. Wenn wir also über den 8. März reden, betiteln wir ein kommunistisches Erbe, ein Erbe, das im Nazi-Regime verboten war und in Muttertage verwandelt wurde, ein Erbe, das danach von sozialistischen Stimmen wieder zum Leben erweckt wurde: Als eine pazifistische Selbstbespaßung, als Tag, an dem der Chef den Mitarbeiterinnen Rosen überreicht. Wir verfehlen auch heute den Zweck des feministischen Kampftages, da auch heute zwar wichtige Forderungen gestellt werden – wie etwa die sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, gleicher Lohn, ein Ende der Femizide, ein Ende der Diskriminierung von Geschlechtern und ein Ende von rassistisch-sexistischer Diskriminierung – aber wir müssen auch die Forderung nach einem neuen System stellen. Das momentane System der männlichen Herrschaft – wir nennen es Patriarchat – und das momentane Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell – wir nennen es Kapitalismus – sind Kern und Ursprung unserer Unterdrückung. Wenn wir eine Freiheit der Frau und Queers wollen – und das nehme ich hier mal an – dann bedeutet das die Abschaffung der Ehe, ein Bruch des Familienkonzepts, es bedeutet aber auch das Überwinden des Kapitalismus. Das Recht der Frau auf Arbeit, ist zwar die finanzielle Befreiung vom Mann, aber zeitgleich seine Konkurrenz – Clara Zetkin schrieb „Der Kapitalist spekulierte auf diese beiden Momente: die Arbeiterin so schlecht wie möglich zu entlohnen und den Lohn der Männer durch diese Konkurrenz so stark wie möglich herabzudrücken. In gleicher Weise machte es […] Arbeit der Maschinen, um die menschliche Arbeitskraft überhaupt herabzudrücken. Das kapitalistische System allein ist die Ursache, daß die Frauenarbeit die ihrer natürlichen Tendenz gerade entgegengesetzten Resultate hat; daß sie zu einer längeren Dauer des Arbeitstages führt, anstatt eine wesentliche Verkürzung zu bewirken.“ Dieses Beispiel soll nicht an Frauen appellieren nicht zu arbeiten und sich in Abhängigkeit eines Mannes zu stellen, es soll uns erinnern, dass unsere bisherigen Errungenschaften keine Freiheit brachten und zwar keinem Geschlecht, und dass alle Zugeständnisse in diesem System nur diese sein werden, die dem System nutzen, es sind nur die Zugeständnisse, die der Unterdrückung aller dienen. Lasst uns erkennen, dass die Emanzipation der Frau und aller anderen Geschlechter hier und heute gefordert werden muss aber auch als permanenter Kampf gegen den Kapitalismus geschehen muss. Wir sagen oft, dass in dieser Welt Profite über Menschenleben stehen, und wenn wir das sagen, dann meinen wir damit eine Menge furchtbarer Dinge, wir meinen die Ausbeutung der sogenannten armen Länder, wir meinen Abschiebungen von Geflüchteten, zu niedriges Arbeitslosengeld, Überstunden im Job und Kriege aufgrund finanzieller Ziele. Aber was wir auch meinen müssen, ist das Profite über Frauenleben stehen – denn es sind Näherinnen in Bangladesch, es sind Krankenpflegerinnen in unseren Krankenhäusern, es sind allein-erziehende Mütter, die nicht arbeiten können und es sind osteuropäische oder schwarze Frauen, die unsere Häuser putzen. Und das tun sie als Lohnarbeit aber auch in ihrer sogenannten Freizeit. Denn es sind Frauen, die als Mütter und Ehefrauen, sich um Männer und Kinder kümmern, die den Haushalt schmeißen und Großeltern pflegen – die Geschlechterrollen sind auch 2022 nicht aufgebrochen – Care-Arbeit ist und bleibt ein weibliches Phänomen. Um der Welt zu zeigen, dass sie auf unseren Rücken steht, um unsere Lohnarbeit aber auch die CareArbeit nicht weiter unsichtbar zu lassen, müssen wir heute aufhören die Welt zu tragen – der 8. März muss nicht nur Analysen liefern, sondern auch streiken. Er muss der Welt zeigen: Ohne uns steht alles still. Egal ob wir heute nicht pflegen, nicht putzen, nicht nähen, nicht programmieren, nicht kochen, nicht forschen oder nicht unterrichten. Dieser Tag gilt der Emanzipation dieser Welt, es gilt sich zu bestärken, zu formieren und in Zukunft zu erkämpfen, was einem zusteht. Das ist mehr als Rosen, das ist mehr als Mindestlohn und mehr als Klatschen am Balkon. Hier darüber reden zu können, ist ein Privileg, aber lasst uns Taten darauf folgen lassen. Die Freiheit wird uns nicht gegeben, wir müssen sie uns erkämpfen! Und um mit Clara Zetkins Worten zu enden: “Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: [Jetzt] erst recht!”