Die 5 häufigsten Fragen zum Kapitalismus
Eine kleine, sehr verkürzte Einführung in eine kritische Auseinandersetzung mit den herrschenden Umständen
Was ist Kapitalismus?
“Kapitalismus” bezeichnet eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Darin besitzen wenige Menschen –die Unternehmer– das Kapital. So nennt man alles, was zur Herstellung von Waren nötig ist: Werkzeuge, Maschinen, Fabrikhallen etc. Was die Unternehmer*innen mit ihrem Kapital machen, bestimmen sie selbst. Es gibt also nur die Ware zu kaufen, die Unternehmer*innen von sich aus anbieten. Weil sie möglichst gut verdienen wollen, stellen sie aber genau die Produkte her, die Menschen mit Kaufkraft kaufen möchten. Mit dieser Analyse lassen sich Menschen im Kapitalismus in zwei Gruppe [man spricht oft von Klassen] einteilen: die Arbeiter*innen [auch Proletariat] und die Unternehmer*innen [auch Kapitalist*innen oder Bourgeoisie].
Seit wann gibt es den Kapitalismus?
Die ersten kapitalistischen Fabriken entstanden im späten 18. Jahrhundert, zu Beginn der Industriellen Revolution. Die Arbeiter*innen mussten darin für wenig Lohn schwer schuften. Gesetze zu ihrem Schutz (oder Rente) gab es zu dieser Zeit nicht und mussten von ihnen erst hart erkämpft werden.
Was sind die Vorteile des Kapitalismus?
Könige und Fürsten waren früher allein wegen ihrer Herkunft reich; Im Kapitalismus kann in der Theorie jeder Mensch zu Geld kommen. Weil erfolgreiche Unternehmer*innen gute Ideen brauchen, fördert vermeintlich die kapitalistische Wirtschaft auch den Erfindungsreichtum – und den Fortschritt, etwa in Technik und Wissenschaft. Diese These lässt sich allerdings durch z.B. die Erkenntnisse der Belohnungspsycholgie auch anzweifeln.
Was sind die Nachteile des Kapitalismus?
Im Kapitalismus werden erfolgreiche Unternehmer*innen reicher und reicher: Sie kaufen von dem Geld, das sie einnehmen, immer neue Maschinen, Werkzeuge – oder andere Firmen, durch die sie noch mehr verdienen. Wer kein Kapital besitzt, kann dagegen oft nur überleben, indem er*sie die eigene Arbeitskraft verkauft. Und die Unternehmer*innen bezahlen den Arbeiter*innen so wenig Lohn, wie nur möglich. Schlimmstenfalls gilt: Nur wer bereit ist, für geringen Lohn hart zu arbeiten, bekommt überhaupt einen Job. Und wer krank wird oder seine Wohnung verliert, kann sehen, wo er*sie bleibt. Alle Menschen stehen im Kapitalismus in Konkurrenz zueinander – um Jobs, Geld, Schulnoten etc. Beschönigend wird dies Wettbewerb genannt, obwohl es um nicht weniger als das eigene Leben geht. Unternehmen stehen in einer ständigen und unmittelbaren Konkurrenz zueinander. Aus diesem Grund müssen sie, um nicht pleite zu gehen, mehr Profit als die Konkurrenz erwirtschaften. [Profit ist der eingenommene Betrag, der übrig bleibt nach Abzügen wie Lohn. Umgangssprachlich der Gewinn der Unternehmer*innen]. Tun sie dies nicht, kann die Konkurrenz sie mithilfe des zusätzlichen Profits, der wieder als Kapital eingesetzt werden kann, bald vom Markt drängen. Deshalb werden – immer wenn möglich – Löhne gekürzt, Pausen gestrichen, Personal entlassen oder Produktionsstätten [in “billigere” Länder] verlagert, um den Gewinn zu maximieren. Auch vor Umweltzerstörung wird dabei nicht zurückgeschreckt, wenn es Kosten spart. Da nur für jene produziert wird, die sich die Dinge auch leisten können, nützen moralische Apelle an die Wirtschaft nichts (z.B. Medikamente billiger oder kostenlos für Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen). Die Konkurrenz würde jedes moralisch handelnde Unternehmen unterbieten und damit vom Markt verdrängen. Somit basiert der Kapitalismus auf Ausbeutung der Arbeiter*innen (hier und besonders stark in ärmeren Ländern), der Umwelt und der Ressourcen.
Was macht den heutigen Kapitalismus aus?
Auch wenn hier oft in Büros statt in Fabriken geackert wird: Die kapitalistische Ordnung hat sich vielerorts durchgesetzt. In den meisten europäischen Ländern sorgt heute der Staat für eine leichte Regulierung der Ausbeutung: In Deutschland regeln z.B. Gesetze etwa die Arbeitszeiten [dennoch gibt es Überstunden und der Arbeitstag ist zu lang] und garantieren einen Mindestlohn [der dennoch umgangen werden kann]. Außerdem schließen sich manche Arbeitnehmer*innen in Gewerkschaften zusammen: Gemeinsam sind sie stärker und können besser mit den Arbeitgeber*innen verhandeln. Eine kapitalistische Wirtschaft kann in Diktaturen und Demokratien bestehen. Kapitalismus und Demokratie sind aber keine untrennbaren Zwillinge – und Antikapitalismus nicht antidemokratisch. Im demokratischen Staat sind die Menschen formal frei, gleichgestellt und von ihnen soll die Macht ausgehen. Das ist jedoch nur auf den ersten Blick der Fall. Denn indirekt sind sie gezwungen jeden noch so schlecht bezahlten Job anzunehmen, um nicht unter die Armutsgrenze abzusinken [das Prinzip der Arbeit ist ein Prinzip der Abhängigkeit]. Ebenso besteht formale Gleichheit, aber große materielle Ungleichheit: Die zwei Klassen teilen sich durch finanzielle Unterschiede, sowie durch den sozialen Status. Die Reicheren [Unternehmer*innen] sind in vielen Belangen im Vorteil, z.B. in Bildung (Nachhilfe, Elite-Universitäten etc.) oder bei einem Gerichtsprozess. Auch um die Politik zu verfolgen, geschweige denn mitzuwirken, haben die meisten Leute aufgrund ihrer alltäglichen Arbeit weder Zeit noch Kraft. Dadurch ist Politik oft eine Politik für Reiche, was das Unterdrücken der Arbeiter*innen verstärkt. Wir beobachten die berühmte aufklaffende Schere zwischen Arm und Reich. Dadurch wird der Kampf gegen den Kapitalismus unabdingbar, und heuchlerisch niedrige Kompromisse wie die Rente oder ein Mindestlohn, sollte die Arbeiter*innen – also die Mehrheit – nicht abhalten, einzufordern, was ihnen zusteht!