Category Archives: Antiziganismus von Rechts

Gegen Europa und gegen Roma

1.-Mai-Aufmarsch von tschechischen Neonazis in Ústí nad Labem (Aussig) mit „internationalen Gästen“ – angereist waren auch knapp zwei Dutzend Mitglieder der NPD und der Jungen Nationaldemokraten.

Wie bereits mehrfach in der Vergangenheit gab es zum 1.-Mai-Aufmarsch tschechischer Neonazis auch dieses Jahr ein EU-kritisches Motto, dieses Mal „Die Zukunft gehört der Tschechischen Krone, nicht dem Euro“. Veranstaltet wurde Marsch mit Kundgebung von der rechtsextremen „Dělnická strana sociální spravedlnosti“ („Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit“, DSSS) und deren Jugendorganisation „Dělnická mládež“ (Arbeiterjugend, DM). So war dann auch ein Großteil der DSSS-Führungsriege anwesend, darunter Tomáš Vandas, Jiří Štěpánek, Jiří Petřivalský, Erik Lamprecht und Jakub Svoboda, aber auch Neonazis der antiziganistischen „Češti lvi“ (Tschechische Löwen) um Pavel Sládek Matějný, Nazi-Hools, „normale Bürger“ und sogar Familien mit Kindern reihten sich ein.

Als weitere „internationale Gäste“ waren der ukrainische „Rechte Sektor“, die „Slovenská Pospolitost“ (Slowakische Gemeinschaft“ und der „Blocco Studentesco“ (BS), die Jugendorganisation der neofaschistischen Casa Pound aus Italien, angekündigt worden. Letztere reisten tatsächlich an. Der „Rechte Sektor“ sei aufgrund der anstehenden Wahlen sehr beschäftigt und habe seine Teilnahme absagen müssen, hieß es. Die deutsche NPD hat sich in der Ukraine-Krise mehrfach auf der Seite Russlands verortet. Dass die tschechischen Rechtsextremisten mit Solidaritätsaktionen und Spendensammlungen stets für die ukrainische Seite Position bezogen haben, scheint der Verbindung zwischen NPD und DSSS keinen Abbruch zu tun.

Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung begann die Kundgebung in Ústí nad Labem. Grund für die Verzögerung seien überzogene Kontrollen der tschechischen Polizei gewesen, hieß es. Der DSSS-Vorsitzende Tomáš Vandas begrüßte die rund 250 Teilnehmenden von einer kleinen Stufe aus – der Aufbau einer Bühne sei ihnen in diesem Polizeistaat untersagt worden ebenso wie Fahnen mit Aufmarsch, lamentierte er. In seiner Ansprache klagte er über das „Brüsseler Diktat“, die „Multi-Kulti-Gesellschaft“ und forderte alle Anwesenden auf, bei der Europawahl die DSSS zu wählen. Continue reading Gegen Europa und gegen Roma

Versuchtes Tötungsdelikt an Polizistin: Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wehrt sich gegen rechtsextreme Pauschalisierung

Hohe Wellen schlägt weiterhin die Auseinandersetzung zwischen einer Sinti-​Großfamilie und der Polizei, die sich am Sonntag nach einem Hilferuf von Angehörigen der Hochschule für Gestaltung im Technikpark Gmünd-​West („Krähe“) abspielte.

Wie berichtet, gab es zunächst die Bitte der Stadtverwaltung, dass die Wohnwagenkolonne den Schießtalplatz verlassen möge, weil dort der Maimarkt aufgebaut werde. Sodann fuhren die etwa 50 Sinti unberechtigt eine Wiese am Gmündtech in der Krähe an, wo Studenten eine genehmigte Veranstaltung aufbauen wollten. Die Situation eskalierte.
Es kam zu einem Großeinsatz der Polizei. Bei der Weiterfahrt zum Wanderparkplatz am Limes-​Informationszentrum im Rotenbachtal, den Ordnungsamtsleiter Gerd Hägele als Bleibe zugewiesen hatte, fuhr der 45-​jährige Fahrer eines Wohnwagengespanns eine Polizistin an und verletzte sie.
Ermittelt wird nun gegen den 45-​Jährigen wegen eines versuchten Tötungsdeliktes gegen weitere Personen wegen Beleidigung. Er sitzt in Haft. Die Landfahrer blieben nur eine Nacht in Gmünd und hinterließen am Montagabend nun den Limes-​Wanderparkplatz in einem üblen Zustand: Säckeweise Abfall und Wertstoffe (jede Menge leere Getränkedosen) wurden zurückgelassen. Die Fläche und angrenzende Böschungen war zudem durch Unrat verschmutzt, der vorher dort noch nicht abgelagert war. Auf diesen „Abschiedsgruß“ eingehend, erklärte gestern der Gmünder Ordnungsamtsleiter, dass er diese Vorgänge nicht verstehe. Mit dieser Familie, die schon mehrmals in Gmünd zu Gast gewesen sei, habe es bislang noch keine Probleme gegeben. Für die Beseitigung der Abfälle durch das Baubetriebsamt der Stadt sei von dieser Landfahrer-​Großfamilie seither auch immer ganz selbstverständlich eine Kaution von 200 Euro hinterlegt worden. Diesmal jedoch laut Hägele nicht. Gestern Morgen wurde die wilde Müllkippe gleich aufgeräumt. Andererseits schade, weil Büchsen– und Flaschensammler angesichts dieses „Reichtums“ tagsüber noch ihre helle Freude gehabt hätten.
Das Verhalten der Sinti-​Familie hat sehr viele emotionsgeladene Kommentare in Internetforen, seit zwei Tagen leider auch zunehmend in rechtsradikalen Netzwerken ausgelöst. Vieles ist nicht zitierfähig, weil auch verfassungswidrig und menschenverachtend. Auf Nachfrage der Rems-​Zeitung hat gestern auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg reagiert. Pressesprecher und Justitiar Arnold Roßberg bat dringend um Beachtung des gesellschaftlichen Grundprinzips, wonach das Verhalten einzelner Personen nicht für das Bild einer ganzen Bevölkerungsgruppe stehen dürfe, sondern jeder einzelner Mensch für sich selbst verantwortlich sei.
Folgende Erklärung übermittelte Arnold Roßberg am Abend: „Wir kennen weder den Vorfall noch die beteiligten Personen und können auch nicht beurteilen, wie es zu den in Ihrem Artikel geschilderten Vorfällen mit der Verletzung der Polizistin und der Gefährdung weiterer Beamten gekommen ist. Die Angelegenheit ist sehr unschön und sollte auch nicht bagatellisiert werden.
Der Vorfall darf dennoch — wie es bereits auf rechtsextremistischen Internet-​Seiten massiv geschieht — nicht dazu benutzt werden, in rassistischer Weise über die gesamte Minderheit herzuziehen. Auch im Hinblick auf die Täter dieses Falles gilt: In unserem Rechtsstaat hat nur jeder einzelne sein Fehlverhalten zu verantworten, nicht seine Familie, seine Abstammung, Religionszugehörigkeit oder sonstige Gruppe, der er angehört. Dieser Verfassungsgrundsatz ist auch gegenüber den Sinti und Roma zu beachten und verbietet Verallgemeinerungen und Stigmatisierungen gegenüber der Minderheit. Sinti und Roma in Deutschland leben in den unterschiedlichsten Lebens– und beruflichen Situationen quer durch alle gesellschaftlichen Schichten.
Sie haben ein Recht darauf, vor rassistischen Pauschalverdächtigungen und –zuschreibungen geschützt und wie jeder andere Bürger rechtsstaatlich behandelt zu werden.“

Quelle: Rems Zeitung
Stand: 13.05.2014

Romani Rose: „Vorurteile gegen Sinti und Roma sitzen tief“

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, kämpft für die Rechte der größten europäischen Minderheit. Im DW-Interview zum internationalen Tag der Roma sagt er, was sich dringend ändern sollte.

DW: In Deutschland sind Sinti und Roma als nationale Minderheit anerkannt. In Europa wird über Strategien zur Integration der Roma debattiert. Wie zufrieden sind Sie mit der Situation der Minderheit in Deutschland und Europa?

Romani Rose: In einigen Bereichen hat sich etwas verbessert, aber womit wir gar nicht zufrieden sind, ist die Lebenssituation der Roma-Minderheit in Osteuropa. Da gibt es Situationen, die katastrophal sind. Sie sind mit den Werten, die wir uns in Europa nach dem Krieg aufgebaut haben, nicht im Einklang, sie sind menschenunwürdig.

Was sind das für Verhältnisse und welche Länder machen Ihnen besonders Sorgen?

Das sind besonders Bulgarien, Rumänien, aber auch Tschechien und die Slowakei. Dort gibt es informelle Ghettos, die ohne Kanalisation sind, ohne Strom und Wasser. Es gibt Ortschaften, in denen über tausend Menschen leben, die vollkommen ohne Perspektive sind. Diese Situation ist seit vielen Jahren bekannt. Das ist nicht mehr hinnehmbar. Es gibt eine Kindersterblichkeit, die viermal höher ist und die Lebenserwartung ist zehn Jahre geringer im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung.

Was muss passieren?

Bisher ist Hilfe meist daran gescheitert, dass EU-Mittel von den Nationalstaaten gegenfinanziert werden müssen. Deswegen hat der Zentralrat gerade beim „Roma Summit“ der EU in Brüssel gefordert, einen „Roma-Housing-Funds“ zu schaffen. Dort könnten zivilgesellschaftliche Organisationen direkt Gelder abrufen. Es geht nicht nur darum, etwas für Roma zu tun, auch die übrige Bevölkerung sollte man einbeziehen.

Wie steht es um den politischen Willen? Bei den Wahlen in Ungarn z.B. konnte die rechtsextreme Partei Jobbik punkten, die gegen die Minderheit hetzt…

Der Wahlerfolg ist ein Alarmzeichen für Europa. Das Erstarken der extremen Rechten in Europa gefährdet mit ihrem Rassismus besonders die Angehörigen der Roma-Minderheit. Auf der Konferenz in Brüssel haben wir viel über Bemühungen für die Minderheit gehört. Ich war kürzlich in Ungarn und habe mit Ministerpräsident Orban gesprochen. Ich glaube, dass man dabei ist, im Bereich der Bildung und beim Wohnen die Situation zu verbessern. Aber das reicht alles nicht, weil die Situation in diesen Ländern sehr prekär ist.

In Deutschland spricht man meist über Roma, wenn Menschen aus so prekären Verhältnissen zuwandern. Sie nennen die deutsche Debatte über die Zuwanderung aus Südosteuropa „beschämend“, warum?

Sie ist beschämend, weil sie allein auf dem Rücken unserer Minderheit geführt worden ist. Natürlich gibt es eine extreme Armut, das betrifft auch einen Teil der Minderheit, aber wir haben in Europa eine allgemeine Armut von 24 Prozent. Aus Bulgarien, einem Land mit 8,5 Millionen Menschen, haben seit der Wende 3,5 Millionen ihre Heimat verlassen, überwiegend nach Spanien, Italien, Portugal, aber auch nach Deutschland. Darunter sind auch Roma. Das sind Menschen, die jetzt hier arbeiten. Ich sehe das hier in Heidelberg z.B. in der Universitätsklinik, wo sehr viele Angehörige der Minderheit in der Pflege arbeiten, andere auf dem Bau oder in der Landwirtschaft. Das ist eine aufgeblähte Debatte, die mehr geschadet hat, als dass sie der tatsächlichen Situation gerecht geworden ist.

Für wie gefährlich halten sie eine solche Debatte im Europawahlkampf?

Wir kritisieren, dass es oft eine populistische Debatte ist, die auch von demokratischen Politikern geführt wird, anstatt sich mit der Hetze durch rechtsextreme Parteien auseinanderzusetzen. Wohin solche Hetze führt, das haben wir gesehen an den Morden durch den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). Es muss eine verstärkte demokratische Verantwortung geben gerade gegenüber Minderheiten.

Sie haben Vorurteile gegen die Minderheit immer wieder angeprangert, auch bei staatlichen Stellen wie der Polizei. Wie verbreitet sind diese Vorurteile?

Diese Vorurteile gegen Sinti und Roma sitzen sehr tief. Kritik ist natürlich zulässig, aber Kritik verbunden mit der Zugehörigkeit zu einer Minderheit und das auf die gesamte Minderheit zu übertragen, da beginnt der Rassismus. Ich glaube, da gibt es auch in der deutschen Bürokratie viel zu wenig Bewusstsein. Wir werfen immer wieder gerade den Polizeibehörden vor, dass sie eine Art Sondererfassung unserer Minderheit betreiben, die seit 600 bis 700 Jahren in Deutschland lebt. Mir wurde von den Innenministern der Länder versichert, dass dies nicht mehr der Fall ist.

Kürzlich mussten wir feststellen, dass es in Berlin bei der Aktenerfassung der Polizeibehörden eine Rubrik „Landfahrer“ gibt, ein Begriff, unter dem Mitglieder der Minderheit schon früher erfasst wurden, unabhängig davon, wie sie lebten. Jetzt hat man uns mitgeteilt, die Löschung des Begriffs sei veranlasst. Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat, wo sich nur der Einzelne für sein Fehlverhalten zu verantworten hat. Eine ethnische Kennzeichnung verstößt gegen internationale Abkommen. Im Nationalsozialismus mussten Sinti und Roma mit einer Armbinde herumlaufen, auf der ein „Z“ für „Zigeuner“ stand. Dieses Trauma steckt in einer Minderheit, die 1933 von heute auf morgen ausgebürgert, deportiert und ermordet wurde.

In Berlin erinnert seit 2012 ein Mahnmal an die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Der Auschwitz-Überlebende Zoni Weisz sagte bei der Einweihung, „fast nichts hat die Gesellschaft daraus gelernt“. Können Sie dieses bittere Resümee nachvollziehen?

Man darf nicht übersehen, dass es auch positive Entwicklungen gegeben hat. In Schleswig-Holstein wurde die Minderheit in die Landesverfassung aufgenommen, Sinti und Roma wurde Schutz und Förderung garantiert. In einem Staatsvertrag der Landesregierung von Baden-Württemberg mit unserem Landesverband steht die besondere Verantwortung nach dem Holocaust. Das Denkmal in Berlin direkt am Brandenburger Tor zeigt ein Bewusstsein für den Völkermord an den 500.000 Sinti und Roma im besetzten Europa.

Doch Vorurteile bleiben. Der Antisemitismus wird von vielen geächtet, weil man weiß, dass diese Form des Rassismus eine sehr lange Tradition hat und wohin das geführt hat. Die Feindlichkeit gegenüber unserer Minderheit, der Antiziganismus, hat bis heute eine weite Verbreitung.

2013 hat mit Romeo Franz erstmals erkennbar ein Sinto für den Bundestag kandidiert, jetzt bewirbt er sich für das Europaparlament. Wie wichtig ist ein solches Outing aus der Minderheit?

Das ist natürlich sehr wichtig. Es gibt sichtbare Angehörige der Minderheit, die stigmatisiert werden, weil man immer nur negativ berichtet, und es gibt die unsichtbaren Anderen. Sie sind in der Gesellschaft integriert, wollen aber ihre Existenz nicht gefährden. 64 Prozent der deutschen Bevölkerung lehnen Sinti und Roma als Nachbarn ab. Aber genau diese 64 Prozent wissen gar nicht, dass sie längst Arbeitskollegen, Nachbarn und Mieter haben, sie wissen nicht, dass sie in Geschäften bei Leuten einkaufen, die Angehörige der Minderheit sind. Auch im Showgeschäft oder im Fußball, überall gibt es Angehörige der Minderheit.

Das Interview führte Andrea Grunau.

Romani Rose ist seit 1982 Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit 16 Landesverbänden und regionalen Vereinen. 13 Mitglieder seiner Familie wurden während des Nationalsozialismus in Konzentrationslagern ermordet.

Quelle: Deutsche Welle
Stand: 08.04.2014

Amnesty: Diskriminierung wird hingenommen

Amnesty International hat die zunehmenden Angriffe auf Roma kritisiert. Es handele sich um eine systematische Diskriminierung, die oft „stillschweigend“ hingenommen werde. Einige EU-Staaten würden sich mitschuldig machen.

Amnesty International hat die EU-Staaten aufgefordert, entschlossen gegen „zunehmende rassistische Angriffe“ auf Roma vorzugehen. Die systematische Diskriminierung von Roma werde vielerorts „stillschweigend“ hingenommen, kritisierte die Generalsekretärin der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation, Selmin Caliskan, anlässlich des Internationalen Roma-Tages am Dienstag. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), erklärte, die Lage der Sinti und Roma gebe Anlass „zu großer Sorge“.

„Es ist völlig inakzeptabel, dass an manchen Orten in Europa Roma in ständiger Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen oder Anschlägen leben müssen“, erklärte Caliskan. Gewalttäter würden „ermutigt von der passiven Haltung der Regierungen, die eine systematische Diskriminierung von Roma stillschweigend hinnehmen“.

Äußerungen von Politikern, wonach die größte europäische Minderheit für ihre Ausgrenzung selbst verantwortlich sei, nannte Caliskan „eine Verdrehung der Tatsachen“. Vielmehr lasse sich die Situation vieler Roma auf jahrelange Missachtung ihrer Rechte zurückführen. Die EU-Kommission müsse notfalls Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Mitgliedstaaten einleiten, die die Anti-Rassismus-Richtlinie „nicht oder nur halbherzig“ umsetzten.

Gewalttätige Polizisten

Als Negativbeispiele führte Caliskan Griechenland, Tschechien und Frankreich an. Dort greife die Polizei bei gewalttätigen Angriffen auf Roma häufig nicht ein und ermittele nicht ernsthaft gegen die Täter. In manchen Staaten wie Griechenland seien es gar die Polizisten selbst, die „mit exzessiver und rassistischer Gewalt gegen Roma vorgehen“.

Die Menschenrechtsorganisation prangert zudem seit langem an, dass viele der schätzungsweise zehn bis zwölf Millionen Roma in Europa systematisch diskriminiert würden, etwa beim Zugang zu Schulen oder dem Recht auf angemessenes Wohnen.

„Die Folgen gesellschaftlicher und sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung sind dramatisch“, erklärte SPD-Politiker Strässer. Die soziale Benachteiligung sei „umfassend“ und führe zu „verminderten Chancen auf einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Arbeit, medizinischer Versorgung und Wohnraum“.

Es sei „unsere gemeinsame Pflicht, der systematischen Ausgrenzung der Roma in vielen Gesellschaften entschlossen entgegenzutreten“. Die Europäische Union werde ihren eigenen Wertemaßstäben nicht gerecht, solange EU-Bürger ohne Perspektive von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen lebten. „Dies zu ändern, ist eine gemeinsame Verantwortlichkeit der europäischen Institutionen, aber auch der Mitgliedstaaten“, erklärte der Menschenrechtsbeauftragte.

Quelle: Frankfurter Allgemeine
Stand: 08.04.2014

Brandanschläge auf Roma-Lager in Salzburg

In zwei provisorischen Roma-Lagern im Salzburger Stadtteil Schallmoos wurden am Montag Feuer gelegt. Das Thema der Reisenden ist seit Monaten politisch umstritten

Salzburg – Die seit Monaten brodelnde Auseinandersetzung um Bettler aus Rumänien in der Stadt Salzburg eskaliert. Montagnachmittag gingen zwei provisorische Roma-Lager im Stadtteil Schallmoos in Flammen auf. Unbekannte hatten Matratzen und andere Habseligkeiten in den notdürftigen Unterkünften angezündet. Aus Sicht des für Sicherheitsfragen ressortzuständigen Vizebürgermeisters Harald Preuner (VP) könnten Anrainer das Feuer gelegt haben: Die Vermutung liege nahe, dass jemand „Selbstjustiz“ betrieben habe. Preuner und die ÖVP haben im Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen Anfang März selbst massiv gegen die „Bettlerbanden“ Stimmung gemacht.
Menschenrechtsgruppen hatten die ÖVP wiederholt scharf kritisiert. Menschenrechtsaktivist Bernhard Jenny fordert auf seinem Blog inzwischen den Rücktritt von Preuner: „Eine Menschenrechtsstadt verträgt keinen Preuner.“
Nicht zuletzt als Reaktion auf die ÖVP-Kampagne haben sich auch kirchliche Organisationen zusammengeschlossen, um für die Notreisenden aus Rumänien zumindest eine Art Grundversorgung zur Verfügung zu stellen.
Abgesehen von der Anrainertheorie ermittelt die Polizei auch noch in Richtung rechtsextremer Täter: Am Wochenende sind in Salzburg erneut Stolpersteine geschändet worden. Zwei in den Boden eingelassene Erinnerungssteine an NS-Opfer vor dem Landestheater sind mit schwarzer Teerfarbe beschmiert worden.
In den vergangenen Monaten waren die kleinen Denkmäler wie auch andere Erinnerungsstätten für Opfer der Nationalsozialisten wiederholt Ziel von Attacken. Zwei Verdächtige saßen mehrere Monate in U-Haft. Sie stehen demnächst vor Gericht.

Quelle: Der Standard
Stand: 08.04.2014

Ungarn. Entdemokratisierung, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie

Seit 2010 regiert die völkische Regierungskoalition, bestehend aus der Fidesz-Bürgerunion und der Christlich-Demokratischen Partei (KDNP) mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Ungarn. Es muss erwähnt werden, dass die extrem rechte Partei Jobbik bei den letzten Parlamentswahlen ebenfalls äußerst stark, nämlich als drittstärkste Partei mit fast 13% ins Parlament kam. Da sowohl die Regierungskoalition, als auch Jobbik die gleiche völkische Ideologie haben, ist es im Zusammenhang mit Ungarn nicht aufschlussreich, über einen „rechten Rand“ zu sprechen, da das, was gemeinhin die extrem rechte Ideologie oder die Ideologie der so genannten „Neuen Rechten“ ausmacht, nämlich die völkische, in Ungarn Mainstream ist.
 
Nation und Europa
So teilen beide die Einstellung, dass die ungarische Nation eine völkische (ung.: népnemzeti), d.h. eine kulturell und blutmäßige und organisch entstandene Abstammungsgemeinschaft, eben eine Volksgemeinschaft, ein Volkstum der Magyaren sei. Die Blut- und Bodenthese ist nicht nur Kernelement der Ideologie von Jobbik, sondern auch der Regierung. Diese Ideologie ist revanchistisch und imperialistisch, da sie unter „Nation“ ein größeres Gebiet versteht, als das, was innerhalb der gegenwärtigen Landesgrenzen liegt,  was zugleich die Infragestellung des sog. „Schandfriedens“ von Trianon (1920) bedeutet. Entsprechend dieser Auffassung der Nation wird das Idealbild von Europa deklariert als ein „Europa der Nationen“ aufgefasst, mit anderen Begriffen ein „Europa der Vaterländer“, das ein Nebeneinander von homogenen Volksgemeinschaften annimmt. In der Forschung wird diese Auffassung oder diese Europakonzeption „Ethnopluralismus“ oder Neorassismus genannt. Nach dem Faschismusforscher Roger Griffin ist das Konzept „Europa der Nationen“ faschistisch.
 
Mediengesetz, Grundgesetz
Die reaktionäre Wende fand ihren Ausdruck in Ungarn bereits im Mediengesetz, das am 01. 01. 2011 in Kraft trat. In der sogenannten „Medienverfassung“, die als eine Art Präambel des Mediengesetzes aufgefasst werden kann, ist neben dem Minderheitenschutz auch der „Schutz der Mehrheit“ vorgeschrieben. Die Präambel des genau ein Jahr später (01. 01. 2012) in Kraft getretenen neuen „Grundgesetzes“ stützt sich auf die völkische Nation. Aus der Präambel ist der Begriff Republik verschwunden, Ungarn heisst jetzt konsequent „Magyarenland“. In der völkischen Kommunikation zählt nicht das Individuum, sondern das nationale Kollektiv. Im Gegensatz etwa zum deutschen Grundgesetz, in dem die Unantastbarkeit der Menschenwürde betont wird, ist in der Präambel des ungarischen Grundgesetzes von „nationalem Glaubensbekenntnis“ die Rede. Die daraus folgende Sakralisierung der Nation ist in Ungarn äußerst lebendig und schlägt sich vor allem in der Verbreitung des Neuheidentums nieder. Obwohl in der Präambel die christlichen Werte hervorgehoben werden, ist das Grundgesetz somit mitnichten christlich, sondern völkisch und letztlich heidnisch. In der Präambel steht auch, dass die „Heilige Krone“ die Kontinuität mit der früheren, „historischen Verfassung“ sowie die „Einheit der Nation“ symbolisiere. Wenn man aber diese Hinweise aus der Kulturgeschichte kennt, dann weiß man, dass es hier um die „Lehre der Heiligen Ungarischen Krone“ geht, eine Lebensraumideologie im Karpatenbecken. Continue reading Ungarn. Entdemokratisierung, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie

Merseburg: Unbekannte schänden Mahnmal

Unbekannte haben das Mahnmal für die in der Nazizeit ermordeten Sinti und Roma in Merseburg mit Fäkalien beschmiert. Die Polizeidirektion Süd in Halle teilte mit, dass sich der Vorfall in der Nacht zu Mittwoch ereignet habe. Eine Videokamera habe die Tat gefilmt. Wie ein Polizeisprecher MDR SACHSEN-ANHALT sagte, gehen die Ermitler von zwei männlichen Tätern aus. Einer habe eine Kapuze aufgehabt, der andere sei auf dem Kopf kahlgeschoren gewesen. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen und prüfe das Videomaterial.

Denkmal wurde schon mehrfach geschändet

Das Mahnmal war 2009 eingeweiht worden und wurde seitdem immer wieder Ziel von rechtsradikalen und fremdenfeindlichen Attacken. 2011 hatten maskierte Männer Hakenkreuze auf die Stele gesprüht. Der Staatsschutz hatte gegen die mutmaßlich Rechtsradikalen ermittelt. Wenige Wochen später spuckte ein Mann auf das Denkmal. Es erinnert an die Sinti und Roma, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten ermordet wurden

Nach den Anschlägen hatten sich Kommunalpolitiker bestürzt gezeigt. Vereine, die sich mit der jüngsten deutschen Vergangenheit beschäftigen, hatten eine schnelle Aufklärung angemahnt. Doch eine Reaktion der breiten Öffentlichkeit fehlte damals in Merseburg.

Ein Magdeburger Rechtsextremismus-Forscher hatte gewarnt: „Die Täter können solche Gleichgültigkeit als Duldung für sich interpretieren.“ Er forderte: „Die Politik muss den Bürgern das Gefühl geben, dass es auf sie ankommt.“

Vorfälle in Merseburg häufen sich

Vermutlich handelt es sich bei dem jüngsten Vorfall wieder um eine rechtsextreme Tat. In den vergangenen Wochen hat es mehrere ausländerfeindliche Vorfälle in der Stadt gegeben. Ein 23 Jahre alter Somalier war von zwei jungen Männern verprügelt und am Kopf verletzt worden. Kurz danach wurde ein Algerier in einer Bahnhofsunterführung bestohlen. Außerdem war ein Mann aus Burkina Faso beim Aussteigen aus dem Zug von einem Mitreisenden beschimpft worden. Am Wochenende haben deshalb rund 600 Menschen in Merseburg gegen Fremdenhass demonstriert.

Quelle: mdr.de
Stand: 05.03.2014

Unbekannte schänden Gedenkstätte für Sinti und Roma in Merseburg

Unbekannte haben das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Merseburg mit Fäkalien geschändet. Der mutmaßlich rechtsextreme Vorfall wurde in der Nacht zu Mittwoch von einer Videokamera aufgezeichnet, wie eine Polizeisprecherin in Halle mitteilte. Die Kamera ist dort wegen früherer Schändungen fest installiert. Der Aufzeichnung zufolge handelt es sich um zwei Täter. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz wurde eingeschaltet. Das Denkmal erinnert an die Sinti und Roma, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

In den vergangenen Wochen waren in Merseburg viermal Ausländer angegriffen worden. Ein Tatverdächtiger kam in Untersuchungshaft, mehrere bekannte Rechtsextreme wurden ermittelt. Am Samstag waren in Merseburg rund 600 Menschen gegen Rassismus auf die Straße gegangen. Eine Willkommenskultur sei in Merseburg noch lange nicht verbreitet, hatte ein Sprecher eines Bündnisses aus Parteien und Organisationen kritisiert.

Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 07.03.2014

Gedenken an ermordete Sinti und Roma: Ede-und-Unku-Weg in Magdeburg eingeweiht

Ein Abschnitt des Holzweges am Einkaufszentrum Flora-Park ist am Sonnabend offiziell in Ede-und-Unku-Weg umbenannt worden. Mit dem neuen Straßennamen erinnert die Landeshauptstadt stellvertretend an die vom NS-Regime ab 1935 im Sammellager Silberberg am Holzweg internierten Sinti und Roma. Die Figuren Ede und Unku stammen aus dem gleichnamigen Kinderbuch, in dem die Schriftstellerin Alex Wedding die authentischen Erlebnisse der Sintezza Erna Lauenburger (Unku) aus Magdeburg und ihres Freundes Ede beschrieb. Lauenburger starb 1943 im Konzentrationslager Auschwitz.

Oberbürgermeister Lutz Trümper und die Stadtratsvorsitzende Beate Wübbenhorst (beide SPD) enthüllten am Vormittag das Straßenschild und eine Hinweistafel. Diese wurde von den Fraktionen des Magdeburger Stadtrates gestiftet.

Zuvor hatten etwa 40 Magdeburger an der Gedenkstele am Flora-Park der in Auschwitz ermordeten Sinti und Roma aus dem früheren Sammellager Holzweg/Silberberg gedacht sowie Blumen und Kränze niedergelegt. Landtags-Vize-Präsidentin Helga Paschke (Die Linke) und OB Lutz Trümper hielten Ansprachen.

Am 1. März 1943 waren 470 Menschen aus dem Lager am Holzweg/Silberberg nach Auschwitz deportiert worden. 340 von ihnen kamen uns Leben. Ihrer gedenken jährlich der Verband der Magdeburger Stadtführer und das Bündnis gegen Rechts Magdeburg. Die Namen der Opfer sind an der Gedenkstele zu lesen.

Quelle: Volksstimme.de
Stand: 01.03.2014

Rassistische Nazidemos in Tschechien 2014

In folgendem Beitrag sollen zum Einen die Ereignisse des vergangenen Wochenendes zusammengefasst und zum Anderen die bereits angekündigten Demonstrationen tschechischer Neonazis kurz dargestellt werden.

Am zurückliegenden Wochenende begann für die tschechischen Neonazis mit gleich drei Demonstrationen die Saison der auch in diesem Jahr zu befürchtenden Anti-Roma-Märsche. Am Samstag (15. Februar 2014) fanden sowohl in Ostrava und Karlovy Vary als auch erstmalig in Příbram Demonstrationen statt, die allerdings unter ganz unterschiedlichen Mottos standen.

Im mittelböhmischen Příbram versammelten sich rund 30 Nazis, um „Für die Einhaltung der Rechte aller anständigen Bürger dieses Landes, gegen die Finanzierung des antitschechischen und rassistischen Vereins Romea o.s. durch die Regierung der Tsch. Republik“ (sic!) zu demonstrieren. Romea.cz ist ein Informationsportal, das Berichte und Reportagen zum Themenfeld Rassismus und zur Romaminderheit veröffentlicht und sich u.a. durch staatliche Mittel finanziert. Im vergangenen Jahr wurden insbesondere die Anti-Roma-Märsche aufmerksam durch romea.cz beobachtet. Angemeldet wurde die Demonstration in Přibram von Pavel Sládek Matěj, der enge Kontakte zur verbotenen Nazipartei DS („Arbeiterpartei“) und jetzigen DSSS („Arbeiterpartei für soziale Gerechtigkeit“) pflegt und Aktivist der sogenannten „Tschechischen Löwen“ ist. Dabei bestand die Gefahr, dass eine Sammelunterkunft, die unter dem Namen „Saigon“ bekannt ist und u.a. von Roma bewohnt wird, Ziel der Nazidemonstration sein könnte. Nach einer kurzen Ansprache zogen es die versammelten Nazis jedoch vor, eine Bar aufzusuchen. Parallel zur Demonstration fand bei der o.g. Unterkunft ein Kinderfest sowie eine offene Debatte mit Einwohner_innen über bestehende Probleme und mögliche Lösungsansätze statt, die von der Vereinigung KONEXE organisiert wurde. Continue reading Rassistische Nazidemos in Tschechien 2014