Category Archives: Antiziganistische Klischees

Zentralrat der Sinti und Roma erstattet Anzeige gegen Polizei

Baden-württembergische Polizeimitarbeiter sollen rassistische Kommentare in NSU-Akten geschrieben haben. Darunter sind Begriffe wie „Neger“ und „Zigeuner“.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, hat wegen diskriminierender Aktenvermerke baden-württembergische Polizeimitarbeiter angezeigt. In einem Schreiben an Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD) verlangte Rose, dass die Verfasser der Vermerke wegen Verleumdung und Beleidigung zur Verantwortung gezogen werden müssten. Bei den Aktenvermerken handele es sich um „schlimmen Rassismus, der dem Jargon der Nationalsozialisten“ ähnele, sagte Rose. In den Akten aus Baden-Württemberg, in denen es um den Fall der ermordeten Polizisten Michèle Kiesewetter geht, sei von einem „Neger“ die Rede, und Roma würden als „Zigeuner“ bezeichnet, die „typischerweise lügen“, schrieb der Tagesspiegel. Zudem gehe aus einem amtlichen Vermerk hervor, dass Psychologen über einen Lügendetektortest bei einem Roma geschrieben hätten, der Mann sei ein „typischer Vertreter seiner Ethnie“, was bedeute, dass „die Lüge ein wesentlicher Bestandteil seiner Sozialisation“ sei. Rose bat Minister Gall auch darum, sich von den Aktenvermerken zu distanzieren: „Es muss umgehend klargestellt werden, dass die Träger der politischen Verantwortung für die Polizei in Baden-Württemberg derartiges Gedankengut ächten, das sich scheinbar wie ein roter Faden durch das Kiesewetter-Verfahren zieht.“

Kollege schildert Erinnerung an Kiesewetter-Mord

Die Akten werden derzeit im NSU-Prozess in München genutzt. Dort sagte ein Kriminalermittler aus, der mit Kiesewetters Kollegen Martin A. ein Jahr nach dem Mord den Tatort besuchte. A. war bei dem Angriff schwer verletzt worden. Als A. den Tatort verließ, sei er aufgewühlt gewesen, sagte der Zeuge: „Er sagte, er könne sich wieder erinnern, dass Michèle rückwärts eingeparkt hat. Und dass er im Rückspiegel eine Person gesehen habe, die sich von hinten nähert.“ Ein Neurologe hatte zuvor gesagt, dass nach seiner Einschätzung Erinnerungen an die Zeit unmittelbar vor der Tat nicht vorhanden sein dürften.

Quelle: Zeit Online
Stand: 04.02.2014

Die moderne Legende von den Kinderdieben

Wenn man sich in Deutschland auf eines verlassen kann, dann auf alte Ressentiments. Vor allem wenn es rassistische Ressentiments sind. Die funktionieren bis heute tadellos…

Eines dieser alten Ressentiments lautet: Zigeuner und Juden klauen Kinder. Die einen, um sie zu verkaufen, die anderen, um sie zu schlachten und zu Mazzen zu verbacken. Das diese Ressentiments noch immer da sind, konnte man letzten Herbst gut beobachten. Da tauchte plötzlich in den Zeitungen ein kleines hellblondes Mädchen auf. Maria. Aus Farsala. Arisch as arisch can. Und dieses arme Wesen wurde bei einer Roma-Familie gefunden. Der Fall schien klar.

Das Mädchen musste geklaut worden sein.
Ganz eindeutig.
War es dann aber nicht.

So wenig gestohlen wie die blonden Kinder der Roma aus Irland, Serbien und Italien, die in den Wochen danach ebenfalls als geklaute Kinder durch die Medien gezerrt wurden. Im Fall Maria kann man sagen: Die Polizei hat das Kind gestohlen. Und zwar den Eltern, denen es anvertraut wurde. In allen anderen Fällen muss man feststellen: Kein Kind war geklaut. Es waren alles eigene leibliche Roma-Kinder. Eigentlich sollte man doch meinen, so kurz nach diesem letzten Skandal, sei die Öffentlichkeit etwas sensibilisiert. Aber offenbar blieb von diesem Ereignis nur das hängen, was alle ohnehin schon immer wußten: Zigeuner klauen Kinder.

Und wie sehr und wie unreflektiert derlei noch heute übernommen wird, sieht man an einem Facebook-Posting, das in verschiedenen Varianten seit drei Jahren kursiert, aber in der neusten Variante seit nunmehr einer Woche mittlerweile fast zehntausendmal von den Nutzern geteilt wurde. Darin wird eine Kindsentführung behauptet – diesmal nicht im Centro Oberhausen oder Ikea Frankfurt, sondern im H&M Steglitz:

Hoax angebliche Entführung von Kindern durch Roma

Das es sich hierbei um einen Hoax handelt, ist eigentlich leicht zu erkennen und wäre auch für Max und Monika Mustermann mit minimalem Aufwand zu recherchieren. Max und Monika sind aber kein bißchen mißtrauisch bei dieser Meldung. Und die große Resonanz zeigt deutlich, dass die Leute das Ganze für wahr halten. Und damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt der Geschichte: Wenn man sich in Deutschland auf eines verlassen kann, dann auf alte Ressentiments. Vor allem wenn es rassistische Ressentiments sind…

Quelle: Hagalil.com
Stand: 28.01.2014

Sinti und Roma unerwünscht: AfD-Chef Lucke springt auf „Asylbetrügerdebatte“ auf

„Einwanderung ja. Aber nicht in unsere Sozialsysteme“. Mit dieser Parole ging die Alternative für Deutschland im letzten Bundestagswahlkampf auf Stimmenfang. Auf die nationalchauvinistische Karte werden die Eurokritiker wohl auch bei der Europawahl setzen. In einem Focus-Interview sprach ihr Chef Bernd Lucke in Bezug auf Sinti und Roma von einer „nicht gut integrierbaren Randgruppe“. Sozialhilfe für zugezogene EU-Ausländer lehne er ohnehin ab. Derweil fliegen im hessischen AfD-Verband die Fetzen. Allerdings hinter verschlossenen Türen, denn die Medien waren – wie es die NPD auch gerne macht – vom Parteitag ausgeschlossen worden.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Alternative für Deutschland auf die von der CSU losgetretene Debatte über mutmaßliche „Asylbetrüger“ aufspringen würde. Hatte doch die Truppe um den Sprecher Bernd Lucke schon während des Bundestagswahlkampfes gute Erfahrungen mit einer entsprechenden Themenwahl gemacht. Damals fuhren die Eurokritiker schwere Geschütze auf, ihre Plakate machten Stimmung gegen eine Einwanderung, die nur in die deutschen Sozialsysteme erfolge. Aus dem Stand erreichte die Partei ein Ergebnis von 4,7 Prozent und zog fast in den Bundestag ein. Einen Teil ihrer Stimmen sammelte sie dabei am rechten Rand ein.

In einem Interview mit dem Focus machte Lucke deutlich, dass er Sozialleistungen für zugezogene EU-Bürger ablehne. Hintergrund ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die seit dem 1. Januar auch für Rumänen und Bulgaren vollumfänglich gilt. Der Wirtschaftsprofessor hätte demgegenüber eine Öffnung der Grenzen auf Probe bevorzugt. „Brüssel darf nicht darüber entscheiden, wer in Deutschland Sozialleistungen erhält“, sagte er dem Magazin. Und weiter: „Wenn wirklich jeder, der einfach hierher kommt, Anspruch auf Hartz IV hätte, würde das unseren Sozialstaat ruinieren. Wir können einen Kuchen doch nicht mit ganz Europa teilen.“

Der Parteigründer, der vermutlich gemeinsam mit dem ehemaligen Präsident des BDI, Hans-Olaf Henkel, die AfD-Liste zur Europawahl am 25. Mai anführen wird, möchte nicht alle Zuwanderer über einen Kamm scheren. Skeptisch steht der 51-Jährige besonders Sinti und Roma gegenüber, die er für „nicht gut integrationsfähig“ hält. Diese „Randgruppe“, so Lucke wörtlich, komme „leider in großer Zahl“ nach Deutschland.

Geht es um die eigenen Belange, möchte sich die Protestpartei hingegen nicht in die Karten schauen lassen. Nach der Rede des Parteisprechers auf dem hessischen Landesparteitag schlossen die Delegierten die anwesende Presse aus: Die Abrechnung mit dem mittlerweile kaltgestellten Landesvorsitzenden sollte hinter verschlossenen Türen erfolgen. Eine Praktik, die von der NPD bestens bekannt ist.

Quelle: Endstation Rechts
Stand: 13.01.2014

„Antiziganismus prägt Zuwanderungsdebatte“

Mit dem Schlagwort Armutsmigration wird in Deutschland über EU-Zuwanderung diskutiert – oft mit Negativ-Bildern der Zuwanderer, kritisiert Antiziganismus-Forscher Markus End.

DW: Herr End, in Deutschland wird über die sogenannte Armutsmigration aus Südosteuropa diskutiert, was stört Sie an dieser Debatte?

Markus End: Mir stößt übel auf, dass diese Debatte antiziganistisch geführt wird. Seit Mitte 2012 wurde der Begriff „Armutszuwanderer“ in der Öffentlichkeit gleichgesetzt mit dem Begriff „Roma“. Dadurch wurden Roma die Eigenschaften zugeschrieben, die man den sogenannten Armutszuwanderern zuschrieb: Sie wurden pauschal als faul und als Sozialschmarotzer bezeichnet. Es hieß, sie würden Müll und Lärm produzieren oder zur Kriminalität neigen. Wer regelmäßig Medien konsumierte, hat gelernt, dass Roma Armutszuwanderer seien.

Antiziganismus ist eine Form des Rassismus?

Ja, Antiziganismus ist eine Form des Rassismus, die eine besonders lange Tradition in Deutschland hat und ihren Höhepunkt im nationalsozialistischen Genozid an Sinti und Roma fand. Er macht sich an der Fremdzuschreibung „Zigeuner“ fest und an den Stereotypen, die dieses „Zigeuner-Bild“ prägen.

In den Medien findet man Berichte aus Städten, in die offenbar viele arme EU-Zuwanderer kommen. Oft heißt es, viele davon seien Roma – was genau ist falsch oder gefährlich an diesen Berichten?

Man muss sich fragen, was der Hinweis auf Roma soll: Es gibt ein Haus in Duisburg, das besonders in der Diskussion steht. Es wird abwechselnd „Roma-Haus“ und „Problem-Haus“ genannt. Das Wort Roma steht in dieser Debatte also ganz undifferenziert für Problem. Neben der Kritik an solchen Zuschreibungen muss man Differenzierungen einfordern. Dass es amerikanische, australische und eben rumänische Roma gibt und deutsche Roma. In der Debatte werden Roma per se als Fremde dargestellt, obwohl viele seit Generationen in Deutschland leben. Auch dass es gebildete Roma gibt und ungebildete, arme und reiche, geht in der Diskussion völlig unter, Roma wird hier beinahe gleichbedeutend mit Armut, Kriminalität oder Müll verwendet. Das muss kritisiert werden! Continue reading „Antiziganismus prägt Zuwanderungsdebatte“

Anti-Roma bias, job fears aid far-right in central Europe

The people of this peaceful village at the foot of the Slovak mountains vented their anger by electing as their regional governor a man who calls his Roma compatriots „parasites“ and admires a wartime figure who collaborated with the Nazis. Marian Kotleba’s landslide victory in November exposed pent-up frustration over unemployment and neglect by mainstream parties, together with a deep-seated animosity towards the Roma, factors that have built support for extremist politicians in Slovakia and elsewhere in central Europe. Still, many were shocked when Kotleba – a former high school teacher who looks back fondly on the Slovak state that was allied with the Nazis during World War Two – came from nowhere to win 77 percent of the vote in Balog, 260 km (160 miles) northeast of Bratislava, the capital. Overall, in the central Slovak region of Banska Bystrica, he won 55 percent, enough to become regional governor and a further sign that some European voters frustrated with the economic crisis were willing to take chances with extremists. Nationalist sentiment is increasingly directed against Slovakia’s Roma, a minority of 400,000 in the country of 5.4 million who live on the fringes of society, suffering from poverty, poor education and limited job prospects. In some settlements they have no access to running water. With European Union expansion opening borders, deprived regions have seen waves of departures, including some of Europe’s 10 million Roma, to countries such as Canada and Britain, where immigration has again become a hot issue. British Prime Minister David Cameron has imposed new regulations on migrants amid fears of an influx of poor people from Romania and Bulgaria, for whom restrictions on free movement within the EU expired at the end of December. Kotleba, who did not respond to requests to be interviewed for this article, ran on a platform that derided „Gypsy parasites“. Some Roma, whose forebears arrived in central Europe from India in the Middle Ages, see Gypsy as a derogatory term. Kotleba once ran a party that was disbanded for racial hatred. The 36-year-old has organized marches in military-style uniforms and praised Jozef Tiso, the wartime leader of Nazi-allied Slovakia. His party’s newsletters talk about „desperate villages and towns suffering from crime and terror from Gypsy extremists“. „We voted for him out of desperation,“ said Martina Strorcova, a pub owner in Cierny Balog. She says local people on low incomes often accuse Roma of drawing welfare benefits while not being willing to work. „It is bad to see how some of us toil and others take social support,“ Strorcova said. The pub in the village centre only has two customers at lunchtime, and Strorcova says business is tough. People who work at the local iron works bring home just 430 euros ($590) a month. The Slovak minimum wage is 337 euros a month, less than 2 euros an hour, against the equivalent of 7.50 euros in Britain. Cierny Balog’s 5,000 inhabitants include about 700 out of work during the winter, said social worker Lubomira Pancikova. „The problem is unemployment, not only among the Roma but overall. Young people run away, men and women in their most productive years,“ Pancikova said. The official jobless rate in the region is 18.1 percent, although in some areas it tops 30 percent. It is the second worst in the country and far above the national average of 13.7 percent. Kotleba promises to create jobs through public works schemes, setting up public companies and farms. „He wants to give normal people, and the Roma, a pick-axe in their hands and make them work,“ said Ivana Galusova, who voted for Kotleba. In fact, Kotleba may not be able to do much. He will be isolated in a regional assembly dominated by Smer, the leftist party of Prime Minister Robert Fico. Continue reading Anti-Roma bias, job fears aid far-right in central Europe

Feindbild Roma

Ein Willkommensgruß sieht anders aus. Auf die vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes in der EU für Bürger aus Bulgarien und Rumänien, die seit dem Jahreswechsel gilt, antwortet die CSU ausgerechnet mit einer Kampagne gegen angebliche Sozialbetrüger aus anderen EU-Ländern.

Damit stellt sie nicht nur alle Einwanderer aus diesen Ländern unter Generalverdacht. Sie schadet damit auch dem Ansehen Deutschlands, das auf Zuwanderung angewiesen ist. Viele deutsche Krankenhäuser und Altersheime etwa wären ohne Ärzte und Pfleger aus Osteuropa und dem Rest der Welt schon jetzt längst zusammengebrochen.

Dabei ist klar, dass unter den neuen Zuwanderern auch welche sein werden, die womöglich nicht in der Lage sind, sich allein durch ihrer Hände Arbeit zu ernähren. Um sich auf diese Herausforderung einzustellen, brauchen notorisch klamme Städte wie Duisburg, Dortmund oder Berlin Unterstützung. Das geht aber auch, ohne Panik vor einer angeblich drohenden Völkerwanderung aus den Armenvierteln Südosteuropas zu schüren. Ziemlich unverhohlen zielt die CSU damit auf weit verbreitete Ängste und Vorurteile gegenüber Roma, die als schwer integrierbar gelten.

Der Grund dahinter ist simpel: In Bayern stehen in diesem Jahr neben der Europawahl im März auch Kommunalwahlen an. Die CSU will natürlich ihre Vorherrschaft behaupten. Aus regionalpolitischem Kalkül ist sie deshalb bereit, eine Menge europäisches Porzellan zu zerschlagen.

Für Angela Merkel wäre es an der Zeit, ein paar deutliche Worte zu sprechen. Sie hat es sich ja mal auf die Fahnen geschrieben, für eine „Willkommenskultur“ zu sorgen, die Einwanderer nicht mehr als potenzielle Gefahr, sondern als Gewinn für den deutschen Wohlstand begreift. Die CSU-Kampagne aber vergiftet das Klima.

Quelle: taz.de
Stand: 03.01.2014

Alarm Sounded on Anti-Roma Rhetoric as Door Opens to More EU Workers

Politicians are inflaming community tensions with anti-Roma rhetoric, an alliance of Tory, Labour and Liberal Democrat MPs has warned as Britain opens its borders to Bulgarian and Romanian workers.

MPs on the all-parliamentary party group on Gypsies, Travellers and Roma sounded the alarm about provocative language as a prominent Tory council leader suggested some Roma are planning to come to the UK to „pickpocket and aggressively beg“ following the end of labour market controls on the two eastern European countries.

On Tuesday, ahead of the restrictions expiring at midnight, Philippa Roe, of Westminster city council, blamed Roma in central London for already causing „a massive amount of disruption and low-level crime“, including defecating on doorsteps. Speaking on the BBC, she called for more limits on benefits for new arrivals from EU countries and claimed there would be rising costs in council tax unless the government offers financial help.

„I know the vast majority of Romanians and Bulgarians planning to come to the UK are planning to work and contribute to society here,“ she said. „But I think the fear that everybody faces is those that come to Britain and either fail to find jobs and therefore fall back on our welfare system, or those who deliberately come here to pickpocket and aggressively beg. Continue reading Alarm Sounded on Anti-Roma Rhetoric as Door Opens to More EU Workers

Aufstachelung zum Rassenhass: Rechtsextremist Le Pen verurteilt

Einer Haftstrafe auf Bewährung entkommt der Gründer der rechtsextremen Front National, Jean-Marie Le Pen. Doch ein französisches Gericht verurteilt ihn zu einer Geldstrafe. Ein Einsehen hat der 85-Jährige allerdings nicht.

Wegen einer abschätzigen Äußerung über Roma und Sinti ist der Gründer der rechtsextremen französischen Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt worden. Der langjährige Vorsitzende und heutige Ehrenpräsident der FN musste sich vor einem Pariser Gericht wegen Aufstachelung zum Rassenhass verantworten.

Anlass war eine Rede während der Sommeruniversität der FN im westfranzösischen La Baule im September vergangenen Jahres. Dabei verwendete er ein Wortspiel: Roma würden „wie Vögel von Natur aus fliegen“ – das französische Wort „voler“ bedeutet sowohl „fliegen“ als auch „stehlen“. Sein Anwalt argumentierte vor Gericht, sein Mandant habe sich mit dem „harmlosen Wortspiel“ lediglich humorvoll ausdrücken wollen. Ein Vertreter der internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus (Licra) sprach hingegen von „ekelerregenden Äußerungen“.

Das Gericht urteilte, Le Pen habe eine Gruppe von Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit öffentlich beleidigt. Die Staatsanwaltschaft forderte für den 85-Jährigen zwei Monate Haft auf Bewährung, die Verteidigung Freispruch.

Nicht die erste Verurteilung

Der FN-Gründer beschäftigt die Justiz in Frankreich seit Jahren. Wiederholt wurde er wegen rassistischer und antisemitischer Beleidigungen sowie verharmlosender Äußerungen zum Holocaust verurteilt. So bezeichnete er Nazi-Gaskammern als „Detail der Geschichte“ des Zweiten Weltkriegs. Dafür verurteilten ihn die französische Justiz und das Münchener Amtsgericht. Auch seine Tochter, FN-Parteichefin Marine Le Pen, ist vor Ausfällen nicht gefeit. Sie verglich einmal betende Muslime auf der Straße in Paris mit Nazis während der Besatzungszeit.

Beide sitzen im Europaparlament und kündigten an, bei den kommenden Europawahlen im Mai erneut zu kandidieren. Im Jahr 2002 hatte Jean-Marie Le Pen als damaliger FN-Vorsitzender weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er bei der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl überraschend auf den zweiten Platz kam und in die Stichwahl einzog. Im zweiten Wahlgang wurde er dann vom damaligen Amtsinhaber Jacques Chirac geschlagen.

Quelle: n-tv.de
Stand: 19.12.2013

Roma-Hetze: Jean-Marie Le Pen zu Geldbuße verurteilt

Gründer des Front National muss 5000 Euro Geldstrafe zahlen

Es war ein Wortspiel, wie es Jean-Marie Le Pen liebt – harmlos und spontan klingend, dabei aber genauestens überlegt und abgewogen. „Wir sind wie die Vögel, wir fliegen ganz natürlicherweise“ , imitierte er bei einer Parteitagung im September 2012 einen fiktiven Roma-Vertreter. Das französische Wort „voler“ bedeutet allerdings nicht nur „fliegen“, sondern auch „stehlen“.

Liest man die Aussage so, erhält sie einen anderen Sinn – und der ist „ganz klar“ eine „Beleidigung mit rassistischem Charakter“ , da er eine Personengruppe „allein we­gen ihrer ethnischen Zugehörigkeit“ ins Visier nimmt, wie ein Pariser Strafgericht am Donnerstag befand. Jean-Marie Le Pen wurde deshalb zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt. Die Staats­anwaltschaft hatte eine bedingte Haftstrafe von zwei Monaten sowie 10.000 Euro Strafe gefordert.

Le Pens Anwalt äußerte Un­verständnis: Die Aussage sei in einem lockeren Parteirahmen gefallen, sie zeuge von „Humor“ und sei nicht lächerlich ernst zu nehmen. Die Anti-Rassismus-Orga­nisation Mrap zeigte sich hinge­gen erfreut über die Verurteilung von Sprüchen, die ein „Gefühl des Hasses“ verbreiteten, was sich auch schon in Brandanschlägen ge­gen Roma-Lager in Frankreich geäußert habe.

Front-National-Gründer Le Pen ist keineswegs zum ersten Mal wegen seines losen Mundwerks verurteilt worden; für seine Behauptung, die Gaskammern des Zweiten Weltkriegs seien ein „Detail der Geschichte“ , hatte er schon 1998 eine Buße erhalten. Seine neueste Verurteilung erhält aber besonderes Gewicht. Im Frühling stehen in Frankreich Kommunalwahlen an, und der Front National (FN) hofft auf einen durchschlagenden Erfolg. Die aktuelle Parteipräsidentin Marine Le Pen – Tochter des Gründers – unternimmt große Bemühungen, als salonfähige und staatstragende Politikerin aufzutreten. Vor wenigen Tagen erst drohte sie einer Radiozuhörerin mit einer Gerichtsklage, falls die Frau weiter behaupte, der FN sei rassistisch. Zuvor hatte Ma­rine Le Pen eine lokale Kandidatin ausgeschlossen, die Justizministerin Christiane Taublira wegen ihrer dunklen Hautfarbe als „Äffin“ bezeichnet hatte.

Die Verurteilung von Le Pen senior stört die Strategie der Tochter empfindlich. Einige Kommentatoren machen zwar eine bewusste Doppelstrategie aus: Marine Le Pen ziehe mit ihrem sozialen Credo enttäusche Arbeiter und Linkswähler an, während ihr Vater seine rechtsextremen Stammwähler bei der Stange halte. Abgesprungene FN-Mitglieder berichten aber von starken Spannungen, ja einem eigentlichen Generationenkonflikt zwischen den Le Pens.

Marine Le Pen weiß, dass sie ihr erklärtes Ziel, bei den Gemeindewahlen mehrere Gemeinden und Städte zu erobern, nur mit einem mehrheitsfähigen Auftritt erreichen kann. Ihr Vater hat aber einmal mehr gezeigt, welches Gedankengut hinter diesem Auftritt steckt.

Quelle: Der Standard
Stand: 19.12.2013

Salzburger wegen verhetzender Postings auf Facebook angezeigt

Angriffe auf Roma in Bischofshofen: Zwölf Anzeigen wegen Verhetzung

Nach einem Angriff auf legal campierende Roma bei der Skisprungschanze Bischofshofen in Salzburg Anfang September hat das Landesamt für Verfassungsschutz jetzt die Ermittlungen abgeschlossen und insgesamt zwölf Personen aus dem Pongau wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt. Ein Beschuldigter – er hatte via Facebook „die Endlösung“ gefordert – wurde außerdem nach dem Verbotsgesetz angezeigt.

Im Internet hatte die „Rennleitung Pongau“ damals gegen die lagernden Angehörigen der Volksgruppe mobilisiert, sagte Hermann Rechberger, der Leiter des Landesamtes Verfassungsschutz, heute im APA-Gespräch. Rund 20 Teilnehmer suchten in der Folge in der Nacht auf 3. September den Parkplatz bei der Paul-Ausserleitner-Schanze auf, wo sich rund 100 Roma einquartiert hatten. Es kam zu heftigen Wortgefechten, Drohungen und Beschimpfungen. Zwölf Polizisten hatten die ganze Nacht alle Hände voll zu tun, um eine völlige Eskalation der Auseinandersetzung zu unterbinden. Verletzt wurde niemand.

„Was soll da einer noch leugnen, die haben sich nur herausgeredet, dass sich die öffentliche Erregung so hochgeschaukelt hat“

Nun haben die Verfassungsschützer die Postings auf Facebook ausgewertet und zwölf Verdächtige im Alter von 17 bis 38 Jahren angezeigt. Der Strafrahmen beträgt bis zu zwei Jahren Haft. „Was soll da einer noch leugnen, die haben sich nur herausgeredet, dass sich die öffentliche Erregung so hochgeschaukelt hat“, so Rechberger. So habe etwa einer aus der Gruppe geschrieben, das nächste Mal gleich mit Molotow-Cocktails hinzufahren. Jener Pongauer, der in seinem Eintrag nach der „Endlösung“ gerufen hat, wird auch nach dem Verbotsgesetz angezeigt.

Medien berichteten damals, dass auch während der Auseinandersetzung noch Äußerungen gefallen seien, die in Richtung Wiederbetätigung gehen. Das habe sich im Nachhinein aber nicht mehr eindeutig feststellen lassen, weil die Polizei keine Geschädigten mehr befragen habe können. „Die Roma sind damals alle weg“, so Rechberger.

Unabhängig vom Verfassungsschutz beschäftigt der Zwischenfall die Justiz noch auf einer anderen Ebene: Die Polizei Bischofshofen hat nämlich auch etliche Beteiligte im Schanzengelände wegen diverser Drohungen oder Nötigungen angezeigt. In diesem Fall seien auf beiden Seiten Verdächtige ausgeforscht worden. „Die Sache liegt bereits bei der Staatsanwaltschaft“, sagte Rechberger.

Quelle: Der Standard
Stand: 18.12.2013