Mit der Ankündigung, eine eigene „Garde“ zum Selbstschutz aufzustellen, ist eine Eskalation zwischen der größten ethnischen Minderheit und den Neonazi-Gruppen um die Partei Jobbik vorprogrammiert. Schuld an der Zuspitzung des Konfliktes trägt aber auch die Regierungspartei: durch wahltaktisches Kalkül und entwürdigende Ansätze bei der „Lösung der Zigeuenerfrage“. Man kann jetzt nur noch an die Besonnenheit der Roma appelieren, um Gewaltausbrüche bis hin zu einem Bürgerkrieg zu verhindern. Eine mehr als vage Hoffnung.
UPDATE, 7. September: Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, hat die Polizei, mit Unterstützung der Antiterroreinheit TÉK, den Gründer und selbsternannten Kommandanten der Roma-Garde Ferenc Bagó nach einem Interview im Pécser Stadtfernsehen verhaftet. Jedoch nicht, wie zuerst gemeldet, wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung und Störung der öffentlichen Ordnung, sondern, “weil er als Vorbestrafter eine Organisation gegründet hat.” Laut Gesetz ist das verboten, was aber lediglich die Nichtanerkennung der Organisation (Verein, Partei, etc.) zur Folge haben dürfte, nicht eine automatische Verhaftung, sonst säßen bald viele Leute in Haft. Mit Bagó wurde auch ein Pressefotograf mit aus dessen Wagen gezogen und kurzzeitig verhaftet. Ersterer wollte diesem gerade eine frische Hakenkreuzschmiererei an seinem Hause zeigen.
Die Schnelligkeit der polizeiliche Reaktion ist erstaunlich und man hätte sich diese auch gegenüber den Führern der Vielzahl von Neonazi-Gruppen gewünscht, die nachweislich seit Jahren die öffentliche Ordnung “stören” und Volksverhetzung bis hin zur Amtsanmaßung und Nötigung vollführen. Aber für diese gilt aufgrund der unten erläuterten politischen Rücksichten offenbar ein anderer Status. -red.
Ankündigungen zur Gründung von Gruppen zur Selbstverteidigung gegen die durch Roma-Siedlungen marschierenden „Garden“ der Neonzais gab es schon seit der Gründung selbiger vor 5 Jahren. Doch bisher gingen diese über lokale Grüppchen nicht hinaus. In Pécs wurde nun eine „Roma Garde“ mit dem Ziel des landesweiten „Selbstschutzes“ ins Leben gerufen und als Verein gegründet. Der Initiator, Ferenc Bagó, der sich selbst als „Hauptmann Daflics“ bezeichnet, sagte gegenüber Pressevertretern, dass die Organisation bereits rund 400 Mitglieder zählt und man eine „bis zu 8.000 Mann starke“ Truppe im ganzen Land aufbauen wolle. Continue reading Roma in Ungarn gründen „Garde“ zur Verteidigung gegen Neonazis
Category Archives: Antiziganistische Übergriffe
Gesellschaftliche Spannungen in Ungarn – Roma stellen Garde zur Selbstverteidigung auf
„Dreckige Zigeuner, wir bringen Euch um.“ Solche Worte hören Roma in Ungarn nicht nur, 2009 wurden sie wahr. Um mit rechtsextremistischen Bedrohungen in ihrem Land künftig besser fertig zu werden, haben Roma in der Stadt Pecs nun eine eigene Garde gegründet – zur Selbstverteidigung.
Die Männer und Frauen der paramilitärischen Ungarischen Garde marschieren gern kriegerisch: Trommeln, Flaggen, Uniform – wie in Budapest zu ihrem fünfjährigen Jubiläum Ende August auf dem Heldenplatz im Stadtzentrum oder jüngst in Cegled, 80 Kilometer südöstlich von Budapest durch eine Romasiedlung. Dort ohne Trommeln, aber mit Parolen: „Dreckige Zigeuner, wir bringen Euch um“ , brüllten die etwa 400 Gardisten und ihre Sympathisanten.
Die Polizei sah lange zu. Seit Jahren werden die Roma von den Neonazis der Ungarischen Garde drangsaliert. Die vielen Splittergruppen der Garde verstehen sich als Bürgerwehren und rechtfertigen ihre Auftritte durch „Hilferufe“ aus der Bevölkerung. Dabei bleibt es nicht immer bei Aufmärschen.
Weil der Staat uns nicht vor „Zigeunerkriminalität“ schützt
2009 ging ein Roma-Haus in Flammen auf, der 27-jährige Vater und sein fünfjähriger Sohn wurden erschossen, als sie sich retten wollten. Die Täter kamen aus dem Dunstkreis der Garde. Die mutmaßlichen Mörder von sechs ungarischen Roma, darunter ein Kleinkind, beriefen sich vor Gericht auch auf die Garde und deren Parolen. Tenor: Weil der Staat sie nicht ausreichend vor „Zigeunerkriminalität“ schütze, übten sie nun Selbstjustiz.
Offiziell ist die rechtsextreme Ungarische Garde verboten, ihre Splittergruppen nicht. In der südungarischen Stadt Pecs hat eine Roma-Vereinigung der Stadt nun ihre Gegengarde gegründet – zur Selbstverteidigung. Die Vorsitzende ist eine Frau – Helena Ganyi. Continue reading Gesellschaftliche Spannungen in Ungarn – Roma stellen Garde zur Selbstverteidigung auf
Ausschreitungen: Neonazis in Ungarn fordern Todesstrafe in Roma-Siedlung
Am Sonntag hielt die neofaschistische Partei Jobbik im westungarischen Devecser eine Manifestation für die Einführung der Todesstrafe ab. Rund 1.000 Anhänger und Aktivisten der Partei versammelten sich unter dem Motto „Leben und leben lassen – Wir fordern die Zulassung der Selbstverteidigung…“. Nach einer Kundgebung im Ortszentrum „marschierten“ die Demoteilnehmer demonstrativ zur örtlichen Romasiedlung. Dort wurde in bekannter Manier die „Wiederherstellung von Frieden, Recht und Sicherheit“ gefordert, natürlich „ohne rassenorientierte Diskriminierung“. Noch vor wenigen Tagen forderten Jobbik-Abgeordnete eine rassische Kategorisierung von Straftätern. Redner rechtfertigten die „Wiedereinführung der Todesstrafe“ mit einer „gestiegenen Kriminalitätsrate“. Trotz eines hohen Polizeiaufgebotes kam es zu Zusammenstößen, Steine flogen zwischen den Neonazis und den Roma-Anwohnern hin und her, es gab mehrere Verletzte, darunter auch der Mitorganisator der Jobbik Ferenczi.
Die Einführung der Todesstrafe ist eine zentrale Forderung der Partei, kürzlich gab es dafür anlassbedingt auch Zustimmung aus – noch anonymen – Kreisen des Fidesz. Eine Einführung würde jedoch klar gegen EU-Recht verstoßen und gilt daher zumindest als unwahrscheinlich.
Quelle: Pester Lloyd
Stand: 07.08.2012
Drucken Versenden Bookmark Leserbrief Schrift 11.07.2012 DETMOLD Vorlesen Jugendliche schießen mit Softair-Waffen auf Sinti-Familie
Staatsschutz ermittelt nach rassistischen Äußerungen in Pivitsheide
Detmold-Pivitsheide. Für die Frankes wird die Nacht zum Mittwoch immer in grauenvoller Erinnerung bleiben. Die Sinti-Familie, die am Freitag mit Genehmigung der Behörden ihr Lager für eine Woche auf dem Parkplatz am ehemaligen „Eichenkrug“ in Pivitsheide aufgeschlagen hatte, wurde von einer Gruppe Jugendlicher mit Nazi-Parolen beschimpft und mit Softair-Waffen beschossen.
Eine Gruppe von drei Mädchen und vier Jungs im Alter zwischen 16 und 18 Jahren hielt sich am späten Dienstagabend nach Schilderung der Sinti-Familie am Parkplatz auf, wo auch sie selbst lagerten. „Es war gegen Mitternacht. Erst hat die Gruppe uns heftig beschimpft und später hörten wir dann die Schüsse in unsere Richtung“, beschreibt Vater Franke die Vorfälle in der Nacht. Daraufhin alarmierte die Familie die Polizei. Als die aber eintraf, waren die Jugendlichen bereits mit ihren Rollern in Richtung Stratenweg und Umgebung verschwunden. Die Beamten nahmen den Vorfall auf und fuhren davon. Continue reading Drucken Versenden Bookmark Leserbrief Schrift 11.07.2012 DETMOLD Vorlesen Jugendliche schießen mit Softair-Waffen auf Sinti-Familie
2 .pdf’s by the ERRC concering violence against roma
Amoklauf heizt Stimmung gegen Roma an
Ein Polizist tötete in der Slowakei drei Menschen, vermutlich Roma. Mit den Opfern gibt es wenig Mitleid.
Die Wahnsinnstat eines Polizisten heizt in der Slowakei die brodelnde Anti-Roma-Stimmung weiter auf. Die verschlafene Kleinstadt Hurbanovo in der Südslowakei, die einen hohen Anteil an Minderheiten (vor allem Ungarn und Roma) hat, war am Samstag Schauplatz eines blutigen Amoklaufs geworden: Ein Stadtpolizist schoss mit einer illegalen Waffe außer Dienst fünf Menschen nieder. Drei waren auf der Stelle tot, zwei wurden schwer verletzt.
Obwohl es deutliche Hinweise gibt, dass es sich bei den Opfern um Roma handelt, wollten die Behörden nichts von einem rassistischen Motiv wissen: Dagegen spreche, dass Opfer und Täter derselben Nationalität angehörten – und zwar der ungarischen. Continue reading Amoklauf heizt Stimmung gegen Roma an
Neo-Nazis strike Romani activist in the head with cobblestone during Prague demonstration
Roughly 150 supporters of the right-wing extremist Workers‘ Social Justice Party (Dělnická strana sociální spravedlnosti – DSSS) and the Workers‘ Youth (Dělnická mládeže – DM) gathered on 1 May to demonstrate in Prague. The right-wing radicals threw cobblestones and glass or plastic bottles at counter-demonstrators objecting to their neo-Nazism who marched past just after 15:00 near Na můstku street. One of the cobblestones struck a Romani activist from the Hate is No Solution initiative, Jozef Miker. The aggressive neo-Nazis also injured three police officers. One neo-Nazi was arrested for assaulting an officer.
The ultra-right supporters gathered at 14:00 at the bottom of Wenceslas Square, where several people gave speeches. DSSS chair Tomáš Vandas opened the demonstration by criticizing Czech PM Petr Nečas (Civic Democrats – ODS) for preserving his existing cabinet through the support of the Public Affairs (VV) MPs who want to see Deputy Prime Minister Karolína Peake (VV) stay in office. Vandas said the PM would do better to call early elections. He then went on to give his usual remarks, attacking Romani people and also news server Romea.cz. During its on-line reporting of the demonstration in real time, news server iDNES.cz said the DSSS leader made the following deceptive claims: „Tomáš Vandas is criticizing police reform, wiretapping, and says he is bothered by government support for news server Romea.cz.“ Continue reading Neo-Nazis strike Romani activist in the head with cobblestone during Prague demonstration
Czech Republic: Romani people attacked and ostracized despite voicing condemnation of recent assault
The recent commission of a violent crime which the Czech media and the victim allege was committed by Romani people has prompted a wave of ostracism among the non-Romani residents of the town of Břeclav. The IQ Roma servis civic association, which works with Romani people in Břeclav, is now speaking up after conducting interviews with many of their adult and child clients, bringing forward the authentic feelings, opinions and testimonies of members of the Romani community about this situation.
Young Romani people in Břeclav are currently being subjected to behavior which they perceive as an assault on their basic human rights, be it when they are online, out in public, or in the schools. Some of them, especially the youngest of them, do not understand the majority society’s behavior and are afraid. The pedagogical staff of IQ Roma servis, who work daily with these youth at a recreational club and during individual instruction, have noted an impact on these children’s basic self-respect and sense of belonging to Czech society as well as their increased anxiety. Continue reading Czech Republic: Romani people attacked and ostracized despite voicing condemnation of recent assault
Neo-Nazis heading to Czech town for anti-Romani demonstration
The ultra-right extremist Workers‘ Youth (Dělnická mládež – DM) is convening a protest this Sunday in Břeclav to support a 15-year-old boy who was brutally beaten by three allegedly Romani men over the weekend there. The boy has been hospitalized and is in critical condition. Up to 1 000 people are expected to attend the event, which will culminate in a march through the center of town. Břeclav municipality spokesperson Eliška Windová informed the Czech Press Agency of the upcoming march today.
The march is announced as beginning at 9:00 AM CET and lasting until 20:00 on Sunday. It will start at the main train station in Břeclav. „The announcers met the legal requirements for the event to take place. For the time being there is no reason to ban it,“ the town spokesperson said.
The DM is an offshoot of the ultra-right radical Workers‘ Social Justice Party (Dělnická strana sociální spravedlnosti – DSSS). Sunday’s march was originally planned under completely different circumstances – friends of the beaten boy wanted to hold a „March for Little Peter and Our Security“ and announced the event on Facebook. Almost 1 000 people promised to attend it. During the ensuing online discussion, the issue of who should take up organizing the demonstration was raised. The DM then officially announced to the town hall that it was convening the protest.
The DSSS has already condemned the attack on the boy. „Given the fact that a large number of citizens are turning to us with requests for help about this case, the Workers‘ Party is prepared to support all events held in support of the beaten boy,“ DSSS Vice-Chair Jiří Štěpánek told the Czech Press Agency today. Numerous Romani organizations have also condemned the incident.
Petra Vedrová, a spokesperson for the South Moravian Police, told the Czech Press Agency today that police are following the circumstances around the protest and will take appropriate security measures on Sunday. Yesterday Mayor of Břeclav Oldřich Ryšavý (Czech Social Democrats – ČSSD) warned against the event turning into an anti-Romani demonstration. He also called the assailants „human beasts“ who must be apprehended.
The boy was assaulted by three men on Sunday evening. He testified that they were dark-skinned. One reportedly asked him for a cigarette. When the boy said he didn’t have one, the men beat him brutally. The boy telephoned his mother, who took him to the hospital, where he was operated on immediately. Doctors removed one of his kidneys and said his liver is also damaged. His mother told the media that the assailants were not interested in money, because they did not rob her son. Allegedly they just wanted to take their aggression out on him. The perpetrators face up to 10 years in prison if convicted.
Source: Romea.cz
Date: 18.04.2012
Antiziganismus – die Mehrheit macht sich ein Bild
Fremd, frei, fahrend, faul – seit Jahrhunderten halten sich Stereotype über Menschen, die als „Zigeuner“ diskriminiert und zur Nazi-Zeit ermordet wurden. Auch danach wurden sie ausgegrenzt.
„Ein Roma-Dorf zieht nach Berlin“ titelte die BZ am 2. April 2012, „Roma-Kinder überfordern Berlins Lehrer“ heißt es in der Morgenpost am 3. April – nur zwei Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus deutschen Zeitungen. Gepaart werden solche Schlagzeilen oft auch noch mit Berichten über Müllberge, aggressives Betteln oder angebliches Erschleichen von Sozialleistungen in Deutschland. Das ohnehin verzerrte Bild einer Bevölkerungsgruppe droht sich auf diese Weise in der Gesellschaft noch zu verfestigen, einer Minderheit, die in Europa jahrhundertelang verunglimpft wurde. Auch heutzutage noch sind 44 Prozent der Bevölkerung in Deutschland überzeugt, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen, das ergaben Studien des Konfliktforschers Prof. Wilhelm Heitmeyer. 4 von 10 Befragten sagten, sie hätten Probleme, wenn sich Sinti und Roma in ihrer Umgebung aufhielten. Heitmeyer und andere Forscher gehen davon aus, dass die Befragten gar keine Mitglieder der Bevölkerungsgruppe kennen, gegen die sich ihre Feindseligkeit richtet.
Das ist typisch für sogenannten Antiziganismus. Diese Haltung beruht nicht auf Erfahrungen sondern auf Projektionen der Mehrheitsgesellschaft, davon ist auch der Berliner Politologe Markus End überzeugt: „Es ist möglich, antiziganistisch eingestellt zu sein, ohne dass man jemals irgendwie konkreten Kontakt gehabt hat zu Menschen, die man als ‚Zigeuner‘ wahrnimmt“. Dies speise sich aus einer jahrhundertelangen Überlieferung von Klischees, wie Heimatlosigkeit, Faulheit oder Kriminalität, die auch in den Medien das Bild von Sinti und Roma prägen, ebenso wie vieler anderer Gruppen, gegen die sich Antiziganismus richte. Continue reading Antiziganismus – die Mehrheit macht sich ein Bild