Die Polizei musste eingreifen, als am Mittwochabend eine Gruppe von fünf Leuten mit den Sinti-Familien in der Riverissiedlung aneinandergeriet. Die Gruppe habe die Sinti diskriminiert und beleidigt, die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung. Der Verband Deutscher Sinti und Roma hat sich eingeschaltet.
Trier. Die Wohnsiedlung in der Riverisstraße bietet kein schönes Bild. Verlassene und verfallene Wohnblocks prägen die Szene. Die dort lebenden Sinti-Familien alarmierten am Mittwoch gegen 21.25 Uhr die Polizei. Eine Gruppe junger Leute fahre hupend durch die Riverisstraße, werfe mit Flaschen und brülle rechtsradikale Parolen und Beschimpfungen. Continue reading Nächtliche Randale in der Riverissiedlung
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Erste Geständnisse beim Prozess um Romamorde in Ungarn
Einer der Angeklagten im Prozess um die Morde an ungarischen Roma in den Jahren 2008 und 2009, Árpád K., hat am Dienstag ein Teilgeständnis abgelegt und die Beteiligung an drei der insgesamt neun Attacken eingestanden, bei denen sechs Menschen starben. Bewusst tödliche Schüsse oder überhaupt Schüsse abgegeben zu haben, verneinte er allerdings und hofft wohl mit seinem Entgegenkommen auf eine mildere Strafe. Die anderen Angeklagten blieben bisher bei dem Standpunkt, dass sie zwar eher zufällig an den Orten anwesend waren, mit den Mordanschlägen aber nichts zu tun hätten.
Árpád K. hatte bei den ersten drei Anhörungen die Aussage verweigert, gab nun aber seine Beteiligung bei den Attacken in Galgagyörk im Juli 2008 und in Piricse im August desselben Jahres sowie bei einem weiteren Anschlag zu. Dabei habe es sich seinen Angaben nach aber nicht um eine gezielte und vorbereitete Organisation gehandelt, sondern eher um spontane Aktionen, mit denen man „auf die Probleme mit den Zigeunern“ aufmerksam machen wollte. Eigentlich wollte man die Bewohner mit Molotow-Cocktails nur erschrecken und vertreiben, die mitgebrachten Waffen jedoch „nur zur Selbstverteidiung“ einsetzen. Gleichzeitig belastete er seinen Bruder und einen weiteren Mitangeklagten der Mittäterschaft.
Quelle: Pester Lloyd
Stand: 08.04.2011
Die Heimatlosen
40 Jahre Internationaler Tag der Roma
Als Frankreich im Sommer 2010 Hunderte Roma nach Rumänien abschob, war die Kritik groß. So warnten Kirchenvertreter davor, „Minderheiten zu Sündenböcken zu machen“. Inzwischen haben sich die Wellen zwar wieder gelegt – doch das Thema ist noch immer problematisch. Daran erinnert auch der Internationale Tag der Rom.
Roma feiern am Freitag (08.04.2011) den Internationalen Tag der Roma, der sich in diesem Jahr zum 40. Mal jährt. An dem Tag wollten Roma auf die teilweise „beunruhigende und trostlose“ Situation der ethnischen Minderheiten der Sinti und Roma in Europa aufmerksam machen und neue Denkanstöße zur Integration „im Respekt vor der kulturellen Vielfalt“ geben, erklärte der Verein Rom im Vorfeld. In Europa leben nach Angaben des Vereins zehn bis zwölf Millionen Roma und Sinti. Damit seien sie die größte europäische Minderheit ohne eigenes Staatsgebiet. Continue reading Die Heimatlosen
Ungarn: Rechtsradikale patrouillieren in Roma-Viertel
200 Mann der offen rassistischen „Bürgerwehr“-Gruppe „Szebb Jövöert“ sind seit Montagabend in einer nordungarischen Kleinstadt unterwegs. Als Grund nennen sie die gestiegene Kriminalität.
Die rechtsradikale ungarische „Bürgerwehr“-Gruppe „Szebb Jövöert“ marschiert seit Montagabend im Roma-Viertel der nordungarischen Kleinstadt Hajduhadhaza. Die 200 Mann starke uniformierte Gruppe wolle zwei Wochen bleiben, sagte am Dienstag Gergely Rubi, Parlamentsabgeordneter der rechtsradikalen Partei Jobbik, der selbst Mitglied dieser „Bürgerwehr“ ist. Den Aufmarsch begründete Rubi nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI mit der angeblich gestiegenen Kriminalität.
Die „Bürgerwehr“-Mitglieder seien von der Bevölkerung von Hajduhadhaza gut aufgenommen worden, sagte Rubi weiter. Sie würden während ihres „Einsatzes“ bei zwölf Familien wohnen und von diesen auch verpflegt. An diesem Sonntag ist eine Großdemonstration der Rechtsradikalen geplant, zu der auch der Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona erwartet wird. Continue reading Ungarn: Rechtsradikale patrouillieren in Roma-Viertel
Protest bei Romaabschiebung – Auftakt
Nur eine kleine Protestaktion am Flughafen, aber dies war erst der Auftakt. Noch viele Sammelabschiebungen soll es geben – sie werden nicht unwidersprochen bleiben.
Am 31. März endet der Wintererlass, ein temporärer Abschiebestopp nach Serbien und dem Kosovo in der kalten Jahreszeit. Keine 5 Tage später starten die ersten Sammelcharterabschiebungen. Sie wurden, wie auch die Male zuvor von Protesten begleitet. Zum Testen ob sich an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtshofes gehalten wird, das demonstrieren auf Flughäfen ausdrücklich erlaubt wurde diesmal spontan mitten im Terminal angemeldet.
Dienstag 5. April, 10 Uhr morgens. Keine Uhrzeit, zu der sich Massen mobilisieren lassen. Schon gar nicht, nachdem die letzten Wochen fast täglich mit Demonstrationen gefüllt waren. Doch 20-30 Aktivist_innen aus unterschiedlichen Städten und Zusammenhängen sind gekommen. Die meisten zum offiziellen Flughafenterminal, einige direkt vor das sogenannte „Gate F“, dem abseits gelegenen Abschiebeterminal. Während im Flughafenterminal eine kurze spontane und unangemeldete Kundgebung abgehalten wird und die Ordnungshüter langsam drängen, dass dieses doch nicht angemeldet sei, kann von den Leuten draußen am Gate F noch beobachtet werden, wie die letzten Kleinbusse der Ausländerbörden durch das Gittertor links am Gebäude fahren. Dort werden, schlecht einsehbar von außen die abzuschiebenden Menschen wie eine Fracht angeliefert. Die Busse haben getönte Scheiben, Sichtkontakt von außen mit den Betroffenen ist nicht möglich.
Mit Transparenten und Sprechchören wird auf das heimlich stattfindende Geschehen in diesem Gebäude aufmerksam gemacht. Continue reading Protest bei Romaabschiebung – Auftakt
Rückkehr abgeschobener Roma vier Monate nach der Abschiebung aus Rheinland-Pfalz
Ehemann und Sohn der verstorbenen Borka T. durften nach Deutschland zurück
PRO ASYL: Die Frage nach der Verantwortung ist noch ungeklärtMit der Wiedereinreise des am 7. Dezember 2010 in den Kosovo abgeschobenen Ismet T. und seines 14-jährigen Sohnes Avdil T. nach Deutschland hat eine umstrittene Abschiebung eine Wendung erfahren, über deren Umstände und Folgen die Medien im Januar berichtet hatten.
Aufsehen erregt hatte die Tatsache, dass die Mutter bzw. Ehefrau der jetzt Eingereisten, Borka T., einen Monat nach der Abschiebung aus dem Kreis Mayen-Koblenz an den Folgen einer Gehirnblutung verstorben war. Continue reading Rückkehr abgeschobener Roma vier Monate nach der Abschiebung aus Rheinland-Pfalz
Ungarns Roma in Angst vor Rechtsradikalen
BUDAPEST – Mit einem Aktionsplan will die EU-Kommission die Lage der Roma in Europa verbessern. Probleme hat die Minderheit aber nicht zuletzt in dem Land, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat: Weil in Ungarn die Rechtsradikalen mobilisieren, leben viele Roma in Angst.
Es duftet nach Frühling in Hejöszalonta. Vor ihrer Tür steht Magda Orban (62) und plaudert mit Otilia Illes (40), der Nachbarin von gegenüber. Otilia ist eine Roma-Frau, Magda eine sogenannte weiße Ungarin. Und beide schimpfen sie darüber, dass an diesem Tag die rechtsradikale ungarische Partei Jobbik hier in Hejöszalonta eine Hass-Kundgebung gegen Roma abhalten will.
Das friedliche Hejöszalonta könnte im Grunde als positives Modell dienen für all jene, die derzeit Pläne schmieden für den Umgang mit Europas größter Minderheit. Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft hat einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der etwa zwölf Millionen europäischen Roma initiiert, den die EU-Kommission an diesem Dienstag in Straßburg und dann am Freitag auch in Budapest vorstellen will. Es geht darum, die historisch gewachsene Benachteiligung dieser Volksgruppe zu beseitigen. Continue reading Ungarns Roma in Angst vor Rechtsradikalen
Rumänien: Nur noch „Zigeuner“ statt „Roma“?
Eine rumänische Gesetzesinitiative will den Terminus „Zigeuner“ (Ţigan) verordnen, den Segen der Rumänischen Akademie hat sie bereits
Eine Legislativinitiative des liberaldemokratischen Abgeordneten Silviu Prigoana, derzufolge künftig im offiziellen Sprachgebrauch der Begriff „Roma“ mit dem Terminus „Zigeuner“ ersetzt werden soll (vgl. dazu frühere Medienkampagnen), wird derzeit von der Regierung erörtert. Eine Stellungnahme der Exekutive zu besagter Gesetzesinitiative steht zwar noch aus, muss allerdings demnächst abgegeben werden, berichtete die Nachrichtenagentur Mediafax. Die Rumänische Akademie hat das Legislativprojekt bereits abgesegnet. Die Gesetzesinitiative war im Monat September im Senat, dem Oberhaus des rumänischen Parlaments, eingebracht worden, nachdem Staatschef Băsescu erklärt hatte, dass seiner Meinung nach der Begriff „Roma“ im Ausland für Verwechslungen zwischen Rumänen und den Angehörigen der Roma-Minderheit sorge. Continue reading Rumänien: Nur noch „Zigeuner“ statt „Roma“?
Zur Zeit und die „ungeliebte Minderheit“
FPÖ-MEP Andreas Mölzers beschäftigt sich in der aktuellen Ausgabe der Zur Zeit (40/2010) „mit dem sogenannten ‚fahrenden Volk‘, mit Roma und Sinti also, um es politisch korrekt auszudrücken, mit den Zigeunern, um verständlich zu sein“. (S. 2) Tatsächlich lassen die entsprechenden Beiträge an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. So schreibt Mölzer im Editorial von einer „Neigung des fahrenden Volkes, sich über geltende Gesetze sich leichterhand hinwegzusetzen“. Es sei „sattsam bekannt“, dass „zur Kultur des fahrenden Volkes gehört, den Eigentumsbegriff anders auszulegen als herkömmlich europäische Gesellschaften“ (ebenda). Erich Körner-Lakatos ergänzt die Klischees um das des „lustige[n] musizierende[n] Zigeuner[s]“, den „jedermann schätzt“ (S. 13). Und Helge Morgengrauen macht ihre Marginalisierung „den dunkelheutigen, eher kleinwüchsigen Fremden“ selbst zum Vorwurf, wenn er davon schreibt, dass sich „die Zigeuner […] nirgends wirklich integrierten“ (S. 15).
Quelle: Dokumentationsarchivs
des österreichischen Widerstandes
Stand: Oktober 2010
Antiziganismus von Links: ein historisches Beispiel
In der Schriften-Sammlung „Der kurze Sommer der Anarchie“, herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger, finden sich zwei kleine Berichte (Seite 205-206) darüber, wie der berühmte spanische Anarchist und Revolutionär Buenaventura Durruti 1936 eine Gruppe spanischer Roma (vermutlich Kale) zur Arbeit an einer Straße von Pina de Ebro zu dem Dorf Monegrillo gezwungen hat. Als Begründung für diese Zwangsarbeit wird das antiziganistische Stereotyp von der angeblichen Arbeitsunwilligkeit von Roma angeführt.
War Durruti ansonsten auch in vielen Bereichen ein vorbildhafter Idealist, so darf dieser Aspekt in der Biografie des Anarchisten nicht verschwiegen werden.
Der Mitkämpfer Ricardo Sanz berichtet:
Diese Straße heißt bei den Bewohnern heute noch »Die Straße der Zigeuner«. Durruti hatte nämlich in seinem Operationsgebiet einige Zigeunerlager vorgefunden, und er brachte es fertig, das wandernde Volk zum Straßenbau zu überreden. Was andern wie ein Wunder erschien, nannten die Zigeuner freilich »eine Strafe Gottes«.
Heißt es bei Sanz noch „überreden“, so wir in dem Bericht von Gaston Leval eindeutig klar, dass es sich um Zwangsarbeit handelt:
Als die Kolonne Durruti nach Aragon vordrang, stieß sie auf ein Zigeunerlager. Ganze Familien kampierten da auf freiem Feld. Das war insofern unangenehm, als diese Leute sich um den Frontverlauf nicht im geringsten kümmerten und nach Belieben herüber- und hinüberwechselten. Es war nicht ausgeschlossen, daß sie sich als Kundschafter für Franco mißbrauchen ließ. Durruti dachte über das Problem nach. Dann ging er zu den Zigeunern und sagte ihnen: »Als erstes, meine Herrschaften, werdet ihr euch anders anziehen und das gleiche Zeug tragen wie wir.« Die Milizsoldaten trugen damals alle Monteurskittel, Overalls, und das in der Juli-Hitze! Die Zigeuner waren nicht gerade begeistert. »Heraus aus euren Lumpem! Was die Arbeiter tragen, das steht euch auch zu.« Die Zigeuner merkten, daß Durruti nicht zum Spaßen aufgelegt war, und zogen sich um. Aber damit nicht genug. »Jetzt, wo ihr Arbeitskleider habt, jetzt könnt ihr auch arbeiten«, fuhr Durruti fort. War das ein Heulen und Zähneknirschen. »Die Bauern hier haben ein Kollektiv gegründet und beschlossen, eine Straße zu bauen, damit ihr Dorf einen Weg zur Hauptstraße hat. Hier habt ihr Schaufeln und Pickel, auf geht’s!« Was blieb den Zigeunern anders übrig. Und von Zeit zu Zeit kam Durruti selbst vorbei und sah nach, wie die Arbeit voranging. Er freute sich diebisch darüber, daß er die Zigeuner dazu gebracht hatte, ihre Hände zu gebrauchen. »Der Seno‘ Durruti ist da!« flüsterten sich die Zigeuner zu, mit ihrem andalusischen Akzent, und erhoben die Hand zum antifaschistischen Gruß; das heißt, sie streckten ihm die geballten Fäuste hin, und Durruti verstand sehr wohl, was sie damit sagen wollten.
Interessant ist, dass hier mitten im Spanischen Bürgerkrieg einer Randgruppe Illoyalität bzw. Spionage („daß sie sich als Kundschafter für Franco mißbrauchen ließ“) und ein fehlender Arbeitsethos unterstellt werden. Ganz in der Tradition antiziganistischer Vorurteile.
Der Arbeitsethos der Mehrheitsbevölkerung und die Loyalität werden letztendlich mit Gewalt sicher gestellt bzw. erzwungen. Dies geschieht durch eine Art von Zwangsassimilierung der Roma, die gezwungen werden die (Arbeiter-)Kluft der anarchistischen Milizen zu tragen. Entgegen dem anarchistischen Ideal reproduziert Durutti unter der scheinbaren Notwendigkeit des Krieges Herrschaft und Diskriminierung gegenüber einer randständigen Bevölkerungsgruppe. Spätere libertäre Generationen entwickelten glücklicherweise eine ausgeprägte Kritik des kapitalistischen Arbeitsethos.