Category Archives: Deutschland

Ermittlungspannen nach Polizistinnenmord: „Heiße Spur ins Zigeunermilieu“

Im Mordfall Michèle Kiesewetter hatte die Polizei Sinti und Roma unter Verdacht. Bei den Rechten wurde nicht ermittelt. Auf eine Entschuldigung warten Sinti und Roma bis heute.

Anfang des Jahres, beim Gipfel der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus, hatte Romani Rose es noch einmal versucht. Er schilderte, wie Sinti und Roma nach dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter öffentlich gebrandmarkt worden seien. Zeitungen spekulierten damals über Verbindungen zu einem „Clan der Sinti“ oder einer „Roma-Sippe“.

Doch so recht interessiert hätten sich Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) nicht für Roses Anliegen, berichten Teilnehmer des Gipfels. „Es hat bis heute kein Wort der Entschuldigung oder Richtigstellung gegenüber unserer Minderheit gegeben“, sagt Romani Rose, der seit 30 Jahren Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma ist. Continue reading Ermittlungspannen nach Polizistinnenmord: „Heiße Spur ins Zigeunermilieu“

Ermittlungen: Morddrohung gegen Linken

Göppingen – Unbekannte bedrohen den Göppinger Linken-Stadtrat Christian Stähle. In einem offensichtlich in verstellter Schrift abgefassten Brief heißt es: „Diesen Zigeuner werden wir in nächster Zeit abknallen und durch den Kamin lassen“. Beigelegt war ein Zeitungsfoto von Stähle, das im Landtagswahlkampf veröffentlicht worden war. Darüber war das Wort „Verbrecher“ geschrieben. Die Polizei bestätigte, dass der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen habe.

Der Drohbrief ging an die Presse

Der in Salach abgestempelte Brief sei bereits vor mehr als zwei Wochen bei der Verlagsleitung der örtlichen Lokalzeitung eingegangen. Diese schaltete die Polizei ein. Gestern wurde Stähle von ihr als Geschädigter vernommen.

Der Linken-Politiker vermutet, dass Rechtsradikale hinter der Morddrohung stecken. In der Vergangenheit war er schon mehrfach in den Fokus der örtlichen Nazi-Szene geraten. Die Polizei machte zunächst keine weiteren Angaben.

Quelle: Stuttgarter Zeitung
Stand: 03.04.2012

Rechter Grenzverkehr

Gemeinsame Aufmärsche und Konzerte: Neonazis aus Deutschland und Tschechien suchen die Zusammenarbeit. NPD-Mitglieder aus Sachsen bei Demonstrationen gegen Roma

Zwischen deutschen und tschechischen Neonazis entwickelt sich seit einigen Jahren eine enge Kooperation. Das bestätigte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion. Die tschechischen Neonazis wollen vom »reichen Erfahrungsschatz« der NPD profitieren, um »das gleiche mit ähnlichen Methoden in der Tschechischen Republik zu erreichen«, erklärte demnach Tomas Vandas, Vorsitzender der tschechischen neonazistischen »Arbeiterpartei für Soziale Gerechtigkeit« (DSSS).

Ein Beispiel für die organisierte Zusammenarbeit zwischen NPD und DSSS ist die Jahresfeier des NPD-Verlages Deutsche Stimme im April 2011 in Riesa. Dort wurde mit dem »Manifest z Riesy/Manifest von Riesa« eine engere Kooperation vereinbart. In der Folge trafen sich Ende Mai 2011 die Vorsitzenden beider Parteien in Prag. Continue reading Rechter Grenzverkehr

Antiziganismus – die Mehrheit macht sich ein Bild

Fremd, frei, fahrend, faul – seit Jahrhunderten halten sich Stereotype über Menschen, die als „Zigeuner“ diskriminiert und zur Nazi-Zeit ermordet wurden. Auch danach wurden sie ausgegrenzt.

„Ein Roma-Dorf zieht nach Berlin“ titelte die BZ am 2. April 2012, „Roma-Kinder überfordern Berlins Lehrer“ heißt es in der Morgenpost am 3. April – nur zwei Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus deutschen Zeitungen. Gepaart werden solche Schlagzeilen oft auch noch mit Berichten über Müllberge, aggressives Betteln oder angebliches Erschleichen von Sozialleistungen in Deutschland. Das ohnehin verzerrte Bild einer Bevölkerungsgruppe droht sich auf diese Weise in der Gesellschaft noch zu verfestigen, einer Minderheit, die in Europa jahrhundertelang verunglimpft wurde. Auch heutzutage noch sind 44 Prozent der Bevölkerung in Deutschland überzeugt, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen, das ergaben Studien des Konfliktforschers Prof. Wilhelm Heitmeyer. 4 von 10 Befragten sagten, sie hätten Probleme, wenn sich Sinti und Roma in ihrer Umgebung aufhielten. Heitmeyer und andere Forscher gehen davon aus, dass die Befragten gar keine Mitglieder der Bevölkerungsgruppe kennen, gegen die sich ihre Feindseligkeit richtet.

Das ist typisch für sogenannten Antiziganismus. Diese Haltung beruht nicht auf Erfahrungen sondern auf Projektionen der Mehrheitsgesellschaft, davon ist auch der Berliner Politologe Markus End überzeugt: „Es ist möglich, antiziganistisch eingestellt zu sein, ohne dass man jemals irgendwie konkreten Kontakt gehabt hat zu Menschen, die man als ‚Zigeuner‘ wahrnimmt“. Dies speise sich aus einer jahrhundertelangen Überlieferung von Klischees, wie Heimatlosigkeit, Faulheit oder Kriminalität, die auch in den Medien das Bild von Sinti und Roma prägen, ebenso wie vieler anderer Gruppen, gegen die sich Antiziganismus richte. Continue reading Antiziganismus – die Mehrheit macht sich ein Bild

Mahnmal ab Oktober

Das Denkmal für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma in Berlin soll am 25. Oktober eröffnet werden. An der Feier an dem in unmittelbarer Nähe des Reichstages gelegenen Mahnmal würden Holocaust-Überlebende, Vertreter von europäischen Roma- und Sinti-Organisationen sowie Vertreter der europäischen Staaten und Regierungen und der US-Regierung teilnehmen. Das Mahnmal sollte schon 2009 eröffnet werden. Weil jedoch der verantwortliche israelische Künstler Dani Karavan mit der Bauausführung nicht zufrieden war, musste der Termin verschoben werden.

Quelle: taz.de
Stand: 04.04.2012

Bleiberecht für Miroslav – Faxkampagne

Liebe Leute,

wir möchten Euch um Unterstützung bitten im Kampf für ein Bleiberecht von Miroslav.
Miroslav ist der junge Rom, der Ende 2010 in Hamburger Abschiebehaft einen Suizidversuch beging.

Der heute dreiundzwanzig jährige floh im Alter von 2 Jahren mit seiner Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland.

Doch die Hoffnung auf ein Leben mit Sicherheit und Perspektive erfüllte sich für die Familie nicht. Im niedersächsischen Syke lebten sie über Jahre mit Duldung, untergebracht unter unwürdigen Bedingungen im Flüchtlingsheim „Deutsche Eiche“. Der Vater von Miroslav protestierte im November 2002 auf tragische und verzweifelte Weise gegen die prekäre rechtliche und soziale Situation seiner Familie, in dem er sich im Syker Rathaus mit Benzin übergoss, anzündete und kurz darauf verstarb. Ungeachtet der Folgen für Miroslav, seine Mutter und seine vier Geschwister wurde die Familie im Jahre 2004 nach Serbien abgeschoben.

Nach mehreren Misshandlungen auf serbischen Polizeiwachen entschloss sich Miroslav im Jahre 2010 zu einer Flucht zurück in das Land, in dem er sich zu hause fühlte, nach Deutschland. Continue reading Bleiberecht für Miroslav – Faxkampagne

Suizid-Versuch bei nächtlicher Abschiebung

Eine vierfache Mutter hat bei einem nächtlichen Abschiebeversuch in Braunschweig versucht, sich das Leben zu nehmen. Der Hausarzt hatte wiederholt davor gewarnt, die Roma-Familie auszuweisen, weil die Frau schwer psychisch krank sein. Die Ausländerbehörde sah das anders.

Bei der beabsichtigten Abschiebung einer Roma-Familie aus Braunschweig hat eine Mutter versucht sich das Leben zu nehmen. Als die Beamten in der Nacht zum vergangenen Dienstag unangekündigt in die Wohnung eindrangen, drohte die Frau damit, sich mit einem Messer den Hals aufzuschlitzen. Sie wurde in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Die Frau galt als psychisch schwer krank und hatte bereits im Vorfeld Selbstmordgedanken geäußert. Sie befand sich in Behandlung. Ob und wann die Familie nach Serbien abgeschoben wird, ist noch unklar. „Die Reisefähigkeit muss erneut von einem Arzt überprüft werden“, sagte Lothar Deutsch von der Landesaufnahmebehörde Braunschweig, die die Abschiebung der sechsköpfigen Familie veranlasst hatte.

Die Familie war im Mai vergangenen Jahres nach Deutschland eingereist. Die Landesaufnahmebehörde lehnte den Asylantrag nach 14 Tagen ab. Das hatte die Familie aus Serbien so hingenommen, sodass sie von der Landesaufnahmebehörde als „vollziehbar ausreisepflichtig“ eingestuft worden war. Allerdings riet der Hausarzt wegen der schweren psychischen Erkrankung der vierfachen Mutter dringend davon ab, die Familie auszuweisen. Die Landesaufnahmebehörde setzte daraufhin einen Amtsarzt ein. Der kam zu einem anderen Ergebnis. Er stufte die Roma-Frau als reisefähig ein. Das Gesundheitsamt empfahl allerdings, die Abschiebeaktion unangemeldet durchzuführen, „um der Familie und insbesondere der Frau Stress zu ersparen“, hieß es.

„Einerseits wird die Frau als reisefähig eingestuft, andererseits traut man ihr aber nicht zu, die Ankündigung der Abschiebung zu ertragen“, sagte Wolfgang Büchs von der Bürgerinitiative Braunschweig, die im Rat der Stadt die widersprüchliche Begründung der Behörde problematisiert hatte. Die Stadt antwortete lapidar: „Die Betroffene hatte in Aussicht gestellt, im Falle einer angekündigten Ausreise selbstschädigende Handlungen vollziehen zu wollen. Es wurde daher empfohlen, die Ausreise nicht anzukündigen.“ Der niedersächsische Flüchtlingsrat will das nicht so hinnehmen: „Psychisch Kranke dürfen nicht mitten in der Nacht überfallartig des Landes verwiesen werden“, sagt Kai Weber: „Es darf nicht um jeden Preis abgeschoben werden.“

Quelle: HAZ
Stand: 20.03.2012

Übergabe der Unterschriften an die Vorsitzende des Petitionsausschusses am 28.3.2012

Bei der Landespressekonferenz am 3.2. 2012 konnten wir gemeinsam mit der GEW und dem Flüchtlingsrat den Aufruf „Pädagogen und Pädagoginnen gegen die Abschiebung von Roma in den Kosovo“ der Öffentlichkeit vorstellen.

In den letzten Wochen hat der Aufruf in Pädagogenkreisen ein beachtliches Echo gefunden. Über 3000 Personen und über 50 Verbände und Organisationen haben die Forderung für ein dauerhaftes Bleiberecht langzeitgeduldeter Roma aus dem Kosovo unterstützt und sich mit der Unterschrift deutlich gemacht, dass sie sich in ihrem Verantwortungsbereich gegen weitere Abschiebungen stellen werden.

Vor der mit Spannung erwarteten entscheidenden Sitzung des Petitionsausschusses werden wir diese Unterschriften am Mittwoch den 28.3. um 13.35 Uhr in der Landtagslobby öffentlich an die Vorsitzende des Petitionsausschusses Bea Böhlen übergeben.

Dazu laden wir Sie herzlich ein. Neben VertreterInnen des Netzwerks werden der Flüchtlingsrat und die GEW vertreten sein.

Von 13 Uhr bis 14 Uhr stehen wir vor der Oper mit einer kleinen Mahnwache. Dort stehen wir Ihnen gerne auch für Nachfragen zur Verfügung.

Die Erklärung des Netzwerks zur Übergabe der Unterschriften am 28.03.2012, als PDF zum Download , und die aktuelle Erklärung des Flüchtlingsrates BW-

Andreas Foitzik und Selcuk Yurtserver-Kneer, Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik
Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Prof. Dr. Claus Melter, Hochschule Esslingen
GEW Baden-Württemberg
ver.di Baden-Württemberg

Quelle: PädagogInnen gegen Abschiebung
Stand: 28.03.2012

Ein Morgen, der nicht zu Ende ist

Im Dokumentarfilm „Revision“ erinnert Regisseur Philip Scheffner an zwei Männer, die 1992 an der polnisch-deutschen Grenze getötet wurden.

Ein Mähdrescher pflügt durch ein Maisfeld, der Himmel ist blau. Als der Motor verstummt, sind die Gesänge der Vögel zu hören. Eine Stimme aus dem Off erzählt: „Nadrensee, Mecklenburg-Vorpommern. 29. Juni 1992. Zwei Erntearbeiter entdecken von ihrem Mähdrescher aus etwas im Getreide liegen. Beim näheren Hinsehen erkennen sie die Körper zweier Menschen. Sie fahren mit dem Mähdrescher Richtung Dorf, um Hilfe zu holen. Hinter ihnen steht das Feld in Flammen.“

Die beiden Männer, die am 29. Juni 1992 auf diesem Feld gestorben sind, hatten kurz zuvor die polnisch-deutsche Grenze überquert. Sie wurden von Jägern erschossen. Das Verfahren gegen die Schützen endete 1999 mit einem Freispruch. 20 Jahre später ist jetzt auf der Berlinale die Premiere des Dokumentarfilms „Revision“ zu sehen, der sich mit den Ereignissen von damals befasst. Continue reading Ein Morgen, der nicht zu Ende ist