Die OrganisatorInnen des NSU-Tribunals fordern die Rückkehr eines Referenten. Der Roma-Aktivist wurde am Dienstag ins Kosovo abgeschoben.
Er sollte am Wochenende beim NSU-Tribunal in Köln dabei sein: Doch am Dienstag wurde der Essener Roma-Aktivist Selami Prizreni morgens von der Polizei abgeholt und per Sammelflieger ins Kosovo abgeschoben. Die OrganisatorInnen des NSU-Tribunals fordern nun, den 28-Jährigen rechtzeitig zu seinen Veranstaltungen am Wochenende zurückzuholen. Tim Klodzko, Sprecher des Aktionsbündnisses „NSU-Komplex auflösen“, erklärte: „Die Abschiebung folgt einer rassistischen Praxis, die wir mit dem Tribunal anklagen.“
Das fünftägige NSU-Tribunal begann am Mittwoch mit einer Auftaktveranstaltung im Schauspiel in Köln. Angehörige der NSU-Opfer und UnterstützerInnen wollen noch bis Sonntag in Workshops und Podiumsveranstaltungen über die NSU-Verbrechen und ihre Ursachen wie strukturellen Rassismus diskutieren.
Prizreni, der sich in Essen in der Gruppe „Roma Arts Aktion“ für die Rechte der Minderheit engagiert, hätte am Freitag im Hauptprogramm mit anderen über die Perspektiven antirassistischer Initiativen diskutieren sollen. Am Samstag sollte er auf einem Workshop über „Institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus gegen Sinti und Roma und den Widerstand dagegen“ sprechen. Zudem war am Sonntag auf der „Abschluss-Parade“ des Tribunals in der Keupstraße ein Auftritt von Prizreni geplant, der mit seinem Bruder in der HipHop-Combo „K.A.G.E“ Musik macht. Continue reading NSU-Tribunal in Köln: Referent soll zurückkommen
Bulgariens neue Regierung: Pakt mit den Ultrarechten
Im ärmsten EU-Land regiert neu die prowestliche Gerb-Partei mit den Vereinigten Patrioten. In deren Reihen tummeln sich islamophobe und fremdenfeindliche Scharfmacher.
Erstmals nehmen in Bulgarien Repräsentanten der radikalen Rechten Einsitz in einem bulgarischen Kabinett. In der Regierung von Bojko Borisow erhalten die Vereinigten Patrioten zwei Vizeregierungschef-Posten sowie die Ministerressorts für Verteidigung und Wirtschaftspolitik. Borisows bürgerliche Gerb-Partei hatte in der vorgezogenen Parlamentswahl vom 26. März lediglich 95 von 240 Mandaten gewonnen. Continue reading Bulgariens neue Regierung: Pakt mit den Ultrarechten
Roma-Schwestern verbrennen im Wohnwagen
Nach einem Brandanschlag auf eine Roma-Familie in Italien herrscht im ganzen Land Entsetzen. Drei Schwestern kamen ums Leben.
Die Tragödie ereignete sich in der Nacht auf Mittwoch am Stadtrand der italienischen Hauptstadt Rom. Ein Wohnwagen, der von einer Roma-Familie bewohnt wurde, ging in Flammen auf. Im Inneren starben drei Schwestern im Alter von vier, acht und 20 Jahren qualvoll. Der Verein 21 Luglio, der immer wieder Gewalt gegen Roma und Sinti anprangert, drückte seinen „Schmerz“ über das Ereignis aus.
Rassistisch motiviert?Wenig später war von einem Brandanschlag die Rede. Auf Videomaterial aus Überwachungskameras ist nämlich ein junger Mann zu sehen, der eine Flasche auf den Wohnwagen warf, woraufhin dieser in Flammen aufging. Die Ermittler überprüfen jetzt, ob der Anschlag rassistisch motiviert war. In den vergangenen Tagen sollen die Mitglieder der Roma-Familie von Anrainern bedroht worden sein. Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi eilte an den Tatort, wo sie den Anschlag eine „Tragödie“ nannte. Italiens Präsident, Sergio Mattarella, sprach von einem „schrecklichen Verbrechen.“ Papst Franziskus sandte einen Geistlichen aus, um der Familie der Opfer beizustehen und sein Beileid auszudrücken.
Quelle: Heute.at
Stand: 20.05.2017
PDF zum Thema Antiziganismus
Das breit rezipierte Internetportal „Lernen aus der Geschichte“ hat eine Schwerpunkt-Ausgabe seines Newsletters zu Antiziganismus veröffentlicht.
Drei Roma-Schwestern in brennendem Wohnmobil umgekommen
Drei Roma-Schwestern im Alter von 20, acht und vier Jahren sind in der Nacht auf Mittwoch in einem Wohnmobil in Rom bei lebendigem Leib verbrannt. Acht weitere Geschwister und die Eltern, die ebenfalls in einem Außenbezirk der Stadt in dem Wohnwagen lebten, konnten sich retten, berichteten italienische Medien. Die Polizei schließt Brandstiftung und eine Racheaktion nicht aus.
Die Familie, die sich schon seit längerer Zeit in der Gegend aufgehalten habe, sei öfters bedroht worden. „Es war wie eine Bombe“, berichteten Zeugen nach dem Brand. Die Polizei prüft Aufnahmen von Überwachungsanlagen in der Gegend. Das Wohnmobil war seit längerer Zeit auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums geparkt. In der Nähe des Unglücksorts wurden ein Feuerzeug und Reste eines sogenannten Molotowcocktails, einer Brandflasche, gefunden.
Zeugen sagten aus, dass schon am vergangenen Freitag ein anderes Wohnmobil einer ebenfalls der ethnischen Minderheit angehörenden Familie in Brand gesetzt worden war. Die Beziehungen zwischen den Roma-Familien und den Anrainern des Peripherie-Viertels seien wegen wiederholter Einbrüche in der Gegend angespannt, berichteten italienische Medien. „Es ist wahrscheinlich, dass es sich um einen rassistischen Mord handelt“, sagte Marcello Zuinisi, Sprecher des Roma-Verbands „Nazione Rom“.
Quelle: Salzburger Nachrichten
Stand: 20.05.2017
Ausschreitungen bei Cottbus-Spiel in Babelsberg: Harte Strafen für Cottbuser Randale-Fans
Der Lausitzer Fußballverein will seinen rechtsextremen Randale-Fans lebenslange Hausverbote aussprechen. Ebenfalls im Gästeblock war in Babelsberg ein AfD-Jungpolitiker aus Brandenburg – gemeinsam mit dem Berliner Anführer der „Identitären Bewegung“.
Nach den gewalttätigen Ausschreitungen von Fans des FC Energie Cottbus in Potsdam hat der Lausitzer Fußballverein harte Maßnahmen angekündigt. Denkbar seien sogar „lebenslange Hausverbote“ für alle Liegenschaften und Veranstaltungen des Klubs sowie bundesweite Stadionverbote, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Vereins. „Wir bitten in dieser Sache auch die Öffentlichkeit um Unterstützung, wer Material zur Überführung von Tätern hat, diese auch den ermittelnden Behörden zukommen zu lassen“, erklärte das Präsidium des Fußballvereins.
Konkret nannte das Präsidium als Drahtzieher der Randale die Gruppen „Inferno Cottbus“, die „Unbequeme Jugend Cottbus“ sowie „New Society Chemnitz“ (früher „NS Boys“). Für Heim- und Auwärtsspiele sind Inferno und die Unbequeme Jugend mit Auftrittsverboten belegt – sie dürfen also nicht mit Bannern und anderen Utensilien offen im Stadion agieren. Ohne Gruppenlogos aber gelangen sie offenbar doch ins Stadion, wie sich vor einer Woche in Babelsberg zeigte. Continue reading Ausschreitungen bei Cottbus-Spiel in Babelsberg: Harte Strafen für Cottbuser Randale-Fans
Neonazis planten offenbar Nachfolge des NSU
Neonazis versuchten offenbar 2012, eine europäische Gruppe nach dem Vorbild des NSU zu bilden. Stand eine neue Mordserie bevor?
Sie waren zu neunt und hatten eine Idee: Sie würden sich mit anderen europäischen Neonazis verbünden. Sie würden töten, in Deutschland und in anderen europäischen Ländern. Vor allem Roma sollten ihre Opfer sein. Um ihr Vorhaben zu besprechen, trafen sie sich auf dem Christkindlmarkt, zwischen Glühweinstand und Lebkuchenherzen, manchmal auch in einem Park. Sie redeten dann verklausuliert über ihre Aktion, die sie „Zweiter Frühling“ nannten. So steht es in geheimen Unterlagen zum „Zweiten Frühling“, die der SPIEGEL einsehen konnte. Sie legen einen brisanten Verdacht nahe. Wenn er zutrifft, haben die Neonazis schon ein Jahr nach der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im November 2011 darüber nachgedacht, eine Gruppe nach dessen Vorbild zu gründen. In einer Zeit, als sich die Republik intensiv mit der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen befasste, überlegten sie, dessen Terror fortzusetzen. Der Name war verräterisch: „Frühling“ stand in großen Buchstaben auf den DVDs mit einem Bekennervideo des NSU. In dem Film hatten sich dessen Mitglieder zu einer rassistischen Mordserie bekannt. Und nun ein „Zweiter Frühling“? Die Behörden nahmen die Sache ernst: Jahrelang beobachteten Verfassungsschützer aus sechs Ländern sowie vom Bundesamt in Köln in einer gemeinsamen Operation namens „Mazoleti“ die Verdächtigen. Die Behörden waren so alarmiert, dass sie den Generalbundesanwalt einschalteten: Dieser ermittelte von März 2013 an gegen sieben namentlich bekannte und zwei unbekannte Männer wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die Gruppe bestand aus hochrangigen und seit vielen Jahren aktiven Neonazis. Auch zwei Funktionäre der National – demokratischen Partei Deutschlands (NPD) haben laut den Unterlagen dazugehört. Einer der Verdächtigen hatte sogar Kontakt zu den späteren Mitgliedern des NSU: Sein Name tauchte auf einer Telefonliste von Uwe Mundlos auf, die 1998 in der Bombenwerkstatt des späteren NSU-Täters gefunden wurde. Ein weiteres Mitglied hatte bereits Erfahrungen mit der Identifizierung „politischer Gegner“. Continue reading Neonazis planten offenbar Nachfolge des NSU
»Die stehen mit dem Rücken zur Wand«
Eine Leipziger Initiative sammelt Geld, damit sich ungarische Roma selbst helfen
»Es geht hier nicht einfach nur darum, Spenden für arme Menschen zu sammeln«, sagt Richard Gauch von der Bürgerinitiative Leipzig Korrektiv nachdrücklich, »sondern darum, denen zu helfen, die systematisch ausgeschlossen und unterdrückt werden.« Diese Unterscheidung ist ihm wichtig, wenn er über das Hilfsprojekt für ungarische Roma spricht, für dessen finanzielle Unterstützung er wirbt.
In der Tat ist die Minderheit der Roma gerade im wirtschaftlich schwachen Norden Ungarns in einer doppelt schwierigen Situation: Denn zu Arbeitslosigkeit und Armut in der Region kommen der tief in der ungarischen Mehrheitsgesellschaft verwurzelte Antiziganismus und oft auch Schikanen der lokalen Behörden. Dies macht es ihnen nahezu unmöglich, sich aus eigener Kraft aus ihrer Situation zu befreien. Das Projekt, das die Leipziger unterstützen, soll die Roma im nordungarischen Dorf Kálló in die Lage versetzen, sich zumindest mit dem Allernötigsten selbst zu versorgen. So soll etwa eine Maschine für die Herstellung von Biobriketts angeschafft werden, die Altpapier und Laub zu Heizmaterial presst. Außerdem bekommen die Bewohner kostenlos Gemüsesamen, zeitgleich werden ihnen Hilfestellungen zur Pflanzenzucht und Kleintierhaltung gegeben. Auch Nachhilfe für die Kinder und Englischunterricht sind Teil des Projektes, das vor Ort von der ungarischen NGO Bürgerrechtsbewegung für eine Republik betreut wird. Finanziert wird das Ganze zu 90 Prozent aus den Fördermitteln eines Schweizer NGO-Fonds. Um aber diese Mittel abzurufen, muss ein Eigenanteil in Höhe von 3.000 Euro geleistet werden. Dafür sammeln die Leipziger.
Gegründet hatte sich Leipzig Korrektiv allerdings aus einem ganz anderen Grund: Vor genau einem Jahr hatte die Stadt Zoltán Balog, den ungarischen Minister für Humanressourcen in der nationalkonservativen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán, als Ehrengast zum Leipziger Lichtfest eingeladen. Die Regierung Orbán hatte seit ihrem Amtsantritt 2010 massiven Demokratieabbau betrieben, daher fanden die Mitglieder der neu gegründeten Bürgerinitiative Balogs Einladung zu einem Fest für die Demokratie reichlich unpassend und forderten, ihn wieder auszuladen (s. kreuzer 10/2012).
Balog kam trotzdem, doch das politische Interesse für Ungarn war geweckt und erste Kontakte waren geknüpft, etwa zu dem Schriftsteller und Träger des Leipziger Buchpreises György Dalos, der die Initiative tatkräftig unterstützt. Deshalb entschloss man sich, die Empörung über die politischen Zustände in Ungarn mit Fakten zu unterfüttern. Zwei der drei Mitglieder fuhren einen Monat lang in das Land, besuchten zahlreiche Projekte und trafen Aktivisten – unter anderem in Kálló – und waren schockiert über die Lebensumstände der Roma auf dem Land: »Das war für mich das erste Mal, dass ich in einem Slum war«, sagt Stephan Bosch, neben Gauch der zweite Mitreisende. Bosch macht sich keine Illusionen darüber, was ein solches Projekt bewirken kann: »Subsistenzwirtschaft ist kein Ideal, sondern Notwehr. Die Leute stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen sehen, wie sie sich selber helfen können, weil ihnen alle andere Hilfe verwehrt wird.« So kann die akute Not etwas gelindert werden, von echter Teilhabe oder Integration sind die ungarischen Roma noch weit entfernt. Für jene Integration zuständiger Minister der Regierung Orbán ist übrigens: Zoltán Balog.
Quelle: Kreuzer Leipzig
Stand: 20.05.2017
Unsere neue Herausgabe: „Für immer ‚Zigeuner‘? – Zur Kontinuität des Antiziganismus in Deutschland“.
Wie lässt sich in angemessener Weise mit und von Roma und Sinti sprechen, wenn sich ein Schweigen angesichts nicht schwindender rassistischer Einstellungen und Handlungen ihnen gegenüber verbietet? Jede Äußerung über Sinti und Roma steht in der Gefahr, Stereotype fortzuschreiben und muss sich deshalb der Fallstricke bewusst sein, die für diese Thematik kennzeichnend sind.
Namhafte Autoren, aufwendig gestaltet, 159 Seiten, 14,80 Euro plus Versand
Bestellung hier: [email protected]
Quelle: https://via-bundesverband.blogspot.de/2017/01/unsere-neue-publikation.html
Stand: 20.05.2017
Fundstück: Antiziganismus in der DDR
„Für Roma und Sinti war der VdN-Status [VdN = Verfolgte des Naziregimes] zusätzlich an die Registrierung beim Arbeitsamt geknüpft. Ihre Stigmatisierung im Nationalsozialismus als »arbeitsscheu« oder »asozial« setzte sich hier fort.“
Quelle: Antonio-Amadeo-Stiftung (Hg.): „Das hat’s bei uns nicht gegeben. Antisemitismus in der DDR“, Begleitbuch zur Ausstellung, Redaktion Heide Radvan, Berlin 2010, Seite 79