Abstand halten: Von Volk und Heimat

Die „Antifa Jugend Augsburg“ (AJA) hat ihre Heimat wieder für sich entdeckt, sucht nach einem revolutionären Volk und verkennt den spezifisch deutschen Charakter dahinter. Doch die „Anti-Linken“ sind immer die anderen.

Die radikale Linke hat in den vergangenen Jahren zu Recht erkannt, dass ihr Glück nicht in der Heimattümelei zu suchen ist. Auch die alte Parole der DDR-Wutbürger „Wir sind das Volk“ überlässt man gern den Dresdener Montagsspaziergängern und ihren Wahnvorstellungen von einem homogenen Volkswillen der herbeigesehnten Volksgemeinschaft.
Einzelne linke Gruppierungen setzen nun aber wieder vermehrt auf die politische oder nationale Identität, was aber nichts anderes bedeutet als „die Bereitschaft des Individuums, von der Gemeinschaft sich versaften zu lassen“.1  
Woher kommt also das Bedürfnis nach dem Volk?
Dazu im Folgenden vier verschiedene Erklärungsansätze:

1. Das Volk „verspricht die Geborgenheit der Kumpanei und die Intimität der Kameraden“.2
Sie wollen so intim miteinander werden, wie es früher die Burschenschaftler waren, die nicht einmal zum Urinieren den Kreis der Spießgesellen zu verlassen brauchten, weil sie ihr Bedürfnis in die Rinne unterm Tisch verrichten konnten.

2. Es gibt keine Klassen mehr, es gibt nur noch Deutsche. Sie ersparen sich den leidigen Klassenkampf, indem sie den Gegensatz von Arbeit und Kapital zugunsten der Volksgemeinschaft auflösen.

3. Die AJA versteht sich als antiimperialistisch. Jeder Antiimperialismus bezieht sich positiv auf das Zwangskollektiv „Volk“.  Sie geben sich größte Mühe, ein revolutionäres Subjekt ausfindig zu machen und sei es auch in Nicaragua, solange es eben nur ein Volk ist. Dabei ist man sich auch nicht zu schade, Schlächter wie Gaddafi, Assad oder die Hamas zu unterstützen.

4. Sie wissen um die Irrsinnigkeit des Volksbegriffes, wollen aber in der Manier des Linkspopulismus auch nicht auf ihn verzichten. Man müsse die einfachen Leute eben da abholen, wo sie stehen, um sie gegen die „Ein Prozent“, die nicht zum Volk gehören, zu mobilisieren. Nicht durch die Begleitung von Organisierungsprozessen der Belegschaft im Betrieb oder die Diskussion beim Bier in der örtlichen Kneipe, sondern durch die Übernahme rechter Begrifflichkeiten.

Welche dieser Möglichkeiten es auch sei, es bleibt zu diskutieren, ob es sich dabei noch um linksradikale Positionen handelt. Doch die Provokateure sind immer die anderen und so richtet sich die Wut der „Antifa-Jugend“ gegen alles von ihnen als intellektuell oder universitär charakterisierte.
„Die Trauer über die Unfähigkeit zu denken radikalisiert sich zur Wut auf die Philosophie. Was einem selber nicht gelang, ob aus Faulheit oder Volkstum, soll auch kein anderer mehr schaffen“.3

Auch ihre Abneigung gegenüber Genuss und Nonchalance spricht nicht für ihren Willen zur Verallgemeinerung des schönen Lebens. Wer aus der „proletarischen Nation“ herausragt, soll niedergestampft und gleichgemacht werden.

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1 Joachim Bruhn: Was deutsch ist, Zur kritischen Theorie der Nation  
2,3 ebenda

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