Skip to content

Infostand zum Einzug der AfD in den hessischen Landtag

Am 18. Januar kommt der neue hessisches Landtag zur konstituierenden Sitzung zusammen. Wir begleiten das mit einem Infostand auf dem Dernschen Gelände. Auch wenn die AfD nur die Spitze des Eisbergs ist, informieren wir vor allem über die Abgeordneten der AfD-Fraktion. Kommt vorbei und informiert euch. Ab 10 Uhr.
Solidarität statt Ausgrenzung!

PRESSEMITTEILUNG
zur konstituierenden Sitzung des hessischen Landtags 18. Januar

Am 18. 1. 2019 zieht die AfD in das hessische Landesparlament ein. Damit droht auch hier, was im Bundestag und anderen Parlamenten bereits bittere Realität ist:
• Missbrauch parlamentarischer Mittel zur Diffamierung von Bevölkerungsgruppen und politischer Gegner*innen
• Konsolidierung eines extrem rechten Apparats
• gezielte Verrohung des öffentlichen Diskurses durch rassistische, menschenverachtende Reden und Anträge.
Der bereits im Wahlkampf gefahrene Kurs wie auch das Personal der AfD Hessen verheißen nichts Gutes, zu den Abgeordneten mit nachweislich rechtsextremen Kontakten und Aktivitäten gehören u. a.
*Frank Grobe, Alexandra Walter, Dimitri Schulz und Andreas Lichert*

Es steht zu befürchten, dass die AfD erneut mit ihrer Strategie punkten wird, andere Parteien und die Regierung zur Verschärfung von Asylpolitik und zum Abbau demokratischer Rechte zu bewegen. Die von der AfD lautstark vertretenen rassistischen Parolen entspringen denselben nationalistischen und neoliberalen Politikansätzen der meisten anderen Parteien und sind deswegen nur die Spitze des Eisbergs. So werden soziale Missstände in der herrschenden Politik geleugnet und Minderheiten zu Sündenböcken für die Folgen dafür verantwortlich gemacht. Berechtige Abstiegsängste in großen Teilen der Bevölkerung werden umgelenkt, anstatt bestehende Verhältnisse zu kritisieren.
Statt tatsächlich Fluchtursachen zu bekämpfen ‒ wie Waffenexporte, unfaire Handelsbeziehungen usw. ‒ werden Geflohene als Gefahr gebrandmarkt. Mehr noch: Die Seenotrettung wird kriminalisiert, mit Libyen und anderen Staaten werden Abkommen zur Inhaftierung Geflüchteter geschlossen.

Zugespitzte rassistische Einstellungen finden wir nicht nur in den Parlamenten, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Strukturen. Ein Beispiel dafür sind die beim Polizeirevier auf der Frankfurter Zeil bekannt gewordenen rechtsextremen Netzwerke.
Die AfD hat keine neuen Argumentationen in den öffentlichen Diskurs eingebracht, sie ist lediglich die Speerspitze rassistischer Politik die sich in neuen Gesetzesentwürfen, wie den Psychiatrie- oder Polizeigesetzen, zeigt. Ihr Agieren im Hessischen Landtag wird zu Entsolidarisierung führen, zur Verschärfung gesellschaftlicher Zustände und zur Verbreitung einer hasserfüllten Grundeinstellung, wenn wir uns dem nicht entschlossen entgegenstellen.

Deshalb ruft das WIESBADENER BÜNDNIS GEGEN RECHTS zu Protest auf.
Kommen Sie zu Gespräch und Austausch an unseren Infostand.

*Sie erhalten hier u.a. fundierte Hintergrundinformationen zu Abgeordneten der AFD & deren Verbindungen in die rechten Netzwerke*

Update: Alexandra Walter wurde aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen und gehört jetzt als fraktionslose Abgeordnete dem Landtag an.

Redebeitrag von der Kritischen Intervention Wiesbaden (KI:WI) auf der Demo „AfD -nur die Spitze des Eisbergs“ am 26. Oktober 2018

Die reaktionäre und autoritären Politik der AfD ist nur die Spitze des Eisbergs. Dass auch bürgerliche Politik massenhaft Leiden produziert und tötet, mussten schon viel zu viele Menschen schmerzlich erfahren: ob erschossen durch deutsche Exportgüter, vertrieben durch die Folgen kapitalistischer Ausbeutung, an den Grenzen Europas in den Tod getrieben oder abgeschoben in Krieg, Terror und Diktatur.
Dass dieses alltäglich reproduzierte Leiden notwendig und alternativlos sei, wird da wie dort behauptet – auch, aber nicht nur, bei der angeblichen „Alternative“ für besorgte Deutsche.
Die soziale Kälte und Verhärtung hat System und bricht sich in den letzten Jahren immer drastischer Bahn. Frei nach dem Motto „Hasse deine*n Nächste*n wie dich selbst“ schlägt die eigene alltägliche Erfahrung von Ohnmacht, Leid und Ungerechtigkeit um, in die Suche nach Schuldigen oder einem angreifbaren Feindbild. Gerade in Zeiten, in denen wirtschaftliche, politische und soziale Krisen die gesellschaftliche Diskussion bestimmen, verbreiten sich zunehmend Verunsicherung und Angst vor dem sozialen Abstieg sowie die Sehnsucht nach einer ’starken Hand‘, die schon alles wieder irgendwie richten wird.
In einem solchen gesellschaftlichen Klima ist in ganz Europa eine zunehmend autoritäre Entwicklung innerhalb wie außerhalb der Parlamente festzustellen. Sei es, dass die sogenannten „etablierten Parteien“ sich in ihren gewohnten Machtpositionen in Frage gestellt sehen. Sei es, dass sie sich von den Populist*innen weiter nach rechts treiben lassen – im Wettbewerb um Stimmen. Sei es, dass die autoritären Sehnsüchte, die seit Jahrzehnten mehr oder weniger schlummerten, nun die Zeichen der Zeit erkennen und in allen Parteien laut werden, um die Gunst der Stunde zu nutzen und eigene Forderungen nach Verschärfungen in Sozial- oder Sicherheitspolitik durchzusetzen. Worten folgen Taten, und wenn sich das verschiebt, was sagbar ist, wird das vermeintlich Überwundene im Jahr 2018 wieder brutale Realität.
Immer wieder heißt es, die Menschen hätten Angst, und diese gelte es ernst zu nehmen. Wer im Kapitalismus Angst hat, hat zwar zumindest schon erspürt, dass hier etwas schief läuft. Doch wer nach Sicherheit durch alte Ordnung schreit, verkennt die Grundlagen der grausamen Realität. Nicht geflüchtete Menschen oder Abweichungen von einer vermeintlichen Norm sind Schuld an der Gewalt auf den Straßen, sondern strukturelle Probleme wie Ausbeutung, Rassismus, Sexismus oder Antisemitismus… Kurz: die Überzeugung, wir sollten gegeneinander statt miteinander kämpfen.
Autoritäre Repression ist ein blutiger Kampf gegen Oberflächenerscheinungen und hält damit eine von Grund auf verkehrte Ordnung am Leben. Stattdessen gilt es, die von Menschen gemachten Ursachen an der Wurzel zu packen. Es ist zu kurz gedacht, nach einem starken Staat zu rufen, der mit Gewalt befrieden soll, was selbst schon aus Herrschaft und Ungerechtigkeit geboren wurde.
Ein Beispiel für die gegenwärtigen Entwicklungen sind die neuen Polizei- und Verfassungsschutzgesetze, auch jene bei uns in Hessen.
Ironischerweise begann die Vorgeschichte dieser Gesetzesänderungen 2012 mit der Forderung der Innenministerkonferenz nach Reformen des Verfassungsschutzes auf Bundes- und Landesebene, als Reaktion auf die Selbstenttarnung der Nazi-Terror-Gruppe NSU. Auch der hessische Verfassungsschutz hat sich während des jahrelangen NSU-Terrors und in nachträglichen Untersuchungen vor allem durch Verschleierung seiner eigenen Arbeit und die Verhinderung der Aufklärung offener Fragen hervorgetan.
Nach ersten Entwürfen zu einem neuen hessischen Verfassungsschutz-Gesetz und zu dessen parlamentarischer Kontrolle im Jahr 2014 blieb das Thema erst einmal liegen. 2017 wurde es dann aber sozusagen im Eilverfahren durchgesetzt. Der neue Entwurf wurde Ende 2017 von einer Expert*innen-Kommission regelrecht verrissen. Neben dem mangelnden Schutz persönlicher Lebensgestaltung wurde vor allem kritisiert, dass dem Verfassungsschutz Kompetenzen zugeschrieben werden sollten, die seinen Befugnisbereich überschreiten. Dazu zählen Online-Untersuchungen und die sogenannte Quellen-Telekommunikations-Überwachung, also die unbemerkte Installation von Überwachungssoftware direkt auf Geräten, die auch verschlüsselte Nachrichten ausliest.
Schwarz-Grün reagierte im überarbeiteten Entwurf kreativ und gewitzt: Sie legten gleich einen Reformentwurf für das Gesetz über die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ mit vor, das die problematischen Überwachungsinstrumente statt dem Verfassungsschutz nun einfach der Polizei zuschrieb. Ohne weitere Expert*innen-Befragung, und gegen den Protest der Oppositionsparteien, wurden beide Gesetze dann im Juni diesen Jahres beschlossen. Diese eilige Umsetzung ist juristisch unüblich, zumal es um teils massive Einschränkungen von Grundrechten geht.
Aus dem NSU wurde nichts gelernt: Musste der Verfassungsschutz zuvor die Erhebung, Speicherung und Verwendung vor Kontrollgremien offenlegen, ist er jetzt nur noch Rechenschaft darüber schuldig, ob die Daten ordnungsgemäß gesichert werden. Die zahlreichen Skandale der letzten Jahre spielten sich aber gerade da ab, wo der Verfassungsschutz beim Beschaffen und Verwenden von Informationen den gesetzlichen Rahmen überschritt.
Vorreiterfunktion für solche Gesetzesverschärfungen hatte das bayerische Polizeiaufgabengesetz, das im Sommer 2017 auf den Weg gebracht wurde und mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber Grundrechten glänzt.
Durch den neu eingeführten, extrem schwammig definierten Begriff der „drohenden Gefahr“ reicht nun in Bayern bereits ein unbewiesener Verdacht der Polizei auf eine eventuell geplante Straftat, um Menschen für einen potentiell unbegrenzten Zeitraum vorsorglich in Gewahrsam zu nehmen. Wahlweise kann die Polizei sie auch an einen Aufenthaltsort zu binden, egal ob die Personen dort leben oder arbeiten. Seit der Gesetzesänderung hat die bayerische Polizei weitreichendere Kompetenzen als irgendeine deutsche Polizei seit 1945 je hatte.
Entsprechend wurden auch schnell kritische Stimmen und Proteste gegen das neue Bayerische Polizeiaufgabengesetz laut, die bereits befürchteten, dass Bayern als autoritäres Versuchskaninchen der Bundesrepublik einer verschärften Sicherheitspolitik in anderen Bundesländern Tür und Tor öffnet. Dass diese allerdings – wenn auch noch nicht in gleicher Härte – so schnell nachziehen würden, überraschte dann selbst kritische Beobachter*innen.
Die gegenwärtigen Rufe nach einer starken Ordnungsinstanz werden genutzt, um Gesetzesänderungen durchzupeitschen, die ohnehin schon lange angedacht waren. In einer Vielzahl von Bundesländern wurden mittlerweile neue Gesetze für die Sicherheitsbehörden entworfen oder beschlossen, die alle in dieselbe besorgniserregende Richtung weisen. Unter dem Titel „Polizei 2020“ setzt das Bundesministerium des Innern zudem gerade das Projekt einer zentralisierten Datenbank der deutschen Polizei um.
Es überrascht wenig, dass die Exekutive nach Aufrüstung verlangt. Und auch seitens der Gesetzgeber sind solche Forderungen nichts Neues. Sie sind fester Bestandteil jeden Wahlkampfes. Der Ruf nach rechtlicher, technischer und militärischer Aufrüstung bleibt dabei nicht an Landes- oder Bundesgrenzen stehen, sondern bestimmt seit Jahren die EU-Politik in ihrem Aufbau der „Festung Europa“.
Wir sehen die Gefahr des massiven Ausbaus von Sicherheitspolitik und Überwachungsmaßnahmen nicht erst dort, wo diese Mittel und Befugnisse in extrem rechte Hände geraten. Sind einmal erkämpfte Grundrechte erfolgreich zusammengeschrumpft worden, lässt sich diese Entwicklung nicht so leicht aufhalten, geschweige denn rückgängig machen. Erschreckend ist diese Entwicklung nicht nur durch die Vorstellung, in welches von den Regierungsparteien gemachte Nest sich zukünftig rechte Strukturen setzen könnten, um darin völlig legal zu wüten.
Heute werden die Werkzeuge geschmiedet, mit denen die nach der Befreiung vom Nationalsozialismus hart erkämpften und fragilen demokratischen Strukturen zerschlagen werden können. Wer weiß, welche Gruppen bald darüber verfügen oder wie sie durch praktische Rechtsprechung und politische Entscheidungen weiter ausgebaut und geschliffen werden. Treffen werden sie uns alle – jedoch nicht mit gleicher Härte.
Zudem erfährt die AfD in Polizei und Militär überdurchschnittlich starke Zustimmung zu ihren rückwärtsgewandten Thesen. Wer glaubt, autoritäre Strukturen seien eine angemessene Antwort auf die Fragen der heutigen Zeit, stellt sein Leben gern in einen solchen Dienst – und bekommt jetzt eben ein paar neue Waffen in die Hand. Nicht erst im Kontext der völlig unzulänglichen Aufklärung des NSU-Terror-Komplexes zeigt sich, dass Verfassungsschutz und Polizei strukturell fest verankerte Probleme aufweisen. Unabhängige Stellen beklagen seit Langem unzureichende Aufarbeitung von Polizeigewalt und täglich rassistische Polizeikontrollen. Auch in den Ermittlungen zu den NSU-Morden wurde bekanntlich die Opfergruppe zu Tatverdächtigen gemacht und trotz offensichtlicher Hinweise nicht im rechtsextremen Umfeld ermittelt.
Die Arbeit der Sicherheitsbehörden verfährt tendenziell auf dem rechten Auge blind. Auf dem linken schaut sie dafür mit Adleraugen ganz genau hin. Diese Tendenz zieht sich auch durch die Rechtsprechung.
Schon bevor die Gesetze massenweise und in voller Härte angewendet werden, beeinflussen sie grundsätzlich die Möglichkeit von Kritik und politischem Protest. Können sich kritische Stimmen noch vernetzen, wenn die Polizei ermächtigt ist, jeden Computer und jedes Smartphone auszuspähen? Wenn Videokameras hochauflösend das gesamte öffentliche Leben überwachen und automatisch Kennzeichen oder Gesichter erkennen und melden? Überlegt man sich nicht zweimal, ob man überhaupt noch Proteste organisiert oder gegen etwas auf die Straße geht, wenn man weiß, dass die Werkzeuge zur Überwachung und Bestrafung derart griffbereit liegen?
Die Massenüberwachung, scheinlegitimiert durch das Pochen auf Ängsten, kann zum Knüppel im Nacken der Freiheit werden. Und diesen Knüppel spürt man bereits drohend im Nacken, auch wenn er noch nicht zugeschlagen hat.
Zum angeblichen Schutz der Freiheit wird parlamentarisch ein Überwachungsstaat hochgerüstet, der bestehende Strukturen und Machtverhältnisse festigt.
Die Feind*innen der Freiheit scheuen sich nicht, die Mittel des Rechtsstaats in Anspruch zu nehmen – die tragischer Weise schon historisch unter der Vorstellung entstanden sind, als ob Freiheit nur im Komplettpaket mit Herrschaft zu haben wäre. Legitimer Protest muss ständig fürchten, die neu ausgebaute Härte der Staatsgewalt zu spüren zu bekommen. Minderheiten werden je nach Bedarf als Feigenblatt ausgenutzt oder als Sündenbock geopfert. Wer nicht sehen kann, wozu diese Politik des Hasses und der Befriedigung autoritärer Sehnsüchte führt, hat die deutsche Geschichte nicht verstanden oder schon verdrängt.
Genau aus diesen Gründen sagen wir: Jetzt erst recht! Wir lassen uns nicht einschüchtern, sondern äußern lautstark und entschlossen unsere Kritik. Noch können wir heute gemeinsam hier stehen und klar und deutlich Stellung beziehen. Es ist nicht damit getan, alle paar Jahre ein Kreuz auf den Zettel zu machen. Auch jenseits der Parteien und der Parlamente kann jede und jede und jeder von uns die gesellschaftliche Realität mitbestimmen.
Unsere Stärke heißt Solidarität. Solidarität mit denen, die verstoßen werden sollen. Solidarität mit denen, die sich jetzt gegen diskriminierendes und rechtes Gedankengut einsetzen. Und Solidarität mit denen, die schon lange vor der Gefahr gewarnt haben und dafür auch Repression ausgesetzt waren – nicht zuletzt antifaschistische und antirassistische Gruppen. Lasst uns gemeinsam wieder mehr Antifaschismus wagen!

Dankeschön und tschüss.

Bilder und Presseschau von der Demo „AfD – nur die Spitze des Eisbergs“ am 26. Oktober 2018

Der Wiesbadener Kurier hat es nicht für nötig gehalten unseren Aufruf zur Demo vorab zu veröffentlichen. Alles was in der gedruckten Zeitung am selben Tag zu finden war, war ein Hinweis auf mögliche Verkehrsbehinderungen durch die Demo. Immerhin wurde im Nachhinein über die Demo berichtet: https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/protestmarsch-gegen-wahlkampf-veranstaltung-der-afd_19146428
Nur der Merkurist hat vorab einen Bericht geschrieben und war unserer Einladung für ein Pressegespräch gefolgt: https://merkurist.de/wiesbaden/solidaritaetsnetzwerk-das-steckt-hinter-der-kampagne-afd-nur-die-spitze-des-eisbergs_qIF

Die Frankfurter Rundschau wählte den Titel „Hunderte protestierten gegen AfD-Rassismus“ und bebilderte den Artikel mit alten Männern.



Redebeitrag von Dr. Michael Wilk auf der Demo „AfD -nur die Spitze des Eisbergs“ am 26. Oktober 2018

Die Mischung derer, die kämpferisch unter völkisch-nationaler Flagge unterwegs sind, beschränkt sich nicht nur auf AFD, die Identitäre Bewegung, oder plump faschistische Hitler Fans, sondern reicht längst bis in Regierung und auch die Mitte der Gesellschaft.

Der Giftschrank vormals tabuisierter Begriffe aus dem Fundus national-sozialistischer Propaganda steht inzwischen weit offen: Die Begriffe Heimat, Volk, Nation und der Kampf zur Verteidigung christlicher Werte gehören längst zum populistischen Repertoire der etablierten Parteien. Doch es zeigt sich auch die dazugehörige inhumane Praxis. Im Bemühen die Verteidigung der „deutsch-abendländischen“ Kultur, nicht der AFD zu überlassen, werden Geflohene abgewiesen, Todesgefahren ausgesetzt, oder der Versklavung in lybischen Lagern überantwortet. Die Kriminalisierung der Seenotrettung steht für eine barbarische Verrohung, ein skrupelloses über Bord werfen jeder humanitärer Ansprüche. Was sich im Mittelmeer und an den Außengrenzen Europas offenbart, ist politisches Kalkül das über Leichen geht. „Terror“ ist definiert als Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele- wir erleben zur Zeit genau das: Staatlichen Terror als Abschreckung und Einschüchterung gegenüber Geflohenen. In der Durchsetzung dieser Maßnahmen offenbart sich nicht nur ein Zurückweichen vor dem rechts-populistischen Druck von AFD und Co., sondern – und das ist noch gefährlicher- ein Aufgreifen und Reproduzieren rassistischen Muster.

In einzigartigen Hetzkampagnen, bezogen auf die Nachkriegsgeschichte Deutschlands, werden Menschen, meist mit wenig mehr auf dem Leib aus den Kampfzonen Syriens oder auch den Hungerregionen Afrikas und unter Einsatz ihres Lebens über das Mittelmeer kommend, zu einer Bedrohung des Abendlandes und zu potenziellen Vergewaltigern deutscher Frauen aufgebaut.

Es gibt kein Flüchtlingsproblem – sondern vielmehr ein Rassismusproblem!

Es werden Ängste und Sorgen aufgegriffen und nach rassistischen Mustern ab- bzw. umgelenkt, die nicht selten ihren Ursprung weniger in fiktiver Angst vor Fremden, sondern in ganz realen gesellschaftlichen Problemen haben. Billiglöhne, Altersarmut, Gentrifizierung, ein sich rasant verknappender und verteuernder Wohnungsmarkt, um nur einige zu nennen, verschwinden hinter einer rassistischen Drohkulisse. Reale gesellschaftliche Auseinandersetzung an diesen Themen gilt es zu vermeiden, was jedoch angeboten wird, sind völkisch –nationale Scheinlösungen.

Eine rassistische, rechts- populistische Dynamik entfaltet sich in der Mobilisierung von Ängsten einerseits und dem Angebot einer identitären Mental-Droge andererseits: Die Zugehörigkeit zur deutschen Volksgemeinschaft als Wert an sich- selbstredend exklusiv für „Bio“-Deutsche. Auf deutsche Überlegenheitsgefühle zu setzen, ist angesichts der deutschen Historie bizarr, ekelhaft und verwerflich genug. Sie wird jedoch erst richtig brisant durch die damit zwangsläufig verbundene Abwertung anderer, eben Nicht-deutscher.
Denn einmal angekommen im Kollektiv der „Wir sind das Volk“-Schreier, wird barbarisches Handeln leichter möglich: Das chauvinistische „Wir“-Empfinden stärkt und legitimiert die Unterscheidung in Wert und Unwert, in Drinnen und Draußen.
So werden Ängste geschürt, im Verteilungskampf auf der Strecke zu bleiben, um verknappende Ressourcen kämpfen zu müssen, zu verteidigen, was noch bleibt, gegen die, die anders erscheinen, oder die noch viel weniger haben und gerade deshalb als Bedrohung empfunden werden. Es offenbart sich die Denke einer Ellenbogengesellschaft, die Solidarität zum Unwort erklärt und den Blick auf die eigentlichen Verhältnisse trübt: Dass es mehr als genug für Alle gäbe, wäre es nur anders verteilt.

Zeitgleich eskalieren Konflikte, die zum größten Teil Folgen internationaler Ausbeutung, imperialer und postkolonialer Politik sind. Millionen Menschen werden durch Krieg und Zerstörung, durch Hunger und Elend zur Flucht gezwungen. In der gängigen- sich durch alle Medien ziehenden- Unterscheidung zwischen Kriegs und „Wirtschaftsflüchtlingen“, offenbart sich menschenverachtender Zynismus. Als ob es einen Unterschied gäbe zwischen einem Erschossenen oder einem Verhungerten. Jene Elenden, die sich wagen etwas einzufordern- etwa schlichtes Überleben, Sicherheit oder ein bescheidenes Stück vom Wohlstand, werden als Schmarotzer diskriminiert und verbal entmenschlicht.
Ökonomische Verwertungsinteressen bestimmen die geopolitische Einflussnahme, der Hunger nach Energie, Öl, Mineralien und das Abstecken von Herrschaftsclaims bestimmen die Politik der Mächtigen. Sei es die Abholzung von Regenwald, oder ausbeuterische Produktionsbedingungen in Bangladesch, es zählt die Verwertbarkeit von Mensch und Natur.
Nur wehe wenn sich die Geschundenen dieser Politik auf den Weg in die Wohlstandszonen dieser Welt machen, dann erscheint es opportun, Kriegsschiffe zur Zerstörung von Schlepperboten zu entsenden und das Mittelmeer in ein Massengrab zu verwandeln.

Wir erheben heute unsere Stimme gegen diese Zustände. Wir widersprechen gesellschaftlichem Rassimus, aber ebenso auch staatlich-pragmatischer Skrupellosigkeit. Rassismus ist nur zu begegnen indem er als solcher benannt- und in seinen Erscheinungsformen angegriffen wird. Herrschaftshandeln, das zunehmend einfachste humanitäre Grundsätze für ungültig erklärt, das Menschen zu Tausenden dem Tod überantwortet, das die Rettung von Schiffbrüchigen kriminalisiert, muss ebenso der Kampf angesagt werden, wie einem rassistischen Mob, der sich anschickt eine Unterkunft von Geflohen zu stürmen.

Pressemitteilung vom Wiesbadener Bündnis gegen Rechts: zur Demo am 26.10. AfD – nur die Spitze des Eisbergs

Mehr als 2500 Menschen demonstrierten heute in Wiesbaden unter dem Motto „AfD – nur die Spitze des Eisbergs“ gegen die Abschlussveranstaltung zum Landtagswahlkampf der hessischen AfD im Kurhaus. Die Auftaktkundgebung am Wiesbadener Hauptbahnhof fand mit musikalischer Unterstützung durch
Absinto Orkestra statt. Nach einleitenden Redebeiträgen ging der Demonstrationszug gemeinsam gegen 17 Uhr Richtung Kurhaus. Die Besucherinnen und Besucher der AfD-Veranstaltung betraten die Kurhaus-Kolonnaden begleitet durch laute Pfiffe und Parolen.
In den Redebeiträgen wurde deutlich, warum das Bild der „Spitze des Eisbergs“ als Motto gewählt wurde. Die AfD steht in besonderer Form für Nationalismus, Rassismus, Antifeminismus und Antisemitismus. Aber auch ohne AfD im Landtag wurde bereits menschenfeindliche Politik realisiert. Das wurde bereits im ersten Redebeitrag vom AKU Wiesbaden deutlich „Was wir erleben ist ein skrupelloses über Bord werfen humanitärer Ansprüche. Was sich im Mittelmeer und an den Außengrenzen Europas offenbart, ist politisches Kalkül das über Leichen geht. „Terror“ ist definiert als Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele- wir erleben zur Zeit genau das: Staatlichen Terror als Abschreckung und Einschüchterung gegenüber Geflohenen. In der Durchsetzung dieser Maßnahmen offenbart sich nicht nur ein Zurückweichen vor dem rechts-populistischen Druck von AFD und Co., sondern – und das ist das perfide- ein Aufgreifen und Reproduzieren rassistischen Muster.“
Das wurde auch im Redebeitrag von Seebrücke aufgegriffen, denn Migration war und ist schon immer Teil unserer Gesellschaft. Das Ausspielen von Geflüchteten gegen die lokale Bevölkerung gehört zum klassischen Repertoire rechter Hetze. Bestärkt durch die Politik der Angst, fühlen sich Neo-Nazis jeglicher Schattierungen immer mehr ermuntert, gegen Andersaussehende und Andersdenkende zu hetzen und sie durch die Straßen zu jagen.
Ein Mahnmal dieser Politik ist das, von der schwarz-grünen Landesregierung im März 2018 in Betrieb genommene, Abschiebegefängnis in Darmstadt-Eberstadt. Von den lokalen Protesten dagegen berichtete ein Sprecher der Gruppe Community for all. Eine Sprecherin des Hessischen Flüchtlingsrats berichtete vom massiven Druck, der von Behörden auf Schutzsuchende ausgeübt wird und von einem jungen Afghanen aus dem Wetterau-Kreis, der sich vor einigen Tagen aus Angst vor der Abschiebung das Leben genommen hat. Das Politiker und Politikerinnen hingegen nur mit Helm und
schusssicheren Westen nach Afghanistan reisen, berichtete ein Mitglied von Lautstark gegen Rechts Rhein-Main. „Die Spaltung in unserem Land läuft nicht zwischen Deutsch und Nicht-Deutsch sondern zwischen Arm und Reich. Es ist besser sich gegen oben zu wehren als nach unten zu treten!“ machte eine IG Metallerin klar. Die FAU forderte eine klare Kante gegen Lohndumping und billige Exportgüter, um die fortschreitende De-Industralisierung in Europa und andern Ländern dieser Welt wirkungsvoll einzudämmen. Nur so kann den massiven sozialen Verwerfungen und Fluchtursachen adäquat begegnet werden.

Der Protest fand auch statt im Rahmen der bundesweiten Ablehnung von Verrohung und Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas durch Rechtspopulismus und Rassismus – wie zuletzt in Berlin und vielen anderen Städten. Organisiert wurde die Demo nicht alleine vom Wiesbadener Bündnis gegen Rechts, sondern mit Unterstützung von rund 20 Initiativen und Gruppen aus Wiesbaden und dem Rhein-Main-Gebiet, aus der Geflüchtetenhilfe, Gewerkschaften und Kulturschaffenden.