Fünfzehn angetrunkene Jugendliche überfielen, wie TLZ am Montag kurz mitteilte in der Nacht vom Freitag zum Samstag das Ausländerwohnheim in der Buttelstedter Straße. Sie bedrohten die dort lebenden Mosambikaner, deren Frauen und Kinder. Türen wurden eingetreten, Mobiliar zerschlagen, und es floss Blut. Dass sich der Hass und die Gewalt gegen die Afrikaner richteten, hat sicher nur entfernt mit Alkohol zu tun. Ausländer allgemein werden als Bedrohung empfunden. Und wie man sie aus der Stadt „entfernt“, weiß jeder 15-jährige seit Hoyerswerda. Ausländer raus? Auch die letzte DDR-Regierung war wohl nicht sehr an den mosambikanischen Arbeitern interessiert, als sie festlegte, dass man ihnen jederzeit kündigen kann und sie drei Monate später auch aus den meist werkseigenen Wohnungen auf die Straße setzen darf. Ab 31. Dezember sollen auch die in Weimar lebenden Mosambikaner von ihren Betriebswohnungen auf den freien Wohnungsmarkt entlassen werden. Geld für eine frei angemietet Wohnung haben sie nicht. Auf einen Wohnungsberechtigungsschein haben sie keinen Anspruch. Ausländer raus! Damit auch der Letzte sieht, wie ernst es der Weimar-Werk GmbH mit der Kündigung der Werkswohnungen ist, wird schon vorher das Telefon abgeklemmt – wenn den Mosambikanern Gefahr droht, müssen sie schon zur Polizei laufen. So kommt die Polizei meist erst nach den Übergriffen. Der Überfall Freitagnacht war der vierte in diesem Jahr! Ausländer raus! Wenn die Afrikaner schon noch bei uns leben, sollen sie sich aber wenigstens an das Klima anpassen. Also betreibt die Weimar-Werk GmbH schon seit Wochen die Heizung des Mosambikaner-Wohnheims nicht mehr. Es ist ja erst Dezember. Ausländer raus! Zurück in ihrer Heimat werden sie viel berichten über Weimar. Der eine oder andere hat vielleicht das Hochglanzpapier der Weimarer Erklärung für Fremdenfeindlichkeit und Toleranz mit im Gepäck und wird seiner Familie und den Bekannten vorlesen: „Die Stadt Weimar und ihre Bewohnerinnen und Bewohner sind gast- und fremdenfreundlich!“
Quelle: TLZ vom 18.12.1991: „Das Werk machts möglich“