AfD trifft sich im ehemaligen „Hinterzimmer“

An die 500 Weimarer sind am Freitagabend einem Aufruf vom Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus gefolgt und haben gegen eine Wahlveranstaltung der AfD in der ehemaligen „Hinterzimmer“-Bar protestiert. Mit Pfeifkonzerten und Schmährufen empfingen sie die 35 bis 40 Teilnehmer der Veranstaltung.

Die durch Einsatzkräfte aus der Landeshauptstadt verstärkte Weimarer Polizei hatte den Stadtring bereits ab 17.30 zwischen August-Bebel-Platz und Lisztstraße gesperrt. Die Straße vor dem Veranstaltungsort wurde mit Absperrgittern geteilt. Dennoch ließen sich der AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Stephan Brandner, und Thüringens Fraktionschef Björn Höcke zusätzlich von Sicherheitsleuten und Polizeibeamten durch die Protestrufe zur Bar begleiten, an deren Eingang auch rohe Eier landeten.
Am offenen Mikrofon der Kundgebung machten die Nachbarn Michael Hasenbeck und Rudolf Keßner klar, dass ein AfD-Treff im Viertel nicht willkommen ist. „Wir sind Weimar“, sagte Hasenbeck mit Blick auf die große Zahl an Demonstranten. „Wir haben hier im Viertel die Russen, die Stasi und das Wehrkreiskommando überstanden“, fügte Rudolf Keßner hinzu. „Die Stasi hab‘ ich als erster rausgejagt. Die AfD überstehen wir auch noch.“
DGB-Mann Sandro Witt nannte eine AfD mit Höcke eine „Nazi-Partei“. Eine Abiturientin kritisierte die Fremdenfeindlichkeit der AfD. Jungschriftsteller Leo Röcker trug seine poetische Rede „Wir stehen“ vor.
Hinter verschlossenen Türen und dicken Vorhängen an den Schaufenstern beschimpfte Stephan Brandner die zu einem großen Teil studentischen Demonstranten als „gesellschaftliche Versager“, „kaputte Typen“ oder „Straßenchaoten, die keinen Fuß auf die Erde bekommen“. Sie seien die „missratenen Kinder von Mutti“ – gemeint war die Bundeskanzlerin. Thüringen sagte Brandner ein Drei-Parteien-Parlament voraus, mit CDU, Linke und AfD. „Dann muss sich die CDU entscheiden!“ Der AfD prognostizierte er zur Landtagswahl 2019 etwa 25 Prozent. „Von uns wird es keine Zusammenarbeit mit den Altparteien geben.“
Auch Höcke kündigte einen harten Wahlkampf an. Der AfD-Rechtsaußen nannte die Bundesrepublik einen „Gesinnungsstaat“ und sprach von „DDR 2.0“. Der Kampf gegen Rechtsextremismus sei ein Kampf für die Linken, so Höcke. Massiv kritisierte er das „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit“ (IDZ). Er sprach bei der aus dem Demokratieprogramm Thüringens mitfinanzierten Einrichtung von „Stasi 2.0“. Das IDZ würde zur Denunziation aufrufen.
Den Versammlungsort verließen die vor der Tür geschmähten Gäste ohne direkten Blickkontakt. Abgeschirmt durch ein Polizeifahrzeug, versuchten Höcke und später auch Brandner eventuellen weiteren Eierwürfen zu entgehen. Nach den Spuren am Haus waren es am Ende etwa zehn Eier aus einer sonst friedlichen Kundgebung.

 

Quelle: TLZ