Mit Büchsen beworfen und mit Knüppeln gejagt

Sieben Jugendliche aus Weimar und dem Landkreis stehen vor dem Weimarer Jugendschöffengericht. Sie sollen im April vorigen Jahres vier Asylbewerber aus Sierra Leone mit Bierbüchsen beworfen und mit Knüppeln durch Weimar-Nord gejagt haben. Die fünf Männer und zwei Frauen sind deshalb wegen gemeinschaftlicher begangener Körperverletzung angeklagt. Vor Gericht haben Angeklagte und zwei der als Zeugen geladenen geschädigten Asylbewerber unterschiedliche Darstellungen von dem Vorfall. Die Angeklagten sagten nahezu gleichlautend aus, sie hätten nach einem Kirmesbeuch in Weimar vor dem „Kleinen Kaiser“ einige Büchen Bier getrunken, als die vier Afrikaner kamen und sie auf Englisch beschimpft hätten. Zudem habe es mindestens einer ein Messer gezogen und einen von ihnen „angeschlitzt“. Der „Geschlitzte“ räumte auf Nachfrage ein, dass sei nur ein kleiner Kratzer gewesen. Zudem hätten die Asylbewerber mit einem Knüppel nach dem Auto eines Angeklagten geworfen. Ob und warum sie die Männer aus Afrika verfolgt haben, konnte keiner der Angeklagten vor Gericht erklären. Von den Geschädigten waren zwei als Zeugen erschienen. Sie sagten aus, auf dem Heimweg von der Gerberstraße auf die sieben Jugendlichen getroffen zu sein, die ihnen den Weg versperrt hätten. Zudem wären sie mit dem Wort „Nigger“ beschimpft worden. Das sei „für jeden Schwarzen irritierend“ und nur deshalb hätten sie zurückgeschimpft. Beide Zeugen bestritten, ein Messer bei sich gehabt zu haben. Der Vorfall war von einem Bürger bemerkt und der Polizei gemeldet worden. Der wollte jedoch aus Angst nicht als Zeuge vor Polizei und Gericht erscheinen. Auch auf den dritten Mann aus Sierra Leone wird das Gericht in der kommenden Woche verzichten müssen. Er ist zur Fahndung zwecks Abschiebung ausgeschrieben.

 

Quelle: TLZ vom 26.10.2000: „Asylbewerber angegriffen“