Überall Rassismus

[…] Wir haben hier viele freundliche Menschen getroffen“ sagt Isa (17) und schwärmt von der Wartburg und vom dem Dichterdenkmal vor dem DNT. Patricia (16) hat besonders die Landschaft um die Drei Gleichen gefallen. Dennoch ging es beiden am Donnerstag ähnlich: Sie fühlten sich in Weimar nicht mehr wohl. Denn nicht nur einmal schien es ihnen, als seien sie nicht willkommen. Das schlimmste Erlebnis hatten sie ausgerechnet in der Gedenkstätte Buchenwald. Im Geschichtsunterricht hatten sie vom KZ gehört. Was sie sahen übertraf ihre Vorstellungkraft. Da wunderten sie sich schon über die Albernheiten aus einer deutschen Schulklasse, zumal niemand den lauten Schülern im Ausstellungsgebäude Einhalt gebot. Die dummen Sprüche gegen die polnischen Besucher verstanden die Mädchen zum Glück nicht genau. Das Maß war voll, als eine junge Frau – Betreuerin und Dolmetscherin Monika Rosock schätzt sie auf 20 Jahre – mit den Riemen am Prügelbock wedelte: „Willst ihr hier drauf?“, fragte sie. Monika Rosock glaubte nicht recht zu hören. Doch die Frage kam noch einmal! „Wir waren so schockiert, dass wir einfach nichts sagten und weiter gingen“, so die Betreuerin. Draußen allerdings sah sie, wie nahe das Erlebte ihnen gegangen war, die es mitbekommen hatten. Sie erzählten ihren Gastgebern in der EJBW davon. „Leider kommen solche Erlebnisse in letzter Zeit immer wieder vor“, weiß die Mitarbeiterin Barbara Timm. „Dass sich eine Gruppe gar nicht mehr wohlfühlte, das war das erste Mal. Beigetragen dazu hatten auch Erlebnisse in Weimarer Geschäften, wo sich die Gymnasiasten nicht immer willkommen fühlten. In einem Drogeriemarkt wurden sie von vier Verkäuferinnen demonstrativ beobachtet, aber nicht einmal angesprochen. „Wir kamen uns vor wie Kriminelle“, erinnert sich Isa. „Dabei haben wir doch nur die Tester probiert.“ Von da an waren die Mädchen in den Geschäften still, damit niemand ihr Polnisch hörte. […]

 

Quelle: TA vom 19.6.2004: „Gemischte Gefühle“