Rechter Überfall auf Hoffest zu Männertag

Es hätte eigentlich ein Vatertag wie jede andere sein sollen – Grillen, Alkohol und irgendwann zu feuchtfröhlicher Stunde sind alle nicht mehr ganz nüchtern. Der Mosambikaner Antonio M. hatte seine Freunde auf den Hinterhof eines Mietshauses in der Papststraße eingeladen. Es sollte eine Willkommensparty werden – der 42-jährige Fußbodenleger war gerade von einer dreiwöchigen Montagetour zurückgekehrt. Auch sein Freund Eusdaquio A., von seinen Freunden wird er „Bobby“ gerufen, war gekommen und hatte seine fünfjährige Tochter Joana mitgebracht. Sie war nicht da, als der braune Mob auf den Hof stürmte. Beate A., die Lebensgefährtin von Antonio, weilte gerade mit Joana auf einem nahe gelegenen Spielplatz, als gegen 21 Uhr eine Mosambikanerin um Hilfe rief. „Kommt schnell, wir wurden von Nazis überfallen“, erinnerte sich die 37-jährige an die Worte. Schon von weitem sahen die drei das Blaulicht des Krankenwagens. Eusdaquio lag auf der Straße und musste später ins Sophien- und Hufelandklinikum eingeliefert werden. Die Ärzte diagnostizierten ein Schädel-Hirn-Trauma, Hämatome am Kopf und zahlreiche Prellungen. Auch Antonio M. wurde durch Tritte am Kopf verletzt, ihm fehlen zwei Zähne. Einen Tag später konnten sich beide nur bruchstückhaft an den Ablauf des rechtsextremen Übergriffs erinnern: „Sie kamen auf den Hof gestürmt und schrien uns an, wir sollten hier verschwinden“, sagte Eusdaquio. Dort saßen die 15 Feiernden unter einem aufgebauten Partyzelt und wussten zunächst gar nicht, wie ihnen geschah. „Ich habe erst gar nicht erkannt, dass das Nazis sind“, sagte Antonio. Er habe den Unbekannten Bier und Essen angeboten, erinnerte sich der Gastgeber. Doch den Angreifern war nicht nach Feiern zumute. Sie attackierten den dunkelhäutigen Antonio M., brachten ihn zu Fall und traten gegen seinen Kopf. Der Fußbodenleger mit den kräftigen Oberarmen, er hatte keine Chance- Eusdaquio eilte zu Hilfe, später liegt er draußen verletzt auf dem Asphalt. „Ich musste einfach dazwischen gehen“, sagte er. Auch der Kubaner Santos L. wurde attackiert. Danach verschwanden die etwa 15 Angreifer genauso schnell, wie sie gekommen waren. Wie sie von der Party auf dem  – von der Straße nicht einsehbaren – Hinterhof erfahren hatten, konnte Antonio M. nur vermuten. „Die hat bestimmt jemand geschickt“, sagte er. Denn seit längerem habe es auch in der Nachbarschaft Anfeindungen gegeben. SO auch in der letzten Woche: „Niggerschlampe – ich mach dich alle“, habe ein Nachbar der deutschen Lebensgefährtin des Mosambikaners zugerufen. Ein Einzelfall? Längst nicht alle stehen den Migranten feindselig gegenüber: Ein Nachbar von der gegenüberliegenden Straßenseite schaute am Abend des Vorfalls nicht weg, sondern griff ein und half den Opfern. Die Polizei hatte es nicht weit bis zur Pabststraße, sie war schnell zur Stelle und konnte in der Nähe neun Personen aufgreifen. Einer der Rechten brach sich auf der Flucht das Bein. Die Opfer des Überfalls wollen weiterleben ohne Angst, sie fühlen sich hier zu Hause. „Ich lebe seit 20 Jahren in Deutschland und wurde noch nie angegriffen“, sagte Antonio, der ein weißes T-Shirt mit einem in Altdeutsch geschriebenen Trinkspruch trägt. Eusdaquio spricht fließend deutsch – deutlich hört man seinen thüringischen Dialekt, wenn er sagt: „Das wird immer schlimmer mit den Nazis – wir alle müssen was tun.“ […]

 

Quelle: TLZ vom 27.5.2006: „Ihr sollt verschwinden“