Zwei Rechte belästigen Kinder im Zug

Eine aufregende Ferienwoche lag hinter den acht Mädchen und Jungen zwischen acht und 13 Jahren, auf der Heimfahrt mit dem Zug wurden sie von der tristen Realität eingeholt: Zwei offenbar aus dem Neonazi-Milieu stammende Männer beleidigten die Kinder ausländischer Flüchtlinge in drastischer Weise. Weil ein junges Pärchen couragiert dazwischen ging, wurde es geschlagen und getreten. Der Zug hielt am Freitag in Erfurt, als die aus Ilmenau und Neuhaus am Rennweg stammenden Männer zustiegen. „Die sahen aus wie sie waren“, sagte Lars (29) aus Jena, der aus Angst vor Repressalien seinen vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Glatzköpfige, angetrunkene Männer mit Springerstiefeln, die den Arm mal eben in einem gut gefüllten Zugabteil zum Hitler-Gruß gestreckt hätten. Und plötzlich seien die Kinder ins Visier der deutschen Männer geraten, als „Kanaken“ beschimpft worden. Die Situation eskalierte, als einer der mutmaßlichen Täter immer wieder in den Rucksack eines Jungen gegriffen habe und Lars – von kräftiger Statur – dessen Hand plötzlich packte und festhielt. Der Jenenser wurde geschlagen, seine zur Hilfe eilende Lebensgefährtin Claudia (23) aus Stadtroda gegen die Sitze geschubst und leicht verletzt. Obgleich das Abteil voller Menschen war, hätten sich weitere Mitreisende passive verhalten. Die mutmaßlichen Täter sind 21 und 22 Jahre alt und polizeibekannt: Wegen des Verwendens von verfassungswidrigen Organisationen und anderen Straftaten. Als der Zug den Bahnhof Weimar erreichte, wurde das Duo vom Bundesgrenzschutz in Empfang genommen. Bestürzt ist die Leiterin der Sozialen Beratung im Flüchtlingsheim. Manuela Wenzel, nicht allein über den Vorfall. Dass es Kinder getroffen haben die mit Gewalt und Krieg aufgewachsen seien, habe ein vergangenes Leben plötzlich wieder sehr präsent werden lassen. Die Ausländerbeauftragte der Stadt, Helena Mühe, bestätigte, dass sich unter den aus dem Irak und Iran, aus Jugoslawien und der russischen Föderation stammende Jungen und Mädchen auch traumatisierte Kinder seien. Weimars OB Stefan Wolf besuchte gestern das Wohnheim, schenkte den Kindern einen Sack voller Süßigkeiten und dankte dem ebenfalls anwesenden Paar für die gezeigte Zivilcourage. „Es tut gut, zu wissen, dass Menschen couragiert eingreifen“, sagte er. Lars selbst reagierte fast gelassen auf die Worte. Er würde immer wieder so handeln. […]

 

Quelle: TLZ vom 2.8.2006: „