Serbischer Rollstuhlfahrer schikaniert

Eines scheint nach dem ersten Verhandlungstag festzustehen: Der im Rollstuhl sitzende, aus dem Kosovo stammende Behinderte wurde mit grober Gewalt meterweit gegen die Betonkante der Grünfläche des Theaterplatzes gestoßen. Ob der oder die Täter dem vor dem früheren REWE-Markt bettelnden Geschädigten vorher Geld entwendeten, ob sie ihn mit rassistischen Verunglimpfungen wie „Ihr solltet lieber arbeiten, ihr gehört nach Buchenwald und vergast“ beschimpften, konnte am ersten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht nicht geklärt werden. Eindeutig die Sprache des Staatsanwaltes: Begangener Raub, Nötigung, versuchte Körperverletzung und Volksverhetzung lauteten die Anklagepunkte. Bis zur Klärung steht auch die Lebensgefährtin des Angeklagten, die ebenfalls aus Weimar stammende Karin W., wegen Beihilfe vor den Gerichtsschranken. Während der Angeklagte sich zu den Vorwürfen nicht äußern wollte, gab sie aus ihrer Sicht eine Schilderung der Vorfälle im Februar 1995. Danach sei sie gemeinsam mit ihrem Partner in dem Supermarkt von dem Rollstuhlfahrer beziehungsweise dessen Vetter angefahren und zur Herausgabe von Geld angefordert worden. Der Angeklagte sei daraufhin mit den ausländischen Bürgern vor den Markt gegangen, wo man ich weiter gestritten habe. Dieser Version widersprachen die beiden als Zeugen geladenen Geschädigten jedoch, die sich zudem sicher waren, dass es sich bei den Angeklagten um die Person handelt, die sie damals schikanierten und beschimpften. Ob der Angeklagte Winfried W. sich auch noch als Polizist ausgab und dem behinderten Mann Geld abnahm, muss beim Fortsetzungstermin bewiesen werden.

 

Quelle: TLZ vom 12.7.1997: „Aus dem Gerichtssaal: Behinderten schickaniert und beschimpft“