Erneute Hausdurchsuchungen in bekannten Läden in Halle und Weimar

Im Kampf gegen Rechtsextremismus ist der Polizei einer ihrer bisher größten Fahndungserfolge gegen die rechte Musikszene gelungen: Bei Aktionen in Halle und Weimar beschlagnahmte sie mehr als 6400 CDs mit volksverhetzendem Inhalt. Die Stadt Neumünster schloss am Dienstag den Neonazi-Treff „Club 888“, einen zentralen Treffpunkt der norddeutschen Neonaziszene. Derweil ging die politische Debatte um geeignete Strafen für rechte Gewalttäter weiter. Der Vorschlag von SPD-Fraktionschef Peter Struck, rechtsextremen Straftätern den Führerschein zu verweigern, stieß auf ein geteiltes Echo. Baden-Württemberg schlug vor, auch von Deutschen im Ausland begangene Propagandadelikte – wie das zeigen des „Hitlergrußes“ – strafrechtlich zu verfolgen. Bei Razzien gegen die rechte Musikszene in elf Gebäuden – darunter Szeneläden wie das „Way of Life“ in Halle und der „Phönix-US-Shop“ in Weimar – fiel der Polizei bereits am 30. August auch eine Kartei mit 1500 Namen und Anschriften von Kunden im In- und Ausland in die Hände, berichtete der Staatsschutz von Sachsen-Anhalt. Ein Haftbefehl gegen den 30-jährigen Hauptschuldigen, den Betreiber des Musikversandes „Mitteldeutscher Musikverlag“, wurde mit gerichtlichen Auflagen ausgesetzt. Er soll seit Jahren in der rechten Szene tätig sein. Ein Großteil der beschlagnahmten Tonträger erfülle Strafbestände wie Volksverhetzung und Aufwiegelung zum Rassenhass. Die Menge der beschlagnahmten CDs zeige, wie stark der gewerbsmäßige Handel vorangetrieben werde, erklärten die Staatsschützer. Die Stadt Neumünster begründete die Schließung des Neonazitreffs damit, der Betreiber sei aktiv daran beteiligt, dass der „Club 88“ zu einer zentralen „Stelle verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ geworden sei. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Heide Simonis (SPD) nannte den Schritt „notwendig und richtig“. Dagegen hatte es am Samstag Proteste gegeben. In der politischen Debatte erhielt Struck für seinen Vorstoß, rechten Straftätern den Führerschein zu verweigern, vom Thüringer Ministerpräsidenten Bernhard Vogel ebenso Zustimmung wie von den uniongeführten Justizministerien in Bayern und Brandenburg. In München wurde erklärt, Bayern sei seit langem dafür, dass Richter auch ein Fahrverbot bei Delikten außerhalb des Straßenverkehrs verhängen können. Die sechs Alpenländer vereinbarten, die Früherkennung und Abwehr rechtsextremistischer Gewalt international zu verstärken. Das Internet dürfte nicht länger zur Verbreitung solchen Gedankenguts benutzt werden, kein Land dürfe Plattformen zur Verbreitung rassistischer Ideen tolerieren, so die Innenminister aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein.

 

Quelle: TLZ vom 6.9.2000: „Führerschein weg für rechte Täter“