Der Einsatz lief ab wie im Lehrbuch: Kaum waren die 202 Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet am Samstag gegen 20.30 Uhr in der Lagerhalle im Apoldaer Ortsteil Schöten versammelt, macht die Polizei dem gestiefelten braunen Spuk ein Ende. 409 Beamte der Polizeidirektion Jena, der benachbarten Polizeiinspektionen, des Landeskriminalamtes Thüringen und der Bereitschaftspolizei, die sich der Straße genähert hatten, riegelten das Gelände ab, öffneten das Scheunentor und nahmen ausnahmslos alle Besucher des „geselligen Abends bei Tanz und Live-Musik“ – so der Wortlaut der Einladung – fest. Der Zugriff erfolgte so überraschend, dass sich der am 10. Mai von einem Erfurter gemieteten Halle kein Widerstand regte. 172 Personen, darunter auch Mädchen, wurden auf der Basis des Polizeiaufgabengesetzes vorläufig festgenommen, nach Jena verbracht und dort nach der Feststellung der Personalien im Laufe der Nacht wieder freigelassen. 29 weitere Personen wurden auf der Basis des Strafgesetzes inhaftiert: Gegen sie wird wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – die gefunden Gegenstände tragen u.a. Runden, Keltenkreuze und Wolfsangeln – und wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt. Das Zusammenspiel zwischen Polizei und Justiz hat nach Auskunft von Marlies Lindner, Staatsanwältin bei der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft, tadellos funktioniert: Noch in der Nacht war mit Börries Glanz ein Vertreter der Staatsanwaltschaft Erfurt vor Ort, die Ermittlungen konnten unverzüglich eingeleitet werden. Derzeit werde die Möglichkeit beschleunigter Verfahren geprüft. An Beweismaterial mangelt es nicht: Die Polizei stellte nicht nur einschlägiges Propagandamaterial – darunter zum Verkauf bestimmte CDs – sicher, sondern auch Uniformteile, Messer mit feststehender Klinge, Beile und Reizgasspray. Hinweise auf das Konzert, bei dem die Gruppen „Cryogenic“ und „Totenburg“ spielen sollte, hatte es nicht nur vom Verfassungsschutz gegeben. „Die Einwohner von Schöten waren so sensibel, schon bei den ersten Anzeichen eines Treffens die Polizei zu informieren“, konstatierte Polizeidirektor Manfred Werner von der Polizeidirektion Jena, der den seit 12 Uhr mittags vorbereiteten Einsatz geleitet hatte.
Quelle: TLZ vom 15.5.2000: „Spuk beendet, bevor er begann“