Zeit für Afront – Einladung an alle antifaschistischen Gruppen Deutschlands
Hallo liebe Menschen,
dieser Aufruf gilt euch und allen weiteren antifaschistischen Gruppen, Organisationen und Bündnissen in Deutschland, so wie allen, die Antifaschismus als Teil ihrer politischen Praxis und Theorie betrachten. Es ist bisher der mit wichtigste Aufruf und deshalb bitten wir euch darum, ihn vollständig und in Ruhe durchzulesen.
In Gesprächen mit den Menschen und in den Nachrichtenmeldungen zeigt sich: wir leben in beängstigenden Zeiten. Ganz Europa und auch darüber hinaus verfällt einem politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck, der sich nicht von der Hand weisen lässt. Faschistische Regierungen in Europa, wie zurzeit in Italien, sind kein Phänomen der Vergangenheit mehr. Sie sind aktuell, real, werden durch demokratisch gewählte Regierungen wie der BRD legitimiert sowie normalisiert und stellen – insbesondere für migrantische und jüdische Menschen – eine reelle Gefahr dar. Diese Gefahr drückt sich in täglichen Angriffen durch Rechte auf migrantische, jüdische und linke Menschen aus. Und sie steigen in ihrer Häufigkeit und Intensität immer weiter, immer schneller. Das ist die Lebensrealität vieler Menschen in Deutschland, auch wenn sie medial nicht repräsentiert wird.
„Nie wieder“ ist ein viel zitierter Ausspruch im Kontext deutscher „Erinnerungskultur“, die in Deutschland ohnehin vielfach propagiert wird, in der Praxis aber stets inhaltsleer ist. Migrantische und jüdische Menschen fragen sich zurzeit: was ist gemeint mit „nie wieder“? Nie wieder Faschisten auf den Straßen, in den Behörden, Schulen, Krankenhäusern oder Parlamenten? Deutschland wundert sich über die 20 Prozent Umfragewerte für die AfD, wundert sich über rechtsextreme Landräte oder Bürgermeister aus der AfD. Dabei war es doch Deutschland selbst, das erst zugelassen hat, das Rechtsextreme und Faschisten das vermeintlich demokratische System für sich nutzen können. Und es war die Gesellschaft selbst, die es hingenommen hat. War es nicht so?
Antifaschismus sollte in einer postfaschistischen Gesellschaft Staatsräson sein, antifaschistische Symbolik gefördert und antifaschistische Gruppen unterstützt werden. Stattdessen sehen wir das Gegenteil. Wir sehen, wie Faschisten staatlich gefördert werden, faschistische Täter staatlich unterstützt und gedeckt werden und wie gleichzeitig Antifaschist*innen ungerechtfertigte, unverhältnismäßige Strafen für ihre antifaschistische Arbeit kassieren. Stattdessen sehen wir auch, wie die Zusammenarbeit mit der AfD und anderen Faschisten schleichend normalisiert wird. Die so genannte und vermeintlich bürgerliche Mitte ist in Wahrheit rechts. Noch immer gibt es Linke, die versuchen das Blatt durch Wahlen, reformistische Ideen, Kompromisse oder Gekuschele mit Bürgerlichen, Konservativen und Rechten zu wenden. Noch immer gibt es vermeintliche Linke, die in ihrer antifaschistischen Haltung nicht stabil genug sind.
Trotz der dramatischen Lage, in der wir uns befinden, scheinen viele Linke die Dringlichkeit zu übersehen, oder ihre Prioritäten woanders zu setzen. Wir sagen es jetzt in aller Deutlichkeit und darüber diskutieren wir auch nicht: wenn wir nicht jetzt eine gemeinsame, ortsübergreifende, antifaschistische Strategie gegen Rechts aufbauen, dann wird es bald zu spät sein. Geschichte wiederholt sich. Wenn wir nicht jetzt die Warnungen migrantischer und insbesondere jüdischer Stimmen wahrnehmen und ernst nehmen, die sich jetzt gerade zu Wort melden, wann dann?
Wir laden euch daher dringend dazu ein, euch gemeinsam mit uns Gedanken darüber zu machen, wie wir mit den aktuellen Entwicklungen umgehen können und wie unsere Antwort darauf aussehen wird. Wir rufen euch aber insbesondere dazu auf, unserem Aufruf zu folgen und gemeinsam mit uns eine Antifaschistische Gegenperspektive aufzubauen! Bitte gebt uns nur eine kurze Rückmeldung dazu, ob ihr dabei sein wollt. Wir geben euch anschließend zeitnah die Daten für ein baldiges Treffen, für den Aufbau einer Antifaschistischen Gegenmacht, für den Aufbau einer Antifaschistischen Front! Solidarische Grüße aus NRW, Yalla Migrantifa!
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