Pressemitteilung AK ZENSUS: Gravierende Mängel bei der Volkszählung

Zahlreiche Verweigerer, Datenschutzprobleme und organisatorisches Durcheinander bei den Behörden

Während die Volkszählung in der öffentlichen Wahrnehmung längst abgehakt und abgeschlossen ist versenden die Statistikbehörden derzeit Hunderttausende von Zwangsgeldandrohungen. Gleichzeitig werden schwerwiegende Rechtsverstöße und Organisationspannen bekannt.

Anfang November 2011, sechs Monate nach dem Stichtag der Volkszählung “Zensus 2011″ hatten nach Auskunft der Behörden noch rund 400.000 Haushaltsbefragte noch keine Antworten gegeben und beinahe 4 Millionen ausgesendete Fragebögen der Gebäude- und Wohnungszählung waren noch nicht zurückgeschickt worden. Es gibt also trotz allerlei anderslautender Bekundungen ein nicht zu unterschätzendes Verweigerungspotential der Bevölkerung gegenüber den per Gesetz verankerten Auskunftspflichten.

Deswegen begannen die Landesstatistikämter zum Teil Ende November letzten Jahres, in einigen anderen Bundesländern aber erst in diesen Tagen damit, diesen Volkszählungsunwilligen mit dem behördlichen Instrument der förmlichen Androhung eines Zwangsgeldes zu begegnen. Zwangsgelder inklusive der anfallenden Amtsgebühren betragen zunächst bis zu 406 Euro, können allerdings mehrfach verhängt werden, falls die Betroffenen sich weiterhin verweigern. In Berlin geht man sogar so weit, gleich die Verhängung einer “Ersatzzwanghaft” anzudrohen.

Gleichzeitig meldet sich die hessische Landesdatenschutzbehörde mit erheblichen Bedenken bei der praktischen Umsetzung der Volkszählung zu Wort. Berichtet wird von sperrangelweit offenstehenden und unbesetzten Amtsräumen der eigentlich abgeschotteten Erhebungsstellen, von fehlenden Verpflichtungen zum Statistikgeheimnis, widerrechtlich am Internet angeschlossenen Rechnern, fehlerhafter oder falsch installierter Software, widerrechtlich angefertigten Kopien von Volkszählerausweisen und sogar der Rasterung potentieller Volkszähler durch das LKA Hessen.

“Schlimm genug, dass unsere Bedenken offenbar nicht ernst genommen worden sind,” meint Michael Ebeling vom volkszählungskritischen Arbeitskreis Zensus dazu. “Skandalös ist es aber, dass in manchen Bundesländern wie Niedersachsen erst gar keine anlasslosen Überprüfungen der praktischen Umsetzung der Volkszählung stattgefunden haben. Und auch, dass der hessische Landesdatenschutzbeauftragte die gravierenden Vorfälle zu bagtellisieren versucht, ist für mich völlig unverständlich – sind seine Erkenntnisse doch vermutlich nur die Spitze des Eisbergs.”

Aus Hamburg und Schleswig-Holstein berichten Betroffene hingegen von einer weiteren umfassenden Organisationspanne des Statistikamts Nord. Nachdem man dort bereits im Juni 2011 durch eine “größere Panne” negativ in die Schlagzeilen geraten war, scheinen die Behörden nun offensichtlich bis zu 50.000 Zwangsgeldandrohungen verschickt zu haben, die aus juristischer Sicht haltlos sind und widerrufen wurden. In den förmlichen Zustellungen verwiesen die Behörde nämlich mit Nachdruck darauf hin, dass man “den mit diesem Schreiben übermittelten Fragebogen” unbedingt zu beantworten habe. Das Problem ist nur: Dem Schreiben lag gar kein Fragebogen bei.

Pressemitteilung AK ZENSUS