24.03.2010 / 26.03.2010: Prozess gegen David Herbrig

Am 24.03.2010 startete im Görlitzer Amtsgericht der Prozess gegen David Herbrig. Dieser ist seit Jahren in der Görlitzer Neonaziszene, bei den sog. Freien Kräften und der Kameradschaft Boot-Boys aktiv. Dass sich an seiner Einstellung nicht viel geändert hat konnte man auch im Gerichtssaal an seiner Kleidung sehen: Thor Steinar…

In seiner Funktion als Nazi – Aktivist beging Herbrig zahlreiche gewalttätige Übergriffe und Sachbeschädigungen, die ihm nun zur Last gelegt werden. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft nur ein Teil der von ihm tatsächlich begangenen Taten überhaupt zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Es ist also durchaus möglich, dass noch weitere Straftaten aufgedeckt und verhandelt werden, denn die umfangreichen Ermittlungen gegen die Kameradschaft Boot – Boys, die 2008 mit einer großen Razzia bekannt wurden, sind noch nicht abgeschlossen.

Im Prozess geht es um die antisemitischen Schmierereien an der ehemaligen Görlitzer Synagoge (siehe: SZ – Artikel), um eine Körperverletzung an einem dunkelhäutigen Jugendlichen, um eine Körperverletzung an einem jungen Erwachsenen (evtl. auch ehemaligen Nazi – Kameraden) und um eine Körperverletzung an einem punkig aussehenden Jugendlichen auf dem auf dem Altstadtfest 2008, der dabei zwei Zähne verlor.

Die Synagoge:

Herbrig behauptet vor Gericht, dass er die Tat alleine begangen hatte. Dies nahm ihm allerdings niemand ab. Wahrscheinlicher ist, dass David Herbrig mit dieser Aussage seine Nazi – Kameraden (darunter auch seinen jüngeren Bruder Toni Herbrig) schützen will, die vermutlich ebenfalls in die Aktion verwickelt waren. Seine Geschichte von einer zufällig gefundenen Spraydose und einer spontanen Tat – von ihm alleine begangen – ist jedenfalls sehr unglaubwürdig. Zumal sich Herbrig den Spruch (Keine Staatsgelder für Juden) auch schon im Vorfeld in sein Handy eingespeichert hatte, damit er ihn nicht vergisst. Das ganze flog dann im Zuge der großen Razzia gegen die Görlitzer Neonazistrukturen im November 2008 (siehe: Redok – Artikel) auf, als Herbrigs Handy beschlagnahmt wurde. Ebenfalls abgespeichert hatte er auch einen Spruch, den er bei einer anderen Tat an einen Döner-Imbiss sprühte.

So richtig zugeben wollte Herbrig die Tat nicht, ihm blieb aber aufgrund der erdrückenden Beweislast nicht viel anderes übrig und so räumte er sie am Ende doch ein. Zu seiner antisemitischen Motivation wollte er sich auch nicht äußern. Nicht nur vom Vertreter der Staatsanwaltschaft wurde ihm dies unter die Nase gerieben, sondern auch von sein Verteidiger, der ihm immer wieder versuchte Brücken zu bauen.

In der ostsächsischen Internet – Community Snapscouts prahlte Herbrig damit herum, als er auf seinem Profil mitteilte, dass sein größtes Interesse die Verfolgung „minderwertiger Rassen“ wie Juden und Türken sei. Im Prozess gab er dann an, dass die extrem rechten Eindrücke auf seinem Profil nicht von ihm stammten, sondern wahrscheinlich linke Hacker dafür verantwortlich seien.

Übergriff Nr.1

Die der Görlitzer Diskothek „Arena“ hatte David Herbrig im Juni 2008 einen dunkelhäutigen Jugendlichen ohne jeden Grund angegriffen und geschlagen. Das Motiv für diese Tat war wohl einfach Rassismus, doch auch hier wollte er sich nicht zu seiner menschenfeindlichen Einstellung bekennen und konstruierte für das Gericht eine Geschichte von „falschem Getränk auf falschem Tisch“. Die nahm ihm natürlich auch niemand ab. Immerhin räumte er gleich zu Verhandlungsbeginn den Tatvorwurf ein und damit verlor dann auch gleich sein zur Entlastung aufgerufener Kamerad Manertz an Bedeutung.

Übergriff Nr. 2

Auf dem Görlitzer Altstadtfest 2008 hatte der Angeklagte zusammen mit anderen Mitgliedern der Freien Kräfte Görlitz (Toni Herbrig, Paul Mühlmann, Tom Manertz – der auch als Zeuge aussagte u.a.) einen punkig aussehenden Jugendlichen zuerst bepöbelt und später angegriffen. Dabei ging er nicht zimperlich zu Werke. Der betroffene Jugendliche verlor beide Schneidezähne und musste in ärztliche Behandlung. Herbrig soll ihn dabei auch mit einer Bierflasche angegriffen haben und hat sich dabei wohl auch selbst eine Schnittwunde zugefügt. Herbrig selbst bestreitet das Zuschlagen mit einer Bierflasche. Die Schnittwunde will er sich viel später zu Hause zugefügt haben.

Einer seiner Freunde will diese aber schon kurz nach dem Angriff auf dem Altstadtfest bemerkt haben. Die ebenfalls aus dem unmittelbaren Umfeld der Kameradschaft Boot – Boys kommende Sandra Piela sagte aus, dass er schon vor dem Eintreffen auf dem Altstadtfest eine Schnittwunde hatte, diese aber auf der Handinnenfläche. Auch seine langjährige Freundin Sylvia Neu (sie hat ihm wohl auch die Thor Steinar – Klamotten bestellt, siehe: Kurzmeldung Thor – Steinar – Hack) sagte aus, doch auch sie erzählte eine andere Version der Geschichte als die anderen Zeugen.

Überhaupt ist es in dem Prozess sehr auffällig dass zahlreiche Zeugen aus der Görlitzer Naziszene stammen oder zumindest enge Verbindungen dorthin haben. Denn auch mit Tom Manertz und Manuel Kalipäus sitzen bekennende Neonazis und Aktivisten der Freien Kräfte Görlitz im Zeugenstand.

Der Geschädigte rückte in seiner Aussage von den bei der Polizei gemachten Angaben ab. Damals hatte er sowohl den Schlag mit der Bierflasche – dabei verlor er den ersten Zahn – als auch den zweiten Schlag mit der Faust – der zum Verlust des zweiten Zahns führte – eindeutig Herbrig zugeordnet. Im Prozess war er sich beim ersten Schlag nicht mehr sicher. Das bedeutet, dass wahrscheinlich der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung fallen gelassen werden muss und Herbrig, wenn überhaupt, nur wegen dem Faustschlag verurteilt wird.

Übergriff Nr. 3

am 19.11.2008 soll Herbrig zusammen mit Tom Manertz und seinem Bruder Toni einen jungen Erwachsenen (im Prozess gegen Manertz wg. des gleichen Angriffs war auch von einem ehemaligen Neonazi – Kameraden gesprochen worden) angegriffen und verletzt haben. Besonders interessant in dem Zusammenhang ist, dass auch der Brandis – Überfall – Neonazi Erik Kußin an der Geschichte beteiligt war. Er fuhr nämlich den Wagen, aus dem die Angreifer sprangen, ehe sie sich vermummten und den Betroffenen zusammenschlugen.
Herbrig räumt die Faustschläge gegen einen der Geschädigten ein. Ein weiterer Geschädigter wird in der Fortsetzung nach Ostern aussagen.

Auch Tom Manertz wurde wegen dieses Vorfalls schon der Prozess gemacht. Er hatte den Betroffenen vor der Verhandlung genauso wie Herbrig noch bedroht (Herbrig war damals Zeuge beim Prozess gegen Tom Manertz und versuchte ihn noch während im Saal die Verhandlung stattfand einzuschüchtern).

Wie geht’s weiter?

Der Prozess wurde erst einmal nach Ostern vertagt und Herbrig nach Antrag seines Verteidigers aus der U-Haft entlassen. Das Gericht sah weder Wiederholungs- noch Flucht- noch Verdunklungsgefahr. Beim nächsten Termin sollen die restlichen Zeugen zum 3. Übergriff gehört und ein Urteil gefällt werden. Herbrig machte an beiden Verhandlungstagen einen passiven Eindruck. Sein Stimmung hellte sich erst zum Ende des zweiten Tages auf. Er hatte wohl selbst nicht damit gerechnet, den Gerichtssaal vorerst als freier Mann zu verlassen.