Der Zensus ist in vollem Gange und hat mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen, wie man auf der Hompage der ZENSUS2011-Gegner_innen lesen kann ( http://zensus11.de/). Auch in Ostsachsen klappt nicht alles so reibungslos, wie die Datensammler sich das wünschen würden.
Zuletzt tauchten im ganzen Landkreis Görlitz angeblich gefälschte Schreiben des Statistischen Landesamtes Sachsen auf. In diesen wird vor den Befrager_innen gewarnt, da sich unter diesen Nazis, Sektenmitglieder und andere fragwürdige Gestalten eingeschleust haben könnten. Eine Tatsache, die selbst der Erhebungsbeauftragte in Zittau Edgar Juschkeit in einem Artikel der Sächsischen Zeitung nicht leugnet. Ein bezeichnendes Verhalten der ZENSUS2011 – Offiziellen.
Die Verantwortlichen wissen also selber von dem Problem, dass sie nicht in der Lage sind zu überprüfen, was die Befrager_innen mit den Daten anstellen. Offensichtlich steht im angeblich falschen Schreiben also die Wahrheit. Dies dürfte die Offiziellen am meisten ärgern.
Offensichtlich stufen die ZENSUS2011 – Datensammler_innen das Schreiben als strafrechtlich relevant und problemverursachend ein. So haben sie laut einer weiteren Meldung in der Sächsischen Zeitung mittlerweile die Polizei eingeschaltet.
Dass der ZENSUS2011 in Ostsachsen nicht ohne Widerstand vonstatten gehen würde, war schon im Vorfeld klar. Es gab in Ostsachsen mehrere Veranstaltungen, welche sich kritisch mit dem ZENSUS2011 auseinandersetzten. Auch in der Lokalpresse wurde sich mit der Thematik auseinandergesetzt, wenn auch dort fast ohne jede kritische Recherche. Thema war hier eher die Ankündigung der NPD ihre Mitglieder beim ZENSUS2011 einzuschleusen. Dies war aber auch das einzige was die Lokaljournalisten am ZENSUS2011 problematisch fanden. Der SZ-Journalist Gabriel Wandt schrieb in einem Kommantar von einem „mulmigen Gefühl“ und der „Hoffnung, dass alle Daten sicher verwahrt werden“. Nach dem 9. Mai veröffentlichte die Lokalpresse dann Werbebotschaften für den ZENSUS2011 als Artikel. Kritische Beiträge oder auch nur die Erwähnung kritischer Internetseiten gab es keine.
Doch mittlerweile dürfte auch den gutgläubigsten Bürger_innen klar sein, dass der ZENSUS2011 und ernsthafter Datenschutz nicht zu vereinbaren sind.
Wie es nun mit dem ZENSUS2011 weitergeht ist unklar. Ob überhaupt verwertbare Daten erhoben werden können, ob Befrager_innen tatsächlich von Bürger_innen vor die Türe gesetzt werden und ob es weitere Aktionen gegen die Volkszählung gibt, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.
Antifa Görlitz, Mai 2011
More: Indymedia , ZENSUS11
Noch mehr Fälschungen in anderen Städten: Welche Drogen konsumieren sie?
Artikel der SZ zu diesem Thema:
Dienstag, 17. Mai 2011
(Sächsische Zeitung)
Gefälschte Briefe bereiten Zensus keine Probleme
Von Ingo Kramer
Nach einer Anzeige ermittelt die Polizei aber wegen Urkundenfälschung.
Die Volkszählung „Zensus 2011“ kommt nicht zur Ruhe: Nachdem zuerst die NPD angekündigt hatte, Volkszähler aus den eigenen Reihen einschleusen zu wollen, warnt jetzt ein Schreiben, das angeblich vom Statistischen Landesamt kommen soll, vor den Befragern. Demnach werden keine Interviewer mehr eingesetzt. Wegen dieses gefälschten Briefs hat das Statistische Landesamt Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Urkundenfälschung gestellt. Die Ermittlungen, erklärte gestern ein Sprecher der Polizeidirektion, stehen erst am Anfang. Das Schreiben war in Görlitz und im Raum Löbau-Zittau aufgetaucht. Dem Innenministerium liegen keine Hinweise auf eine weitere Verbreitung in Sachsen vor.
Gelassen fallen bislang auch die Reaktionen in Görlitz selbst aus. „Uns bereitet das Schreiben bisher zum Glück keine Probleme“, sagt Annerose Krause, die Leiterin der Görlitzer Erhebungsstelle. Noch kein Bürger habe deshalb einen Volkszähler weggeschickt. Trotzdem sind alle Befrager auf das Schreiben hingewiesen worden. Und noch eine klare Unterscheidung zwischen echt und gefälscht gibt es: Alle Schreiben des wahren Statistischen Landesamtes und auch die Ausweise der Befrager sind farbig, das gefälschte Schreiben hingegen war schwarz/weiß.
Hin und wieder erkundigen sich Görlitzer, die eine Nachricht von einem Volkszähler in ihrem Briefkasten hatten, in der Erhebungsstelle, ob es den konkreten Befrager tatsächlich gibt. „Bisher konnten wir alle Bürger beruhigen“, sagt Annerose Krause. Im Übrigen muss kein Görlitzer den Bogen mit dem Interviewer zusammen ausfüllen. Es gibt auch die Möglichkeit, das allein auf dem Bogen oder im Internet zu tun. „Ungefähr die Hälfte der Befragten füllt den Bogen selbst aus“, so die Leiterin. Auf ein Wort
Briefe verhindern Volkszählung nicht
Ingo Kramer
Von [email protected]
über die gefälschten Briefe zum Zensus
Keine Frage: Die Volkszählung ist umstritten. Die gefälschten Briefe sind nur ein weiterer kleiner Schritt, um es dem Staat schwer zu machen, an die gewünschten Daten zu gelangen. Am Ende aber werden auch sie die Zählung nicht verhindern können. Das wissen sicher auch die Absender. Wer ausgewählt wurde, den Bogen auszufüllen, der muss ihn auch ausfüllen.
Die viel spannendere Frage ist: Sollte man den Bogen zusammen mit dem Interviewer ausfüllen oder lieber allein? Immerhin hat die NPD angekündigt, Interviewer einschleusen zu wollen. Das können die Erhebungsstellen nicht mit letzter Sicherheit verhindern. Vermutlich sind 99 von 100 Interviewern ehrliche Leute ohne böse Absichten. Aber woher weiß ich, ob der hundertste Befrager nicht doch aus dem Umfeld der NPD stammt und nun ausgerechnet bei mir vor der Tür steht? Dann lasse ich ihn besser nicht rein und fülle das Ding lieber im Internet aus. So viel Vorsicht muss sein.
LANDKREIS GÖRLITZ
Zensus-Falle kommt mit der Post
FRANK-UWE MICHEL
Zuerst lagen sie in Zittauer Briefkästen, ein paar Tage später hatten sie auch viele Görlitzer in der Post. Ob sie noch weitere Empfänger im Landkreis erreichen, ist derzeit ungewiss: Schreiben vom Statistischen Landesamt. Der Inhalt der „Wichtigen Mitteilung zum Zensus 2011“ sorgte für einige Irritationen. Inzwischen steht fest: Die Bürger sind Fälschungen aufgesessen, die Polizei ermittelt.
„Bald weiß man überhaupt nicht mehr, was man machen soll“, schimpft eine junge Frau. „Erst sollst du die Fragebögen zusammen mit den Zensus-Interviewern ausfüllen, jetzt wollen sie, dass du die Leute wegschickst und die Papiere gar nicht erst annimmst. Da soll noch einer durchsehen!“
Der ältere Mann mit dem Schreiben vom Statistischen Landesamt in der Hand schlägt in die gleiche Kerbe: „Wochenlang haben die Medien darüber berichtet, wie wichtig der Zensus angeblich ist. Nun, wo alles schon angelaufen ist, taucht so ein Brief auf. Für mich ist das unbegreiflich.“
Vor allem der Inhalt ist es, an dem sich die Bürger stören, die diese „Wichtige Mitteilung zum Zensus 2011“ erhalten haben. In plausibel klingenden Sätzen wird dort nämlich dargelegt, dass es in der sächsischen Bevölkerung „eine zunehmende Verunsicherung“ gebe. „Rechtsradikale Gruppen, religiös fundamentalistische Sekten, Marktforschungsinstitute und kriminelle Organisationen haben mehrfach angekündigt, ihre Mitarbeiter als Befrager beim Zensus 2011 einzuschleusen“, wird in dem Brief begründet.
Da das Statistische Landesamt nicht für die Seriösität der Befrager garantieren könne habe man sich dazu entschlossen, künftig keine mehr einzusetzen.
Schließlich wird eindringlich vor den Interviewern gewarnt, sollten sie doch bei den Bürgern auftauchen: Sie seien „nicht im Auftrag des Statistischen Landesamtes unterwegs und nutzen gefälschte Ausweise und Fragebögen.“ Man empfehle deshalb, die Befrager „unverzüglich wegzuschicken und von diesen keine Fragebögen anzunehmen.“
„Das ist alles total gefälscht“, bekräftigt Annerose Krause, Leiterin der Zensus-Erhebungsstelle in Görlitz. Das Statistische Landesamt habe bei der Polizei nach dem ersten Auftauchen des Schreibens in Zittau Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
Dann erläutert die Fachfrau: „Allein der Inhalt des Briefes ist grundsätzlich falsch! Die Interviewer sind natürlich weiter im Einsatz, sie können sich ausweisen und haben die eindeutige Berechtigung unserer Behörde.“
Dass es sich hierbei um ein Fake, also eine Fälschung handelt, ist auch am Namen des Unterzeichners ersichtlich: Dr. Andreas Blissett, der angeblich Staatssekretär im Statistischen Landesamt sein soll. Mit „Blissett“ wurde – beginnend im Jahr 1994 im italienischen Bologna – eine Idee bezeichnet, mit deren Hilfe subkulturelle Aktivisten damals gezielt Falschmeldungen in den Medien etablierten. Was seither immer wieder vorgekommen ist.
Marcel Wita von der Pressestelle der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien bestätigt, dass die Ermittlungen zur Herkunft und zu den Verursachern des Schreibens aufgenommen wurden. Der Kriminaldienst des Polizeireviers Zittau führe die Ermittlungen, so Wita. Zunächst müsse geklärt werden, ob und welcher Straftatbestand erfüllt sei, wobei der Verdacht in Richtung Urkundenfälschung gehe.
Annerose Krause von der Zensus-Erhebungsstelle in Görlitz erläutert, wie verunsicherte Bürger verfahren sollten: „Zuerst einmal müssen sie zu jenen zehn Prozent der Bevölkerung gehören, die von einem Interviewer besucht werden. Diese wiederum kündigen sich eine Woche vor ihrem Besuch bei den Betreffenden an.“
Dann gebe es drei Möglichkeiten: „Entweder man empfängt den Befrager und füllt mit ihm zusammen den Fragebogen aus – wobei das nicht unbedingt in der eigenen Wohnung sein muss, auch im Garten, im Gemeinschaftsraum oder anderswo ist das möglich. Oder man lässt sich den Bogen aushändigen und geht selbst alle Fragen durch. Die dritte Variante ist das Internet. Aber auch hierfür braucht man das vom Interviewer ausgehändigte Papier, weil dort die Zugangsdaten verzeichnet sind.“
Wer trotz allem noch eine Bestätigung haben will, ob die angekündigte Person auch die richtige ist, kann sich in den zuständigen Zensus-Erhebungsstellen rückversichern.
„Dort wird geprüft, ob der Bürger tatsächlich auf der Erhebungsliste steht und wann er mit dem Besuch seines Interviewers zu rechnen hat“, erläutert Annerose Krause.